Das Kapital: Das Wachstum dürfte 2004 überraschen
Na, da haben wir doch, was wir immer wollten: niedrige Zinsen bei gleichzeitig starker Währung. Für die Binnenkonjunktur kann man sich nichts Besseres wünschen. Heben wir uns daher die Sorge um die globale Geldschwemme für ein anderes Mal auf.
Dass Wim Duisenberg SARS und makroökonomische Ungleichgewichte außerhalb der Währungszone (also in den USA) als Risikofaktoren angesprochen hat, zeigt insbesondere eins: Die EZB hat nun anerkannt, dass die Europäer in den kommenden Jahren per saldo wenig Impulse von außen zu erwarten haben - und in einem widrigen globalen Wirtschaftsklima für sich selbst sorgen müssen. Und mit dem Verweis auf die laufende Entschuldung von Teilen des europäischen Unternehmenssektors (Telekom) und auf die Gefahr zusätzlicher Stellenstreichungen hat Duisenberg klar gestellt, wie sehr auch die Binnennachfrage Hilfe braucht. Schon mit der Andeutung, dass die Leitsätze weiter fallen könnten, hat er einiges bewirkt.
Real liegen die Geldmarktsätze jetzt nahezu bei null, während zehnjährige inflationsindexierte französische Staatsanleihen gerade noch mit rund zwei Prozent rentieren. Unterdessen sind die Risikoprämien auf Unternehmensanleihen deutlich zurückgegangen und die Bilanzen schon teilweise repariert. Dazu kommt der seit dem Ende des Irak-Kriegs per saldo gefallene Ölpreis, der wie eine Steuersenkung wirkt. Da Europa deutlich weniger Exzesse zu verdauen hat als die USA, werden die Zinssenkungen daher natürlich in der Wirtschaft ankommen. Derweil werden die strukturellen Probleme wenigstens langsam angegangen. Dass das Wachstum 2004 deutlich stärker ausfällt als vom Konsens unterstellt, wird immer wahrscheinlicher - zumal auch die US-Administration alles daran setzt, wenigstens im Vorfeld der Wahlen gut dazustehen.
Aber zumindest die Aktienmärkte haben dieses Szenario ja längst gespielt. Der S&P 500 wäre nicht mal dann 980 Zähler wert, wenn der US-Wirtschaft ein nachhaltiger Aufschwung bevorstünde, wovon keine Rede sein kann (laut Fed sind die Firmengewinne im ersten Quartal übrigens nicht mal um ein Prozent gestiegen und liegen niedriger als 1997). Selbst der relativ billige Dax kostet den 12fachen 2004er Gewinn, wobei der Konsens gegenüber 2002 eine Steigerung von satten 81 Prozent unterstellt. Wieder einmal erinnert zumindest der Börsenverlauf fatal an Japan vor zehn Jahren. Danach wären jetzt noch Kurssteigerungen von ein paar Prozent drin, bevor es neuerlich richtig weh tut.
Deutsche Post
So viel Dynamik hätte man der Post gar nicht zugetraut. Seit der angekündigten Übernahme des Bodengeschäfts von Airborne am 25. März hat die Aktie Gelb mit 45 Prozent fast dreimal so stark zugelegt wie der Dax . Konkurrenten wie UPS oder TPG hat die Post nach der anfänglichen Abstrafung sogar regelrecht abgehängt. Auch wenn der Preis für Airborne deutlich zu hoch ausfiel, war die Post-Aktie einfach zu billig geworden, um sie weiter zu ignorieren. Dabei ist das Unbehagen weiterhin groß, dass die Übernahme aus der Not geboren wurde. Denn sie ist die einzige Chance gewesen, dem US-Geschäft der Post-Tochter DHL rasch die kritische Größe zu verschaffen. Nach CSFB-Schätzungen hat man in den Staaten im Vorjahr einen Verlust von über 200 Mio. Euro eingefahren.
Nur wird es immer ungewisser, ob die Übernahme wirklich so über die Bühne geht wie erhofft. UPS und Fedex verteidigen ihr Quasi-Duopol mit knallharter Lobbyarbeit. Sie werfen der Post vor, dass ihre Tochter DHL die Fluglinie DHL Airways de facto kontrolliere, weil sie für fast 100 Prozent der Aufträge stehe. Das ist sicher schwer von der Hand zu weisen. Allerdings bezieht sich das US-Gesetz auf die Kontrolle durch Stimmrechte. Trotzdem erscheint es denkbar, dass die Behörden DHL zumindest dazu auffordern, die Kapazitäten von DHL Airways teilweise auch anderen zur Verfügung zu stellen. Dies würde dann wahrscheinlich auch für ABX Air gelten, die Fluglinie von Airborne, denn das Konzept ist das gleiche. Doch nur wenn sie die Boden- und Luftaktivitäten bei Airborne und DHL eng miteinander verzahnen darf, wird die Post die erhofften Effizienzvorteile voll ausspielen können.
Ohne ein renditestarkes US-Geschäft wird es den Bonnern hingegen schwer fallen, die operativen Margen der Bereiche Express und Logistik zumindest jenen von Fedex anzunähern - die zuletzt 6,4 Prozent erzielte, gegenüber rund drei Prozent bei der Post. Dass der operative Gewinn in den nächsten beiden Jahren von 2,8 auf 3,6 Mrd. Euro steigen soll, liegt jedenfalls allein am Sparprogramm Star, das über 1 Mrd. Euro beisteuern soll.
Bei einem laufenden KGV von 12 mögen fundamental noch 1 oder 2 Euro pro Aktie mehr drin sein. Allerdings ist die Post inzwischen teurer als TPG, die mit einem KGV von 10,3 gehandelt wird. Da ist es zumindest eine Überlegung wert, ein paar Gewinne einzustreichen, bevor der klamme Hans Eichel noch auf denselben Gedanken kommt.
© 2003 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD
Na, da haben wir doch, was wir immer wollten: niedrige Zinsen bei gleichzeitig starker Währung. Für die Binnenkonjunktur kann man sich nichts Besseres wünschen. Heben wir uns daher die Sorge um die globale Geldschwemme für ein anderes Mal auf.
Dass Wim Duisenberg SARS und makroökonomische Ungleichgewichte außerhalb der Währungszone (also in den USA) als Risikofaktoren angesprochen hat, zeigt insbesondere eins: Die EZB hat nun anerkannt, dass die Europäer in den kommenden Jahren per saldo wenig Impulse von außen zu erwarten haben - und in einem widrigen globalen Wirtschaftsklima für sich selbst sorgen müssen. Und mit dem Verweis auf die laufende Entschuldung von Teilen des europäischen Unternehmenssektors (Telekom) und auf die Gefahr zusätzlicher Stellenstreichungen hat Duisenberg klar gestellt, wie sehr auch die Binnennachfrage Hilfe braucht. Schon mit der Andeutung, dass die Leitsätze weiter fallen könnten, hat er einiges bewirkt.
Real liegen die Geldmarktsätze jetzt nahezu bei null, während zehnjährige inflationsindexierte französische Staatsanleihen gerade noch mit rund zwei Prozent rentieren. Unterdessen sind die Risikoprämien auf Unternehmensanleihen deutlich zurückgegangen und die Bilanzen schon teilweise repariert. Dazu kommt der seit dem Ende des Irak-Kriegs per saldo gefallene Ölpreis, der wie eine Steuersenkung wirkt. Da Europa deutlich weniger Exzesse zu verdauen hat als die USA, werden die Zinssenkungen daher natürlich in der Wirtschaft ankommen. Derweil werden die strukturellen Probleme wenigstens langsam angegangen. Dass das Wachstum 2004 deutlich stärker ausfällt als vom Konsens unterstellt, wird immer wahrscheinlicher - zumal auch die US-Administration alles daran setzt, wenigstens im Vorfeld der Wahlen gut dazustehen.
Aber zumindest die Aktienmärkte haben dieses Szenario ja längst gespielt. Der S&P 500 wäre nicht mal dann 980 Zähler wert, wenn der US-Wirtschaft ein nachhaltiger Aufschwung bevorstünde, wovon keine Rede sein kann (laut Fed sind die Firmengewinne im ersten Quartal übrigens nicht mal um ein Prozent gestiegen und liegen niedriger als 1997). Selbst der relativ billige Dax kostet den 12fachen 2004er Gewinn, wobei der Konsens gegenüber 2002 eine Steigerung von satten 81 Prozent unterstellt. Wieder einmal erinnert zumindest der Börsenverlauf fatal an Japan vor zehn Jahren. Danach wären jetzt noch Kurssteigerungen von ein paar Prozent drin, bevor es neuerlich richtig weh tut.
Deutsche Post
So viel Dynamik hätte man der Post gar nicht zugetraut. Seit der angekündigten Übernahme des Bodengeschäfts von Airborne am 25. März hat die Aktie Gelb mit 45 Prozent fast dreimal so stark zugelegt wie der Dax . Konkurrenten wie UPS oder TPG hat die Post nach der anfänglichen Abstrafung sogar regelrecht abgehängt. Auch wenn der Preis für Airborne deutlich zu hoch ausfiel, war die Post-Aktie einfach zu billig geworden, um sie weiter zu ignorieren. Dabei ist das Unbehagen weiterhin groß, dass die Übernahme aus der Not geboren wurde. Denn sie ist die einzige Chance gewesen, dem US-Geschäft der Post-Tochter DHL rasch die kritische Größe zu verschaffen. Nach CSFB-Schätzungen hat man in den Staaten im Vorjahr einen Verlust von über 200 Mio. Euro eingefahren.
Nur wird es immer ungewisser, ob die Übernahme wirklich so über die Bühne geht wie erhofft. UPS und Fedex verteidigen ihr Quasi-Duopol mit knallharter Lobbyarbeit. Sie werfen der Post vor, dass ihre Tochter DHL die Fluglinie DHL Airways de facto kontrolliere, weil sie für fast 100 Prozent der Aufträge stehe. Das ist sicher schwer von der Hand zu weisen. Allerdings bezieht sich das US-Gesetz auf die Kontrolle durch Stimmrechte. Trotzdem erscheint es denkbar, dass die Behörden DHL zumindest dazu auffordern, die Kapazitäten von DHL Airways teilweise auch anderen zur Verfügung zu stellen. Dies würde dann wahrscheinlich auch für ABX Air gelten, die Fluglinie von Airborne, denn das Konzept ist das gleiche. Doch nur wenn sie die Boden- und Luftaktivitäten bei Airborne und DHL eng miteinander verzahnen darf, wird die Post die erhofften Effizienzvorteile voll ausspielen können.
Ohne ein renditestarkes US-Geschäft wird es den Bonnern hingegen schwer fallen, die operativen Margen der Bereiche Express und Logistik zumindest jenen von Fedex anzunähern - die zuletzt 6,4 Prozent erzielte, gegenüber rund drei Prozent bei der Post. Dass der operative Gewinn in den nächsten beiden Jahren von 2,8 auf 3,6 Mrd. Euro steigen soll, liegt jedenfalls allein am Sparprogramm Star, das über 1 Mrd. Euro beisteuern soll.
Bei einem laufenden KGV von 12 mögen fundamental noch 1 oder 2 Euro pro Aktie mehr drin sein. Allerdings ist die Post inzwischen teurer als TPG, die mit einem KGV von 10,3 gehandelt wird. Da ist es zumindest eine Überlegung wert, ein paar Gewinne einzustreichen, bevor der klamme Hans Eichel noch auf denselben Gedanken kommt.
© 2003 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD