Deutsche Börse geht bis zum Sommer an die Börse

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Deutsche Börse geht bis zum Sommer an die Börse

 
11.12.00 22:39
HINTERGRUND: Deutsche Börse geht bis zum Sommer selbst an die Börse

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Deutsche Börse AG geht bis zum nächsten Sommer selbst an die Börse. Der seit Monaten diskutierte Börsengang werde innerhalb des ersten Halbjahres 2001 in die Tat umgesetzt, kündigte die Betreibergesellschaft am Montag nach einer Aufsichtsratssitzung in Frankfurt am Main an. Die Einnahmen aus der Kapitalerhöhung sollten für künftige Investitionen eingesetzt werden; zudem wolle die Deutsche Börse "eine Akquisitionswährung schaffen, um die führende Marktposition in ihren Kernmärkten zu behaupten und die nötige Flexibilität im sich konsolidierenden Börsenumfeld zu haben". Der genaue Zeitpunkt für die Erstnotiz im Amtlichen Handel der Frankfurter Wertpapierbörse stehe noch nicht fest; er werde abhängig vom Marktumfeld festgelegt, erklärte die Deutsche Börse. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" (FTD) soll der Erlös aus dem Börsengang unter anderem in den Aufbau von Handelsplattformen per Internet fließen. Ein konkreter Übernahmekandidat sei in der Aufsichtsratsvorlage nicht genannt, meldete das Blatt am Montag unter Berufung auf Mitglieder des Gremiums. Das Grundkapital der Deutschen Börse AG solle klar um 76 Millionen Euro auf 95 Millionen Euro (148,6 auf 185,8 Millionen Mark) erhöht werden. Rund 40 Prozent der neuen Anteile sollten an Privatanleger gehen. Wie viele Anteile internationale Investmentbanken erhalten könnten, hänge davon ab, in welchem Ausmaße sich die Altaktionäre von Anteilen trennten. Bislang halten Banken und Wertpapierhäuser 81 Prozent an der Deutschen Börse, Kurs- und Freimakler neun Prozent und die deutschen Regionalbörsen von München bis Hamburg zehn Prozent. Offiziellen Angaben zufolge will die Börse mit dem Börsengang eine Kapitalerhöhung in zunächst ungenannter Höhe vornehmen; zudem sollen die derzeitigen Aktionäre einen Teil ihrer Aktien verkaufen. Den Börsengang weltweit koordinieren sollen Deutsche Bank und Goldman Sachs. Börsen-Chef Werner Seifert erklärte, es handele sich um einen "wichtigen nächsten Schritt, um die Stärken der Deutschen Börse weiter zu entwickeln". Die Deutsche Börse AG betreibt vor allem den Parketthandel an der Frankfurter Wertpapierbörse und das elektronische Handelssystem Xetra, das unter anderem an den Börsen in Wien und Dublin eingesetzt wird. Ein Börsengang des Unternehmens ist bereits seit längerem geplant; das Vorhaben war aber wegen der inzwischen gescheiterten Fusion mit der Londoner Börse monatelang zurückgestellt worden./FP/pin/ms null  

DarkKnight:

Hier sind wieder mal Schwachmaten am Werk:

 
12.12.00 08:47
Der Börsengang ersetzt noch keine Strategie. Als die Deutsche Börse im vergangenen Jahr mit dem gleichen Gedanken spielte, war die europäische Börsenlandschaft noch verkrustet. Durch die Androhung ihres Börsenganges erhöhte sie den Druck im Kessel, so dass tatsächlich Bewegung aufkam. Euronext und Virt-x heißen die ersten Konsolidierungsfortschritte. Die Deutsche Börse, die ihren Börsengang wegen der inzwischen gescheiterten Fusion mit der London Stock Exchange abblies, steht heute wieder da, wo sie vor einem Jahr war. Um nicht der Untätigkeit bezichtigt zu werden, werden nun die alten Konzepte aus der Schublade hervorgeholt. Doch während der Börsengang Ende 1999 noch ein kraftvolles Voranschreiten war, so ist er jetzt eher das Eingeständnis, ein Jahr Zeit verloren zu haben.
Gravierender ist jedoch die Frage, wofür die Börse eigentlich das Geld aus der Kapitalerhöhung braucht? Sie ist chronisch überkapitalisiert und weist eine Eigenkapitalrendite von über 100% auf. In den vergangenen Jahren schüttete sie jeweils den gesamten Gewinn aus. Vor allem aus der Abwicklung werden Gewinne generiert, die bislang keiner strategischen Verwendung zugeführt wurden, und das, obwohl die Börse alles andere als passiv ist. Auch im abgelaufenen Jahr hat sie wichtige Fortschritte erzielt. Erwähnt sei nur Eurex-Bonds, was gleichbedeutend ist mit der Verschmelzung der Handelsplattformen Xetra und Eurex und die Weiterentwicklung der zentralen Gegenpartei hin zu Kassaprodukten. In Chicago wurde das Gemeinschaftswerk mit dem Chicago Board of Trade a/c/e auf den Weg gebracht, genauso wie die Osteuropabörse Newex und "neuermarkt.com". Das alles hat mit Sicherheit Geld gekostet, zu wenig, um den Gewinn signifikant zu schmälern.

Die einzige Strategie, die hinter dem Börsengang erblickt werden kann, lautet Aufbau einer Kriegskasse. Dafür spricht auch die Andeutung, dass durch den Börsengang eine "Akquisitionswährung" geschaffen werden soll. Darüber hinaus hat sich die Börse von Moody's bewerten lassen, so dass sie am Corporate-Bondmarkt aktiv werden kann. Der Börsengang passt in das neue Motto der Börse "Mit der Vieldeutigkeit leben". So sich eine Möglichkeit zur Kooperation, Fusion oder Übernahme eröffnet, dürfte zugeschlagen werden. Die Gefahr liegt aber im Schaffen dieser Möglichkeit.
Es bedarf nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, wie rasch sich Erwartungsdruck aufbaut. Kein guter Vorstandsvorsitzender geht an die Börse, nur damit das durch die Kapitalerhöhung eingenommene Kapital auf irgendwelchen Tagesgeldkonten schlummert oder, noch schlimmer, am Neuen Markt investiert wird. Daher setzt der Börsengang Werner Seifert unter Zugzwang, in irgendeiner Weise aktiv den zum Teil gelaufenen Konsolidierungsprozess zu beeinflussen. Mit welchen Objekten dürfte er liebäugeln? Der Übernahme von OM Gruppen, dem Kauf der noch freien 50% an Clearstream oder etwa gar Euronext? Das dürfte selbst Seifert derzeit nicht genau wissen, da diese höchstens zweite Wahl sind.
Spannend wird die neue "Equity Story", die die Börse schreiben muss. Ob es ausreichen wird, auf Wachstum zu pochen und die vielen Möglichkeiten zu preisen, werden die Aktionäre entscheiden.

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