Nach Panik Gleichgültigkeit
Tagesverluste von vier Prozent im Dax werden zur Selbstverständlichkeit. Und auch die Ergebnissaison macht keine Hoffnung auf eine Wende
Berlin hö/mes - Der Irak-Krieg scheint nur eine Frage der Zeit, die Krise der Banken und Versicherungen spitzt sich zu, die Nachfrageerholung im Technologiebereich ist auf unbestimmte Zeit verschoben und von der Konjunkturfront kommt auch kaum Gutes - nichts als schlechte Nachrichten. Die Kurse fallen, selbst Tagesverluste im Dax von vier Prozent werden inzwischen wie selbstverständlich hingenommen. Resignation statt Kapitulation, Gleichgültigkeit statt Panik - die Trendwende ist wohl noch ein gutes Stück weg.
Das eigentlich Schlimme nach einer weiteren tristen Woche mit den schon zur Gewohnheit gewordenen Verlusten belegen die Zahlen der Deutschen Börse zum wöchentlich ermittelten Dax- Stimmungsindikator. Danach sind die mittelfristig orientierten Akteure am deutschen Aktienmarkt überwiegend positiv gestimmt. Von den Befragten erwarten demnach 69 Prozent, dass der Leitindex der Deutschen Börse auf Sicht von einem Monat steigen wird. In der Vorwoche lag diese Zahl nur bei 55 Prozent.
Die Zahl der Pessimisten hingegen hat sich reduziert. Ganze 20 Prozent erwarten, dass die Kurse auf 30-Tage-Sicht weiter fallen werden. Eine Woche vorher dachten dies noch 34 Prozent. Für Gianni Hirschmüller vom Analysehaus Cognitrend, das den Indikator erstellt, ist das ein schlechtes Zeichen. Das Ergebnis dokumentiere eine "gefährlich gute Stimmung am deutschen Aktienmarkt". Das Problem: Hinter dem Optimismus stehen Anleger, die mit ihren Engagements in die Schwäche hinein auf steigende Kurse gesetzt haben. Schon bei leichten Kursgewinnen steht zu erwarten, dass diese Investoren den Markt wieder massiv mit Verkäufen unter Druck bringen.
Auch von anderer Seite gibt es kaum Signale, die Mut machen könnten. Zwar notierte der Volitilitäts-Index V-Dax, Indikator für die Unsicherheit der Marktteilnehmer und bisher häufig ein Hinweis auf eine zumindest kurzfristige Trendwende, auch am Freitag in der Nähe seiner Rekordstände von 58. Er bewegt sich somit - mit kurzen Unterbrechungen - bereits seit Monaten in Regionen um die 50. "Der V-Dax hat an Prognosequalität deutlich eingebüßt", sagt Frank Klumpp, Aktienstratege bei der Landesbank Baden-Württemberg. "Einen typischen Ausverkauf, wie ihn der V-Dax schon länger suggerieren könnte, werden wir diesmal wahrscheinlich nicht sehen", so der Analyst weiter.
Es bleibt also offenbar beim scheibchenweisen Ausverkauf der Indices, der nun schon seit gut zweieinhalb Jahren anhält. In dieser Woche stachen wieder mal die Finanz- und Technologiewerte heraus, die Deutsche Bank verlor in 15 Handelstagen rund 30 Prozent und auch die Allianz fällt weiter wie ein Stein. Die Aktie notierte am Freitag bereits unter 80 Euro. Und wie lange mit der Münchener Rück der letzte der 30 Dax-Werte noch dreistellig notieren wird, ist eine Frage von Tagen.
Immerhin: Die Gewinnwarnungssaison ist abgeschlossen. Zumindest in den USA. "Was an schlechten Nachrichten vorab anzukündigen war, das ist jetzt in der Tat draußen", sagt Peter Dombeck, Analyst bei der Hamburger Berenberg Bank. "In Europa gibt es aber eine Verzögerung von zwei bis drei Wochen, da könnte also durchaus noch die eine oder andere Überraschung kommen." Gefahren sehe er vor allem in der Finanz- und der Technologiebranche. Positive Meldungen, wie sie der Computerbauer Dell oder DuPont gebracht hätten, dürften eher die Ausnahme bleiben.
Nun geht es also mit Volldampf in die Ergebnissaison. In Europa etwa bringt die Supermarkt-Kette Carrefour am Dienstag die Zahlen für das dritte Quartal heraus. Am Mittwoch tritt dann das Internetportal Yahoo mit seinen Zahlen an die Öffentlichkeit. Fast genauso schnell ist man bei General Electric. Überraschungen sind dabei nicht zu erwarten, hat der Konzern doch erst vor kurzem auf einer Analystenkonferenz die Markterwartungen bestätigt. Im Juli hatte GE angekündigt, man rechne gegenüber dem Vorjahresquartal - in das ja der 11. September und seine Folgen einflossen - mit einem Anstieg des Gewinns um 25 Prozent. Bedenken gibt es bezüglich der Aussicht von General Electric für das kommende Jahr. Eine Reihe von Analysten hat inzwischen die Schätzung für den GE-Gewinn 2003 zurückgenommen.