Marktumfrage/DAX-Titanic vor dem Untergang?
Rio Reiser hat es 1987, im Jahr des großen Börsencrashes, auf seinem Album "Blinder Passagier" treffend besungen: "Die Ratten verlassen das sinkende Schiff". Die Signalgasten im Ausguck, die derzeit den DAX aus technischer Sicht unter die Lupe nehmen, blasen in das gleiche Horn. Sie sehen den Paradetanker weiter in unruhigem Fahrwasser und vergleichen den deutschen Aktienindex schon mit der "Titanic". Die Stimmung ist jedenfalls schon eisig. Befindet sich der DAX wirklich vor dem Untergang?
"Ich wünschte, es gebe Anzeichen für eine Erholung, aber die gibt es nicht", erklärt Klaus Tafferner von Concord Effekten. Er sieht die nächste wichtige Unterstützung des DAX erst bei 4.185 Punkten, dem 61,8-prozentigen Fibonacci-Retracement. Zudem verlaufe in diesem Bereich auch die untere Begrenzung eines Abwärtstrendkanals, zumindest, wenn man die gesamte Entwicklung seit dem 11. September ausblende. "Ob das so funktioniert, da bin ich mir allerdings noch nicht ganz sicher", schränkt er ein. Denn da er den Abwärtstrend insgesamt immer noch für intakt hält, malt er in seinem persönlichen "Horrorszenario" einen Fall bis auf die Marke bei 3.400 Punkten aus.
Dies hänge vor allem davon ab, ob die 4.185 Zähler verteidigt werden können oder sich der Index maximal zwei bis drei Tage unter der Marke bewege. Der Long-Range-Indikator weise in jedem Fall darauf hin, dass es in den nächsten vier bis fünf Monaten noch zu fallenden Kursen kommmt. "Die ersten 'Cleveren' fangen nun wohl an, auf einen 'double dip' in den USA zu setzen", argumentiert er auch mit Verweis auf die Verschlechterung der technischen Lage im Verbraucherindex der Universität Michigan. Über den Teich blickt auch Klaus Deppermann von der BHF Bank. Zwar sei es in Deutschland am Freitag zu dem lange erhofften und erwarteten "Sellout" gekommen, in den USA aber nicht.
Und danach richte sich der Markt, erklärt er. Viele könnten sich in Deutschland im falschen Boot befinden, urteilen die Techniker. Zwar hätten das Advance-Decline-Ratio auf eine breite Bewegung hingedeutet und auch der Umsatz sei mit 4,7 Mrd EUR hoch genug ausgefallen. Gegen einen Sellout spreche allerdings die Entwicklung des VDAX, der noch nicht die "nötigen" Werte erreicht habe, so Deppermann. Tafferner verweist zudem auf die Worte Elliots: "Eine Trendwende bahnt sich immer 'dull und sluggish' an". Der Sellout sei daher lediglich für kurzfristige Bewegungen interessant.
Marcus Metz von Staud Research führt an, dass das Reversal am Freitag gefehlt habe, da der DAX nur unwesentlich von den Tagestiefstständen entfernt den Handel verlassen habe. In den nächsten Tagen rechnen die Techniker deshalb auch eher mit der Fortsetzung der am Montag eingeleiteten Erholung. "Wenn auch mit vermindertem Tempo", so Deppermann. Staud schätzt, dass die Konsolidierung den DAX bis auf 3.800 bis 3.600 Zähler führen wird - den Septembertiefs vom Jahr 2001 auf Schluss- bzw Verlaufskursbasis. Bis zum langfristigen, seit 1982 bestehenden Aufwärtstrend bei etwa 3.900 Zählern, macht auch Marcel Mußler keinerlei charttechnischen Unterstützungsmotive für den DAX aus.
Sobald ein paar der Shorts gedeckt und der "Triple Witch" vorüber sei, sollte es daher weiter nach unten gehen, so Staud Research. Zwär sähen einige Indikatoren "überverkauft" aus, doch sei das in einer solchen, durch eine große Dynamik gekennzeichneten Trendphase, nicht ungewöhnlich. Da klebten die meisten Indikatoren an den entscheidenden Linien. Wichtiger sei daher, dass es zu Kaufsignalen auf Wochenbasis kommt, wie zum Beispiel durch einen Candlestick-Hammer, erklärt Marcus Metz. Einhellig sind die Techniker sogar der Meinung, dass die Ausbildung einer Divergenz auf Tagesbasis ein äußert positives Signal wäre. Was bleibt, ist also nur die Hoffnung, dass dadurch der Untergang vermieden werden kann. +++ Marc Langendorf
vwd/18.6.2002/mc/rib/rud/tw
Rio Reiser hat es 1987, im Jahr des großen Börsencrashes, auf seinem Album "Blinder Passagier" treffend besungen: "Die Ratten verlassen das sinkende Schiff". Die Signalgasten im Ausguck, die derzeit den DAX aus technischer Sicht unter die Lupe nehmen, blasen in das gleiche Horn. Sie sehen den Paradetanker weiter in unruhigem Fahrwasser und vergleichen den deutschen Aktienindex schon mit der "Titanic". Die Stimmung ist jedenfalls schon eisig. Befindet sich der DAX wirklich vor dem Untergang?
"Ich wünschte, es gebe Anzeichen für eine Erholung, aber die gibt es nicht", erklärt Klaus Tafferner von Concord Effekten. Er sieht die nächste wichtige Unterstützung des DAX erst bei 4.185 Punkten, dem 61,8-prozentigen Fibonacci-Retracement. Zudem verlaufe in diesem Bereich auch die untere Begrenzung eines Abwärtstrendkanals, zumindest, wenn man die gesamte Entwicklung seit dem 11. September ausblende. "Ob das so funktioniert, da bin ich mir allerdings noch nicht ganz sicher", schränkt er ein. Denn da er den Abwärtstrend insgesamt immer noch für intakt hält, malt er in seinem persönlichen "Horrorszenario" einen Fall bis auf die Marke bei 3.400 Punkten aus.
Dies hänge vor allem davon ab, ob die 4.185 Zähler verteidigt werden können oder sich der Index maximal zwei bis drei Tage unter der Marke bewege. Der Long-Range-Indikator weise in jedem Fall darauf hin, dass es in den nächsten vier bis fünf Monaten noch zu fallenden Kursen kommmt. "Die ersten 'Cleveren' fangen nun wohl an, auf einen 'double dip' in den USA zu setzen", argumentiert er auch mit Verweis auf die Verschlechterung der technischen Lage im Verbraucherindex der Universität Michigan. Über den Teich blickt auch Klaus Deppermann von der BHF Bank. Zwar sei es in Deutschland am Freitag zu dem lange erhofften und erwarteten "Sellout" gekommen, in den USA aber nicht.
Und danach richte sich der Markt, erklärt er. Viele könnten sich in Deutschland im falschen Boot befinden, urteilen die Techniker. Zwar hätten das Advance-Decline-Ratio auf eine breite Bewegung hingedeutet und auch der Umsatz sei mit 4,7 Mrd EUR hoch genug ausgefallen. Gegen einen Sellout spreche allerdings die Entwicklung des VDAX, der noch nicht die "nötigen" Werte erreicht habe, so Deppermann. Tafferner verweist zudem auf die Worte Elliots: "Eine Trendwende bahnt sich immer 'dull und sluggish' an". Der Sellout sei daher lediglich für kurzfristige Bewegungen interessant.
Marcus Metz von Staud Research führt an, dass das Reversal am Freitag gefehlt habe, da der DAX nur unwesentlich von den Tagestiefstständen entfernt den Handel verlassen habe. In den nächsten Tagen rechnen die Techniker deshalb auch eher mit der Fortsetzung der am Montag eingeleiteten Erholung. "Wenn auch mit vermindertem Tempo", so Deppermann. Staud schätzt, dass die Konsolidierung den DAX bis auf 3.800 bis 3.600 Zähler führen wird - den Septembertiefs vom Jahr 2001 auf Schluss- bzw Verlaufskursbasis. Bis zum langfristigen, seit 1982 bestehenden Aufwärtstrend bei etwa 3.900 Zählern, macht auch Marcel Mußler keinerlei charttechnischen Unterstützungsmotive für den DAX aus.
Sobald ein paar der Shorts gedeckt und der "Triple Witch" vorüber sei, sollte es daher weiter nach unten gehen, so Staud Research. Zwär sähen einige Indikatoren "überverkauft" aus, doch sei das in einer solchen, durch eine große Dynamik gekennzeichneten Trendphase, nicht ungewöhnlich. Da klebten die meisten Indikatoren an den entscheidenden Linien. Wichtiger sei daher, dass es zu Kaufsignalen auf Wochenbasis kommt, wie zum Beispiel durch einen Candlestick-Hammer, erklärt Marcus Metz. Einhellig sind die Techniker sogar der Meinung, dass die Ausbildung einer Divergenz auf Tagesbasis ein äußert positives Signal wäre. Was bleibt, ist also nur die Hoffnung, dass dadurch der Untergang vermieden werden kann. +++ Marc Langendorf
vwd/18.6.2002/mc/rib/rud/tw