Euro-Umstellung
Preise steigen stärker als gewöhnlich
Der Euro hat zwischen Experten einen Streit um eine zusätzliche Teuerung durch die Bargeld-Umstellung entfacht.
Die Verbraucherpreise in der Euro-Zone sind im Jahr 2001 so stark gestiegen wie seit Jahren nicht. Experten stritten am Dienstag darüber, ob die Bargeld-Umstellung im größten Euro-Staat Deutschland noch höhere Preise bringt oder nicht. Während Verbraucherschützer klare Anzeichen dafür sahen, machte die Deutsche Bundesbank vor allem höhere Steuern und eine witterungsbedingte Verteuerung von Lebensmitteln als Preistreiber aus.
Der oberste Euro-Hüter Wim Duisenberg, sagte, aus rein statistischen Gründen würden die Preise im Januar und Februar etwas steigen. „Das hat aber nichts mit dem Euro zu tun.“ Genaue Daten sollen erst in einigen Wochen vorliegen.
Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat zufolge stiegen die Verbraucherpreise in der Euro-Zone vor allem durch die teureren Lebensmittel im vergangenen Jahr um 2,6 Prozent. Damit war die Jahres-Rate mehr als doppelt so hoch als in den Jahren 1998 und 1999.
Im Jahr 2000 hatte die Teuerung in der Euro-Zone rund 2,4 Prozent betragen. Nach Höchstständen im Mai und Juni bremste sich der Preisauftrieb im Jahresverlauf zuletzt ab: Im Monat Dezember betrug die auf ein Jahr berechnete Teuerung in der Euro-Zone noch 2,1 Prozent.
Deutschland als größter Euro-Staat lag mit einer Inflationsrate von 2,4 Prozent im vergangenen Jahr knapp unter dem Durchschnitt. In der harmonisierten Statistik an der „Spitze“ waren die Niederlande mit einer Teuerung von 5,1 Prozent. Sie lösten damit die Iren ab, die im Jahr 2000 noch die Rote Laterne getragen hatten.
Frankreich verzeichnete unter den zwölf Euro-Staaten mit 1,8 Prozent dagegen erneut den geringsten Auftrieb. Weniger stark stiegen die Preise innerhalb der Europäischen Union aus 15 Staaten mit 1,2 Prozent nur in Großbritannien an - das den Euro aber bisher nicht eingeführt hat.
“Wenn es einen Beschleunigungseffekt gäbe, wäre das ein punktueller Effekt ohne Langzeitwirkung“, sagte Duisenberg, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), der Pariser Wirtschaftszeitung La Tribune mit Blick auf die Euro-Preise. Die jährliche Teuerungsrate werde sich im Frühjahr auf 1,5 bis 1,6 Prozent verringern.
In Deutschland stritten Volkswirte, Handel und Verbraucherschützer, ob das Leben mit der Euro-Einführung teurer geworden ist. Vor allem Gastronomie und Dienstleister hätten die Umstellung auf das neue Bargeld ausgenutzt, um höhere Preise durchzusetzen, hielt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) den Unternehmen vor.
Mit der Euro-Einführung hätten Gastronomie und Dienstleister ihre Preise „teilweise großzügig“ nach oben angepasst. Zahlreiche Händler hatten demnach bereits in den vergangenen Monaten die Preise erhöht, um sie nun wieder leicht zurückzunehmen. Dies brandmarkte der vzbv als „Aldi-Effekt“.
Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) wies die Kritik zurück. Als wahrer Preistreiber erweise sich einmal mehr der Staat, erklärte Verbandssprecher Hubertus Pellengahr. Allein durch höhere Tabak- und Ökosteuern werde die Teuerung um 0,5 Punkte ansteigen. Die Bundesbank erklärte, die Preise würden im Januar wohl vorübergehend steigen. Dies liege aber nicht am Euro.
Das Statistische Bundesamt betonte, es habe bislang keine Hinweise auf kräftige Preisanstiege im Rahmen der Euro-Umstellung. Entsprechende Einschätzungen könnten „zum jetzigen Zeitpunkt weder bestätigt noch verneint werden“. Eine mögliche Preisdynamik im Rahmen der Euro-Einführung werde weiter beobachtet; Ergebnisse lägen erst Ende Februar vor.
Am 31. Januar will das Bundesamt erste allgemeine Inflations-Daten für die größte Euro-Volkswirtschaft bekannt geben; dies dürfte aber noch keinen genauen Aufschluss über einen möglichen „Euro-Effekt“ geben. Bundesbank und Statistisches Bundesamt prüfen die Preisentwicklung seit Monaten mit Blick auf solche „Euro-Effekte“.
Quelle:Süddeutsche Zeitung