Mit Biogen und Idec tun sich zwei Biotech-Riesen zusammen. Und die Fusionswelle in der Branche wird weiterrollen. Wer die nächsten Kandidaten sind, wie Anleger von dem Trend profitieren können.
von Carl Batisweiler, Euro am Sonntag 26/03
Auf einem Bein steht es sich schlecht - eine Erfahrung, die auch die meist sehr spezialisierten Biotech-Firmen machen müssen. Nach langen Jahren der Forschung haben viele ein Produkt zur Marktreife gebracht und brauchen einen neuen Wachstumsmotor. Die Lösung heißt fusionieren. Vorgemacht haben das soeben die beiden US-Größen Idec Pharmaceuticals und Biogen. Die Wall Street rechnet mit weiteren Zusammenschlüssen.
"Wir passen sowohl operativ als auch von der Unternehmenskultur her perfekt zueinander", meinte Idec-Chef William Rastetter. Idec ist in der Immuntherapie zur Krebsbehandlung tätig, bekanntestes Medikament ist Rituxan. Die Kalifornier arbeiten seit längerem auch an Mitteln gegen Autoimmunkrankheiten. Die Leiden, bei denen das Abwehrsystem des Körpers verrückt spielt, sind das Spezialgebiet von Biogen aus Cambridge, Massachusetts. Die Ostküstenfirma vertreibt unter anderem ein Präparat zur Behandlung von Multipler Sklerose und eines gegen Schuppenflechte.
Die neue Biogen Idec erwartet für dieses Jahr 1,55 Milliarden Dollar Umsatz. Die Hauptvorteile der Fusion sind aber Kosteneinsparungen - Experten rechnen mit 300 Millionen Dollar in den nächsten vier Jahren - sowie die mit 1,5 Milliarden gefüllte Kasse. Damit ist das mittel- und langfristige Wachstum gesichert. "Die Bewertung solcher Firmen ist relativ zum Wachstum, 20 Prozent jährlich werden erwartet", so Harald Schwarz vom Münchner Fondsberater Medical Strategy.
In der Biotech-Branche ist der Trend zur Fusion keineswegs neu. In den vergangenen Monaten hat eine Reihe kleinerer US-Unternehmen andere Firmen übernommen. Der bisher größte Zusammenschluss der Branche - der Zehn-Milliarden-Dollar-Deal zwischen Amgen und Immunex - liegt bereits ein Jahr zurück. Kandidaten für die nächste Fusionswelle gibt es genug. Allein in den USA sind 300 Biotech-Forschungslabore börsennotiert.
Wer davon mit wem in den nächsten Wochen die Reagenzgläser tauscht, ist selbst für Experten schwer auszumachen. "Die Mitteilung von Idec und Biogen hat uns schon überrascht", sagt Nicole Körtge, die den DIT-Biotechnologie-Fonds managt. "Wahrscheinlicher war die Kombination von Idec und Genentech oder Cellgene." Genentech ist bei Krebsmedikamenten stark, vertreibt das Idec-Mittel Rituxan und kassiert geschätzte zwei Drittel vom Umsatz.
So wird sich Genentech - die Pharmakonzern Roche ist hier beteiligt - nun wohl intensiv auf die Suche nach einem anderen Partner begeben. Wichtigstes Ziel dabei: die kritische Masse zu erreichen - jene Größe, mit der man aus eigener Kraft und unabhängiger vom Kapitalmarkt die Produkt-Pipeline weiterentwickeln kann.
Die großen Arzneimittelhersteller scheiden als Partner aus. "Biotech-Firmen sind bisher ganz selten von Pharmaunternehmen geschluckt worden", sagt DIT-Managerin Körtge. Berater Schwarz nennt den Grund: "Pharma und Biotech passen kulturell häufig nicht zusammen." Erstere sind mehr auf Vermarktung ausgelegt, letztere auf Forschung. So verleibt sich etwa Schering die Tochter Metagen nicht ein, sondern sucht einen Bräutigam.
Gerade kleinere Biotechs mit weit entwickelten Produkten sind ideale Kandidaten für eine Übernahme und haben so das größte Potenzial in der Branche. Wichtig ist dabei, dass die Auserwählten zusammenpassen. "Zwei Schwache ergeben noch lange keinen Starken", so Schwarz.
Körtge rät ganz davon ab, Biotech-Titel nur wegen der Übernahmephantasien zu kaufen. "Das bleibt weiterhin ein riskanter Sektor." Sie legt nur in Firmen an, die mindestens ein Mittel gegen unheilbare Krankheiten kurz vor der Markteinführung haben.
Wer als Kleinanleger in Biotech-Unternehmen investieren will, sollte sein Kapital breit streuen, etwa über Fonds oder Index-Zertifikate, und einen Anlagehorizont von mindestens drei bis fünf Jahren haben. Die marktreife Entwicklung eines Medikaments dauert immer noch rund zehn Jahre. Doch die Geduld kann sich lohnen: Schafft es ein Wirkstoff zum Blockbuster, sind über Jahre hinweg Milliardengewinne garantiert.
Bei Idec und Biogene ist das auf die Schnelle nicht zu erwarten. Die Synergie-Effekte müssen erst mal Wirkung zeigen. Entsprechend war die Reaktion der Börse, beide Titel verloren zunächst. Ähnlich war es beim Amgen-Immunex-Deal - in der Folge hat sich der Amgen-Kurs aber fast verdoppelt.
von Carl Batisweiler, Euro am Sonntag 26/03
Auf einem Bein steht es sich schlecht - eine Erfahrung, die auch die meist sehr spezialisierten Biotech-Firmen machen müssen. Nach langen Jahren der Forschung haben viele ein Produkt zur Marktreife gebracht und brauchen einen neuen Wachstumsmotor. Die Lösung heißt fusionieren. Vorgemacht haben das soeben die beiden US-Größen Idec Pharmaceuticals und Biogen. Die Wall Street rechnet mit weiteren Zusammenschlüssen.
"Wir passen sowohl operativ als auch von der Unternehmenskultur her perfekt zueinander", meinte Idec-Chef William Rastetter. Idec ist in der Immuntherapie zur Krebsbehandlung tätig, bekanntestes Medikament ist Rituxan. Die Kalifornier arbeiten seit längerem auch an Mitteln gegen Autoimmunkrankheiten. Die Leiden, bei denen das Abwehrsystem des Körpers verrückt spielt, sind das Spezialgebiet von Biogen aus Cambridge, Massachusetts. Die Ostküstenfirma vertreibt unter anderem ein Präparat zur Behandlung von Multipler Sklerose und eines gegen Schuppenflechte.
Die neue Biogen Idec erwartet für dieses Jahr 1,55 Milliarden Dollar Umsatz. Die Hauptvorteile der Fusion sind aber Kosteneinsparungen - Experten rechnen mit 300 Millionen Dollar in den nächsten vier Jahren - sowie die mit 1,5 Milliarden gefüllte Kasse. Damit ist das mittel- und langfristige Wachstum gesichert. "Die Bewertung solcher Firmen ist relativ zum Wachstum, 20 Prozent jährlich werden erwartet", so Harald Schwarz vom Münchner Fondsberater Medical Strategy.
In der Biotech-Branche ist der Trend zur Fusion keineswegs neu. In den vergangenen Monaten hat eine Reihe kleinerer US-Unternehmen andere Firmen übernommen. Der bisher größte Zusammenschluss der Branche - der Zehn-Milliarden-Dollar-Deal zwischen Amgen und Immunex - liegt bereits ein Jahr zurück. Kandidaten für die nächste Fusionswelle gibt es genug. Allein in den USA sind 300 Biotech-Forschungslabore börsennotiert.
Wer davon mit wem in den nächsten Wochen die Reagenzgläser tauscht, ist selbst für Experten schwer auszumachen. "Die Mitteilung von Idec und Biogen hat uns schon überrascht", sagt Nicole Körtge, die den DIT-Biotechnologie-Fonds managt. "Wahrscheinlicher war die Kombination von Idec und Genentech oder Cellgene." Genentech ist bei Krebsmedikamenten stark, vertreibt das Idec-Mittel Rituxan und kassiert geschätzte zwei Drittel vom Umsatz.
So wird sich Genentech - die Pharmakonzern Roche ist hier beteiligt - nun wohl intensiv auf die Suche nach einem anderen Partner begeben. Wichtigstes Ziel dabei: die kritische Masse zu erreichen - jene Größe, mit der man aus eigener Kraft und unabhängiger vom Kapitalmarkt die Produkt-Pipeline weiterentwickeln kann.
Die großen Arzneimittelhersteller scheiden als Partner aus. "Biotech-Firmen sind bisher ganz selten von Pharmaunternehmen geschluckt worden", sagt DIT-Managerin Körtge. Berater Schwarz nennt den Grund: "Pharma und Biotech passen kulturell häufig nicht zusammen." Erstere sind mehr auf Vermarktung ausgelegt, letztere auf Forschung. So verleibt sich etwa Schering die Tochter Metagen nicht ein, sondern sucht einen Bräutigam.
Gerade kleinere Biotechs mit weit entwickelten Produkten sind ideale Kandidaten für eine Übernahme und haben so das größte Potenzial in der Branche. Wichtig ist dabei, dass die Auserwählten zusammenpassen. "Zwei Schwache ergeben noch lange keinen Starken", so Schwarz.
Körtge rät ganz davon ab, Biotech-Titel nur wegen der Übernahmephantasien zu kaufen. "Das bleibt weiterhin ein riskanter Sektor." Sie legt nur in Firmen an, die mindestens ein Mittel gegen unheilbare Krankheiten kurz vor der Markteinführung haben.
Wer als Kleinanleger in Biotech-Unternehmen investieren will, sollte sein Kapital breit streuen, etwa über Fonds oder Index-Zertifikate, und einen Anlagehorizont von mindestens drei bis fünf Jahren haben. Die marktreife Entwicklung eines Medikaments dauert immer noch rund zehn Jahre. Doch die Geduld kann sich lohnen: Schafft es ein Wirkstoff zum Blockbuster, sind über Jahre hinweg Milliardengewinne garantiert.
Bei Idec und Biogene ist das auf die Schnelle nicht zu erwarten. Die Synergie-Effekte müssen erst mal Wirkung zeigen. Entsprechend war die Reaktion der Börse, beide Titel verloren zunächst. Ähnlich war es beim Amgen-Immunex-Deal - in der Folge hat sich der Amgen-Kurs aber fast verdoppelt.