Deutscher Humor ???

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Schnorrer:

Deutscher Humor ???

 
26.07.02 20:06
28. Juni, www.henryk-broder.de:

Hans-Olaf Henkel ist ein kluger, gebildeter und immer gut gekleideter Mann, ein richtiger Herr. Letzten Sonntag saßen wir uns bei "Christiansens" gegenüber und waren verschiedener Meinung. Ich sagte, Möllemann sei ein Antisemit oder wenigstens ein "Antisemitchen", Henkel widersprach, Möllemann wäre kein Antisemit. Nach der Sendung gab es in den Räumen der Produktion das übliche Nachspiel bei Bier und Häppchen. Wie es der Zufall wollte, traf ich Hans-Olaf Henkel im Treppenhaus vor den Aufzügen. Ich stand am linken Lift, er am rechten. Meiner kam schneller als seiner, ich rief: "Kommen Sie, Herr Henkel, ich nehme Sie mit!" Henkel rief zurück: "Mit einem Juden fahre ich nicht im selben Aufzug!"

AlanG.:

hab die Sendung gesehen ...

 
26.07.02 20:14
...Broder sah schlecht aus (geistig und physiognomisch)

Henkel mag i a nett  

(nur der kauft einer Bekannten immerhin ab und an noch ein paar Art_Decó Teile aus England ab. na ja was solls,

MACHT Liebe ! (na ja nicht wirklich, oder?)

Schnorrer:

Interessantes Interview. Denkanstösse ....

 
26.07.02 20:33
Netanel Schwarz, 30, Mitglied der jüdischen Organisation norddeutscher Studenten, ein ganz normales Mitglied der Jüdischen Gemeinde Hamburg, über ganz normale Erfahrungen mit ganz normalen Landsleuten
KONKRET:Wie geht es einem Mitglied der Jüdischen Gemeinde in diesem Sommer in Deutschland?

Schwarz: Es gibt in der Gemeinde so gut wie niemanden, der nicht Familie oder Freunde in Israel hat. Es überrascht deshalb nicht, daß alle mehr oder weniger Angst haben. Die Israelis haben gelernt, ihre Angst hinter einem noch funktionierenden, angeblich normalen Alltagsleben zu kaschieren. Wir in Deutschland jedoch nicht. Wir leben ja nicht in der Situation, morgens im Bus jeden einsteigenden Fahrgast nervös abzuscannen - um zu entscheiden: "Bleibe ich sitzen oder springe ich lieber schnell raus."

In Israel habe ich diese Angst jeden Tag erfahren. Die meisten Leute haben keine Vorstellung davon, was es bedeutet, mit der Möglichkeit zu leben, daß nahe Angehörige - Kinder, Eltern, Partner und Freunde beim Einkaufen, beim Pizza-Essen, auf dem Spielplatz, auf der Fahrt nach Hause, auf dem Weg zur Arbeit, in der Disko, auf dem Schulhof, eigentlich überall - jederzeit Opfer eines Selbstmordanschlags werden können.

Als ich im August in Israel war, bin ich selbst fast in einen Anschlag geraten. Es war in der rush hour, morgens um 7 Uhr, als ein geparktes Auto am French Hill, Jerusalem, gegenüber einer Schule explodierte. Die Druckwelle erreichte uns in der Synagoge, in der ich war, aber da dort nichts zu Bruch ging, machten die Israelis einfach nur die Fenster zu, um den Lärm der Polizei- und Feuerwehrsirenen zu dämpfen, und beteten weiter. Dieses "sich hart und dicht machen" der Israelis ist verständlich. Gesund ist es wahrscheinlich nicht. Die Zahl psychischer Erkrankungen in Israel ist massiv gestiegen.

Es gibt kaum einen Juden, der nicht persönlich, emotionell oder einfach durch sein Judesein, vielleicht auch nur sehr indirekt, mit diesem Konflikt zu tun hat. Alles andere ist Selbstbetrug.

Was hältst du von der Berichterstattung in Deutschland über Israel?

Die Reaktionen deutscher Medien und der Bevölkerung auf die Situation in Israel seit der Intifada und den Folgen haben die Grenzen des Erträglichen längst gesprengt. Vor kurzem war ich auf einer Veranstaltung mit einer Referentin von einem israelischen staatlichen Touristenbüro. Sie erzählte von dem Versuch, mit acht Pressesprechern von der israelischen Botschaft eine Story in die Medien zu bekommen über eine Frau, die bei dem Anschlag in Netanya am Seder-Abend beide Kinder und ihren Mann verloren hat. Sie entschied sich, gesunde Körperteile ihres Mannes für eine palästinensische Frau zu spenden und rettete dieser Araberin das Leben. Die Medien lehnten allesamt die Geschichte ab: So etwas interessiere niemanden. Es ist offensichtlich Konsens, über Israelis nur Negatives zu berichten.

Ein Zeichen von Antisemitismus?

Seit Beginn des Aufstandes und der Terrorwelle gegen israelische Zivilisten ist eine Zunahme des Antisemitismus zu spüren, weltweit. Hier in Deutschland hat das noch mal ein paar besondere Zwischentöne. Es setzt sich bei mir und anderen Juden, die ich kenne, mehr und mehr der Eindruck durch, daß sich am Antisemitismus eigentlich nur die Vorzeichen geändert haben. Früher hieß die Losung der Antisemiten: "Juden ab nach Palästina!" Heute heißt sie: "Juden raus aus Palästina!"

Man liest und hört überall, das Existenzrecht Israels sei in Deutschland eine Selbstverständlichkeit.

Nein. Das Existenzrecht Israels wird immer vehementer bestritten, es wurde von vielen noch nie wirklich akzeptiert. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich in den letzten Monaten von Nichtjuden in eine Position gedrängt wurde, in der ich mir plötzlich wie ein Sprecher der israelischen Regierung oder der Armeeführung vorkam. Das bin ich nicht, das will ich nicht sein. Wie kommt es aber, daß man sich als Jude - und so geht es eigentlich allen jüdischen Freunden - immer wieder rechtfertigen muß? Ich sitze mit Leuten im Café und irgendwer hört aus unserem Gespräch heraus, daß ich jüdisch bin. Er fragt: "Gibt es denn hier überhaupt eine Synagoge in Hamburg?" Ja, sage ich, in der Hohen Weide. Nächste Frage: "Wann, meinst du, setzt Israel denn die Atombombe ein?"

Ich diskutiere mit jemandem über das Verhältnis von Juden zum Christentum. Ich sage, daß Juden nicht nur aus religiösen Gründen mit dem Christentum Schwierigkeiten haben, sondern auch wegen der Geschichte. Wegen Verfolgung, Inquisitionen und Kreuzzügen ist das Kreuz für uns kein Symbol der Befreiung, sondern der Unterdrückung. Antwort: "Ach, hör doch auf. Was die Juden den Palästinensern antun, ist doch mindestens genauso schlimm." Was ist das für eine Antwort? Was hat sie mit der Frage zu tun, was ich als Jude über die Kirche denke? Relativiert das, was in Israel heute passiert, die Verbrechen der Kreuzzüge? Was ist das überhaupt für ein Geschichtsbild? Wie kann es angehen, daß man in Deutschland mit halbwegs gebildeten Menschen auf so einem Niveau reden muß?

Du bist zu der Demonstration "Solidarität mit Israel" nach Berlin gefahren. Hast du auch von der Demo am Vortag, "Palästina muß leben", etwas mitbekommen?

Ich kam erst am nächsten Tag an. Eine Journalistin fragte mich, ob ich wegen dem, "was gestern passiert ist", Angst hätte. Ich wußte da aber noch gar nichts von der Demo und mußte mich erst informieren. Sie soll ziemlich scheußlich gewesen sein. Vor ein paar Jahren hätte ich es noch nicht für möglich gehalten, daß ein breites Bündnis von linken Deutschen mit Hamas zusammen gegen Israel aufmarschiert. Wie ist das möglich? Wo doch das politische Ziel der palästinensischen Terroristen heißt: "Vernichtet Israel und tötet jeden Juden, wo ihr ihn trefft!" Daß die Antiimps zusammen mit Pro-Hamas-Leuten demonstrieren, überrascht mich natürlich nicht. Es gab schon in den Achtzigern die Antiimp-Parole an der Hafenstraße: "Boykottiert ›Israel‹!" Israel in Anführungsstrichen. Ich finde es allerdings bedenklich, daß an diesen Demos ein viel breiteres linkes Bündnis teilnimmt. Da gehen Linke ganz ohne Bedenken auf Demonstrationen, wo gerufen wird: "Wir wollen keine Judenschweine!" und Kindern Sprengstoffattrappen umgebunden sind.

Und die andere Demonstration?

Die war ein Erfolg, auch wenn sie recht klein war. Es ist sehr wichtig, daß es nicht-jüdische Organisationen gibt, die den Konsens des antisemitisch gefärbten Antizionismus nicht mitmachen. Und zwar andere Gruppen als die Partei Bibeltreuer Christen, wenn's geht!

Eine Minderheit in der deutschen Linken setzt einen Einsatz gegen Antisemitismus und für Israel mit einer bedingungslosen Unterstützung Sharons und Netanjahus sowie der USA gleich. Was hältst du davon?

Was heißt denn bedingungslos? Die Linke macht sich Sorgen, sie könnte versehentlich bedingungslos Sharon und die USA unterstützen? Ich wäre froh, wenn es ein bedingungsloses Einverständnis gäbe gegen Antisemitismus und gegen Terror als Mittel von Politik. Dazu gehört, daß man das Existenzrecht Israels anerkennt und sich von islamistischen oder sonstwie extremistischen Gewalttaten gegen Israel und die Juden distanziert, sich von Demonstrationen, wo solche Gruppen mitmachen, und von Veranstaltungen, wo die Israelfahne verbrannt wird, fernhält. Das würde ich von einem halbwegs reflektierten deutschen Linken erwarten. Aber nicht, daß er amerikanische Aktien kauft, McDonald's-Fahnen schwenkt oder sich Ariel Sharon aufs T-Shirt druckt.

Andere lehnen sowohl Solidarität mit den Palästinensern als auch Solidarität mit Israel ab.

Ich kann nachvollziehen, daß es Leute gibt, die nicht genau wissen, wie sie sich verhalten sollen. Sie befürchten, einer Seite zu einfach Recht zuzusprechen oder sich für irgendeine Propaganda mißbrauchen zu lassen. Bei vielen selbsternannten "Freunden Israels", die angeblich ihre Kritik an Israel nicht mehr zurückhalten können oder beharrlich schweigen, ist oft nicht zu erkennen, wo da jemals der "Freund" gewesen sein soll. Zur Zeit läuft im "Stern" eine Serie über die historischen Hintergründe des Konflikts im Nahen Osten unter dem Titel: "Wem gehört das Heilige Land?" Die Frage wird schon auf der Titelseite beantwortet: "Der ewige Kampf um Palästina". Palästina also! Und so geht auch die Serie: Das Problem sind die Juden.

Hat Möllemann den Antisemitismus salonfähig gemacht?

Nicht Möllemann, sondern die anderen FDP-Größen, also alle die Parteimitglieder der FDP, die geschwiegen haben oder sich indifferent äußerten. Möllemann hat gesagt, Friedmann und Sharon seien verantwortlich für Antisemitismus. Mit anderen Worten: Die Juden selbst sind verantwortlich dafür, wenn man sie haßt. Weil jemand Friedmann arrogant findet, kann er mir auf die Fresse hauen, weil ich Jude bin! Ich habe keine Entschuldigung von Möllemann erwartet. Wer so denkt, kann sich nicht entschuldigen, der ist Antisemit.

Interessant finde ich die Frage: Will die FDP mit Antisemitismus Wahlkampf machen? Der nordrhein-westfälische Landesverband hat diese Frage mit einem deutlichen "Ja" beantwortet. Möllemann ist top, und Karsli soll ein bißchen bei wahlberechtigten Muslimen werben. Das ist übrigens eine Beleidigung für alle Muslime in Deutschland. Das unterstellt, die Muslime seien alle Antisemiten, Juden- oder Israel-Hasser. Was nicht stimmt.

Wie kommt es, daß das Vorgehen der israelischen Armee gegen Terroristen weltweit mehr Bestürzung auslöst als Anschläge gegen die Zivilbevölkerung in Israel?

Auf israelischem Gebiet werden schwerste Verbrechen begangen, bei denen es darum geht, so viele Menschen wie möglich in den Tod zu reißen. Doch die meisten Kommentare verlangen von Israel, diesen Terror einfach zu erdulden ohne jegliche Reaktion. Wenn morgens ein vollbesetzter Bus in der Grindelallee in die Luft fliegen würde, wenn von Norderstedt aus auf Wohnhäuser in Hamburg Mörsergranaten geschossen würden, käme dann jemand auf die Idee, von "Vergeltungsanschlägen" zu reden, wenn die Polizei ihre Arbeit tut? Was hat es mit der Heftigkeit solcher Reaktionen auf sich?

Gerade die Linke sollte wissen, mit welcher Brutalität der bundesdeutsche Staat gegen seine Gegner vorgegangen ist. Und die RAF war niemals eine Bedrohung für die Zivilbevölkerung! Auch gegen Atomkraftgegner gab's die volle Härte der Staatsgewalt, und das waren Demonstranten, keine Aufständischen!

Ein Höhepunkt solcher höchst bedenklichen, eher beleidigenden Kommentare war neulich eine Aussage eines Reporters auf NDR 4. Es war kurz nach dem Massaker bei einer Bar-Mitzwah-Feier, bei dem der Attentäter wahllos eine Reihe von Leuten über den Haufen schoß. Die Frage aus dem Studio: "Unternimmt Arafat wirklich genug gegen den Terror?" - Antwort des Reporters: "Wieso sollte er? Damit Sharon und seine Siedlerfreunde endlich Ruhe haben?" Das ist purer Judenhaß. Noch ist es politisch nicht korrekt, Juden zu töten, deshalb nimmt man "Siedler". Der "Siedler" ist in der hiesigen öffentlichen Meinung ein Untermensch.

Und was ist er für dich?

Es ist wahr, daß es leider eine extremistische (aber recht kleine) Siedlerbewegung gibt, die wenig bis gar kein Interesse hat, mit Arabern auch nur halbwegs auszukommen. Aber das ist doch nicht die Mehrheit der Siedler. Es gab Zeiten, da wurde in Israel der Siedlungsbau massiv als Sozialbau gefördert. Menschen, die nach Israel einwanderten, vor allem aus armen orientalischen Ländern, wurden in die billigen Wohnzentren der Siedlungen geschickt. Daß Juden in solchen Siedlungen leben, hat vor allem soziale Gründe. Ist das eine Legitimation, jemanden zu erschießen?

In Israel leben Araber als Staatsbürger mit vollem Wahlrecht. Aber es ist eine weltweit recht etablierte Meinung, daß es in Palästina judenreine Zonen geben müsse. Das kennen wir doch irgendwoher? Das Verbrechen der Menschen, die in diesen Anschlägen sterben, besteht darin, Jude zu sein. Daß allein das Wohnen oder der Aufenthalt eines Juden in einem bestimmten Gebiet wieder als Verbrechen gilt, steht in einer langen, alten Tradition.

Das ist absolut keine Rechtfertigung für irgendein Vorgehen von Israelis gegen Palästinenser, das gegen Menschenrechte verstößt. Ich bin nicht der Sprecher von Sharon. Aber wenn Israel das Recht auf Verteidigung abgesprochen wird, spricht man ihm auch das Existenzrecht ab.

Es gibt viele sehr verschiedene Gründe, wieso Juden nach der Shoa noch oder wieder in Deutschland leben. Aber ohne die Existenz Israels würde kaum ein Jude hier leben, gäbe es keine jüdische Gemeinde in Deutschland. Die Existenz eines jüdischen Staates, in den sie notfalls gehen können, war und ist für viele Juden die Voraussetzung dafür, in Deutschland leben zu können. Daß dieser Staat inzwischen eine Hölle auf Erden geworden ist, ändert daran nichts. Auch ich denke drüber nach, ob ich nach Israel gehen soll.

Die Fragen stellte Gaston Kirsche.
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