Börsenhype und Internetboom machten die Direktbanken zu den Stars der Finanzbranche. Das Kursdesaster zerstörte die Euphorie. Comdirect und DAB Bank liegen am Boden, die Advance Bank schließt ganz. Die niederländische ING macht es anders als die deutsche Konkurrenz: Ausgerechnet jetzt investiert sie in Direktbanken. Mit Diba und Entrium gehört ihr hier zu Lande jeder zweite Onlinekunde.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten: Für 31 Euro brachte die Commerzbank die Aktie der Comdirect im Juni 2000 an die Börse. Aktuell ist das Papier nur noch 2,80 Euro wert. Die Commerzbank, die noch 59 Prozent hält, hat rechnerisch 2,3 Milliarden Euro verbrannt. Auch die Hypovereinsbank verspielte mit ihrer Onlinetochter DAB Bank vergleichsweise fast 600 Millionen Euro. Wettbewerber wie Consors, die als erste deutsche Direktbank an die Börse kam und heute zur französischen BNP Paribas gehört, verschwanden vom Kurszettel.
Unterdessen stellten Systracom, EQ Online und Patagon ihr Geschäft ein. Die Allianz schließt gerade das Dresdner-Bank-Erbe Advance Bank, und was die Deutsche Bank aus ihrem Onlinebroker Maxblue macht, ist unklar. Der "könnte jederzeit einem der vielen Strategiewechsel bei der Deutschen Bank zum Opfer fallen", sagt Johannes Thormann von der WestLB Panmure.
Expansion. Die europäische Konkurrenz nutzt die Gunst der Stunde. Für gerade einmal 300 Millionen Euro erwirbt die niederländische ING die Direktbank Entrium, die frühere Quelle-Bank. Mit der sind Kunden besonders zufrieden, wie Leser von "Börse Online" entschieden: Im Ranking nach sechs Kategorien wie Erreichbarkeit, Orderabwicklung und Kundenorientierung liegt Entrium mit deutlichem Abstand vorn. Maxblue landet auf dem letzten Rang. Noch im Frühjahr soll Entrium mit der ING-Tochter Allgemeine Deutsche Direktbank (Diba) fusionieren und dann Marktführer mit drei Millionen Kunden werden. Damit ist Deutschland für ING-Boss Ewald Kist das wichtigste Standbein mit Onlinekunden. Auf drei Kontinenten ködert er inzwischen Anleger mit hohen Sparzinsen in Deutschland 3,5 Prozent für Tagesgeld. Dann bietet er ihnen Produkte wie Fonds und Hypotheken an. Das hilft, die Konzernrendite auf rund 20 Prozent zu steigern.
Stillstand. Dagegen richten sich Comdirect und DAB-Bank auf den Wertpapierhandel aus. Diba-Chef Bernhard Hafner kritisiert: "Das ist so, als würde ein Bauer nur Blumenkohl anbauen. Wenn sich der Geschmack ändert, bekommt man ein Problem." Aber Comdirect und DAB Bank dürfen ihre Muttergesellschaften nicht ärgern. Die Zahl der Kunden stagniert, und die Depotinhaber handeln kaum noch. Im Jahr 2000 kauften oder verkauften sie durchschnittlich noch fast 30 Mal Wertpapiere, voriges Jahr nur noch 9 Mal.
Alexander Plenk von der Bankgesellschaft Berlin: "Die Kurse der Onlinebanken sehen niedrig aus, sind aber sehr hoch." Allenfalls die mögliche Integration in das Mutterhaus sorgt für einen Hauch Kursfantasie.
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