Der Kassenwart Gottes / AOL
Der Papst betet, sein Investment-Chef spekuliert. Anleihen, Gold, Devisen und Aktien - hinter den dicken Mauern des Vatikans zieht der Kassenwart Gottes die Strippen. Die Geschäfte laufen wie geschmiert: Durch geschickte Spekulationen hat sich das Vermögen des Heiligen Stuhls vervielfacht.
Im 3. Stock des Apostolischen Palastes in Rom, hoch über dem Petersplatz und nur 20 Meter Luftlinie vom Papst entfernt, sitzt er - Giorgio Stoppa, Herr über ein Vermögen von 1,5 Milliarden Mark. Oft sind die Fenster seines Büros noch spät Abends hell erleuchtet.
Goldesel des Heiligen Stuhls
Giorgio Stoppa mag die Dunkelheit. Fast jeden Tag arbeitet er bis in die Nacht hinein. Nur Insider kennen den Mann. Er scheut die Öffentlichkeit, mag keine Fragen - und schon gar nicht mag er über seine Geschäfte im Namen des Herrn sprechen. Alles streng geheim.
Stoppas "außerordentliche Abteilung", im Vatikan-Jargon "Sezione Straordinaria" genannt, ist der Goldesel des Heiligen Stuhls. Kaufen, verkaufen, halten - Stoppa finanziert mit Gewinnen aus Wertpapier-Geschäften rund ein Drittel der Personal- und Gebäudekosten des Vatikans. Ohne die Millionengewinne hätte der Heilige Stuhl ein Finanzproblem.
Spekulieren im Namen des Herrn hat Tradition
Zehn Mitarbeiter an den Börsen in Mailand, London und New York hören auf Stoppas Kommando. An den Anlagestrategien tüftelt er mit seinen Mitarbeitern - jeden Morgen um 9 Uhr. Stoppa hat vorher schon alle Kurse studiert. Die Öffentlichkeit bekommt von all dem nichts mit. Das Unternehmen Vatikan läuft wie ein Schweizer Uhrwerk: seriös, diskret, leise.
Göttliche Eingebung, geniale Strategie, glückliches Händchen - das Spekulieren im Namen des Herrn hat Tradition. Erstmals im Jahre 1929 investierte der Vatikan 40 Millionen Dollar in Gold, Devisen und Aktien. Mit Erfolg: Nach 16 Jahren hatte sich das Kapital verdoppelt - trotz Weltwirtschaftskrise und Weltkrieg.
Wertpapiervermögen hat sich verdreifacht
Giorgio Stoppa will es noch besser machen als seine Vorgänger. Seit elf Jahren verantwortet er die Geschäfte der päpstlichen Investment-Abteilung. 41 Millionen Mark Gewinn hat er in einem guten Börsenjahr schon erwirtschaftet - und das Wertpapiervermögen während seiner Amtszeit verdreifacht.
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Der Kassenwart Gottes hat Furchen im Gesicht. Auch sonst sieht der 69-Jährige nicht aus wie einer, der dem Papst dient. Im Gegenteil. Giorgio Stoppa ist ein Banker-Typ - Anzug und Krawatte statt Talar. Ob er betet, wenn er investiert?
Giorgio Stoppa ist diskret. Ein Foto von ihm? Er weigert sich. Auskünfte über seine Wertpapier-Geschäfte? Er hält sich zurück. Interviews am Telefon? Er will nicht. Kaum etwas dringt aus den dunklen Fluren der päpstlichen Vermögensverwaltung an die Außenwelt - Stoppa hält sich an die Regeln.
Ob Stoppa bei seinen Investments auf Gottes Eingebung setzt, bleibt ein Geheimnis. Dass ihn Experten aus der internationalen Hochfinanz beraten, ist bekannt. Kauft er Aktien, dann nur die Marktführer. "Wir gehen mit Geld so um, wie es ein guter Familienvater tun würde", verriet der strenggläubige Katholik dem Wirtschaftsmagazin "Bizz".
In welche Unternehmen investiert der Vatikan?
Gerüchten zufolge soll der Vatikan rund 38 Prozent des Aktienportefeuilles in amerikanischen Blue-Chips angelegt haben. Beteiligt ist der Heilige Stuhl auch am Autohersteller Fiat, an der Versicherung Generali, der Banco Credito Italiano und dem Stromversorger Enel.
Stoppa hält sich an die Gebote Gottes. Tabu sind Investments in Waffenproduzenten. Auch Pharmaunternehmen, die Mittel zur Empfängnisverhütung herstellen, passen nicht zur Investmentphilosophie des Papstes. Ebenso spekulative Technologieaktien - der Vatikan setzt auf die Old Economy.
Vom Hilfsbuchhalter zum Kassenwart Gottes
Der Kassenwart Gottes stammt aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war Leibdiener und Chauffeur bei Papst Pius XII. Das BWL-Studium finanzierte sich Giorgio Stoppa mit Nebenjobs im Vatikan. Später sammelte er als Hospitant der Chase Manhattan Bank in London erste Erfahrungen in der Investmentbranche.
"Ich empfinde mich als privilegiert, im Dienste von Christus zu arbeiten", sagt Stoppa. Gestartet als Hilfsbuchhalter in der päpstlichen Vermögensverwaltung - "Amministrazione del Patrimonio della Sede Apostolica" (APSA) -, ist er zum Kassenwart Gottes aufgestiegen.
Wie reich ist der Heilige Stuhl wirklich?
Offiziell beläuft sich der Wert des von der APSA verwalteten Vermögens auf zwei Miliarden Mark. Offiziell. Experten schätzen, dass die Buchhalter des Heiligen Stuhls den Immobilienbesitz viel zu niedrig bewerten. Der soll dreimal so viel wert sein - das wären dann zusätzliche 1,5 Milliarden Mark.
Giorgio Stoppa schweigt zu all dem. Die Öffentlichkeit wird niemals erfahren, wie viel der Heilige Stuhl wirklich besitzt. Ganz zu schweigen vom Vermögen der Vatikanbank. So lange Stoppa in der "außerordentlichen Abteilung" das Sagen hat, läuft das Unternehmen Vatikan wie ein Schweizer Uhrwerk. (mak)
Hunderttausende Gläubige pilgern jedes Jahr zum Petersplatz in die Vatikanstadt. Der Vatikan ist mit 0,44 Quadratkilometern Fläche und 860 Einwohnern der kleinste Staat der Welt - mitten in Rom.
Der Vatikan wurde im Jahre 1929 mit den Lateranverträgen geschaffen. Der katholische Kirchenstaat hat fast alles, was einen Staat ausmacht - so auch eine Verfassung, die so genannte Apostolische Konstitution von 1967.
Der Vatikan hat eine eigene Armee (110 Schweizergardisten), eine Hymne, eine Flagge, ein eigenes Post- und Fernmeldewesen, eigene Briefmarken und einen Fernsehsender. Der Postdienst, der rund 20 Millionen Sendungen jährlich bearbeitet, wird auch von vielen Römern benutzt, die ihm mehr vertrauen als der italienischen Post.
Ein ans Netz der italienischen Staatsbahnen angeschlossener Bahnhof verbindet den Stadtstaat mit der Welt. 2000 Telefone dienen der Kommunikation.
Zur Infrastruktur gehören ferner ein Supermarkt, eine Tankstelle, ein Bekleidungs- und Elektrogeschäft.
Die Mehrzahl der Einwohner, denen jeweils eine zeitlich begrenzte Staatsbürgerschaft erteilt wird, ist im diplomatischen Dienst tätig oder gehört der Schweizergarde an. Dazu kommen Kirchenbedienstete. (mak)
Der Papst betet, sein Investment-Chef spekuliert. Anleihen, Gold, Devisen und Aktien - hinter den dicken Mauern des Vatikans zieht der Kassenwart Gottes die Strippen. Die Geschäfte laufen wie geschmiert: Durch geschickte Spekulationen hat sich das Vermögen des Heiligen Stuhls vervielfacht.
Im 3. Stock des Apostolischen Palastes in Rom, hoch über dem Petersplatz und nur 20 Meter Luftlinie vom Papst entfernt, sitzt er - Giorgio Stoppa, Herr über ein Vermögen von 1,5 Milliarden Mark. Oft sind die Fenster seines Büros noch spät Abends hell erleuchtet.
Goldesel des Heiligen Stuhls
Giorgio Stoppa mag die Dunkelheit. Fast jeden Tag arbeitet er bis in die Nacht hinein. Nur Insider kennen den Mann. Er scheut die Öffentlichkeit, mag keine Fragen - und schon gar nicht mag er über seine Geschäfte im Namen des Herrn sprechen. Alles streng geheim.
Stoppas "außerordentliche Abteilung", im Vatikan-Jargon "Sezione Straordinaria" genannt, ist der Goldesel des Heiligen Stuhls. Kaufen, verkaufen, halten - Stoppa finanziert mit Gewinnen aus Wertpapier-Geschäften rund ein Drittel der Personal- und Gebäudekosten des Vatikans. Ohne die Millionengewinne hätte der Heilige Stuhl ein Finanzproblem.
Spekulieren im Namen des Herrn hat Tradition
Zehn Mitarbeiter an den Börsen in Mailand, London und New York hören auf Stoppas Kommando. An den Anlagestrategien tüftelt er mit seinen Mitarbeitern - jeden Morgen um 9 Uhr. Stoppa hat vorher schon alle Kurse studiert. Die Öffentlichkeit bekommt von all dem nichts mit. Das Unternehmen Vatikan läuft wie ein Schweizer Uhrwerk: seriös, diskret, leise.
Göttliche Eingebung, geniale Strategie, glückliches Händchen - das Spekulieren im Namen des Herrn hat Tradition. Erstmals im Jahre 1929 investierte der Vatikan 40 Millionen Dollar in Gold, Devisen und Aktien. Mit Erfolg: Nach 16 Jahren hatte sich das Kapital verdoppelt - trotz Weltwirtschaftskrise und Weltkrieg.
Wertpapiervermögen hat sich verdreifacht
Giorgio Stoppa will es noch besser machen als seine Vorgänger. Seit elf Jahren verantwortet er die Geschäfte der päpstlichen Investment-Abteilung. 41 Millionen Mark Gewinn hat er in einem guten Börsenjahr schon erwirtschaftet - und das Wertpapiervermögen während seiner Amtszeit verdreifacht.
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Der Kassenwart Gottes hat Furchen im Gesicht. Auch sonst sieht der 69-Jährige nicht aus wie einer, der dem Papst dient. Im Gegenteil. Giorgio Stoppa ist ein Banker-Typ - Anzug und Krawatte statt Talar. Ob er betet, wenn er investiert?
Giorgio Stoppa ist diskret. Ein Foto von ihm? Er weigert sich. Auskünfte über seine Wertpapier-Geschäfte? Er hält sich zurück. Interviews am Telefon? Er will nicht. Kaum etwas dringt aus den dunklen Fluren der päpstlichen Vermögensverwaltung an die Außenwelt - Stoppa hält sich an die Regeln.
Ob Stoppa bei seinen Investments auf Gottes Eingebung setzt, bleibt ein Geheimnis. Dass ihn Experten aus der internationalen Hochfinanz beraten, ist bekannt. Kauft er Aktien, dann nur die Marktführer. "Wir gehen mit Geld so um, wie es ein guter Familienvater tun würde", verriet der strenggläubige Katholik dem Wirtschaftsmagazin "Bizz".
In welche Unternehmen investiert der Vatikan?
Gerüchten zufolge soll der Vatikan rund 38 Prozent des Aktienportefeuilles in amerikanischen Blue-Chips angelegt haben. Beteiligt ist der Heilige Stuhl auch am Autohersteller Fiat, an der Versicherung Generali, der Banco Credito Italiano und dem Stromversorger Enel.
Stoppa hält sich an die Gebote Gottes. Tabu sind Investments in Waffenproduzenten. Auch Pharmaunternehmen, die Mittel zur Empfängnisverhütung herstellen, passen nicht zur Investmentphilosophie des Papstes. Ebenso spekulative Technologieaktien - der Vatikan setzt auf die Old Economy.
Vom Hilfsbuchhalter zum Kassenwart Gottes
Der Kassenwart Gottes stammt aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war Leibdiener und Chauffeur bei Papst Pius XII. Das BWL-Studium finanzierte sich Giorgio Stoppa mit Nebenjobs im Vatikan. Später sammelte er als Hospitant der Chase Manhattan Bank in London erste Erfahrungen in der Investmentbranche.
"Ich empfinde mich als privilegiert, im Dienste von Christus zu arbeiten", sagt Stoppa. Gestartet als Hilfsbuchhalter in der päpstlichen Vermögensverwaltung - "Amministrazione del Patrimonio della Sede Apostolica" (APSA) -, ist er zum Kassenwart Gottes aufgestiegen.
Wie reich ist der Heilige Stuhl wirklich?
Offiziell beläuft sich der Wert des von der APSA verwalteten Vermögens auf zwei Miliarden Mark. Offiziell. Experten schätzen, dass die Buchhalter des Heiligen Stuhls den Immobilienbesitz viel zu niedrig bewerten. Der soll dreimal so viel wert sein - das wären dann zusätzliche 1,5 Milliarden Mark.
Giorgio Stoppa schweigt zu all dem. Die Öffentlichkeit wird niemals erfahren, wie viel der Heilige Stuhl wirklich besitzt. Ganz zu schweigen vom Vermögen der Vatikanbank. So lange Stoppa in der "außerordentlichen Abteilung" das Sagen hat, läuft das Unternehmen Vatikan wie ein Schweizer Uhrwerk. (mak)
Hunderttausende Gläubige pilgern jedes Jahr zum Petersplatz in die Vatikanstadt. Der Vatikan ist mit 0,44 Quadratkilometern Fläche und 860 Einwohnern der kleinste Staat der Welt - mitten in Rom.
Der Vatikan wurde im Jahre 1929 mit den Lateranverträgen geschaffen. Der katholische Kirchenstaat hat fast alles, was einen Staat ausmacht - so auch eine Verfassung, die so genannte Apostolische Konstitution von 1967.
Der Vatikan hat eine eigene Armee (110 Schweizergardisten), eine Hymne, eine Flagge, ein eigenes Post- und Fernmeldewesen, eigene Briefmarken und einen Fernsehsender. Der Postdienst, der rund 20 Millionen Sendungen jährlich bearbeitet, wird auch von vielen Römern benutzt, die ihm mehr vertrauen als der italienischen Post.
Ein ans Netz der italienischen Staatsbahnen angeschlossener Bahnhof verbindet den Stadtstaat mit der Welt. 2000 Telefone dienen der Kommunikation.
Zur Infrastruktur gehören ferner ein Supermarkt, eine Tankstelle, ein Bekleidungs- und Elektrogeschäft.
Die Mehrzahl der Einwohner, denen jeweils eine zeitlich begrenzte Staatsbürgerschaft erteilt wird, ist im diplomatischen Dienst tätig oder gehört der Schweizergarde an. Dazu kommen Kirchenbedienstete. (mak)