Von Philipp Otto
Alle reden über die Probleme der Commerzbank. Dabei ist die Deutsche von der Ertragskrise der deutschen Kreditwirtschaft kaum weniger betroffen. Der Kurs ist im Keller, aber ihr Chef hält sich bedeckt.
FRANKFURT/M. Mitten in der schwierigsten Phase der deutschen Kreditwirtschaft seit mehr als 20 Jahren versucht sich die Deutsche Bank in den Augen der Öffentlichkeit unsichtbar zu machen. Während die Probleme anderer Institute, vor allem bei der Commerzbank, Schlagzeilen machen, beschränkt sich ihr Vorstandssprecher Josef Ackermann auf Gemeinplätze. Er erwarte eine beschleunigte Konzentration im europäischen Finanzwesen, sagte er jetzt in Wien. Sein Institut müsse „zu einer Position der Stärke zurückfinden und sich am Konsolidierungsprozess aktiv beteiligen.“ Ackermann sprach sich für die Schaffung paneuropäischer Finanzriesen aus, die weltweit konkurrieren könnten. Zur Situation der eigenen Bank erklärte er lediglich, dass die Fokussierung auf Kernaktivitäten und die Senkung der Kosten weiter im Mittelpunkt stünden.
Zu schweigen oder wenig zu sagen, wo andere reden, ist für den Schweizer Ackermann, der vor rund fünf Monaten auf den Chefsessel bei dem deutschen Branchenprimus rückte, Strategie. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt Ende Mai hatte er den 200 Topmanagern der Bank auf einer Tagung in Dublin unmissverständlich klar gemacht, dass er den Fluß interner Informationen an die Öffentlichkeit eindämmen will. Unter seinem Vorgänger Rolf-E. Breuer war immer wieder Interna an die Öffentlichkeit gelangt und hatten Ärger und Unsicherheit verursacht.
Weniger Information heißt allerdings auch weniger Transparenz, was von den Märkten nicht geschätzt wird. Erst jüngst verursachte das Gerücht über eine angebliche Gewinnwarnung von der Deutschen für starke Kursausschläge. Allein seit Beginn dieses Jahres sackte die Notierung der Deutschen Bank um über 40 % und dass ihr Kurs in einer Woche Schwankungen von plus oder minus 20 % erlebt, erinnert eher an einen Neue-Markt-Wert. Ein Aktienkurs von „über 100 Euro“, wie ihn Ackermann zu Beginn seiner Amtszeit als Ziel in den Raum stellte, ist ebenso in weite Ferne gerückt, wie die Ambition, bei der Marktkapitalisierung unter die zehn größten Banken der Welt aufzurücken. Darüberhinaus bedeutet der niedrige Kurs, dass die Aktien der Deutschen alskquisitionswährung uninteressant geworden sind.
Auch dass Ackermann sytematisch seine Ankündigungen abarbeitet, half dem Kurs nicht. Auf seiner Liste stehen neben dem Verkauf von Beteiligungen der Start des Aktienrückkaufprogramms und die Konzentration auf das Kerngeschäft.
Die meisten Randaktivitäten sind mittlerweile verkauft oder stehen kurz vor der Veräußerung. Dabei erweist sich zum Beispiel der Verkauf der US-Leasingtochter DFS als Nullsummenspiel. Aus dem Verkaufserlös von 2,9 Mrd. Dollar mussten Verbindlichkeiten von 2,7 Mrd. Dollar abgelöst werden. Dem Reinerlös von 200 Mill. Dollar für die DFS steht ein Buchwert von 500 Mill. Dollar gegenüber, mußten laut Analysten im zweiten Quartal 300 Mill. Dollar wertberichtigt werden.
Das Aktienrückkaufprogramm stockt trotz der nierdrigen Börsennotierung. Zuletzt wurden im Juli eigene Aktien gekauft. Mit insgesamt sieben Millionen gekauften Aktien ist es aber von dem angekündigten Ziel von 60 Millionen Stück oder 10 % der umlaufenden Anteile noch weit entfernt. Auf der anderen Seite ist der Wert des Beteiligungsportfolios durch die Baisse derart gesunken, dass selbst Ackermann vor weiteren Verkäufen zurückschrecken dürfte, obwohl er sich nicht scheute, ein Paket Münchener Rück auf einem mehrmonatigen Kurstief zu veräußern.
Als Lichtblick dürften im dritten Quartal Sonderposten die ansonsten schlechten Zahlen verschönern. Zum einen fällt wie bei Commerzbank und der Dresdner Bank ein außerordentlichen Ertrag aus der Zusammenführung der Hypothekengeschäfte in die neuen Eurohypo an. Hinzu kommen laut Analysten noch Erträge aus dem Tausch der Versicherungsaktivitäten um den Deutschen Herold mit der Zurich Financial. Beides wird laut Beobachtern mit über 1 Mrd. Euro zu Buche schlagen. Operativ rechnen die Experten allerdings mit einem noch schlechteren Ergebnis als im gleichen Zeitram 2001, in dem die deutsche Bank einen leichten Verlust meldete.
Als Probleme für die Zukunft sehen Experten die schlechte Lage bei den Provisionserträge sowie, trotz zahlreicher Umstrukturierungen, das Privatkundengeschäft. Bis 2004 soll der Bereich Privat- und Geschäftskunden laut Plan einen Gewinn von 1 Mrd. Euro abliefern. Das ist allerdings genau betrachtet ein Rückzieher, denn bereits vor zwei Jahren auf der Halbjahrespressekonferenz hat der damalige Vorstandschef Rolf-E. Breuer für das paneuropäische Retailgeschäft ein Gewinnziel von rund 1 Mrd. Euro bis 2004 genannt. Damals allerdings noch ohne die Geschäftskunden.
Quelle: Handelsblatt
HANDELSBLATT, Dienstag, 22. Oktober 2002, 07:02 Uhr
Alle reden über die Probleme der Commerzbank. Dabei ist die Deutsche von der Ertragskrise der deutschen Kreditwirtschaft kaum weniger betroffen. Der Kurs ist im Keller, aber ihr Chef hält sich bedeckt.
FRANKFURT/M. Mitten in der schwierigsten Phase der deutschen Kreditwirtschaft seit mehr als 20 Jahren versucht sich die Deutsche Bank in den Augen der Öffentlichkeit unsichtbar zu machen. Während die Probleme anderer Institute, vor allem bei der Commerzbank, Schlagzeilen machen, beschränkt sich ihr Vorstandssprecher Josef Ackermann auf Gemeinplätze. Er erwarte eine beschleunigte Konzentration im europäischen Finanzwesen, sagte er jetzt in Wien. Sein Institut müsse „zu einer Position der Stärke zurückfinden und sich am Konsolidierungsprozess aktiv beteiligen.“ Ackermann sprach sich für die Schaffung paneuropäischer Finanzriesen aus, die weltweit konkurrieren könnten. Zur Situation der eigenen Bank erklärte er lediglich, dass die Fokussierung auf Kernaktivitäten und die Senkung der Kosten weiter im Mittelpunkt stünden.
Zu schweigen oder wenig zu sagen, wo andere reden, ist für den Schweizer Ackermann, der vor rund fünf Monaten auf den Chefsessel bei dem deutschen Branchenprimus rückte, Strategie. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt Ende Mai hatte er den 200 Topmanagern der Bank auf einer Tagung in Dublin unmissverständlich klar gemacht, dass er den Fluß interner Informationen an die Öffentlichkeit eindämmen will. Unter seinem Vorgänger Rolf-E. Breuer war immer wieder Interna an die Öffentlichkeit gelangt und hatten Ärger und Unsicherheit verursacht.
Weniger Information heißt allerdings auch weniger Transparenz, was von den Märkten nicht geschätzt wird. Erst jüngst verursachte das Gerücht über eine angebliche Gewinnwarnung von der Deutschen für starke Kursausschläge. Allein seit Beginn dieses Jahres sackte die Notierung der Deutschen Bank um über 40 % und dass ihr Kurs in einer Woche Schwankungen von plus oder minus 20 % erlebt, erinnert eher an einen Neue-Markt-Wert. Ein Aktienkurs von „über 100 Euro“, wie ihn Ackermann zu Beginn seiner Amtszeit als Ziel in den Raum stellte, ist ebenso in weite Ferne gerückt, wie die Ambition, bei der Marktkapitalisierung unter die zehn größten Banken der Welt aufzurücken. Darüberhinaus bedeutet der niedrige Kurs, dass die Aktien der Deutschen alskquisitionswährung uninteressant geworden sind.
Auch dass Ackermann sytematisch seine Ankündigungen abarbeitet, half dem Kurs nicht. Auf seiner Liste stehen neben dem Verkauf von Beteiligungen der Start des Aktienrückkaufprogramms und die Konzentration auf das Kerngeschäft.
Die meisten Randaktivitäten sind mittlerweile verkauft oder stehen kurz vor der Veräußerung. Dabei erweist sich zum Beispiel der Verkauf der US-Leasingtochter DFS als Nullsummenspiel. Aus dem Verkaufserlös von 2,9 Mrd. Dollar mussten Verbindlichkeiten von 2,7 Mrd. Dollar abgelöst werden. Dem Reinerlös von 200 Mill. Dollar für die DFS steht ein Buchwert von 500 Mill. Dollar gegenüber, mußten laut Analysten im zweiten Quartal 300 Mill. Dollar wertberichtigt werden.
Das Aktienrückkaufprogramm stockt trotz der nierdrigen Börsennotierung. Zuletzt wurden im Juli eigene Aktien gekauft. Mit insgesamt sieben Millionen gekauften Aktien ist es aber von dem angekündigten Ziel von 60 Millionen Stück oder 10 % der umlaufenden Anteile noch weit entfernt. Auf der anderen Seite ist der Wert des Beteiligungsportfolios durch die Baisse derart gesunken, dass selbst Ackermann vor weiteren Verkäufen zurückschrecken dürfte, obwohl er sich nicht scheute, ein Paket Münchener Rück auf einem mehrmonatigen Kurstief zu veräußern.
Als Lichtblick dürften im dritten Quartal Sonderposten die ansonsten schlechten Zahlen verschönern. Zum einen fällt wie bei Commerzbank und der Dresdner Bank ein außerordentlichen Ertrag aus der Zusammenführung der Hypothekengeschäfte in die neuen Eurohypo an. Hinzu kommen laut Analysten noch Erträge aus dem Tausch der Versicherungsaktivitäten um den Deutschen Herold mit der Zurich Financial. Beides wird laut Beobachtern mit über 1 Mrd. Euro zu Buche schlagen. Operativ rechnen die Experten allerdings mit einem noch schlechteren Ergebnis als im gleichen Zeitram 2001, in dem die deutsche Bank einen leichten Verlust meldete.
Als Probleme für die Zukunft sehen Experten die schlechte Lage bei den Provisionserträge sowie, trotz zahlreicher Umstrukturierungen, das Privatkundengeschäft. Bis 2004 soll der Bereich Privat- und Geschäftskunden laut Plan einen Gewinn von 1 Mrd. Euro abliefern. Das ist allerdings genau betrachtet ein Rückzieher, denn bereits vor zwei Jahren auf der Halbjahrespressekonferenz hat der damalige Vorstandschef Rolf-E. Breuer für das paneuropäische Retailgeschäft ein Gewinnziel von rund 1 Mrd. Euro bis 2004 genannt. Damals allerdings noch ohne die Geschäftskunden.
Quelle: Handelsblatt
HANDELSBLATT, Dienstag, 22. Oktober 2002, 07:02 Uhr