Wenn Banken eigene Aktien verkaufen...
Von Joachim Spiering
Josef Ackermann ist eigentlich ein guter Banker und sein Ruf bislang schlechter als sein Können. Je länger aber die Finanzkrise dauert, desto stärker werden inzwischen die Zweifel, ob der Chef der Deutschen Bank die Situation auch wirklich richtig einschätzt. Schon mehrfach hatte er die Finanzkrise für beendet erklärt, um danach wieder zurückzurudern. Vergangene Woche ließ sein Haus nun abermals aufhorchen: Um die Kernkapitalquote zu stärken, hat die Bank eigene Aktien verkauft. Im Prinzip ein richtiger Schritt. Allerdings hat das Institut noch bis vor wenigen Wochen eigene Aktien zurückgekauft. Die Papiere wurden also zuerst zu höheren Kursen erworben, um sie dann billig zu verscherbeln. Eine pfiffige Strategie sieht anders aus. Böswillig könnte man auch sagen: Die Bank shortet sich selbst - zumal sie damit Befürchtungen schürt, noch mehr eigene Aktien auf den Markt zu werfen.
Das Herumgeeiere bei der Deutschen Bank ist ein weiterer Hinweis, dass selbst die bestbezahlten Experten allmählich den Überblick verlieren und immer sprunghafter agieren. Die unwürdige Bilanztrickserei bei der Allianz oder das über Nacht umgekrempelte Rettungspaket in den USA sind weitere Beispiele. Keine Frage, in den Chefetagen herrscht eine Mischung aus Chaos und Ratlosigkeit. Und es ist zu befürchten, dass dieser Zustand noch länger anhält. Denn weiterhin ist völlig offen, wie sich die Krise weiter entwickeln wird. Goldman Sachs geht davon aus, dass sich die Verluste weltweit auf 1,4 Billionen Dollar ausweiten werden. Die englische Notenbank beziffert den Gesamtschaden sogar auf 2,8 Billionen. Bekannt sind bislang übrigens erst 800 Milliarden Dollar.
Ratlosigkeit herrscht auch an den Börsen. Am Donnerstagabend zwischen 19 und 22 Uhr unserer Zeit legten
die US-Indizes wie von Geisterhand enorm zu und schlossen mit einem Plus von über sechs Prozent. Vernünftige Erklärungen für den phänomenalen Kursanstieg gab es keine. Wenn aber selbst die Experten im
Dunkeln tappen, kommt von irgendwoher immer einer um die Ecke, der das Wort Hedgefonds raunt. Nach dem Motto: Wenn’s mysteriös wird, müssen daran die Hedgefonds schuld sein. Was natürlich Unsinn ist.
Dennoch wird es spannend sein, zu sehen, wie sich die erwarteten Probleme bei Hedgefonds auf den Gesamtmarkt auswirken. In Frankfurt spekulieren Experten inzwischen, dass der Abgabedruck auf die diversen Vermögensklassen vielleicht gar nicht so groß ist. Denn viele Hedgefonds verfolgen Long-Short-Strategien. Müssen sie ihre Positionen nun auflösen, weil aus den Dachhedgefonds immer mehr Mittel abgezogen werden, bedeutet das: Sowohl die Long- als auch die Shotpositionen müssen verkauft werden. Unter dem Strich bleibt also alles beim Alten. Für den DAX würde das beispielsweise bedeuten, dass er selbst gar nicht stark verliert. Bei den einzelnen Aktien wird es aber zu hohen Kursausschlägen kommen.