Das tapfere Schneiderlein

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Das tapfere Schneiderlein

 
15.02.00 05:54
Hi folks,

ich interessiere mich für die Schneider Rundfunkwerke ( 719340 ) und bin auf der Suche nach Infos. Kein Mensch scheint diese Aktie zu beachten ( okay, fast keine(r) ).
Die Informationspolitik und das ganze IR-Geschäft werden von Schneider selbst so gehandhabt, wie man es von einer kleinen Provinzfirma erwarten ( befürchten ) kann.

Immerhin hat es das aktuelle Management geschafft, die Verlobung mit Daimler zu lösen ( Super, Jürgen, super ), wir sollten ihm also ein wenig Kredit dafür geben.

Ich habe einmal alles zusammengeschrieben, was ich über Schneider weiß und würde mich freuen, wenn andere Schneiderfans meine Infos ergänzen und ggf. korrigieren könnten. Wenn die Firma selbst nicht in der Lage ist, eine vernünftige Infopolitik zu betreiben, sollten wir ihr zeigen, was das Web alles kann.
( Ich frage mich, ob dahinter mehr steckt als Dusseligkeit. Die Umsätze haben in letzter Zeit mächtig angezogen. Offenbar steigen einige große Jungs/Mädels sehr billig ein und legen keinen Wert auf Publicity. Man fragt sich einmal mehr, wie unabhängig Analysten von den hausinternen Fondsmanagern sind ).


Historie:

Die Schneider AG gibt es meines Wissens seit etwa 15 Jahren am Markt. In den ersten Jahren wurde die Aktie zum absoluten Börsendarling, sie stieg um mehrere 100% und das in einer Zeit, als eine ordentliche Aktie höchstens 1 % am Tag zulegte oder verlor.
Die Wende kam, als sie sich vom angestammten Geschäft mit Unterhaltungselektronik entfernten und mehr und mehr auf Computer und Telefone konzentrierten.

Nach wenigen Jahren war die Firma fast Pleite. Trotzdem - oder gerade deswegen? - ließen die Haupteigentümer, die Gebrüder Schneider, nach dem Fall der Mauer einem ostdeutschen Techniker ( Herrn Deter ) freie Hand bei der Entwicklung eines revolutionäres Projektorsystem, basierend auf der Lasertechnologie. Natürlich stiegen die Entwicklungskosten immer höher und die endgültige Pleite drohte. Da sprang in der größten Not Daimler ein und beteiligte sich zu 50% and der ausgelagerten Schneider Tochter LDT ( Laser Display Technology, Gera ). Das brachte etwa 50 Mios ein und erlaubte, die Entwicklung voranzutreiben. Der Lohn für das „tapfere Schneiderlein“: Der Innovationspreis der deutschen Wirtschaft 1997 ( wird jährlich an insgesamt 3 deutsche Firmen vergeben ).
Die Finanzkrise war damit aber nicht dauerhaft gelöst. Wenig später war die Firma wiederum fast Pleite ( Sommer 1998 ). Es kam zu einer politischen Entscheidung der bayerischen Landesregierung, eine Pleite nicht zuzulassen. Unter der Moderation der bayerischen Regierung einigten sich die Banken auf einen Forderungsverzicht in der Gegend von 20 Mios. Als Schmankerl erhielten sie Wandelanleihen, d.h. quasi Schuldscheine, die sie später in Aktien tauschen können. Im Nebeneffekt verloren die Gebrüder Schneider einen Großteil ihrer Aktien, Die LfA ( Landesanstalt für Aufbaufinanzierung ) Bayern übernahm etwa 65% der Aktien. Kurzzeitig liebäugelte die Familie Quandt mit einem Einstieg, im Endeffekt wurde aber nichts daraus. In dieser Zeit gab es auch allerlei Wirren im Vorstand. Der neue Vorsitzende wurde bald wieder gefeuert.
In den letzten 1,5 Jahren wurde offensichtlich ein harter Sanierungskurs gefahren. Die Gehälter wurden deutlich gekürzt, das Sortiment gestrafft. Die Firma steht im konventionellen Geschäft angeblich vor dem Turnaraound ( da steht sie allerdings schon seit Jahren!).

Gegenwart:

Personal:

Seit etwa 9 Monaten gibt es einen neuen Vorstandsvorsitzenden und etwas länger ein 2. Vorstandsmitglied. Lediglich ein Mitglied der alten Garde hat überlebt. Personalpolitisch scheint Ruhe eingekehrt zu sein.

Technik:

Das Brot und Buttergeschäft ist offenbar einigermaßen saniert. Vor kurzem habe ich von einem 90-Mio-Auftrag von WalMart gelesen. Aber die Zukunft liegt natürlich nicht in der billigen Fremdfertigung ( längst nicht jedes Gerät von Schneider ist als solches erkennbar. Meines Wissens werden die Geräte auch unter den Namen Universum oder Watson u.a.m. vertrieben ).

Die Zukunft liegt natürlich im High-Tech-Multimediabereich.
Ganz vorne steht das Laserprojektionssytem. Ich bin kein Techniker, aber soweit ich es verstehe, besteht das System aus folgenden Komponenten:

1. Laserquelle

2. Scanner

3. Projektor

Ad 1. Eigentlich wollte Daimler den Laser entwickeln für das System. Nach allem was man hört, ist Daimler daran gescheitert. U.a. deshalb haben Sie vor wenigen Wochen ihre 50% Beteiligung an LDT zurückverkauft an Schneider. Als Alternative wurde jetzt Jenoptik auserkoren, die erforderliche Laserquelle zu entwickeln.  Derzeit wird ein Laser benutzt, der viel zu globig und teuer ist. Ich meine, einmal einen Preis von etwa
DM 500 000 für das gegenwärtige Systen gehört zu haben. Das ist natürlich für den breiten Markt viel zu viel. Der Hauptkostentreiber scheint dabei der Laser zu sein. Ein Durchbruch wird - angeblich - in den nächsten 1 oder 2 Jahren erwartet.

Ad 2. Soweit ich weiß, wird der Scanner von einer kleinen amerikanische Firma entwickelt. Er scheint inzwischen relativ ausgereift, soll aber natürlich, wie alles andere auch, weiter miniaturisiert und verbilligt werden.

Ad 3. Der Projektor selbst scheint ebenfalls weitgehend ausgereift. Er wurde meines Wissens von Schneider entwickelt.


Es gibt im übrigen ein weiteres HiTec-Produkt, das Schneider mitentwickelt hat: die Surfstation. Es handelt sich dabei um eine Settop Box, die das Internet auch für normale Fernsehgeräte erschließen soll ( Details siehe unter www.surfstation.de ). Schneider ist in einem Joint Venture mit Infomatec (Crosstainment) allerdings nur für die Hardware zuständig. Die Software kommt von Infomatec.


Wirtschaft:

1. Konventionelles Geschäft

Hier scheint, wie oben erwähnt, der Turnaround weitgehend geschafft. Damit wird zumindest ein goßes Loch gestopft, aus dem rote Tinte strömte. Reich wird die Firma sicherlich nicht damit.

2. LDT

Vor wenigen Wochen hat Schneider die Herrschaft über die LDT zurückgewonnen und besitzt nun wieder 100% an der schönen Tochter. Das Geld dafür stammte von einer Kapitalerhöhung, die unter Ausschluß der Altaktionäre stattfand. Insgesamt wurden etwa 1 Mio neue Aktien ausgegeben. Sie wanderten en-bloc in die Taschen einer amerikanischen Investmentbank, die Schneider seit mehreren Jahren mit Rat und Tat unterstützt: Lehmann Brothers. Sie wollen die Aktien bei Großaktionären plazieren.
Eine weitere Kapitalerhöhung in gleicher Größernordnung soll im 1. HJ 2000 stattfinden. Diesmal dürfen Altaktionäre mitmachen mittels Bezugsrecht.

Das Potential der neuen Technik ist unvorstellbar groß. Theoretisch könnten irgendwann fast alle Monitore und Fernsehgeräte durch Laserprojektoren ersetzt werden ( Bzgl. Details s. www.schneider-ag.de ). In den nächsten 10 Jahren sollen allein in den USA etwa 250 Mio Fernsehgeräte ersetzt werden, da ab 2006 HDTV Standard wird. Und natürlich wären Kombinationen mit Computer und Internet in allen Varianten vorstellbar.
Prinzipiell funktioniert das System. Ich habe es auf der letzten HV sowohl im Normalbetrieb wie auch in HDTV ( Hochauflösendes Fernsehen der Zukunft ) gesehen. Ich war beeindruckt.

Es tauchen natürlich ein paar Fragen auf:

1. Was macht die Konkurrenz?

Diese Frage wurde auf der letzten HV von einem Vorstandsmitglied ( ich gaube, es war Herr Leinauer ) sinngemäß so beantwortet: Seines Wissens gibt es nur 2 weitere Firmen, die sich mit Laser - TV beschäftigen. Eine kleine englische Firma steht offenbar vor der Aufgabe. Eine amerikanische Firma scheint mehr Glück zu haben. Angeblich ist das amerikanische System aber von vorneherein nicht für den Privatkonsum tauglich.

2. Wie schnell kann das System auf den Markt gebracht werden?

Die ersten Prototypen arbeiten bereits. Dornier nutzt das System in Flugsimulatoren. Die Serienproduktion soll im 2. HJ 2000 anlaufen. In diesem Jahr sollen etwa 50 Systeme erzeugt und verkauft werden. Angeblich ist Disney sehr interessiert. Man kann natürlich mit dem System Special Effects erzeugen, die in keiner anderen Technik möglich sind.

3. Wann wird der Massenmarkt erreicht?

Vor kurzem war die Rede davon, daß der High-End-Consumer möglicherweise schon in 3 bis 4 Jahren erreichbar ist. Zuvor sollten natürlich Profis zugreifen ( Theater, Kino, Eventagenturen etc. ). ( S. auch www.schneider-ag.de ).


Aktie

Die Aktie hat sich knapp verdreifacht in 2 Jahren - und das, obwohl es nur einen Analysten gibt, der sie empfiehlt ( von der NordLB )! ( der starke Abfall, der auf manchen Charts zu sehen ist, ist auf einen Aktiensplitt 1:10 zurückzuführen ).

Stell Dir vor, ein neuer „Titan“ entsteht, und keiner merkt es.

Ich beobachte ( und kaufe ) die Aktie seit etwa 3 Jahren und monitore ab und an auch die Foren. Bisher leider vergeblich. Ich habe vor ein paar Tagen nur ein Gerücht gelesen, Schneider gehe in den nächsten 4 - 6 Wochen an den Neuen Markt.

Wie hoch ist das Potential?
Was ist eine Firma wert, die u. U. international einen Großteil der Monitore und Fernseher ersetzt?
Nehmen wir einfach mal optimistisch an, es gelingt ihr, ihr Produkt am Markt durchzusetzen. Der Profibereich sollte in 3 Jahren etwa bei 5 MRD Mark/Jahr liegen ( vgl. Studie unter www.schneider-ag.de ). Nehmen wir weiter an, sie gewinnen 70% des Marktes. Als Monopolist sollten sie wenigstens 30% Profit machen bezogen auf den Umsatz.
Wenn ich mich nicht verrechnet habe, ergäbe das einen Gewinn von etwa 1 MRD DM/Jahr. Wie hoch darf das KGV einer HI-TEC-Firma heutzutage sein? 30? 50? 100?
Derzeit liegt die Börsenkapitalisierung bei knapp 1 MRD Mark.
Bei einem KGV nach obiger Rechenart wäre also eine Verdreißigfachung des Kurses innerhalb der nächsten 3 Jahre möglich.
Der Consumerbereich liegt natürlich viel höher bzgl. Umsatz und Gewinn....Träume ich? Wir werden sehen.

Conflict of interest:

Ich habe mich bemüht, in meinen Ausführungen objektiv und ehrlich zu sein. Da ich aber seit Jahren Schneider Aktionär bin, kann ich mich von einer gewissen Voreingenommeneheit nicht befreien.
Es wäre daher sehr wünschenwert, wenn Andere meine Ausführungen balancieren könnten.
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