Daytrader - erschreckend naiv

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Dixie:

Daytrader - erschreckend naiv

 
14.01.03 08:32
Die Desperados und Glücksritter der ersten Stunde sind weg

Dem Daytrading-Geschäft war nur eine kurze Blüte beschieden / "Erschreckende Naivität"


hbe. FRANKFURT, 13. Januar. Zukünftiger Volkssport, Traumgewinne, der sichere Weg zum Reichtum - noch vor drei Jahren galt Daytrading als das Nonplusultra der Börsenbegeisterung. Heute haben auch diejenigen, die auf der Bugwelle des Booms dem Reichtum entgegenstrebten, Schiffbruch erlitten. Daytrading ist ungefähr noch so gefragt wie die dazugehörigen Aktien.

"Die Desperados und Glücksritter der ersten Stunde sind weg", sagt Rafael Müller, Gründer und Vorstand des börsennotierten Anbieters Tradinghouse.net AG in Berlin. Die heutigen Kunden seien professioneller als jene der ersten Stunde. "Anfangs saßen hier Zwanzigjährige mit fünf- oder sechsstelligen Beträgen auf ihren Konten. Die sind jetzt alle wieder auf der Uni", erzählt Andreas Kosina, Aufsichtsratsvorsitzender des Anbieters Actior AG in Hamburg. Neben Studenten und Frührentnern mit Abfindung beobachten die Betreiber solcher Handelszentren eine weitere Kundengruppe: ehemalige Händler und Banker, die sich nun als Daytrader versuchen.

Aber allen Kunden der Trading-Center ist eines gemeinsam: Sie sind professioneller und älter geworden. Kosina sagt: "Heute haben wir viele Kunden im Alter zwischen 40 und 60 Jahren, die genug von den Durchhalteparolen ihrer Bank haben und nun auf fallende Kurse setzen." In der Tat ist das derzeitige Börsenumfeld für Daytrader geeignet: Wer in den vergangenen Jahren auf fallende Kurse setzte, steht besser da als der Kostolany-Anhänger, der kaum noch Geld für die vom Börsenaltmeister empfohlenen Schlaftabletten haben dürfte.

Aber das schnelle Geld ist nicht mehr drin. "Wenn man sich damit seinen Lebensunterhalt verdienen will, ist das ein anstrengendes und kaum lohnendes Geschäft, das nicht jeder Sozialkundelehrer auf sich nehmen will", sagt Hendrik Zeis vom Hanseatic Brokerhouse in Hamburg mit Anspielung auf die Kunden des Jahres 2000. In der Tat: Denn bevor man davon leben kann, muß erst einmal Kapital her: Auf maximal 20 Prozent jährlich schätzt Zeis die machbare Rendite beim Daytrading.Mit einem Grundkapital von 400 000 Euro würde man dann über ein jährliches Einkommen von 80 000 Euro verfügen. Allerdings ist dieser Wert nicht risikoadjustiert. Ein schlechtes Jahr reicht - und Kapital sowie Einkommen schmelzen dahin wie ein Speiseeis in der Mikrowelle.

"Die Leute waren damals kaum zu halten", sagt Müller mit Blick auf die goldenen Börsenzeiten. Viele Anleger spekulierten zu lange auf steigende Kurse und verbrannten sich die Finger. "Viele Leute haben zu spät die Notbremse gezogen", sagt Zeis. Fast 90 Prozent dieser Kunden hätten sich mittlerweile wieder verabschiedet. Dennoch kann er diesen Verlusten etwas abgewinnen: "Wer sich hier die Finger verbrannt hat und ausgestiegen ist, hat oft noch weniger Verluste gemacht als Anleger Markt, denen die Banken zum Durchhalten geraten haben. Viele waren danach geheilt, auch wenn das bittere Medizin war."

Doch nicht nur das Geschäftsmodell "Schneller Zock", wie Händler sagen, hat sich überlebt. Auch das Geschäft derjenigen, die im Goldrausch des Jahres 2000 die Schaufeln verkauft haben, hat deutlich nachgelassen. Wo keine Goldgräber mehr sind, will auch niemand Schaufeln. Branchenkenner schätzen, daß es in den besten Zeiten des Booms 60 bis 70 Daytrading-Center waren, in denen die börsenbegeisterten Deutschen im Sekundentakt ihr Portfolio erst vermehrt und dann verbrannt haben. Heute schätzen sie die Anzahl dieser Center auf maximal 20. Manche der Center, die erst in der Spätphase gegründet worden sind, kamen über eine einstellige Kundenzahl nicht hinaus. Im schlimmsten Falle soll es nur ein Kunde gewesen sein.

Noch schwerer zu schätzen ist die Anzahl der Deutschen, die wirkliches Daytrading betreiben, ihr Portfolio also mehrmals am Tag umschlagen. "Der Trend geht weg vom reinen Daytradin zu längerfristigen Spekulationsstrategien", sagt Zeis. Er schätzt die Zahl der Anleger, die aktiv handeln, auf rund 20 000. Rund 2000 davon sind seiner Ansicht nach richtige Daytrader. Wie eine Begegnung der dritten Art kommen den Betreibern der Center heute die Erlebnisse der Jahre 1999 und 2000 vor: "Da sind Welten aufeinandergetroffen, und die Naivität der Leute war teilweise erschreckend", sagt ein Center-Betreiber mit Blick auf die Kunden, die bar jeglicher Kenntnisse an die Rechner drängten - "inspiriert von den Berichten in den Frauenzeitschriften", wie Branchenkenner spotten. Einen wesentlichen Unterschied hat Müller ausgemacht zwischen den Kunden von damals und heute: "Heute haben die Leute kein Geld mehr", erzählt er. Aber immerhin noch ab und an Erfolg: Alle zwei bis drei Wochen gebe es dann doch noch Champagner im Handelsraum.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.01.2003, Nr. 11 / Seite 19
Dixie:

Und? Gibt's noch welche hier?

 
14.01.03 08:43
Echte, meine ich?
TD714788:

Ich würde mich nicht als Tageshändler bezeichnen

 
14.01.03 09:32
Eher als Tagedieb.

Grüsse,
Tyler Durdan

teppich:

gruenspan meint:...

 
14.01.03 09:33
Vielleicht, vielleicht aber auch nicht!
Selbige agieren hauptsächlich leise und ohne große Worte, denn Zeit und Infos bedeuten Handelsspielraum und Geld!
Somit können zumindest ARIVA- Vielposter keine "echten" Daytrader sein.
Würde mich persönlich auch nicht als Daytrader bezeichnen.
Muß aber nicht unbedingt heissen, datt man deshalb in diesen bewegten Börsenzeiten weniger Erfolg als ein Tageszocker hat
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