WIESBADEN - Die deutsche Wirtschaft ist zu Jahresbeginn wegen der andauernden Baukrise und höherer Importe geschrumpft. Die Einfuhren von Waren und Dienstleistungen stiegen im ersten Quartal mit 1,9 Prozent deutlich stärker als die Ausfuhren (plus 0,7 Prozent). Die schwache Zunahme des Inlandsverbrauchs konnte den geschrumpften Exportüberschuss (Außenbeitrag) nicht ausgleichen, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mit. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) verringerte sich deshalb im ersten Vierteljahr gegenüber dem Schlussquartal 2002 real um 0,2 Prozent. Die gesamtwirtschaftliche Leistung der ersten drei Monate 2002 wurde nur noch um 0,5 Prozent übertroffen.
Nach dem enttäuschenden Rückgang des BIP im ersten Quartal wird sich die Belebung der deutschen Wirtschaft nach Einschätzung von Volkswirten verzögern. So erwartet die Commerzbank auch angesichts der rapiden Euro-Aufwertung nun erst gegen Jahresende eine "allmähliche Belebung" der Wirtschaft, heißt es in einer Studie. Bisher war das Bankhaus von einer Belebung bereits im Sommer ausgegangen. Auch aus Sicht der WestLB ist im Jahresverlauf "eine grundlegende Besserung nicht in Sicht". Die Perspektiven seien "nach wie vor düster". PRIVATER KONSUM GIBT IMPULS
Im Inland gab vor allem der private Konsum der Konjunktur Impulse. Die Ausgaben der Privathaushalte erhöhten sich um 0,6 Prozent, während der staatlich e Konsum mit 0,1 Prozent quasi stagnierte. Die Bauinvestitionen schrumpften um 3,3 Prozent und trugen dadurch zur Talfahrt der Baubranche bei. Auch die Investitionen in sonstige Anlagen wie Computersoftware und Urheberrechte verringerten sich um 1,2 Prozent.
Vor allem die kriselnde Baubranche bleibt ein Belastungsfaktor. Die Bruttowertschöpfung der Branche verringerte sich um 9,5 Prozent. Dagegen stieg die preisbereinigte Wertschöpfung der Industrie relativ kräftig um 2,9 Prozent. Damit übertraf das Produzierende Gewerbe auch den Zuwachs der übrigen Wirtschaftsbereiche, die weniger stark zunahmen. Die Arbeitsproduktivität nahm im Berichtszeitraum um 1,8 Prozent zu. BUNDESBANK: KEINE REZESSION
Der Rückgang der Wirtschaftsleistung, der bereits vor einer Woche in einer ersten Schätzung bekannt wurde, hatte Wirtschaft und Finanzwelt überrascht. Die meisten Volkswirte der Großbanken und Forschungsinstitute hatten mit einem leichten Wachstum von 0,2 Prozent im Vergleich zum Schlussquartal 2002 gerechnet. Im vierten Quartal 2002 war eine "rote Null" beim BIP-Wachstum verzeichnet worden.
Dennoch droht Deutschland nach Ansicht der Bundesbank kein Abrutschen in die Rezession. Allerdings gebe es auf absehbare Zeit auch keine Anzeichen für einen konjunkturellen Aufschwung, hatte die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht geschrieben. "Vieles spricht dafür, dass die stagnative Grundtendenz, in der sich Deutschland befindet, zunächst weiter anhält."/yo/jha/DP/mur