Stärkstes US-Wachstum seit fast 20 Jahren
Danke Amerika! Die US-Konjunktur wächst und färbt hoffentlich auf unsere Wirtschaft a
Die US-Wirtschaft ist im dritten Quartal nach vorläufigen Berechnungen des Handelsministeriums so stark gewachsen wie seit fast 20 Jahren nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft stieg zum Vorquartal mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 7,2 Prozent nach plus 3,3 Prozent im vorigen Quartal, wie das Ministerium mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Wachstum von sechs Prozent gerechnet.
Die Aktienmärkte reagieren mit Kurssprüngen. Der Dow Jones machte zu Handelsbeginn einen Satz auf 9825 Punkte, fiel dann aber wieder etwas zurück. Der DAX erreichte im Tagesverlauf sein altes Jahreshoch bei 3675 Punkte, doch auch der deutsche Index konnte das Niveau nicht halten.
US-Wachstum erreicht über Umwege auch Deutschland
Der große Schwung der US-Konjunktur bringt auch Bewegung in die deutsche Wirtschaft. Amerikaner kaufen mehr deutsche Produkte und deutsche Firmen investieren mehr - angesteckt vom Optimismus aus Übersee. Diesen Impuls kann die deutsche Wirtschaft gut gebrauchen: Die US-Wirtschaft wuchs im dritten Quartal dank üppiger Steuergeschenke der US-Regierung mit einer aufs Gesamtjahr hochgerechneten Rate von 7,2 Prozent. Die deutsche Wirtschaft kommt im gleichen Zeitraum nach Einschätzung von Volkswirten noch nicht einmal auf eine vergleichbare Rate von einem Prozent.
Exporte laufen schon ordentlich
"Das US-Wachstum kommt tatsächlich schon in Deutschland an: Unser Export läuft bereits ganz ordentlich", sagt Andreas Scheuerle von der DekaBank. Zwar gehen nur rund zehn Prozent der deutschen Ausfuhren in die USA, aber auch andere Regionen profitieren vom US-Wachstum und kaufen daher mehr deutsche Waren. "Wer schneller wächst, importiert auch mehr", pflichtet Joachim Scheide vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel bei.
Euro bremst aus
Allerdings bremse der starke Euro: "Wegen des Euro bekommen wir die volle Wucht des amerikanischen Aufschwungs nicht direkt zu spüren." Längerfristig werde das Wachstum in den USA diesen Bremseffekt aber überkompensieren, hofft Scheide. Besonders bei großen deutschen Konzernen kommt der US-Aufschwung sogar noch schneller an als über den Handel, erklärt Volkswirt Volker Nitsch von der Bankgesellschaft Berlin: "Unsere Beziehung zu den USA ist viel direkter als nur über den Handel, weil viele Multinationals wie DaimlerChrysler Standbeine in den USA haben."
Ifo-Index zeigt US-Aufschwung auch hierzulande an
Die besseren Aussichten in den USA machen die Firmen hierzulande nach Ansicht von Nitsch bereits jetzt optimistischer. "Die Stimmungsverbesserung zeigt, dass sich der US-Aufschwung auch bei uns schon niederschlägt - das zeigt der Ifo-Index." Der veröffentlichte Ifo-Geschäftsklimaindex war kräftig angestiegen, dabei hatten die Firmen zur Erleichterung der Experten auch ihre gegenwärtige Lage besser eingeschätzt. "Bessere Erwartungen sind eine Voraussetzung für Investitionen", ergänzt Scheuerle.
Impuls hängt von weiterem Wachstum in USA ab
Wie viel vom US-Wachstum für Deutschland schließlich abfällt und wann es hier ankommt, ist unter Experten umstritten. "Ein starkes Quartal alleine reicht nicht. Die Hauptsache ist, dass sich das Wachstum in den USA fortsetzt", sagt Nitsch. Die hohe Rate im dritten Quartal wurde vor allem durch die Steuerrückzahlungen im Sommer verursacht. Ab dem vierten Quartal dürfte sich das Wachstum daher etwas abschwächen. "In dem Tempo geht's nicht weiter, dass dritte Quartal ist ein Ausreißer", sagt Nitsch. Analysten rechnen im Schnitt im kommenden Jahr mit einer Rate von 3,5 Prozent. Skeptiker argwöhnen sogar, dass sich der US-Aufschwung im nächsten Jahr als Strohfeuer entpuppt - und damit der Schub für Deutschland ausläuft.
Starke US-Wirtschaft hilfreich
Ob die deutsche Wirtschaft ohne den Impuls aus den USA wieder auf die Beine kommen kann, ist unter den Experten ebenfalls strittig. "Eine starke US-Wirtschaft ist natürlich immer hilfreich, aber keine Grundvoraussetzung für eine konjunkturelle Erholung in Deutschland", sagt Scheide. Nitsch verweist auf die leichte Verbesserung des privaten Verbrauchs und den jüngsten Anstieg der Investitionen: "Die inländische Wirtschaft fängt sich endlich, das US-Wachstum kann dieser Besserung noch einen zusätzlichen Impuls geben." Scheuerle hält dagegen: "Wir haben den Impuls sehr nötig, um den Aufschwung bei uns anzustoßen." Auch wenn dazu asiatische oder osteuropäische Länder beitrügen - die Lokomotive bleibe die USA.