Der Preis des Großen Geldes

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Nassie:

Der Preis des Großen Geldes

 
29.10.03 11:06
Gladiatoren & Vergoldete Duschvorhänge

Der Preis des großen Geldes

Weil sich der ehemalige Chef des Tyco-Konzerns, Dennis Kozlowski, geradezu märchenhaft bereichert haben soll, drohen ihm nun bis zu 30 Jahre Haft. Die Parties, die er auf Firmenkosten schmiss, waren legendär teuer - bis zu 2 Millionen Dollar.
Von Andreas Oldag


(SZ vom 29.10.03) — Es gibt ungeschriebene Regeln, die man derzeit als angeklagter Top-Manager vor einem US-Bundesgericht beachten sollte. "Ich würde ihm dazu raten, einen heruntergesetzten Anzug von Syms zu tragen, ein Hemd ohne Manschettenknöpfe und eine Timex-Uhr für 49,95 Dollar anstatt seiner Rolex", sagt die New Yorker Strafverteidigerin Ira Lee Sorkin.



Arrogante Manager sind out
Syms ist ein Discountladen in Manhattan, der Anzüge von der Stange für 200 Dollar anbietet. Die Anwältin weiß, worauf es ankommt. Die Geschworenen sind Leute aus dem Volk. Und kaum etwas regt die Menschen in den USA, wo ein Firmenskandal den anderen jagt, derzeit mehr auf, als wenn einer den arroganten, saturierten Manager gibt.

Insofern sollte Dennis Kozlowski in die Beratungsstunde Ira Lee Sorkins gehen. Der Ex-Chef des US-Mischkonzerns Tyco erscheint an diesem Herbsttag im dunkelblauen Maßanzug zum Gerichtstermin. Seine Designer-Krawatte ist gewiss kein Auslaufmodell vom Wühltisch.

Der Kontrast zu den zwölf Geschworenen, die im großen Verhandlungssaal des Manhattaner Supreme Court auf harten Holzstühlen Platz nehmen, könnte nicht größer sein. Bei den Jüngeren dominieren ausgewaschene Jeans und Sweat-Shirts.



Den Schaden haben die Kleinen

"Arbeiterklasse richtet über Kozlowski", titelt das Boulevard-Blatt New York Post. Der Fall sorgt für Schlagzeilen. Zum ersten Mal steht einer jener Spitzenmanager vor Gericht, denen vorgeworfen wird, Unternehmen ausgeplündert zu haben. Es ist eine lange Serie von Skandalen, die Amerikas Wirtschaft erschüttert hat.

Sie reicht von der Pleite des texanischen Energieunternehmens Enron, über den Bankrott des Telekommunikationsriesen Worldcom bis zu dem in Schieflage geratenen Tyco-Konzern. Der Hersteller von Feuerlöschern, Chirurgiewerkzeugen und Elektronikteilen hat seinen Sitz auf den Bermudas, die Geschäfte werden jedoch von New York und New Hampshire aus gesteuert.

Seit der frühere Vorstandschef Kozlowski vergangenes Jahr zum Rücktritt gezwungen wurde, hat das Unternehmen für Wertberichtigungen und Belastungen mindestens sechs Milliarden Dollar abgeschrieben. Den Preis für Betrug und Missmanagement müssen jetzt die Kleinanleger zahlen. Die Aktienkurse sind abgestürzt.



Justiz ist hartnäckig
Das kann die ehemaligen Spitzenmanager nicht mehr stören. Sie spielen als Luxusrentner Golf oder genießen das Leben auf ihrer Yacht in der Karibik. Doch vielleicht haben sie die Hartnäckigkeit der Justiz unterschätzt. Eine Generation junger Staatsanwälte brennt darauf, die Verantwortlichen für die Skandale zur Rechenschaft zu ziehen.

New Yorks Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer hat sich den Ruf eines Robin Hoods der Kleinaktionäre erworben. Spitzer deckte in den vergangenen Monaten im Umfeld von Wall-Street-Banken einen Skandal nach dem anderen auf.


Die Liste der Angeklagten wird fast täglich länger: Ex-Worldcom-Chef Bernie Ebbers ist wegen Bilanzbetrugs angeklagt. Im Fall des früheren Enron-Bosses Kenneth Lay arbeiten sich die Ermittler noch durch Berge von Akten. Eine Anklage soll kurz bevorstehen. Vor Gericht verantworten muss sich auch die Ikone des guten Geschmacks, Martha Stewart.



Manager haben abkassiert
Ihr wird Insiderhandel mit Aktien vorgeworfen. Der Prozess soll im Januar beginnen. Amerikas Manager-Elite habe während des Börsenbooms in den neunziger Jahren über alle Maßen abkassiert, kritisiert der Volkswirtschaftsprofessor Paul Krugman. "Die Kluft zwischen Arm und Reich ist tiefer als je zuvor", meint der Kritiker der Bush-Regierung.

Alles das mag man im Lande des Kapitalismus, wo der soziale Aufstieg nach der Dicke des Bankkontos gemessen wird, noch akzeptieren. Die Toleranz endet allerdings beim Gesetzesbruch. Schweres Geschütz fährt Staatsanwalt Kenneth Chalifoux gegen Dennis Kozlowski und seinen ehemaligen Finanzchef Mark Swartz auf: "Sie haben gelogen, gestohlen und betrogen", ruft der Vertreter der Anklage in den Raum.

Kozlowski habe sich ein Netz von Vertrauten geschaffen, sie unter Druck gesetzt oder korrumpiert, um seine Machenschaften zu decken, sagt Chalifoux. Dies sind Anklagepunkte, die normalerweise gegen Mafia-Bosse angeführt werden. Kozlowski und Swartz haben laut Anklage 600 Millionen Dollar in Form von Krediten, überzogenen Gehaltszahlungen und Aktienverkäufen abgezweigt.



Private Spendenkasse
Die Phantasie des ehemaligen Top-Managers kannte offenbar keine Grenzen: Allein 15 Millionen Dollar habe Kozlowski durch missbräuchliche Nutzung eines Kredit-Programms für Tyco-Führungskräfte einstreichen können, so der Staatsanwalt.

Auch ein Firmen-Budget, das für Umzugskosten von Angestellten vorgesehen war, betrachtete der Ex-Tyco-Boss offenbar als eine Art private Sparkasse.

Das alles reichte für einen barocken Luxus, den sich der 56-Jährige gönnte. Das Bad seines Appartements in der noblen New Yorker Park Avenue schmückte er mit einem 6000 Dollar teuren, vergoldeten Duschvorhang. Auf der Terrasse stand ein Sonnenschirmständer für 14000 Dollar.

Ankläger Chalifoux zeichnet das Leben eines Mannes nach, der fast manisch Statussymbole anhäufte und offenbar bereit war, fast jeden Preis zu zahlen und vor keiner Skrupellosigkeit zurückzuschrecken. Von der 13 Millionen teuren Segelyacht Endeaver bis zu Renoirs Gemälde "Fleurs et Fruits" – alles soll aus der Firmenkasse gezahlt worden sein. Zwei Landsitze, in Florida und auf der Insel Nantucket, gehörten ebenso zum Reich Kozlowskis.



Die Zwei-Millionen-Dollar-Party
Wer ist dieser Mann, der stiernackig und glatzköpfig auf der Anklagebank sitzt? Kozlowski lässt sich nicht anmerken, dass ihm im Falle eines Schuldspruchs bis zu 30 Jahre Haft drohen. Verteidiger Stephen Kaufmann schildert seinen Mandanten nach dem Klischee des Selfmademan.

Kozlowski habe sich als Sohn polnischer Einwanderer aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet. Als Schüler habe er Zeitungen ausgetragen, später seinen Universitätabschluss nachgeholt, schließlich aus Tyco einen Weltkonzern mit 270000 Beschäftigten und 36 Milliarden Dollar Umsatz gemacht.

 
Kaufmann ist ein alter Fuchs im Geschäft. Er hat den Junk-Bonds-König Michael Milken mitverteidigt, der vor Jahren einen der größten Wall-Street-Skandale verursachte. Und das Luxusleben seines Mandanten? Kaufmann macht eine wegwerfende Handbewegung. "Es mag sein, dass sie das nicht mögen. Sie mögen es geschmacklos finden. Aber es war alles offen und in den Büchern registriert", sagt er.



Wilde Party auf Sardinien
Am 14.Prozesstag gerät sogar der sonst so ernst dreinblickende Richter Michael Obus ins Schmunzeln. Gerade hat Kozlowskis Ex-Geliebte Barbara Jacques Details über eine Geburtstagsparty auf Sardinien zum Besten gegeben. Die hatte Kozlowski für seine derzeitige Ehefrau Karen Mayo organisiert, eine ehemalige Kellnerin.

Als Einlage ließ man am Strand Komparsen in Gladiatoren-Kluft aufmarschieren. Eine Eisskulptur, die Michelangelos David darstellte, urinierte Wodka. Zu Unterhaltung der illustren Gesellschaft klampfte der amerikanische Sänger Jimmy Buffett. Er war für 250000 Dollar eingeflogen worden. Gesamtkosten der Party: zwei Millionen Dollar. Davon soll eine Million aus der Tyco-Firmenkasse stammen.


Süddeutsche.de  

Jokerworld:

Zustände wie im alten Rom und

 
29.10.03 11:34
das ist auch untergegangen.
War ja hauptsächlich nicht "sein" Geld..
Nassie:

Viel schlimmer finde ich

 
29.10.03 11:37
das mangelnde Unrechtsbewußtsein.
Erst haben sie sich mit getürkten Zahlen hohe variable Gehaltsbestandteile und Optionen
gesichert und dann mußten sie vor lauter Habgier auch noch in die Firmenkasse greifen.
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