Der Wertsicherungsthread (den keiner liest)

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DarkKnight:

Der Wertsicherungsthread (den keiner liest)

 
16.12.01 11:50
Wertsicherungskonzepte (1):



Nachteil der CPPI in volatilen Märkten

Risikosteuerung über Value at Risk nur bei Aufwärtstendenz zu präferieren - Keine Partizipation an Erholung

Von Carsten Grosse-Knetter *)
Börsen-Zeitung, 22.11.2001

In Zeiten volatiler Märkte kommt Wertsicherungsstrategien eine be-sondere Bedeutung zu. Es ist das Bedürfnis vieler Anleger, an steigen-den Märkten zu partizipieren, in fallenden Märkten jedoch abgesichert zu sein, das heißt einen garantierten Mindestportfoliowert zu behalten. Solch ein asymmetrisches Risikoprofil ist möglich, allerdings nur um den Preis einer Absicherungsprämie.

Alle Wertsicherungsstrategien, so auch die in diesem Beitrag vorgestellte Constant Proportion Portfolio Insurance (CPPI), erreichen das Ziel der Absicherung eines garantierten Kursniveaus gleichermaßen. Sie unterscheiden sich jedoch sehr stark in der Art ihrer Partizipation an steigenden Märkten - also in dem Fall, in dem man ex post gesehen gar keine Absicherung gebraucht hätte. Grundsätzlich führt die Implementation einer Wertsicherungsstrategie zu einer Underperformance in steigenden Märkten, worin sich ja gerade die Absicherungsprämie manifestiert.


Darstellung der CPPI

Die CPPI ist eine Wertsicherungsstrategie, in der der Investitionsgrad in riskanten Assets (in der Regel Aktien) dynamisch so gesteuert wird, dass beim Eintreten des Worst-Case Verlustes (Value at Risk), der mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit (Konfidenzniveau) nicht überschritten wird, der Portfoliowert am Ende des Absicherungszeitraums noch oberhalb der vom Investor vorgegebenen Mindestgrenze liegt. Bei Schwankungen der Märkte ist daher eine regelmäßige Anpassung des Investitionsgrades notwendig.

Die Allokationsregel lautet wie folgt:

e = m × c

mit:

e: Exposure im riskanten Asset

(Investitionsgrad)

c: Akzeptierter Maximalverlust

(Cushion, Puffer)

m: Multiplikator, gegeben durch:

m = 1 : (q × vol × Wurzel aus t)

mit:

vol: Volatilität riskantes Assets

(Standardabweichung der Kurs-schwankungen)

q: Quantil der Normalverteilung zum gegebenen Konfidenzniveau

t: Anpassungshorizont der Strategie, das heißt zeitlicher Abstand der möglichen Umschichtungen.

Der Puffer c ist die Differenz aus dem Portfoliowert und dem (vom Ende des Absicherungszeitraums abgezinsten) Mindestwert. Die Größe 1 : m = q × vol ×Wurzel aus t beschreibt den Value at Risk, das heißt den möglichen Maximalverlust des riskanten Asset zum gegebenen Konfidenzniveau innerhalb des Anpassungshorizonts. Die Allokationsregel garantiert daher, dass auch der Maximalverlust den Puffer nicht überschreitet und die Wertuntergrenze gewahrt bleibt.


Prozyklische Strategie

In fallenden Märkten verringert sich der Puffer, und gemäß der Allokationsformel wird das Aktienexposure heruntergefahren, das heißt, es werden Aktien verkauft bzw. das Portfolio durch den Verkauf von Futures abgesichert. In steigenden Märkten kann wieder ein Puffer aufgebaut und so das Exposure erneut heraufgefahren werden, das heißt, dann werden Aktien bzw. Futures zurückgekauft. Die CPPI ist daher eine prozyklische Strategie.

Darüber hinaus ist die Strategie pfadabhängig, das heißt, das Ergebnis hängt nicht nur vom Kurs des abzusichernden Instruments am Ende des Betrachtungszeitraums, sondern auch von dessen Kursverlauf während dieses Zeitraums ab. Das wird im Folgenden näher betrachtet.


Historische Simulation

Wir haben die CPPI-Strategie - wie auch die in den folgenden Artikeln dieser Reihe betrachteten Wertsicherungsverfahren - anhand historischer Kurszeitreihen getestet.

Untersucht wurde eine CPPI-Strategie auf den Dax. Es wurde eine Volatilität von 25 % p. a. und ein risikoloser Zins von 5 % p. a. angenommen. Der Betrachtungszeitraum war jeweils ein Kalenderjahr; das Absicherungslevel war 5 % unterhalb des Einstandskurses. Das Konfidenzniveau betrug 99,9 % p. a. bei täglicher Anpassung der Strategie. Nach obiger Formel ergibt sich aus diesen Daten ein Multiplikator von m = 15.

Die Grafik veranschaulicht die Simulation für das Kalenderjahr 2000. Der Chart zeigt jeweils die Verläufe des Dax, des durch CPPI abgesicherten Dax-Portfolios und des Investitionsgrades. Es wird deutlich, dass die Absicherung funktioniert hat. In fallenden Märkten wurde der Investitionsgrad reduziert. Dadurch waren die Verluste des CPPI-Portfolios begrenzt, so dass der Portfoliowert am Ende dem vorgegebenen Mindestwert entsprach, während sich das ungesicherte Portfolio schlechter entwickelt hat.

Um die Kosten dieses Absicherungsverfahrens zu untersuchen, sollte man jedoch den Verlauf der Strategie in den guten Börsenjahren betrachten, in denen sich die Absicherungsprämie als Performanceeinbuße bemerkbar macht. Wir haben daher auch die Strategie für die Jahre 1997 bis 1999 untersucht.

Die Vorteile der CPPI zeigen sich im Jahr 1997, in dem die Aktienmärkte zu Anfang des Jahres stark gestiegen und anschließend nicht mehr auf das Ausgangsniveau zurückgefallen sind. Dort wäre die CPPI-Strategie optimal gewesen, da sie nichts gekostet hätte. Der Investitionsgrad war immer 100 % und die Performance des CPPI-gesicherten Portfolios mit der des ungesicherten Portfolios identisch.

Im Jahr 1998, in dem der Markt sich nach einem starken Einbruch wieder erholt hat, zeigen sich jedoch die Nachteile der CPPI. Aufgrund der Pfadabhängigkeit der Strategie wurde die Aktienquote im fallenden Markt reduziert und der Puffer fast aufgebraucht, so dass am anschließend wieder steigenden Markt fast nicht mehr partizipiert werden konnte. Im Jahr 1998 hätte ein CPPI-Portfolio Verlust gemacht - wobei der Mindestportfoliowert erhalten blieb - während die ungesicherte Strategie zu einem positiven Ergebnis geführt hätte. Ähnlich sieht es im Jahr 1999 aus. In einer volatilen Seitwärtsbewegung waren nach der Allokationsregel häufige Umschichtungen nötig, in denen der Puffer teilweise verbraucht wurde. Dadurch konnte an den anschließend stark steigenden Kursen nur unzureichend partizipiert werden.

Die hier dargestellten Eigenschaften sind symptomatisch für die CPPI: Während die Strategie in steigenden Märkten fast nichts kostet, verliert sie in Seitwärtsmärkten und stoppt sich in fallenden Märkten nahezu aus, so dass eine Partizipation an einer Kurserholung nicht mehr möglich ist.


*) Dr. Carsten Grosse-Knetter ist Leiter der Quantitativen Analyse bei der Frankfurt-Trust Investmentgesellschaft mbH.


Börsen-Zeitung, 22.11.2001
DarkKnight:

Teil 2

 
16.12.01 11:51
Wertsicherungskonzepte (2):



Kosten von Optionsstrategien gut abschätzbar

Unterschiedliches Verhalten in steigenden Märkten - Pfadunabhängigkeit als Vorteil - Keine Prämienzahlung bei Zero Cost Collar

Von Carsten Grosse-Knetter *)
Börsen-Zeitung, 29.11.2001

Grundsätzlich gibt es zwei Möglich-keiten, ein Portfolio durch Optionsstrategien abzusichern. Eine Möglichkeit ist, das Portfolio direkt durch den Kauf von Putoptionen (Verkaufsoptionen) auf den zugrunde liegenden Index abzusichern (sog. Protective Put). Diese Variante ist äquivalent mit dem Halten einer Kasseposition und der entsprechenden Calloption (Kaufoption). Im letzteren Fall garantiert die Kasse einen Mindestportfoliowert und die Calloption die Partizipation an steigenden Märkten.

Die Durchführung ist in der Praxis jedoch schwierig. So stehen Optionen mit der gewünschten Laufzeit oft nicht oder nicht mit der notwendigen Liquidität zu Verfügung. Darüber hinaus kann man nur Indexportfolios, auf die Optionen gehandelt werden, durch solche absichern, jedoch keine aktiv gemanagten Portfolios. Eine Lösung dieses Problems wäre der Kauf von Warrants oder Over-the-counter- (OTC-)Optionen, die in der Regel jedoch schlechter gepreist sind als börsengehandelte Optionskontrakte.

Die Alternative zum Kauf einer Option besteht in ihrer dynamischen Replikation, das heißt man hält ein Portfolio, das ausschließlich Wertpapier- (bzw. Future-) und Kassepositionen enthält und passt den Investitionsgrad dynamisch so an, dass er dem Delta der gewünschten Calloption entspricht. Das Delta einer Option beschreibt die Sensitivität des Optionspreises bezüglich Kursänderungen des Basisinstruments, gegeben durch die Ableitung (dO)/(dS). Dabei steht O für den Optionspreis und S für den Preis des Basisinstrumentes. Dadurch ist gewährleistet, dass das Portfolio mit der synthetisch replizierten Option die gleiche Sensitivität auf den zugrunde liegenden Markt hat wie ein Portfolio, in dem direkt Optionen gehalten werden.

Da sich das Delta einer Option mit der Zeit und mit schwankenden Kursen des Basisinstruments ändert, ist eine ständige Anpassung des Investitionsgrades nötig. Diese Strategie ist prozyklisch, da das Delta eines Calls mit steigenden Kursen größer wird, das heißt der Investitionsgrad erhöht sich bei steigenden Kursen und wird bei fallenden Kursen heruntergefahren.

Anders jedoch als die im ersten Teil dieser Serie beschriebene CPPI-Strategie (vgl. BZ vom 22. November 2001) ist sie weitestgehend pfadunabhängig. Das bedeutet, dass das Ergebnis der Strategie nur vom Kurs des Basisinstruments am Ende des Absicherungszeitraums abhängt, jedoch nicht vom Kursverlauf während dieses Zeitraums. Die Absicherungskosten sind damit durch die Optionsprämie a priori gegeben.


Arten der Partizipation

Es gibt im Wesentlichen drei ver-schiedene Optionsstrategien, die sich hinsichtlich ihrer Partizipation an steigenden Märkten unterscheiden. Jede dieser Strategien kann, wie oben beschrieben, durch das Halten von Optionen oder alternativ durch deren dynamische Replikation umgesetzt werden. Die unterschiedlichen Auszahlungsprofile sind in der Abbildung schematisch dargestellt. Aufgetragen ist der Wert der verschiedenen Strategien in Abhängigkeit des Kurses des Basisinstruments am Ende des Betrachtungszeitraums. Abgesichert wurde jeweils bei 95 % des Einstandskurses, der hier bei 100 liegt.

Die Strategie Volle Partizipation entspricht dem gewöhnlichen Protective Put bzw. einem Call und einer Kasseposition. Bei positiven Marktbewegungen nimmt man in vollem Umfang an diesen teil. Die Strategie liegt jedoch stets um eine feste Absicherungsprämie hinter dem Markt zurück. Insbesondere muss der Basiswert erst um die Höhe der Prämie über das Absicherungsniveau stei-gen, bevor man von Aufwärtsbewegungen profitiert. Diese Strategie ist bei starken Kursanstiegen die beste, bei nur leichten Kursanstiegen kann sie jedoch trotzdem zu negativen Ergebnissen führen.

Die Strategie Partielle Partizipation entspricht ebenfalls einer Call- und einer Kasseposition, jedoch werden in diesem Fall weniger Calls gehalten. Dadurch partizipiert man sofort an steigenden Märkten, wenn der Basiswert über dem Absicherungsniveau liegt, jedoch nur mit einer gewissen Partizipationsrate. Die Underperformance ist also um so höher, je besser sich die Märkte entwickeln. In einem Bullenmarkt ist sie deshalb der Strategie der vollen Partizipation unterlegen.

Die dritte Strategie ist der Zero Cost Collar, in der der Kauf von Optionen zur Absicherung (Prämienzahlung) durch den Verkauf von Optionen mit höherem Ausübungspreis (Prämieneinnahme) finanziert wird. Damit performt man bei geringen Kursanstiegen genau wie der Basiswert, das heißt man zahlt in diesem Fall de facto keine Absicherungsprämie. Der Preis dieser Strategie ist jedoch, dass sie ab einem gewissen Kursniveau gekappt ist. Ab diesem Niveau kann an weiteren Kursteigerungen nicht mehr partizipiert werden.


Historische Simulation

Die oben beschriebenen Optionsstrategien haben wir mit historischen Kurszeitreihen simuliert. Abgesichert wurde ein Dax-Portfolio auf Sicht eines Kalenderjahres bei 95 % des Einstandskurses. Als Untersuchungszeitraum wurden die Kalenderjahre 1997 - 2000 gewählt. Im "schlechten" Börsenjahr 2000 wurde in allen Wertsicherungsstrategien der Mindestwert eingehalten. Um die Absicherungskosten zu ermitteln, sollte man nun das Resultat der Strategien in den "guten" Börsenjahren anschauen, in denen sich diese als Performance-Einbuße bemerkbar machen.

Es zeigt sich, dass in den sehr freundlichen Marktphasen der Jahre 1997 und 1999 die voll partizipierende Strategie die besten Ergebnisse er-zielt hat vor der partiell partizipierenden Strategie, während der Zero Cost Collar seine Kappungsgrenze erreicht hat und am schlechtesten aussieht. Genau umgekehrt ist die Situation im nur leicht positiven Jahr 1998. Hier war die volle Partizipation die schlechteste Strategie, die partielle Partizipation war besser und der Zero Cost Collar hat genauso gut performt wie der Dax, da die Kappungsgrenze noch nicht erreicht war.

Dieses unterschiedliche Verhalten in unterschiedlich stark ausgeprägten Bullenmärkten entspricht der schematischen Darstellung in der Grafik.

Vergleichen wir nun die Optionsstrategien mit dem in der vergangenen Folge dieser Reihe besprochenen CPPI-Verfahren. In den Jahren 1998 und 1999 waren die Optionsstrategien der CPPI überlegen, da letztere aufgrund ihrer Pfadabhängigkeit an den jeweiligen Kursanstiegen zum Jahresende nach einer schwachen Marktphase nicht mehr stark partizipieren konnte. Dafür wäre 1997 die CPPI-Strategie überlegen gewesen, da sie in dem Jahr nichts gekostet hätte, während bei den Optionsstrategien eine Absicherungsprämie fällig war.

Grundsätzlich jedoch erscheinen Optionsstrategien sinnvoller als das CPPI-Verfahren, da die Kosten dieser Strategien im Voraus abschätzbar sind, während sich die Kosten der CPPI erst im Nachhinein aus dem Kursverlauf ergeben.


*) Der Autor ist Leiter der Quantitativen Analyse bei der Frankfurt-Trust Investmentgesellschaft mbH.


Börsen-Zeitung, 29.11.2001
DarkKnight:

Teil 3

 
16.12.01 11:53
Wertsicherungskonzepte (3):



Gewinnsicherung hat ihren Preis

Probleme der CPPI treten auch bei TIPP auf - Lookback-Optionen erscheinen wenig interessant

Von Carsten Grosse-Knetter *)
Börsen-Zeitung, 6.12.2001

In den bisherigen Folgen dieser Serie wurden Wertsicherungsstrategien untersucht, die in fallenden Märkten einen vorgegebenen Mindestportfoliowert absichern. Betrachten wir nun die Situation, dass die Kurse erst ansteigen und danach einbrechen, wie es zum Beispiel an den Aktienmärkten im Jahr 2000 oder 1998 der Fall war.

In diesem Fall ist es wünschenswert, nicht nur ein festes Kursniveau relativ zum Einstandskurs, sondern auch einen Teil der zwischenzeitlich aufgelaufenen Gewinne abzusichern. Man braucht also eine Strategie, die in steigenden Märkten das Absicherungslevel dynamisch nach oben anpasst.

In der Tat lassen sich die beiden in den vorherigen Folgen dieser Reihe beschriebenen Grundtypen von Absicherungsstrategien - CPPI und Optionsstrategien - auf gewinnsichernde Konzepte verallgemeinern. Der Preis dieser zusätzlichen Absicherung ist natürlich eine noch höhere Absicherungsprämie als die, die bei den nicht gewinnsichernden Strategien anfällt.


TIPP = erweiterte CPPI

Die in der ersten Folge dieser Serie beschriebene CPPI (Constant Proportion Portfolio Insurance) ist eine Wertsicherungsstrategie, in der der Investitionsgrad in riskanten Assets dynamisch über das Value-at-risk so gesteuert wird, dass eine gegebene Wertuntergrenze nicht unterschritten wird. In fallenden Märkten wird der Investitionsgrad heruntergefahren, und in steigenden Märkten wird er wieder heraufgefahren (vgl. BZ vom 22. November 2001).

Die gewinnsichernde Erweiterung der CPPI nennt sich TIPP (Time Invariant Portfolio Protection). Die TIPP funktioniert im Prinzip genauso wie die CPPI, nur wird das Absicherungslevel nicht relativ zum Einstand, sondern relativ zum maximalen Portfoliowert der Strategie festgelegt und bei steigenden Märkten entsprechend erhöht. Auf Basis dieses dynamischen Absicherungslevels werden, wie bei der gewöhnlichen CPPI auch, der vorhandene Puffer (Differenz zwischen Portfoliowert und Mindestwert) und der Investitionsgrad berechnet.

Fallen die Kurse nach einem Anstieg, ist der Puffer schneller verbraucht als bei der normalen CPPI, und der Investitionsgrad wird früher reduziert. Dadurch werden vorhandene Kursgewinne abgesichert.


Alternativ: Lookback-Option

Eine auf Optionen basierende Wertsicherungsstrategie besteht aus einem durch eine Put-Option abgesicherten Portfolio oder - was dazu äquivalent ist - einer Kasse-Position und einer Call-Option. In letzterem Fall garantiert die Kasse einen Mindestportfoliowert und die Call-Option die Partizipation an steigenden Märkten. Die gewinnsichernde Erweiterung dieser Optionsstrategie lässt sich mit Hilfe von Look-back-Optionen realisieren. Während der Wert einer gewöhnlichen (europäischen) Call-Option bei Fälligkeit der Differenz aus dem Kurs des Basisinstruments bei Fälligkeit und dem Ausübungspreis entspricht, zahlt eine Look-back-Option - genau genommen ein "Call on Maximum" - die Differenz aus dem während der Laufzeit erreichten Kursmaximum und dem Ausübungspreis. Das entspricht im Prinzip einer amerikanischen Option, die man genau zum optimalen Zeitpunkt, das heißt beim Höchstkurs, ausgeübt hätte.

Eine Look-back-Option ist daher eine pfadabhängige exotische Option. Aufgrund des günstigeren Auszahlungsprofils ist sie jedoch erheblich teurer als eine gewöhnliche Option.

Eine entsprechende Absicherungsstrategie lässt sich wieder als Portfolio aus einer Kasse-Position und einer Look-back-Option (Call on Maximum) realisieren. Dabei kann man die Option explizit halten (wobei sich exotische Optionen jedoch nur als Warrants oder OTC-Produkte erwerben lassen) oder, wie in der zweiten Serienfolge beschrieben, dynamisch replizieren, indem man den Investitionsgrad dem Delta einer solchen Look-back-Option anpasst, das heißt ein Portfolio aus Kasse und Wertpapieren (bzw. Futures) so konstruiert, dass es die gleiche Sensitivität auf den zugrunde liegenden Markt hat, wie die entsprechende Look-back-Option.


Historische Simulation

Auch die gewinnsichernden Strategien wurden wieder für den Dax historisch simuliert. Die verwendeten Parameter sind dieselben wie in den vorhergehenden Folgen, das heißt 5 % risikoloser Zins und 25 % (implizite) Volatilität und jeweils ein Kalenderjahr Absicherungshorizont. Bei der TIPP-Strategie wurden 95 % des maximalen Portfoliowerts abgesichert, in der Look-back-Strategie wurde bei einem Absicherungslevel von 95 % ein Call on Maximum gehalten. Untersuchungszeitraum waren wieder die Kalenderjahre 1997 bis 2000. Die Abbildung zeigt den Wert eines ungesicherten und zweier durch die beiden beschriebenen Strategien gesicherten Portfolios im zeitlichen Verlauf für das Jahr 1998.

In den Jahren 1997 und 1999, in denen die Endkurse fast die Höchstkurse waren, hat eine gewinnsichernde Strategie keinen zusätzlichen Nutzen gebracht, da keine zwischenzeitlichen Kursgewinne zu sichern waren. In der Tat sind in diesen Jahren die gewinnsichernden Strategien den entsprechenden nicht gewinnsichernden Strategien wegen der höheren Absicherungsprämie unterlegen.


Positives Ergebnis in 2000

Bei Betrachtung der Jahre 1998 (siehe Grafik) und 2000, als der Markt erst gestiegen und dann eingebrochen ist, zeigt sich, dass die TIPP-Strategie ein sehr gutes Ergebnis erzielt hat, das die gewöhnliche CPPI bei weitem übertraf. Aufgrund des gewinnsichernden Effekts hat die Strategie in diesen Jahren auch den Markt selber, das heißt die ungesicherte Strategie, outperformt und 2000 sogar in fallenden Märkten ein positives Ergebnis erzielt.

Jedoch tritt das in der ersten Serienfolge dargelegte Problem der CPPI, sich in schwachen Märkten oder Seitwärtsbewegungen zu schnell auszustoppen und an anschließend steigenden Märkten nicht mehr partizipieren zu können, bei der TIPP verstärkt auf. So war 1999 in dieser Strategie nach einer leichten Seitwärtsbewegung der Puffer bereits vollständig verbraucht, so dass an der folgenden sehr positiven Marktentwicklung nicht mehr partizipiert werden konnte. In diesem Fall hat die TIPP-Strategie noch schlechter performt als die gewöhnliche CPPI.

Die Look-back-Strategie war lediglich 1998 besser als die gewöhnlichen Optionsstrategien, jedoch schlechter als die TIPP. Im Jahr 2000 wurde trotz der Kursgewinne zu Jahresanfang das günstigere Auszahlungsprofil durch die höhere Optionsprämie kompensiert; die Strategie war den gewöhnlichen Optionsstrategien nicht überlegen, das heißt, es konnten keine zwischenzeitlichen Gewinne gesichert werden. Eine Absicherung durch Look-back-Optionen erscheint daher wenig attraktiv.


*) Dr. Carsten Grosse-Knetter ist Leiter der Quantitativen Analyse bei der Frankfurt-Trust Investmentgesellschaft.


Börsen-Zeitung, 6.12.2001
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