Das Wall-Street-Kartell / Wochenendkurs der VHS

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proxicomi:

Das Wall-Street-Kartell / Wochenendkurs der VHS

 
24.03.01 22:24
23.03.2001
A K T I O N Ä R S P R O T E S T E  


Der Ohnmacht nahe  

Das Wall-Street-Kartell / Wochenendkurs der VHS 301092
Ge- und enttäuschte Kleinanleger mucken auf - doch was können sie tatsächlich bewirken?

In der Hauptversammlung der Intershop Communications AG gefielen sich die Firmengründer Stefan Schambach, 30, und Wilfried Beeck, 41, in der Rolle der jungen, siegreichen Tribunen. Aktionärsvertreter trugen Ergebenheitsadressen vor; Kleinaktionäre standen Schlange für ein Autogramm von Vorstandschef Schambach. Ein schöner Tag.

Schade nur, dass sich all dies bereits im vergangenen Jahr zutrug. Die diesjährige Hauptversammlung am 13. Juni dürfte nicht so angenehm verlaufen. Katastrophale Umsatzeinbrüche in den USA, Schambach hat sich vom operativen Geschäft verabschiedet, der Aktienkurs ist seit dem Höchststand um über 90 Prozent eingebrochen. Beeck richtet sich auf Aktionärsproteste ein: "Als Vorstand werde ich dafür bezahlt, dass ich in der Hauptversammlung den Kopf hinhalte."

Die harmonischen Zeiten scheinen endgültig vorbei zu sein. Frustriert von den Kursverlusten der letzten Monate, mucken immer mehr Kleinaktionäre auf. Erboste Anteilseigner und findige Anwälte strengen eine Vielzahl von Klagen an, zum Beispiel:


in Sachen Intershop: Das Grünwalder Anwaltsbüro Rotter will den Beweis antreten, dass Schambach und Beeck die Öffentlichkeit "über den schleppenden Gang ihrer US-Geschäfte getäuscht haben"; die Kanzlei hat beim Bezirksgericht San Francisco eine Sammelklage gegen die auch an der Nasdaq gelistete Softwarefirma eingereicht;

im Fall Daimler-Chrysler: Amerikanische Anleger klagen gegen den fusionierten Autokonzern, die früheren Chrysler-Aktionäre fühlen sich von Jürgen Schrempp getäuscht; die Fusion sei in Wahrheit eine Übernahme durch Daimler gewesen, Schrempp habe die Chrysler-Aktionäre um die bei einer Übernahme fällige Kaufprämie geprellt;

in der Angelegenheit Deutsche Telekom: Kleinaktionäre haben Strafanzeige gegen Vorstand und Aufsichtsrat gestellt und prüfen die Chancen einer Prospekthaftungsklage; der Vorwurf: Die Telekom habe es jahrelang unterlassen, den Wert ihrer Immobilien korrekt zu bilanzieren und im Börsenprospekt auszuweisen; die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt gegen Ron Sommer.
Auch gegen Gesellschaften wie EMTV, Infomatec und Metabox sind Klagen in Vorbereitung oder wurden bereits eingereicht.

Ob die juristischen Schritte freilich mehr darstellen als Drohgebärden, erscheint fraglich. Ärger bereiten sie den Unternehmen auf jeden Fall.

Schadensersatzklagen von Anlegern, geschweige denn Urteile, hat es in Deutschland bisher nicht gegeben. "Wir betreten juristisches Neuland", sagt die Münchener Rechtsanwältin Daniela Bergdolt, die einige EMTV-Aktionäre vertritt. Entsprechend unsicher erscheint der Ausgang der Verfahren. Sicher ist nur eines: Die Sache dauert. Sollten sich Anleger und Unternehmen bis hin zum Bundesgerichtshof bekriegen, würde ein Prozess locker drei bis fünf Jahre dauern, prognostiziert Bergdolt.

Noch unwägbarer sind die Aussichten von Klagen in den Vereinigten Staaten. Deutsche Anleger könnten davon profitieren, dass US-Gerichte sich in ausländischen zivilrechtlichen Streitigkeiten schnell für zuständig erklären. Oft reicht es bereits, wenn das beklagte Unternehmen eine US-Tochter hat. Unter dem Druck der anlegerfreundlicheren Rechtsprechung lassen sich Unternehmen häufig frühzeitig auf einen Vergleich ein.

Neben den Gerichtssälen werden die Hauptversammlungen zum Feld der Auseinandersetzungen zwischen Vorständen und Investoren.

Für Unternehmenslenker hatte das typische Aktionärstreffen bislang den Charakter einer Parodontose-behandlung: langwierig und lästig - aber notwendig.
Das Wall-Street-Kartell / Wochenendkurs der VHS 301092
Für Jürgen Schrempp könnte die Prozedur in diesem Jahr erstmals mit echten Schmerzen verbunden sein. Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre und die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz wollen Vorstand und Aufsichtsrat von Daimler-Chrysler die Entlastung verweigern. Wie viel Prozent Gegenstimmen die Opponenten auf sich vereinigen können, bleibt bis zum 11. April offen.

Auch bei Intershop ist die Situation unberechenbar: 5 Prozent gehören Wagniskapitalgebern, die den Ausstieg nicht rechtzeitig geschafft haben; 67 Prozent der Aktien befinden sich im Streubesitz.

Klagen, Anzeigen, Ermittlungen, Gegenanträge - wird 2001 zum Revolutionsjahr im Börsenland? Wohl kaum. Bei den meisten deutschen Aktiengesellschaften hält sich das Überraschungspotenzial trotz Kursfrusts auch in der diesjährigen Hauptversammlungssaison in Grenzen.

Und dies selbst bei der in Negativschlagzeilen geratenen Deutschen Telekom. In der Hauptversammlung darf nach Kräften gemotzt werden, doch über die Zukunft von Vorstandschef Ron Sommer entscheiden andere: entweder der Großaktionär Bundesrepublik oder die Gerichte, falls die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu einer Anklage führen sollten.

Wirtschaftsprofessor und Aktionärsschützer Ekkehard Wenger glaubt denn auch nicht an einen Erfolg des Anlegeraufstands. "Zuerst machen die Kleinaktionäre ihrem Ärger Luft, anschließend stimmen die institutionellen Anleger für die Entlastung."

Eva Buchhorn/Christian Rickens
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A K T I E N F L A U T E  


"Kapitalvernichtung ungekannten Ausmaßes"  


Die Seele der Kleinanleger kocht. Die anstehenden Hauptversammlungen verheißen wenig Gutes.

Frankfurt - Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) erwartet eine "heiße Saison". Nach den massiven Verlusten an der Börse werden viele Anleger ihrem Unmut während der anstehenden Hauptversammlungen Luft machen, schätzt DSW-Geschäftsführer Ulrich Hocker.
Von der Geldmaschine zum Milliardengrab

Im Zentrum der Kritik steht der Neue Markt. Die einstige Geldmaschine ist längst zum Milliardengrab geworden. Vor einem Jahr erreichte der Nemax 50 mit 9604 Punkten seinen Höchststand. "Doch die Euphorie wurde durch eine nicht endende Serie von Hiobsbotschaften zerstört", sagt Hocker.

"Nach Angaben der Deutschen Börse beliefen sich die Verluste auf etwa 163 Milliarden Euro", so der DSW-Geschäftsführer. "Was professionelle Anleger als Buchverluste verzeichnen, stellt in den Augen der privaten Aktionäre eine Kapitalvernichtung bisher ungekannten Ausmaßes dar."

In Zahlen: Noch vor einem Jahr summierte sich die Kapitalisierung der am Neuen Markt notierten Unternehmen auf 234 Milliarden Euro. Inzwischen ist die Zahl der notierten Aktiengesellschaften um rund 50 Prozent auf fast 340 gestiegen, die gesamte Börsenkapitalisierung jedoch ist auf unter 90 Milliarden Euro gefallen.

Neuer Markt: Nur wenige Firmen mit Substanz

Die bevorstehenden Aktionärsversammlungen dürften nach Einschätzung Hockers am Neuen Markt neue Negativmeldungen zu Tage fördern. Unter den vermeintlichen Hoffnungsträgern der New Economy sieht die DSW lediglich einige Unternehmen mit Substanz und guten Aussichten. Die meisten der rund 340 Firmen seien dagegen von Missmanagement und Unfähigkeit geprägt - in einigen Fällen möglicherweise gepaart mit kriminellen Machenschaften.

Präzise Vorhersagen mag angesichts eklatanter Fehlprognosen mittlerweile niemand mehr geben. Mit Glück könnte der Nemax All Share - von mehr als 8500 Punkten auf mittlerweile 1500 abgestürzt - am Jahresende 2001 bei 2700 Zählern stehen, mutmaßen die Analysten der DG Bank. Einst hatten sie noch an 10 000 Punkte geglaubt.

Prognosen für Dax zurückgenommen

Aufgrund der schwächelnden US-Konjunktur kennt auch die Wall Street derzeit nur den Weg nach unten. Daher stecken die Experten auch beim Dax mit weniger als 5500 Punkten zurück. Alfred Roelli, bei der Deutschen Bank Chefanlageberater für vermögende Privatkunden, traute dem Barometer der 30 wichtigsten Werte am deutschen Aktienmarkt noch vor wenigen Monaten 8200 bis 8700 Punkte zu. Nun wurde die Prognose für die kommenden 12 Monate auf 7000 bis 7300 Zähler zurück genommen.
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B A N K E N  


Das Wall-Street-Kartell  


Ein Blick hinter die Kulissen der Wall Street. Der mm-Report leuchtet aus, wie gut die New Yorker Investmentbanker verdrahtet sind ­ mit der Politik, der US-Notenbank und den Medien.

Noch 15 Minuten. Der Countdown läuft. Im amerikanischen Wirtschafts-Fernsehsender CNNfn tickt die Uhr bis zur großen Entscheidung. Um exakt 14.15 Uhr gibt die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bekannt, ob und - viel spannender ­ um wie viel sie die Zinsen senken wird.  
Noch 13 Minuten. Der Moderator hat eine Expertenrunde ins Studio geladen. Alle sagen das Gleiche: Die Fed muss die Zinsen senken. Schon seit einer Woche machen vor allem Banker öffentlich Druck auf Fed-Chef Alan Greenspan.
Das Wall-Street-Kartell / Wochenendkurs der VHS 301092
Noch neun Minuten: Live-Schaltung aufs Parkett der New Yorker Börse. Die Reporterin schreit die Erwartungen der Wall-Street-Banken in ihr Mikrofon: Ein viertel Prozentpunkt bedeute Enttäuschung, ein halber sei okay, noch besser wäre ein dreiviertel Prozentpunkt.

Es ist kurz vor 14.15 Uhr. Eine Stimme im Hintergrund zählt: three, two, one. Schnell zum Kollegen nach Washington. Der teilt die Entscheidung der Fed mit: Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt. Schwenk in den Börsensaal: frohe Stimmung. Erste Interviews mit zufriedenen Bankern. Ihr Resümee: Das haben wir erwartet.

Die Fed hört auf die Stimme der Banken

Bingo! Wieder einmal hat die Fed im Sinne der Geldhäuser funktioniert. Wieder einmal ist es den Anliegern der Wall Street, der mächtigen Finanzmeile im Herzen New Yorks, gelungen, ihre Interessen durchzusetzen. Sinkende Zinsen bedeuten steigende Aktienkurse. Und die wiederum bedeuten steigende Gewinne für die Banken. So einfach ist die Rechnung des Wall-Street-Kartells.

Wie keine andere Branche der Welt beeinflussen die Investmentbanken die öffentliche Meinung, setzen Trends, machen Stimmung.

Alle sind den Mächtigen von Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter oder Merrill Lynch zu Diensten, und geben sie sich auch noch so unabhängig: die amerikanische Notenbank, das Washingtoner Finanzministerium, die Massenmedien, die Hochschulen.

Aus den Herren der Hochfinanz sind die "Masters of the Universe" geworden. Was sie tun oder fordern, ist fast schon Gesetz. Mit Hilfe fein gesponnener Netzwerke ist es den Finanzexperten gelungen, fast der ganzen Welt ihre Heilslehre überzustülpen: den unerschütterlichen Glauben, dass die Finanzmärkte der alleinige Schlüssel zum weltweiten Wohlstand seien.

Die Botschaft kommt fast überall gut an: Bei Anlegern, die auch falsche Tipps schnell verzeihen; bei Politikern und Notenbankern, die selbst zweifelhaften Rat meist befolgen; bei den Medien, die interessengeleitete Wertpapierverkäufer unkritisch zu Börsengurus hochjubeln.

Trotz Börsenkrise verdienen die Geldhäuser kräftig
Das Wall-Street-Kartell / Wochenendkurs der VHS 301092
Und die Hauptgewinner des Meinungskartells sind fast immer dieselben: die Geldhäuser.

Der Wall-Street-Klub feiert, und das seit Jahren. Ob Asien-, Mexiko- oder Russland-Krise, stets brachen die Gewinne anderer Branchen ein. Große Investmentbanken wie Morgan Stanley hingegen erzielen seit Beginn der 90er Jahre regelmäßig neue Rekordergebnisse.

Auch im Jahr 2000, in dem die Börsen weltweit abstürzten und Anleger Milliarden verloren, lieferten die drei führenden Häuser ­ Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter und Merrill Lynch ­ ein historisches Spitzenergebnis ab: Zusammen verdienten sie mehr als zwölf Milliarden Dollar, gut 20 Prozent mehr als 1999.

Wenn die Wall Street jetzt die Boni an ihre Mitarbeiter ausschüttet, wird es wohl auch doppelt so viele neue Millionäre wie im Vorjahr geben. Rund 100 Topbanker, 30 Prozent mehr als 1999, dürfen sogar zehn Millionen Dollar und mehr mit nach Hause nehmen.

Die Stars der Branche sind ihr Geld wert. Wenn Topanalysten wie Abby Joseph Cohen (Goldman Sachs) oder Mary Meeker (Morgan Stanley Dean Witter) eine Prognose stellen oder gar einen neuen Trend ausrufen, bringt das ihren Arbeitgebern mehr Geschäft als jede Werbekampagne.

Analysten rufen Trends aus

Ohne Meeker etwa wäre die Hightech-Börsenblase der vergangenen Jahre womöglich nie entstanden ­ oder zumindest für die Banken weniger lukrativ ausgefallen.

Meeker war es, die mit ihrer Analyse der Netscape-Aktie 1995 den Boden für einen der ersten typischen New-Economy-Börsengänge bereitete. Der Hersteller von Internet-Browsern machte zum Zeitpunkt der Emission Millionenverluste. Meeker empfahl das Papier trotzdem, auf Grund der enormen Zukunftschancen, die sie im World Wide Web vermutete. Der Netscape-Kurs explodierte bereits am ersten Handelstag.

Tausende Unternehmen, denen zuvor kein Anleger auch nur einen Dollar anvertraut hätte, gingen in den darauf folgenden Jahren an die Börse. Meeker wurde zum Star, Morgan Stanley einer der Marktführer im boomenden Emissionsgeschäft an der US-Hightech-Börse Nasdaq.

Der gesamten Wall Street eröffnete sich ein ungeahnter Wachstumsmarkt ­ und der wurde ausgereizt, ohne Rücksicht auf Verluste.

Als die sich einstellten, hatten Meeker und Kollegen längst Kasse gemacht. Anders als viele Privatanleger sortierten die Banken die New-Economy-Aktien rechtzeitig aus ihren eigenen Depots aus. Große Häuser wie Goldman Sachs oder Morgan Stanley fuhren im Eigenhandel auch dann noch Gewinne ein, als die Wachstumsmärkte vergangenes Jahr in den Keller rauschten.

Jetzt, da dank Notenbankchef Alan Greenspan das Schlimmste vorüber zu sein scheint, werden viele Aktien wieder angepriesen. Goldman-Staranalystin Cohen hält den Markt für drastisch unterbewertet, einige ihrer Kollegen wittern sogar eine der größten Kaufgelegenheiten der vergangenen zehn Jahre.

Patricia Döhle/Wolfgang Hirn/Ulric Papendick
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Wall-Street-Regel 1:

Die Moden an der Börse ändern sich rasch - damit Investoren ihre Depots so oft wie möglich umschichten.

Wall-Street-Regel 2:
Anleger sind vergesslich. Auch falsche Tipps der Gurus verzeihen sie schnell.

Wall-Street-Regel 3:
Die Politik muss für freien Kapitalverkehr sorgen - das bringt Geschäft im Ausland.

Wall-Street-Regel 4:
Wenn die Aktienkurse zu tief fallen, hilft die Notenbank mit Zinssenkungen. Darauf ist Verlass.

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D A S   W A L L - S T R E E T - K A R T E L L  

Die Medien spielen mit  


Es ist, als würde Philip Morris zu vermehrtem Rauchen aufrufen ­ nur müssen die Wall-Street-Unternehmen keine teuren Werbespots schalten, um ihre Botschaft unters Volk zu bringen. Diverse Fernsehsender bieten ihnen kostenlose Foren, allen voran CNBC und CNNfn. Beide berichten von früh- morgens bis abends rund um das Treiben an der Wall Street und Nasdaq.
Die Moderatoren sind bekannter als viele Wirtschaftsgrößen. Maria Bartiromo von CNBC etwa, genannt "Money Honey". Der dunkelhaarige Sophia-Loren-Typ gilt als prominenteste TV-Finanzjournalistin.

Ihr blondes Gegenstück ist Sue Herera, die jeden Tag nach Börsenschluss aufs heilige Parkett der New Yorker Börse darf, um dort die Sendung "Business Center" zu präsentieren.

Die Starmoderatoren sind eng mit der Wall Street verbandelt. Sie haben ihre Büros mitten im Geschehen, und sie haben ihre Lieblingsanalysten, die sie fördern. Bartiromo zum Beispiel werden enge Beziehungen zu Merrill Lynch, Goldman Sachs und Morgan Stanley nachgesagt.

Viele Investmentbanker haben umgekehrt ihre Spezis bei den TV-Sendern sitzen, über die sie Informationen lancieren und Gerüchte streuen. Für ihre Analysten haben alle großen Wall-Street-Häuser Fernsehstudios eingerichtet, damit diese jederzeit Interviews geben können.

Kritische Berichterstattung ist zweitrangig

Die kritische Distanz zwischen Journalisten und Bankern ist an der Wall Street längst auf ein Minimum geschrumpft. Die Journalisten tun noch so, als seien sie Beobachter, doch sie sind längst Teilnehmer des Börsenspiels geworden.

Mit den Banken haben sie ein gemeinsames Ziel: die Kurse nach oben treiben. Ihre Rechnung ist simpel ­ hohe Kurse, hohe Einschaltquoten, hohe Gewinne. CNBC verdiente im vergangenen Jahr 200 Millionen Dollar.

Die öffentliche Meinungsführerschaft zu übernehmen, jede Woche einen neuen Trend durchs globale Dorf zu jagen ­ das ist für die Wall Street allerdings nur ein Weg, um Meinung zu machen. Ebenso geschickt agieren die großen Investmentbanken im Hintergrund.

Patricia Döhle/Wolfgang Hirn/Ulric Papendick

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Ein Netz guter Beziehungen hilft  

Geradezu legendär ist der Einfluss der Banker auf das Department of the Treasury, das Washingtoner Finanzministerium. Was im Kalten Krieg die sprichwörtlich gute Beziehung zwischen Rüstungsindustrie und Militär war, spottet Wirtschaftsprofessor Jagdish Bhagwati von der renommierten Columbia-Universität, sei in Zeiten der Globalisierung der "Wall-Street-Treasury-Komplex".

Ronald Reagan holte seinen Finanzminister Donald Regan von Merrill Lynch; George Bush senior rekrutierte Nicholas Brady von Dillon Read; Bill Clinton machte den früheren Goldman-Sachs-Chef Robert Rubin zum obersten Finanzhüter.

Mittlerweile ist Rubin Chef der Citigroup und verfügt immer noch über einen guten Draht nach Washington. Als die internationalen Notenbanken im vergangenen Herbst zu Gunsten des Euro intervenierten, kam an den Finanzmärkten das Gerücht auf, eine Bank habe vorher Bescheid gewusst und davon profitiert: die Citigroup.

Der neue US-Präsident George Bush junior berief mit Paul O'Neill einen Industriemanager ins Finanzministerium. Das empfand das Wall-Street-Establishment als Affront, schließlich hatte es dem Republikaner mehr als 13 Millionen Dollar für den Wahlkampf gespendet. Bush reagierte, indem er zumindest mit dem Handelsbeauftragten Robert Zoellick einen ehemaligen Goldman-Sachs-Berater in sein Kabinett holte.

Washington interveniert zum "Schutz der Investoren"

Das Wall-Street-Kartell / Wochenendkurs der VHS 301092

Die Unterstützung ihrer Freunde in Washington hilft den Wall-Street-Häusern auch im Auslandsgeschäft. Freier Kapitalverkehr über alle Grenzen hinweg hat im Finanzministerium höchste Priorität und wird auch gegen Widerstände durchgesetzt.

So berichtete der frühere Weltbank-Ökonom Joseph Stiglitz, seine Bedenken gegen eine allzu schnelle Öffnung der asiatischen Schwellenmärkte für internationale Investoren seien vom Treasury vom Tisch gefegt worden. Begründung: "Unsere Kunden wollen Zugang zu diesen Märkten."

Als die Asien-Krise ausbrach, drängte die gleiche ungeduldige Wall-Street-Lobby Regierung und Währungsfonds, mit Steuergeldern und Krediten einzuspringen. Diesmal "zum Schutz der Investoren".

"Das ist der Hebel, den die Banken immer ansetzen", meint US-Professor John Woolley, Experte für Finanzpolitik an der Universität Santa Barbara. "Ihre Macht beruht darauf, dass sie nicht ihr eigenes, sondern das Geld anderer Leute investieren."

Banken entscheiden mit bei der Nachfolge von Alan Greenspan

Eine Konstellation, die sich auch bei der amerikanischen Notenbank als hilfreich erweist.

Die Banken haben verschiedene Kanäle zur Fed. Bei der Wahl der regionalen Notenbank-Präsidenten besitzen sie beträchtlichen Einfluss. Die Finanzbranche stellt zudem ein eigenes Notenbank-Beratergremium. Geleitet wird dieser "Federal Advisory Council" zur Zeit von J.-P.-Morgan-Chef Douglas Warner.

Der sitzt gemeinsam mit weiteren Wall-Street-Größen auch im Washingtoner "Financial Services Roundtable", einem illustren Klub, der ganz offen als Vereinsziel angibt, "wichtige Politikthemen im Sinne der Finanzbranche zu beeinflussen".

Einmal jährlich zeichnet das Gremium Personen aus, die sich um "Amerikas finanzielle Unabhängigkeit" verdient gemacht haben. Jüngster Preisträger: Alan Greenspan.

Nicht ohne Grund nennen Wall-Street-Größen wie Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Ed Yardeni den Chef der amerikanischen Notenbank "unseren Freund". Greenspan hilft der Geldbranche in allen Lebenslagen - vor allem, wenn es brenzlig wird.

Patricia Döhle/Wolfgang Hirn/Ulric Papendick
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Die Fed ist der Retter in der Not  

In der Wirtschaftskrise Anfang der 90er leistete der Fed-Chef den angeschlagenen US-Banken Beistand, indem er die Leitzinsen kräftig herunterschraubte. 1995, als die Mexiko-Krise die Börse nach unten zu reißen drohte, senkte er abermals die Zinsen.
Am deutlichsten wurde die Rolle der Fed als Retter in der Not beim Beinahekollaps des Hedgefonds Long Term Capital Management (LTCM) im Herbst 1998. Der Fonds, in den mehrere Wall-Street-Häuser dreistellige Millionenbeträge investiert hatten, war durch die Zahlungskrise Russlands in Schwierigkeiten geraten. Topbanker wie Merrill-Lynch-Chef David Komansky hatten sogar ihr eigenes Geld in LTCM gesteckt.

Verzweifelt bettelten die Banker, die Fed müsse helfen. Andernfalls drohe der Untergang des Weltwährungssystems. Die Notenbank enttäuschte die Kumpel nicht.

Ein "Netzwerk alter Freunde" sei da am Werk gewesen, sagt der ehemalige Fed-Mitarbeiter Walker Todd. Immerhin gehörte mit David Mullins ein früherer Vizechef der Fed zum LTCM-Partnerkreis. Selbst Greenspans Vorgänger Paul Volcker wunderte sich, dass die Notenbank "ihr Gewicht" zur Rettung privater Investoren in die Waagschale werfe.

Ebenso erstaunlich: Die Banken durften ihr riskantes Spiel fortsetzen. Die Verhandlungen, wie das Derivategeschäft nach dem Fall LTCM in den Griff zu bekommen sei, führten für die Wall Street Gerald Corrigan von Goldman Sachs und Stephen Thieke von J. P. Morgan ­ die ehemaligen Chefs der New Yorker Notenbank. "Die redeten mit ihren Nachfolgern darüber, wie man die Banken besser überwachen kann ­ ein Witz", schimpft Ex-Notenbanker Todd.

Rücksichtnahme auf die Wall Street
Das Wall-Street-Kartell / Wochenendkurs der VHS 301092
Seltsam mutet auch das Verhalten der Fed während der Hightech-Blase des vergangenen Jahres an. Die Zentralbank erhöhte zwar die Zinsen, nicht aber die Sicherheitseinlagen für den Aktienkauf auf Kredit. Und das, obwohl die Spekulation auf Pump im März 2000 das Rekordvolumen von 280 Milliarden Dollar erreicht hatte.

Rücksichtnahme auf die Wall Street, die mit den Spekulanten gute Geschäfte machte? Manche in den USA vermuten das.

Der "Greenspan-Put": Absicherung auf fallende Kurse

Mehr noch: In den Zinssenkungen zu Beginn dieses Jahres sehen viele den Beweis dafür, dass Greenspan gar nicht anders kann, als den Finanzmärkten zu helfen. Um das riesige Loch in der Leistungsbilanz zu stopfen, muss der Notenbankchef täglich eine Milliarde Dollar an ausländischem Kapital ins Land locken. Das gelingt nur, wenn die Börsenkurse stabil und der US-Dollar stark bleiben.

Kritiker nennen das Phänomen den "Greenspan-Put", eine Absicherung gegen fallende Kurse. Investoren könnten sich darauf verlassen, dass die Fed eingreife, wenn die Aktien zu stark abrutschten.

Dieses Kalkül Greenspans im Hinterkopf, hat die Wall Street schon im Vorfeld der jüngsten Zinssenkung ausgiebig Stimmung gemacht. Merrill Lynch ermittelte im Herbst in einer Umfrage, die Mehrheit der Fondsmanager erwarte eine Senkung der Leitzinsen. Deutschbanker Yardeni stichelte, da sei noch eine Menge Platz zwischen 6,5 Prozent ­ dem US-Leitzins Ende 2000 ­ und null.

Zufall oder nicht, die Notenbank hat den Wunsch ihrer mächtigen Ratgeber wieder einmal erfüllt.

Für Yardeni war das keine Überraschung. Bevor "Ready Eddie", wie der Chefvolkswirt wegen seiner Medienpräsenz genannt wird, zur Deutschen Bank kam, war er unter anderem bei der Fed und beim US-Finanzministerium tätig.

Der Mann weiß, wie das Spiel läuft: "Märkte und Wirtschaft sind wie eine Soap Opera. Man muss nicht jede Episode sehen, um zu wissen, wie es ausgeht."

Patricia Döhle/Wolfgang Hirn/Ulric Papendick
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hilfe!!
aber information muß sein:)

gruß
proxi






 

 




das Zentrum d.:

fantastische Artikel - super proxi!

 
25.03.01 12:39
Diese Artikel sind sehr anprangernt verfasst, weshalb ich sie sehr kritisch betrachte. Es wird mit Sicherheit sehr viel Wahrheit darin enthalten sein, aber alles auf Seilschaften zu schieben ist, glaube ich, zu einfach. Dennoch kann man aus diesem Artikel eine Menge lernen. Nur zur Grundleitmaxime sollte man sich solche Beiträge dennoch nicht machen. Denn hier wird ein Problem mal wieder nur von einer Seite durchleuchtet und erhebt meines Erachtens keinen Anspruch auf Objektivität. Es steckt meines Wissens eine ganze Menge mehr hinter den Entscheidungen der Fed als einigen Investmentbanken zu mehr Profit zu verhelfen. Wir wissen natürlich auch, das gerade in den Staaten viele Entscheidungen(zB Golfkrieg, LTCM usw.)nur des Profites wegen getroffen werden. Aber in keinem Lande der Welt ist die Grenze zwischen Profit und Politik bzw. Stabilität und Weltsicherheit so verschwommen wie dort. Daher muß man der Fed eine Ausnahmerolle zugestehen. Das soll aber nicht heißen, das die Entscheidungen der Fed nicht auch durch die oben geschilderten Beweggründe beeinflußt werden.
preisfuchs:

artilel aus dem mangermagazin? o.T.

 
25.03.01 12:43
proxicomi:

@ preisfuchs

 
25.03.01 12:55
ja.
ich dachte auch, es sei weniger, aber wenn schon dann korrekt:)

gruß
proxi
das Zentrum d.:

weil er so gut ist - up mit ihm o.T.

 
13.06.01 21:38
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