Regierung macht sich für Börsensitz Frankfurt stark
Freitag 7 Januar, 2005 18:36 CET
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Die Deutsche Börse legte am Freitag, einen Tag nach dem Treffen mit LSE-Chefin Clara Furse, ihre Übernahmepläne beim Bundeskartellamt zur Prüfung vor.
Der Konkurrent Euronextlotete nach Informationen aus mit der Transaktion vertrauten Kreisen am Freitag ebenfalls seine Chancen für eine Übernahme der London Stock Exchange mit Furse aus. Weitere Treffen von der Deutschen Börse wie auch von Euronext mit der LSE werden erwartet.
BÖRSE MELDET ÜBERNAHMEPLÄNE AN
"Die Deutsche Börse hat ihr Übernahmevorhaben für die LSE heute angemeldet", sagte eine Sprecherin des Bundeskartellamts am Freitag in Bonn. "Die Deutsche Börse hat am 7. Januar eine mögliche Transaktion beim Bundeskartellamt auf Basis des Vorschlags, den die Deutsche Börse der LSE unterbreitet hat, angemeldet", sagte ein Börsen-Sprecher.
Nach Aussage der Kartellamtssprecherin läuft nun eine Prüffrist von maximal vier Monaten für das Vorhaben. Diese müssten die Kartellwächter aber nicht voll ausschöpfen. Nach einem Monat kann es auch einen Zwischenbescheid geben, wenn das Kartellamt nicht in das volle Prüfverfahren einsteigt. Ein Übernahmevorhaben wird für gewöhnlich im Vorfeld bei den Kartellwächtern angemeldet. Machen die Kartellwächter keine wesentlichen Bedenken gegen die Übernahme geltend, würde dies der Deutschen Börse ihr Vorhaben erleichtern.
Deutsche-Börse-Chef Werner Seifert hat im Dezember angekündigt, den Aktionären der London Stock Exchange 530 Pence je LSE-Aktie bieten zu wollen. Die LSE hatte das Angebot in Höhe von 1,95 Milliarden Euro abgelehnt, jedoch Gesprächsbereitschaft signalisiert. Seifert und Furse waren am Donnerstag erneut zu Verhandlungen zusammen gekommen. Ein offizielles Übernahme-Angebot hat die Deutsche Börse aber bislang noch nicht vorgelegt. Nach Informationen aus mit der Transaktion vertrauten Kreisen werden sich beide Parteien kommende Woche erneut Treffen. Die Deutsche Börse wollte sich dazu nicht äußern.
Die Euronext könnte jedoch der Deutschen Börse einen Strich durch die Rechnung machen. Kreisen zufolge präsentierte Euronext-Chef Jean-Francois Theodore am Freitag der LSE einen Übernahme-Entwurf. Unter anderem habe Theodore mit Furse über Gemeinsamkeiten der Geschäftsmodelle, Integration, Verhaltensrichtlinien, Regulation und Wettbewerb beraten. Weitere Gespräche würden erwartet, hieß es. Euronext-Vertreter lehnten eine Stellungnahme nach dem Treffen ab. Bei der LSE war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
Die Euronext hat im Gegensatz zur Deutschen Börse bislang noch keine Preisvorstellungen für die LSE genannt. Sie teilte jedoch am Donnerstag mit, im Falle eines Gebots für den Kauf der LSE eine reine Bar-Offerte unterbreiten zu wollen.
BUNDESREGIERUNG PLÄDIERT FÜR FRANKFURT ALS BÖRSENSITZ
Die Bundesregierung hat das Übernahmevorhaben der Deutschen Börse grundsätzlich begrüßt. Eine Übernahme der LSE würde den Finanzplatz Deutschland weiter stärken, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums in Berlin. Den Hauptsitz der fusionierten Börse würde die Regierung gerne in Frankfurt sehen. Der dann für die LSE bei der Deutschen Börse zuständige Vorstand könne aber seinen Sitz durchaus in London haben. "Das halten wir für das Modell, das wir unterstützen."
Der Sitz einer fusionierten Börse gilt als einer der Knackpunkte bei den Verhandlungen. Im Jahr 2000 hatte Kritik aus der deutschen Politik nach London und von einigen Banken zum Scheitern des Fusionsversuchs mit der LSE beigetragen.
In Bankenkreisen wird mit keiner Verlagerung des Firmensitzes der Deutschen Börse nach London gerechnet. Allenfalls der Kassa- und Derivatehandel, der von Deutsche-Börse-Vorstand Rudolf Ferscha geleitet wird, könnte künftig in London angesiedelt werden. Eurex-Chef Ferscha könnte sich dann ganz auf den Derivateteil konzentrieren, während LSE-Chefin Furse den Kassamarkt leite.