damit manche leute hier nachlesen können bevor sie ohne fundament diskutieren:
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Das zweite TV-Duell zwischen einem Bundeskanzler und seinem Herausforderer begann am Sonntagabend mit der Frage, wie die Kandidaten ihre Leistung aus dem ersten Gespräch einschätzen. Darauf antworteten Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Edmund Stoiber (CSU):
Stoiber: „Ach, es ist immer schwierig, sich selbst oder eine Veranstaltung zu beurteilen, bei der man auch Darsteller gewesen ist. Aber insgesamt glaube ich, wenn 15 Millionen Menschen mehr oder weniger diese 75 Minuten dranbleiben, also kein richtiger Abfall bei den Zuschauern von der Quote her gewesen ist, dann glaube ich, dass die Diskussion für die vielen Menschen interessant gewesen ist. Und vielleicht waren (es) auch die Kommentatoren, die da häufig gesagt haben, ach es ist nichts Neues, es war eigentlich etwas langweilig, es hätte eigentlich mehr lebendiger sein müssen. Ich glaube, dass die Menschen das insgesamt wohl nicht so empfunden haben, denn sonst hätten sie auch abgeschaltet. Aber insgesamt glaube ich, ist das ein neuer Stil in Deutschland. Man mag es beklagen, man mag es begrüßen, es ist ein Stück Amerikanisierung des Wahlkampfes, aber ich glaube, dass damit auch Zeichen gesetzt worden sind und wohl kein Bundestagswahlkampf mehr ohne eine solche direkte Diskussion und Konfrontation zwischen dem Kanzler und seinem Herausforderer passieren wird.“
Schröder: „Sie werden sich wundern, ich habe es mir nicht nachher noch einmal angesehen. Als Punktrichter in eigener Sache bin ich auch wirklich ungeeignet. Insofern muss ich das Urteil unseren Zuschauerinnen und Zuschauern überlassen. Aber ich habe natürlich Kritik gehört und die Kritik, die ich am meisten gehört habe, war die, da schaffen die beiden es vielleicht, miteinander ins Gespräch zu kommen. Vielleicht schaffen wir es ja mit Ihrer Hilfe.“
WAHLAUSSICHTEN
Stoiber: „Also ich habe die Wahrnehmung auch in meinen Veranstaltungen, in den Gesprächen mit den Menschen, die ich höre, dass das zentrale Thema was die Menschen am intensivsten berührt, die Arbeitslosigkeit ist. Wir haben heute eine Situation, die wir schon lange nicht mehr hatten, dass über 40 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Sorge haben, ihren Arbeitsplatz verlieren zu können und dass sie auch erwarten, dass notwendige Reformen eingeleitet werden und das ist für uns die zentrale Frage, das ist das wesentliche Thema neben vielen anderen Themen, die natürlich auch (eine) beachtliche Rolle spielen. Ob das die Familienpolitik ist, ob das die Irak- Situation jetzt ist, ob das die Schulpolitik ist, ob das andere Themen sind. Aber die entscheidende Frage, denn davon hängt ja unsere gesamte wirtschaftliche Situation, unsere Situation der sozialen Sicherungssysteme, der Rente, der Krankenversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Pflegeversicherung (ab); das hängt ja alles damit zusammen, dass wir zu wenig Beitragszahler haben. Wir brauchen mehr Beitragszahler, wir brauchen also weniger Arbeitslose und wenn wir das nicht hinbekommen aus Arbeitslosen Beitragszahler zu machen, aus Arbeitslosen eben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu machen, dann werden wir unsere Probleme im Inneren wie im Äußeren, was ja alles Geld kostet, nicht lösen können.“
Schröder: „Weil sie gute Arbeit für Deutschland gemacht hat in den letzten vier Jahren. Sie haben vom Reformstau gesprochen. Wir haben ihn aufgelöst. Wir haben viel erreicht dabei. Nicht alles geschafft. Und das ist ja auch der Grund warum wir sagen, es gibt noch wichtige Reformvorhaben in der Gesundheitspolitik, auf dem Arbeitsmarkt, die wollen wir anpacken in der nächsten Legislaturperiode. Teile davon sind auf den Weg gebracht worden, aber eben nur (zum) Teil. Wir haben den Reformstau bei den Steuern, bei den Renten aufgelöst. Ich denke, das war eine Leistung, die man würdigen kann und die nur in dieser Konstellation zustande gebracht worden ist. Es ist so, dass die beiden kleineren Parteien, also Grüne und FDP, dicht bei einander sind. Wir sind dicht beieinander und ich denke, es wird ein spannender Kampf werden um die Frage, wer die Nase vorn hat. Ich hoffe, und ich gehe davon aus, dass wir das sein werden. Ich kämpfe für die Fortsetzung einer Konstellation, der rot- grünen Koalition, die bewiesen hat, dass sie im Inneren Reformen durchsetzen kann und die im Äußeren eine Politik gemacht hat, die Deutschlands Ansehen deutlich gemehrt hat.“
KOALITIONSFRAGE
Stoiber: „(Unser Ziel ist,) über 40 Prozent zu kommen. CDU und CSU wollen die stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag werden. Und wir wollen natürlich mit über 40 Prozent auch deutlich machen, dass gegen CDU und gegen CSU keine Regierung gestellt werden kann. Das ist mein zentrales Anliegen. An Koalitionsmöglichkeiten denke ich natürlich jetzt überhaupt nicht. Zum anderen muss ich allerdings sagen, dass die FDP ja in einer Frage mit uns völlig übereinstimmt. Sie sieht auch die Frage der Arbeitslosigkeit als das zentrale Thema, das gelöst werden muss und sie sieht auch wie wir darin das große Versagen der Bundesregierung, denn der Bundeskanzler hat ja das große Versprechen abgegeben, dass die Arbeitslosigkeit nach Ende seiner ersten Amtszeit unter 3,5 Millionen liegen wird. Dieses Versprechen ist massiv gebrochen worden. Meines Erachtens auch durch falsche Entscheidungen (in) der Steuerpolitik, in der Arbeitsmarktpolitik und deswegen haben sie ihre Chance gehabt und werden deswegen genau so wie Helmut Kohl, der auch mit vier Millionen abgelöst worden ist - sie haben das damals ihm ja auch prognostiziert - Sie werden genau das Schicksal erleiden, was Helmut Kohl auch erlitten hat.“
Schröder: „Wir glauben, dass Sie nicht richtig liegen, Herr Stoiber. (EINWURF ILLNER/CHRISTIANSEN) Ich würde aber trotzdem gern einen Satz dazu sagen, ich glaube, dass es nur fair wäre. Denn das, was gesagt wird über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit, widerspricht einfach den Tatsachen. Wir haben in 2001 400 000 Arbeitslose weniger gehabt als 1998. Und ich kann mir gar nicht vorstellen, dass man mit den Rezepten, an denen Sie ja beteiligt waren, Herr Stoiber, von '94 bis '98, die ihr Scheitern bereits bewiesen haben, dass man mit diesen Rezepten das aufholen kann, was Sie wenigstens partiell geschafft haben. Und die Tatsache, dass wir den Erfolg, den wir wollten, nicht gehabt haben, das hat nun eindeutig zu tun mit weltwirtschaftlichen Verwerfungen. Im übrigen muss ich hinzufügen, wir haben im August diesen Jahres 70 000 Arbeitslose weniger als im August '98. Es gibt ein Land, in dem die Arbeitslosigkeit leider steigt. Das ist Bayern. Und zwar in einer Weise, die drei Mal so hoch ist wie in den übrigen Bundesländern. Das beschäftigt mich schon sehr, aber das widerlegt die These, dass man einfach nur kopieren braucht, um erfolgreich zu sein.“
GROßE KOALITION/PDS
Schröder: „Diese Frage ist rein theoretisch. Sie stellt sich nicht. Ich kämpfe für die Fortsetzung der rot-grünen Koalition. Ich habe gesagt, mit Ausnahme der PDS, die eine Partei ist, die in der Republik nicht angekommen ist, innenpolitisch nicht, außenpolitisch nicht, müssen die im Bundestag vertretenen Parteien prinzipiell für einander koalitionsfähig sein. An dieser Aussage würde ich auch nicht rütteln lassen. Aber, es ist reine Theorie davon auszugehen, vielleicht Möllemannsche Theorie, davon auszugehen, dass eine andere Konstellation von mir gewünscht oder ins Auge gefasst wird. Ohne wenn und aber: Nein. Eine Bundesregierung, die die schwierigen Aufgaben international wie national vor sich hat, die wir vor uns haben in den nächsten Monaten und Jahren, die ist auf Stabilität angewiesen. Und ich führe keine Regierung, die nicht eine eindeutige Mehrheit ohne die PDS im Deutschen Bundestag hat. Ich tue das nicht deshalb nicht, weil ich Angst vor irgendetwas hätte, sondern weil ich meine, wir brauchen in den kommenden Jahren wegen der großen Aufgaben, die wir vor uns haben, Stabilität und die ist mit der PDS nicht zu gewährleisten, gleichgültig wie sie sich aufführt, und deswegen lautet die Antwort eindeutig nein. Es gibt keine wie immer geartete Form der Zusammenarbeit mit dieser Partei.“
Stoiber: „Nein, denn eine Große Koalition ist Stillstand. Und sie ist auch sicherlich ein Notfall für eine Demokratie. Wir brauchen im Parlament ein (System von) Checks and Ballences und eine Große Koalition bedeutet für mich auch gesellschaftspolitisch, es verlagert sich der Widerstand mit Sicherheit außerhalb des Parlaments heraus auf die Straße. Wir haben das 1966 bis 1969 ja auch erlebt. Deswegen halte ich eine Große Koalition aus inhaltlichen Gründen, ich sehe hier wenig Gemeinsamkeiten mit der SPD. Ich will keine Große Koalition, weil die Große Koalition die Lösungen nicht bringt, die wir brauchen. Es geht doch nicht darum, unter welchen Bedingungen ich Kanzler werde. Sondern es geht darum, dass ich Kanzler werde unter einer Regierung, die auch die Lösungen dann kompakt angeht und das halte ich in einer Großen Koalition mit dieser SPD nicht für möglich.“
IRAK/DEUTSCHLAND/AMERIKA
Schröder: „Auf beide Fragen, die Sie gestellt haben, ein eindeutiges Nein. Weder habe ich eine Kraftprobe gesucht und auch keine gemacht, noch geht es um irgendeine Form der Isolierung. Es geht schlicht darum, dass in einer bestimmten Frage, die durchaus existenzieller Natur ist, nämlich die Frage von Krieg und Frieden, es ganz offenkundig Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten gibt, zwischen mir und möglicherweise dem amerikanischen Präsidenten, der sich ja erst in der nächsten Woche wirklich festlegen will, aber es sieht so aus, als ob das so wäre. Das ist nun überhaupt keine Gefährdung von Freundschaft, weder zwischen den handelnden Personen, noch zwischen den Völkern, denn was ist der Inhalt von Freundschaft? Der Inhalt kann doch nicht sein, dass man zu einer Position, die man für nicht richtig hält, und ich halte das, was dort formuliert wird, für inhaltlich nicht richtig, einfach Ja und Amen sagt. Sondern Freundschaft kann doch nur heißen, dass man auf einer gesicherten Basis der Zusammenarbeit Meinungsverschiedenheiten austrägt. Und die werden ausgetragen. Über existenzielle Fragen, und die Frage Krieg und Frieden ist eine solche, wird - das habe ich jedem Partner freundschaftlich und aber auch deutlich gesagt - in Berlin entschieden. Und unter meiner Führung wird es keine Beteiligung Deutschlands an einer militärischen Intervention geben. Wenn jetzt die Zeit noch reichte, würde ich gerne noch ein paar Bemerkungen der Begründung hinzufügen, aber vielleicht können wir das in der nächsten Runde tun.“
Stoiber: „Also zunächst muss man ja bei dieser Diskussion festhalten, dass Saddam Hussein eine Kriegsgefahr darstellt. Man muss immer wieder festhalten, dieser Diktator besitzt Massenvernichtungswaffen, bakteriologische, biologische Waffen, möglicherweise vielleicht auch Atomwaffen oder jedenfalls in der Vorbereitung, er hat die biologischen und die bakteriologischen Waffen gegen sein eigenes Volk und gegen den Nachbarn Iran bereits eingesetzt und deswegen ist ja auch die große Absicht und die Aufgabe der Staatengemeinschaft der UNO, hier mehr zu erfahren, um Saddam Hussein dann möglicherweise in den Arm fallen zu können, wenn man entsprechende Erfahrungen an den entsprechenden Orten sammelt. Nun ist das so, dass Saddam Hussein sich weigert seit vier Jahren, die UNO- Resolutionen zu vollziehen. Deswegen müssen wir den absoluten Druck ausüben auf Saddam Hussein, damit hier wieder die Inspektoren ins Land gelassen werden. Klar ist auch, dass das absolute Entscheidungsmonopol für Maßnahmen irgendwelcher Art gegen den Irak alleine bei der UNO liegt. Es darf und wird mit uns keine Unterstützung eines Alleinganges geben, auch nicht eines Alleinganges der Amerikaner. Aber, Herr Bundeskanzler, der Ton macht die Musik, und wenn man auf der einen Seite im Wahlkampf sehr harsch seine Position darstellt, auf der anderen Seite aber nicht mit dem Präsidenten spricht, ich sage Ihnen, Ihre Vorgänger, ob das Willy Brandt oder ob das Helmut Schmidt oder ob das Helmut Kohl gewesen wären, die hätten längst zum Telefonhörer gegriffen und hätten mit Bush gesprochen, um unsere Position mit ihm darzulegen, aber nicht auf dem offenen Markt auszutragen. Sie schädigen hier meines Erachtens das deutsch-amerikanische Verhältnis. Und das ergibt sich ja aus allen Kommentaren, die man heute liest.“
ERFOLGE/ZIELE
Schröder: „Was man tut. Nur wenn man selber überzeugt ist, kann man andere überzeugen. Im übrigen, jedes Urteil über sich selbst, entbehrt der Distanz und damit auch der Objektivität. Insofern ist das auch eine Frage an die Zuschauerinnen und Zuschauer. Ich denke, dass wir in den letzten vier Jahren bewiesen haben mit dem Reformprozess, den wir eingeleitet und erfolgreich durchgesetzt haben, dass wir Vertrauen verdienen. Wir haben eine vernünftige Steuerreform gemacht. Wir haben das Rentensystem auf ein vernünftiges Fundament gestellt. Wir haben bei Themen wie Zuwanderung uns Begrenzungsmöglichkeiten, Steuerungsmöglichkeiten verschafft. Wir haben ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht gemacht. Das alles denke ich, mit dem zusammen was wir für Familien getan haben. Wir haben allein fast 20 Milliarden Euro mehr für Familien ausgegeben in den vier Jahren. Das denke ich, das schafft Vertrauen und das macht uns zuversichtlich, dass die Menschen sagen werden, die sollen das weitermachen.“
Stoiber: „Ich versuche immer nach dem Prinzip zu handeln, keine Unterschiede zwischen Reden und Handeln. Ich glaube, dass ist eines der größten Vorwürfe, die die Menschen an die Politik immer wieder richten, dass zwischen Reden und Handeln ein zu großer Unterschied ist. Ich bemühe mich und habe mich in meinem Verantwortungsbereich in den letzten Jahren, im letzten Jahrzehnt immer wieder engagiert, das zu halten was ich versprochen habe. Also als Ministerpräsident in Bayern eine gute Bildung, ein hohes Maß an innerer Sicherheit, im besonderen Maße natürlich auch Arbeitsplätze zu schaffen, die Voraussetzungen zu schaffen, dass neue Arbeitsplätze entstehen, dass die Arbeitslosigkeit gemindert wird - und insgesamt glaube ich, kann sich die Bilanz sehen lassen. Wir sind mit das Land, dass die geringste Arbeitslosigkeit in Deutschland aufzuweisen hat. Wir haben es erreicht, dass eigentlich in den letzten 10 Jahren jeder vierte neue Arbeitsplatz in Deutschland in meinem Verantwortungsbereich geschaffen worden ist. Und sicherlich ist das mit noch ein Grund, warum CDU und CSU im besonderen mir auch persönlich ein hohes Maß an Kompetenz in der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Wirtschaftspolitik zumessen. Und ich möchte das, was ich für Bayern getan habe, die nächsten vier Jahre mit aller Leidenschaft und Engagement für Deutschland tun.“
SICHERHEITSPOLITIK
Stoiber: „Wir wissen nach allen Angaben der Taliban und der internationalen Terroristen, dass der 11. September kein Einzelfall bleiben soll. Das heißt, wir müssen immer mit Anschlägen rechnen und wir müssen alles tun, um solche Anschläge international wie national zu unterbinden. Deswegen ist es natürlich auch absolut notwendig, Herr Bundeskanzler, dazu brauchen wir natürlich auch die Amerikaner und Sie sollten sich bei jeder Gelegenheit immer wieder klar werden, das deutsch-amerikanische Verhältnis - auch, wenn es Meinungsverschiedenheiten über die eine oder andere Frage gibt - muss intakt bleiben und darf nicht verletzt werden durch unverantwortliche Äußerungen, wie ich sie gerade zitiert habe. Zweitens: Das Sicherheitspaket oder die Rahmenbedingungen, die wir geschaffen haben, die die Bundesregierung geschaffen hat, reicht unseres Erachtens nicht aus. Zwei Dinge sind absolut notwendig, und das zeigt Heidelberg und das zeigen auch die Ermittlungen, die in Hamburg geführt werden, wir haben etwa 4000 gewaltbereite Islamisten, 4000 gewaltbereite Islamisten, die verdächtig sind, terroristischen Organisationen anzugehören. Wir fordern seit langer Zeit, dass diese terroristischen Anhänger ausgewiesen werden können auf Grund des Verdachtes. Es ist für mich unakzeptabel, dass man erst abwartet, bis etwas geschieht, bis sie ausgewiesen werden können. Und ein Zweites: Wir brauchen dringend endlich die Fingerabdrücke in den Pässen, in den Visen. Sie haben bisher dies nicht geschafft. Deswegen können heute Leute aus schwierigen Ländern wie Pakistan, Jemen ohne jegliche Fingerabdruck-Erkenntnis oder biometrische Erkenntnisse einreisen. Ich halte das für ein sehr schweres Versäumnis, was Sie hier zu verantworten haben.“
Schröder: „Ich kann das nicht beurteilen. Ich weiß zu wenig über den Stand der Ermittlungen, als dass ich ein endgültiges Urteil fällen könnte. Ich habe heute noch einmal mit dem Bundesinnenminister telefoniert und habe ihn gefragt, und er sagt, er habe auch kein endgültiges Urteil. Insofern glaube ich, ist da auch ein bisschen Geplänkel zwischen beiden gewesen. Aber ich wollte nochmal Stellung nehmen zu der Frage, die Frau Christiansen gestellt hat, nämlich: Reichen die Sicherheitsgesetze? Wir haben ja zwei Sicherheitspakete gemacht und die Frage, die Herr Stoiber eben angesprochen hat, ist anders zu bewerten. Nach dem neuen Recht, das wir haben, können Sie jemanden ausweisen, wenn Tatsachen den Verdacht begründen. Aber Tatsachen müssen es schon sein und Gerüchte reichen nicht, dürfen im Rechtsstaat auch nicht reichen, wenn Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand solche Taten begehen könnte, dann können Sie ausweisen. Das wird auch geschehen. Das zweite Problem, das angesprochen worden ist, die Frage, der biometrischen Daten. Wir brauchen, wenn wir das in die Pässe bringen wollen, eine europäische Regelung, und die ist in der Tat nicht zu Stande gekommen - sehr interessant, darüber zu reden, durch wen in erster Linie nicht zu Stande gekommen - aber ich glaube, das interessiert die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht so sehr, was die Fingerabdrücke angeht, werden wir bei den problematischen Ländern, und nur um die geht es, wir müssen ja auch aufpassen, dass zum Beispiel ganz normaler Geschäftsverkehr nicht beeinträchtigt wird, bei den problematischen Ländern mit Beginn des Jahres - so die Auskunft meines Innenministers - (wird es) so weit sein, dass wir das machen können und dann auch machen werden. Der Ermittlungserfolg in Heidelberg zeigt doch gerade, dass das, was wir gemacht haben, hoch wirksam ist, sonst wären doch die Ermittlungen nicht zu Stande gekommen und nicht erfolgreich abgeschlossen. Das Gleiche gilt für Hamburg auch.“
BILDUNG
Schröder: „Zunächst einmal, wir haben den Bildungshaushalt, soweit der Bund zuständig ist - und der ist ja für die Schulen nicht zuständig - um 30 Prozent gesteigert und das ist eine erhebliche Leistung. Das hat es bisher überhaupt noch nicht gegeben, nachdem er in der Zeit vor uns ständig gekürzt worden ist. Das zeigt, dass wir da richtige Schwerpunkte setzen. Zweitens: Wir haben gesagt, wir sind bereit, den Ländern jährlich eine Milliarde Euro für verbesserte Ganztagsbetreuung zur Verfügung zu stellen. Das hilft Kindern insbesondere aus nicht so wohlhabenden Schichten und das hilft natürlich auch Frauen, Beruf und Familie besser übereinander zu bringen. Ich habe selber eigene Erfahrungen. Was ich nicht möchte ist, dass wir in diesem Land eine Situation bekommen, wo es Kindern aus sozial schwächeren Familien - ich habe meine Abschlüsse über den zweiten Bildungsweg machen müssen - nicht mehr möglich ist, zu Deutschlands hohen und höchsten Schulen zu gehen, weil sie sie nicht bezahlen können. Also Offenheit muss bleiben. Daneben - alles was hilft Qualität zu steigern, auch im nationalen Maßstab - das kann man mit mir machen. Aber das Prinzip, dass es auch Kindern aus sozial schwächeren Familien möglich sein muss, ein Abitur zu machen, ein Studium zu beginnen und abzuschließen, ohne dass sie dabei sich in Schulden stürzen müssen, das halte ich für unaufgebbar. Und wie gesagt, das hat sehr mit meiner eigenen Biografie zu tun.“
Stoiber: „Das sind schöne Worte.“
Schröder: „Sie sollten nicht, wenn ich über meine eigenen Erfahrungen rede, sollten Sie nicht so darüber hinweggehen. Ich habe das wirklich machen müssen. Und deswegen plädiere ich für die Offenheit eines Bildungssystems. Und wenn Sie da anderes wollen, dann sagen Sie das, aber ich denke, dass diese Offenheit auch für die Benachteiligten in diesem Land eine wirkliche Notwendigkeit (ist).“
Stoiber: „Nein, Frau Illner, das ist ja auch eine nicht richtige Darstellung. Wir haben ... Nein, was die 15- bis 16-jährigen Gymnasiasten anbelangt, haben wir einen weit überdurchschnittlichen Anteil. Nur haben wir dann eine andere Situation. Es gehen nach der Mittleren Reife eine ganze Reihe Leute weg, die das Fachabitur machen. Und wir haben einen außerordentlich hohen Anteil an Meistern. Wir bilden zum Beispiel 50 Prozent mehr Meister aus als Nordrhein- Westfalen. Das heißt also, die Abiturientenzahl, da müssen Sie dazu zählen natürlich die Fachabiturienten, da müssen Sie dazu zählen letzen Endes auch die anderen Ausbildungsmöglichkeiten. Aber insgesamt möchte ich, weil ich jetzt nicht über Bayern reden will, jeder weiß, dass Bayern in der Spitzengruppe in Europa (ist) und jeder weiß aber auch, dass das nicht unsere Probleme in Deutschland löst. Wenn Deutschland, das auf den Rohstoff Geist angewiesen ist, das ist doch unsere große Stärke, nach der OECD-Studie bei 32 Ländern an 21. Stelle liegt und nur ein einziges Land über dem Durchschnitt liegt. Dann ist das eine katastrophale Bilanz und wir müssen alles tun, dass das geändert wird. Nur, Herr Bundeskanzler, das will ich Ihnen vorhalten, in den Ländern in denen die SPD die Regierungsverantwortung trägt, ist natürlich eines gewachsen: Die Privatschulen. Und wir haben leider durch ihre Politik auch mitzuverantworten, dass sich das Bildungsbürgertum, die, die es sich leisten können, immer mehr ihre Kinder für teures Geld auf Privatschulen schicken, weil sie dort dann die Sicherheit haben, dass sie mit 18 oder 19 oder 17 eine bessere Ausbildung haben als in öffentlichen Schulen. Und da kann ich Ihnen nur sagen, wo ich die Verantwortung trage, haben wir ein exzellentes öffentliches Schulsystem, weil ich es niemals akzeptieren würde, auch aus meinem Herkommen nicht. Ich habe auch das Glück gehabt, aus einfachen Verhältnissen kommend, Abitur machen zu dürfen.“
KABINETT
Schröder: „Nein, zunächst einmal, was die Demissionen angeht, sind das sehr unterschiedliche Gründe gewesen, einer ist Generalsekretär - Gott sei Dank - der SPD geworden. Ein anderer, der ist uns nun wirklich abhanden gekommen, das ist gar keine Frage, und ein Dritter ist Herausgeber der „Zeit“. Also sehr unterschiedliche Gründe, aber es gibt Ministerinnen- und Ministerverantwortlichkeit und die erstreckt sich manchmal auch auf Problemlagen, in denen man nicht selber gehandelt hat, sondern in denen man Betroffener indirekt war. Und immer, wenn das der Fall war und ich meinte, dass die Zusammenarbeit im Interesse der Sache, der gemeinsamen Sache auch des Landes, beendet werden müsste, dann habe ich sie beendet. Ich glaube, dass ist auch die Verantwortung eines Regierungschefs und das sollte man (ihm) nicht vorwerfen. Was die Frage angeht, was in der nächsten Legislaturperiode ist, da muss ich nun wirklich sagen, wenn Sie sich mal die Namen anschauen, die wirklich einen guten Ruf haben in der Republik, über Otto Schily haben wir geredet, wir könnten über Hans Eichel reden. Aber wir müssen auch über die Frauen im Kabinett reden. Frau Däubler ebenso wie Frau Bulmahn oder Frau Wieczorek-Zeul. Übrigens, gerade das wollte ich betonen: wir haben die meisten Frauen im Kabinett, die es in einem deutschen Bundeskabinett je gegeben hat. Und die machen vorzügliche Arbeit. Insofern spekuliere ich überhaupt nicht über Veränderungen. (ZWISCHENFRAGE CHRISTIANSEN) Nein, ich hätte das auch männlichen Kollegen geantwortet. Ich will Ihnen ja gerne einräumen, weil ich mir das schon bald gedacht habe, dass Sie kritisch nachfragen, ich habe auch zugelernt, was diese Fragen angeht und aber ich bin fest davon überzeugt, das wir, was Gleichheit angeht, auch in den Führungspositionen in der Politik, aber bitteschön auch in der Wirtschaft, zu wesentlich mehr Anteilen an Frauen kommen müssen als wir in der Vergangenheit hatten und immer noch haben, soll auch hohe Positionen in Sendern ruhig betroffen, und ich denke, dass man das ruhig zugeben soll, wenn man damit nicht geboren ist, was ich auch nicht gewesen bin, ich habe es jedenfalls gelernt, und ich bin fest davon überzeugt, dass es richtig ist.“
Stoiber: „Frau Christiansen, es ist ja interessant, dass der Bundeskanzler bei seiner Aufzählung zwei Minister überhaupt nicht genannt hat, die eigentlich verantwortlich sind für das größte Problem in Deutschland, nämlich die Arbeitslosigkeit. Für die Mutlosigkeit des Mittelstandes. Eigentlich müsste der Wirtschaftsminister heute der bekannteste Mann in Deutschland sein, er müsste ständig neue Initiativen entwickeln. Der Arbeitsminister müsste ständig etwas tun gegen die Arbeitslosigkeit. Mit seinen Tausenden von Beamten wartet er aber nur auf die 52. Kommission und deswegen ist das, was von Schröder zu verantworten ist, nämlich über vier Millionen Arbeitslose am Ende seiner Amtszeit, das ist im Grunde genommen das Zeugnis und das ist im Grunde genommen das Testat und für die Bewältigung dieser größten Herausforderung, die wir schaffen müssen, habe ich nach langem Überlegen den für mich besten Mann rekrutiert, nämlich Lothar Späth, ein Mann der 12 Jahre Ministerpräsident eines Landes war, das (er) erfolgreich nach oben gebracht hat, gerade auch, was den Mittelstand anbelangt, ein Mann, der seit 12 Jahren jetzt auch die andere Seite kennt, nämlich die Wirtschaft, die große Wirtschaft, die kleine Wirtschaft, den Osten, die ostdeutschen Länder, den Mann möchte ich dafür in das wichtigste Amt bringen, nämlich das Amt des Arbeits- und des Wirtschaftsministers, um dieses zentrale Thema zu bewältigen.“
ARBEITSLOSIGKEIT
Schröder: „Keine Frage. Wenn die Bedingungen, die damals galten, und zwar eine wirklich boomende Weltwirtschaft, keine Verwerfungen wie nach dem 11. September, weitergegolten hätten, dann hätten wir dieses Ziel auch erreicht. Gar keine Frage, dass wir es erreicht hätten. Ich bin ja damals kritisiert worden als zu wenig ehrgeizig. Nicht etwa als zu viel ehrgeizig. Aber ich denke, jeder der mal die Abendnachrichten sich anschaut und die Entwicklung an den Börsen feststellt und zwar weltweit feststellt, der kann gar nicht davon ausgehen, dass das auf andere Länder begrenzt bliebe und Deutschland nicht erreichte. Diese Arbeitslosenziffern, die wir gegenwärtig haben, haben wir unter schwierigsten weltweiten Bedingungen, und sie sind geringer als die Regierung Kohl sie hatte bei einer boomenden amerikanischen Wirtschaft, bei einer boomenden Weltwirtschaft. Und deswegen gibt es überhaupt keinen Grund, sich Vorwürfe machen zu lassen, aus einem einzigen, dem nämlich, dass man keinen Einfluss auf diese externen Bedingungen hat, den hat man nämlich wirklich nicht. Und darüber hinaus, es ist völlig klar, dass der Kampf um die Beseitigung der Arbeitslosigkeit weitergehen muss. Aber diejenigen, die in der Spitze 4,9 Millionen Arbeitslose hatten, wie die Regierung der Freunde von Herrn Stoiber unter Herrn Kohl, sie hatte, das sind nun diejenigen, die als schlechteste Ratgeber sich eignen. Das muss man klar sagen.“
Stoiber: „Der Klarheit will ich nur deutlich machen. Sie haben damals, als Helmut Kohl abgewählt worden ist, mit einer Arbeitslosenzahl von 4,1 Millionen, da haben Sie mehrfach gesagt, ein Bundeskanzler, der über vier Millionen Arbeitslosigkeit zu verantworten hat, der hat es nicht verdient, wiedergewählt zu werden.“
Schröder: „Ja, bei der Situation stimmt das ja auch.“
Stoiber: „An dem werden Sie auch gemessen werden. Zweitens: Helmut Schmidt, ihr Vorvorgänger hat es Ihnen ja doch sehr deutlich ins Stammbuch geschrieben. Die Arbeitslosigkeit hat mit der Globalisierung nichts zu tun, sondern sie ist hausgemacht. 70 Prozent unserer Arbeitsplätze sind gerade in dem mittelständischen Bereich zu Hause, also beim Friseurladen, beim Bäckerladen, beim Klempnerladen, beim Internetcafé, oder wo auch immer, bei den kleinen mittelständischen Betrieben. Und, Herr Bundeskanzler, Sie wiederholen das immer wieder und es wird nicht richtiger. Wir haben im letzten Jahr ein Exportwachstum gehabt von über 5 Prozent. Wir haben jetzt steigende Auftragseingänge im Export. Unser Problem ist nicht entscheidend allein der Export, sondern unser Problem ist der Binnenmarkt, ist der Inlandsbereich und der Mittelstand hat kein Vertrauen mehr in Rot-Grün. Sie investieren nicht mehr, wie überhaupt unsere Bürgerinnen und Bürger in dem Land kaum mehr etwas verbrauchen. Der Einzelhandel geht ja in einer ganz schwierigen Situation Monat für Monat dramatischen Zahlen entgegen. Das hängt mit dem Pessimismus zusammen und den haben Sie zu verantworten, weil Sie letzten Endes sich immer nur als Genosse der Bosse betrachtet haben, aber den Mittelstand als die wesentliche Stütze überhaupt nicht unterstützt haben, von der Steuerreform angefangen bis zur Arbeitsmarktpolitik. Und sie haben es nicht verdient, an letzter Stelle des Wirtschaftswachstums zu stehen und deswegen will ich alles tun, dass sie wieder im Mittelplatz und ganz vorne stehen.“
SCHLUSSWORTE
Stoiber: „Am 22. September geht es um eine Richtungsentscheidung: aufwärts oder abwärts. Wir müssen die Arbeitslosigkeit und die wirtschaftliche Leistungsschwäche Deutschlands wesentlich verbessern. Deutschland ist ein großartiges Land mit großartigen Menschen, und es hat es nicht verdient an letzter Stelle des wirtschaftlichen Wachstums und an dem Wachstum der Arbeitslosigkeit zu stehen. Ich werde alles dazu tun, dass dies sich ändert mit der Kompetenz und mit den Erfahrungen, die ich in meinem bisherigen Leben gesammelt habe. Zum anderen möchte ich mit den Menschen in Deutschland einen Pakt schließen, einen Pakt schließen für Aufschwung und für moderne Reformen im Bereich natürlich auch des Gesundheitswesens und der Rentenversicherung. Unter meiner Verantwortung wird es nicht möglich sein, dass Sozialhilfeempfänger eine bessere Gesundheitsversorgung haben als Kassenpatienten. Deswegen werde ich auch hier alles tun, damit die Dinge wieder ins Lot geraten. Und ein letztes, ich möchte jedenfalls erreichen, dass unser Land ein tolerantes Land ist, ein offenes Land ist, aber ein Land ist, das keinen deutschen Sonderweg geht, das einen europäischen Weg geht, das seine Interessen einbringt in den europäischen Verbund und das bei allen Meinungsverschiedenheiten, die wir mit den Amerikanern haben, sich bewusst ist, dass die deutsch-amerikanische Freundschaft für Deutschland unverzichtbar ist und dass der Ton die Musik macht und wie sie gegenwärtig gemacht wird, führt das zu schweren Verletzungen. Ich werde jedenfalls anders handeln und mit Bush und mit den Verantwortlichen ein anderes Verhältnis aufbauen als das Kanzler Schröder gemacht hat.“
Schröder: „Ich möchte gerne die Kräfte, die ich gespürt habe während der Flutkatastrophe, pflegen und nutzen. Das ist die Kraft zu Gemeinsinn, zu Solidarität, wie wir sagen, als Voraussetzung dafür, dass die großen Aufgaben, die vor uns sind, gepackt werden können. Und die großen Aufgaben sind vier: 1. Wir müssen die Balance zwischen Kapitalinteressen einerseits und den Interessen freier, selbstbewusster Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften halten. 2. Wir müssen das, was wir in den vier Jahren auf den Weg gebracht haben, Umwelt und Wirtschaft übereinzubringen, bewahren und weiterentwickeln. 3. Wir müssen in der Bildungspolitik allen die gleichen Chancen geben und über Betreuung dafür sorgen, dass Frauen wirklich Familie und Beruf - so wie sie es wollen - übereinkriegen. Sie sollen leben können, wie sie wollen, und nicht ideologisch vorgeschrieben kriegen, wie sie leben sollen. Und 4. Wir wollen eine internationale Politik machen, bei der Solidarität zum Bündnis völlig klar ist, aber auch klar ist, dass Solidarität nicht heißt, Verzicht auf die existenziellen Entscheidungen, die wir selber zu treffen haben. Und diese internationale Politik selbstbewusst ohne Überheblichkeit, die will ich mit meinem Außenminister auch die nächsten vier Jahre miteinander und mit ihm zusammen machen.“
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Das zweite TV-Duell zwischen einem Bundeskanzler und seinem Herausforderer begann am Sonntagabend mit der Frage, wie die Kandidaten ihre Leistung aus dem ersten Gespräch einschätzen. Darauf antworteten Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Edmund Stoiber (CSU):
Stoiber: „Ach, es ist immer schwierig, sich selbst oder eine Veranstaltung zu beurteilen, bei der man auch Darsteller gewesen ist. Aber insgesamt glaube ich, wenn 15 Millionen Menschen mehr oder weniger diese 75 Minuten dranbleiben, also kein richtiger Abfall bei den Zuschauern von der Quote her gewesen ist, dann glaube ich, dass die Diskussion für die vielen Menschen interessant gewesen ist. Und vielleicht waren (es) auch die Kommentatoren, die da häufig gesagt haben, ach es ist nichts Neues, es war eigentlich etwas langweilig, es hätte eigentlich mehr lebendiger sein müssen. Ich glaube, dass die Menschen das insgesamt wohl nicht so empfunden haben, denn sonst hätten sie auch abgeschaltet. Aber insgesamt glaube ich, ist das ein neuer Stil in Deutschland. Man mag es beklagen, man mag es begrüßen, es ist ein Stück Amerikanisierung des Wahlkampfes, aber ich glaube, dass damit auch Zeichen gesetzt worden sind und wohl kein Bundestagswahlkampf mehr ohne eine solche direkte Diskussion und Konfrontation zwischen dem Kanzler und seinem Herausforderer passieren wird.“
Schröder: „Sie werden sich wundern, ich habe es mir nicht nachher noch einmal angesehen. Als Punktrichter in eigener Sache bin ich auch wirklich ungeeignet. Insofern muss ich das Urteil unseren Zuschauerinnen und Zuschauern überlassen. Aber ich habe natürlich Kritik gehört und die Kritik, die ich am meisten gehört habe, war die, da schaffen die beiden es vielleicht, miteinander ins Gespräch zu kommen. Vielleicht schaffen wir es ja mit Ihrer Hilfe.“
WAHLAUSSICHTEN
Stoiber: „Also ich habe die Wahrnehmung auch in meinen Veranstaltungen, in den Gesprächen mit den Menschen, die ich höre, dass das zentrale Thema was die Menschen am intensivsten berührt, die Arbeitslosigkeit ist. Wir haben heute eine Situation, die wir schon lange nicht mehr hatten, dass über 40 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Sorge haben, ihren Arbeitsplatz verlieren zu können und dass sie auch erwarten, dass notwendige Reformen eingeleitet werden und das ist für uns die zentrale Frage, das ist das wesentliche Thema neben vielen anderen Themen, die natürlich auch (eine) beachtliche Rolle spielen. Ob das die Familienpolitik ist, ob das die Irak- Situation jetzt ist, ob das die Schulpolitik ist, ob das andere Themen sind. Aber die entscheidende Frage, denn davon hängt ja unsere gesamte wirtschaftliche Situation, unsere Situation der sozialen Sicherungssysteme, der Rente, der Krankenversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Pflegeversicherung (ab); das hängt ja alles damit zusammen, dass wir zu wenig Beitragszahler haben. Wir brauchen mehr Beitragszahler, wir brauchen also weniger Arbeitslose und wenn wir das nicht hinbekommen aus Arbeitslosen Beitragszahler zu machen, aus Arbeitslosen eben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu machen, dann werden wir unsere Probleme im Inneren wie im Äußeren, was ja alles Geld kostet, nicht lösen können.“
Schröder: „Weil sie gute Arbeit für Deutschland gemacht hat in den letzten vier Jahren. Sie haben vom Reformstau gesprochen. Wir haben ihn aufgelöst. Wir haben viel erreicht dabei. Nicht alles geschafft. Und das ist ja auch der Grund warum wir sagen, es gibt noch wichtige Reformvorhaben in der Gesundheitspolitik, auf dem Arbeitsmarkt, die wollen wir anpacken in der nächsten Legislaturperiode. Teile davon sind auf den Weg gebracht worden, aber eben nur (zum) Teil. Wir haben den Reformstau bei den Steuern, bei den Renten aufgelöst. Ich denke, das war eine Leistung, die man würdigen kann und die nur in dieser Konstellation zustande gebracht worden ist. Es ist so, dass die beiden kleineren Parteien, also Grüne und FDP, dicht bei einander sind. Wir sind dicht beieinander und ich denke, es wird ein spannender Kampf werden um die Frage, wer die Nase vorn hat. Ich hoffe, und ich gehe davon aus, dass wir das sein werden. Ich kämpfe für die Fortsetzung einer Konstellation, der rot- grünen Koalition, die bewiesen hat, dass sie im Inneren Reformen durchsetzen kann und die im Äußeren eine Politik gemacht hat, die Deutschlands Ansehen deutlich gemehrt hat.“
KOALITIONSFRAGE
Stoiber: „(Unser Ziel ist,) über 40 Prozent zu kommen. CDU und CSU wollen die stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag werden. Und wir wollen natürlich mit über 40 Prozent auch deutlich machen, dass gegen CDU und gegen CSU keine Regierung gestellt werden kann. Das ist mein zentrales Anliegen. An Koalitionsmöglichkeiten denke ich natürlich jetzt überhaupt nicht. Zum anderen muss ich allerdings sagen, dass die FDP ja in einer Frage mit uns völlig übereinstimmt. Sie sieht auch die Frage der Arbeitslosigkeit als das zentrale Thema, das gelöst werden muss und sie sieht auch wie wir darin das große Versagen der Bundesregierung, denn der Bundeskanzler hat ja das große Versprechen abgegeben, dass die Arbeitslosigkeit nach Ende seiner ersten Amtszeit unter 3,5 Millionen liegen wird. Dieses Versprechen ist massiv gebrochen worden. Meines Erachtens auch durch falsche Entscheidungen (in) der Steuerpolitik, in der Arbeitsmarktpolitik und deswegen haben sie ihre Chance gehabt und werden deswegen genau so wie Helmut Kohl, der auch mit vier Millionen abgelöst worden ist - sie haben das damals ihm ja auch prognostiziert - Sie werden genau das Schicksal erleiden, was Helmut Kohl auch erlitten hat.“
Schröder: „Wir glauben, dass Sie nicht richtig liegen, Herr Stoiber. (EINWURF ILLNER/CHRISTIANSEN) Ich würde aber trotzdem gern einen Satz dazu sagen, ich glaube, dass es nur fair wäre. Denn das, was gesagt wird über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit, widerspricht einfach den Tatsachen. Wir haben in 2001 400 000 Arbeitslose weniger gehabt als 1998. Und ich kann mir gar nicht vorstellen, dass man mit den Rezepten, an denen Sie ja beteiligt waren, Herr Stoiber, von '94 bis '98, die ihr Scheitern bereits bewiesen haben, dass man mit diesen Rezepten das aufholen kann, was Sie wenigstens partiell geschafft haben. Und die Tatsache, dass wir den Erfolg, den wir wollten, nicht gehabt haben, das hat nun eindeutig zu tun mit weltwirtschaftlichen Verwerfungen. Im übrigen muss ich hinzufügen, wir haben im August diesen Jahres 70 000 Arbeitslose weniger als im August '98. Es gibt ein Land, in dem die Arbeitslosigkeit leider steigt. Das ist Bayern. Und zwar in einer Weise, die drei Mal so hoch ist wie in den übrigen Bundesländern. Das beschäftigt mich schon sehr, aber das widerlegt die These, dass man einfach nur kopieren braucht, um erfolgreich zu sein.“
GROßE KOALITION/PDS
Schröder: „Diese Frage ist rein theoretisch. Sie stellt sich nicht. Ich kämpfe für die Fortsetzung der rot-grünen Koalition. Ich habe gesagt, mit Ausnahme der PDS, die eine Partei ist, die in der Republik nicht angekommen ist, innenpolitisch nicht, außenpolitisch nicht, müssen die im Bundestag vertretenen Parteien prinzipiell für einander koalitionsfähig sein. An dieser Aussage würde ich auch nicht rütteln lassen. Aber, es ist reine Theorie davon auszugehen, vielleicht Möllemannsche Theorie, davon auszugehen, dass eine andere Konstellation von mir gewünscht oder ins Auge gefasst wird. Ohne wenn und aber: Nein. Eine Bundesregierung, die die schwierigen Aufgaben international wie national vor sich hat, die wir vor uns haben in den nächsten Monaten und Jahren, die ist auf Stabilität angewiesen. Und ich führe keine Regierung, die nicht eine eindeutige Mehrheit ohne die PDS im Deutschen Bundestag hat. Ich tue das nicht deshalb nicht, weil ich Angst vor irgendetwas hätte, sondern weil ich meine, wir brauchen in den kommenden Jahren wegen der großen Aufgaben, die wir vor uns haben, Stabilität und die ist mit der PDS nicht zu gewährleisten, gleichgültig wie sie sich aufführt, und deswegen lautet die Antwort eindeutig nein. Es gibt keine wie immer geartete Form der Zusammenarbeit mit dieser Partei.“
Stoiber: „Nein, denn eine Große Koalition ist Stillstand. Und sie ist auch sicherlich ein Notfall für eine Demokratie. Wir brauchen im Parlament ein (System von) Checks and Ballences und eine Große Koalition bedeutet für mich auch gesellschaftspolitisch, es verlagert sich der Widerstand mit Sicherheit außerhalb des Parlaments heraus auf die Straße. Wir haben das 1966 bis 1969 ja auch erlebt. Deswegen halte ich eine Große Koalition aus inhaltlichen Gründen, ich sehe hier wenig Gemeinsamkeiten mit der SPD. Ich will keine Große Koalition, weil die Große Koalition die Lösungen nicht bringt, die wir brauchen. Es geht doch nicht darum, unter welchen Bedingungen ich Kanzler werde. Sondern es geht darum, dass ich Kanzler werde unter einer Regierung, die auch die Lösungen dann kompakt angeht und das halte ich in einer Großen Koalition mit dieser SPD nicht für möglich.“
IRAK/DEUTSCHLAND/AMERIKA
Schröder: „Auf beide Fragen, die Sie gestellt haben, ein eindeutiges Nein. Weder habe ich eine Kraftprobe gesucht und auch keine gemacht, noch geht es um irgendeine Form der Isolierung. Es geht schlicht darum, dass in einer bestimmten Frage, die durchaus existenzieller Natur ist, nämlich die Frage von Krieg und Frieden, es ganz offenkundig Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten gibt, zwischen mir und möglicherweise dem amerikanischen Präsidenten, der sich ja erst in der nächsten Woche wirklich festlegen will, aber es sieht so aus, als ob das so wäre. Das ist nun überhaupt keine Gefährdung von Freundschaft, weder zwischen den handelnden Personen, noch zwischen den Völkern, denn was ist der Inhalt von Freundschaft? Der Inhalt kann doch nicht sein, dass man zu einer Position, die man für nicht richtig hält, und ich halte das, was dort formuliert wird, für inhaltlich nicht richtig, einfach Ja und Amen sagt. Sondern Freundschaft kann doch nur heißen, dass man auf einer gesicherten Basis der Zusammenarbeit Meinungsverschiedenheiten austrägt. Und die werden ausgetragen. Über existenzielle Fragen, und die Frage Krieg und Frieden ist eine solche, wird - das habe ich jedem Partner freundschaftlich und aber auch deutlich gesagt - in Berlin entschieden. Und unter meiner Führung wird es keine Beteiligung Deutschlands an einer militärischen Intervention geben. Wenn jetzt die Zeit noch reichte, würde ich gerne noch ein paar Bemerkungen der Begründung hinzufügen, aber vielleicht können wir das in der nächsten Runde tun.“
Stoiber: „Also zunächst muss man ja bei dieser Diskussion festhalten, dass Saddam Hussein eine Kriegsgefahr darstellt. Man muss immer wieder festhalten, dieser Diktator besitzt Massenvernichtungswaffen, bakteriologische, biologische Waffen, möglicherweise vielleicht auch Atomwaffen oder jedenfalls in der Vorbereitung, er hat die biologischen und die bakteriologischen Waffen gegen sein eigenes Volk und gegen den Nachbarn Iran bereits eingesetzt und deswegen ist ja auch die große Absicht und die Aufgabe der Staatengemeinschaft der UNO, hier mehr zu erfahren, um Saddam Hussein dann möglicherweise in den Arm fallen zu können, wenn man entsprechende Erfahrungen an den entsprechenden Orten sammelt. Nun ist das so, dass Saddam Hussein sich weigert seit vier Jahren, die UNO- Resolutionen zu vollziehen. Deswegen müssen wir den absoluten Druck ausüben auf Saddam Hussein, damit hier wieder die Inspektoren ins Land gelassen werden. Klar ist auch, dass das absolute Entscheidungsmonopol für Maßnahmen irgendwelcher Art gegen den Irak alleine bei der UNO liegt. Es darf und wird mit uns keine Unterstützung eines Alleinganges geben, auch nicht eines Alleinganges der Amerikaner. Aber, Herr Bundeskanzler, der Ton macht die Musik, und wenn man auf der einen Seite im Wahlkampf sehr harsch seine Position darstellt, auf der anderen Seite aber nicht mit dem Präsidenten spricht, ich sage Ihnen, Ihre Vorgänger, ob das Willy Brandt oder ob das Helmut Schmidt oder ob das Helmut Kohl gewesen wären, die hätten längst zum Telefonhörer gegriffen und hätten mit Bush gesprochen, um unsere Position mit ihm darzulegen, aber nicht auf dem offenen Markt auszutragen. Sie schädigen hier meines Erachtens das deutsch-amerikanische Verhältnis. Und das ergibt sich ja aus allen Kommentaren, die man heute liest.“
ERFOLGE/ZIELE
Schröder: „Was man tut. Nur wenn man selber überzeugt ist, kann man andere überzeugen. Im übrigen, jedes Urteil über sich selbst, entbehrt der Distanz und damit auch der Objektivität. Insofern ist das auch eine Frage an die Zuschauerinnen und Zuschauer. Ich denke, dass wir in den letzten vier Jahren bewiesen haben mit dem Reformprozess, den wir eingeleitet und erfolgreich durchgesetzt haben, dass wir Vertrauen verdienen. Wir haben eine vernünftige Steuerreform gemacht. Wir haben das Rentensystem auf ein vernünftiges Fundament gestellt. Wir haben bei Themen wie Zuwanderung uns Begrenzungsmöglichkeiten, Steuerungsmöglichkeiten verschafft. Wir haben ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht gemacht. Das alles denke ich, mit dem zusammen was wir für Familien getan haben. Wir haben allein fast 20 Milliarden Euro mehr für Familien ausgegeben in den vier Jahren. Das denke ich, das schafft Vertrauen und das macht uns zuversichtlich, dass die Menschen sagen werden, die sollen das weitermachen.“
Stoiber: „Ich versuche immer nach dem Prinzip zu handeln, keine Unterschiede zwischen Reden und Handeln. Ich glaube, dass ist eines der größten Vorwürfe, die die Menschen an die Politik immer wieder richten, dass zwischen Reden und Handeln ein zu großer Unterschied ist. Ich bemühe mich und habe mich in meinem Verantwortungsbereich in den letzten Jahren, im letzten Jahrzehnt immer wieder engagiert, das zu halten was ich versprochen habe. Also als Ministerpräsident in Bayern eine gute Bildung, ein hohes Maß an innerer Sicherheit, im besonderen Maße natürlich auch Arbeitsplätze zu schaffen, die Voraussetzungen zu schaffen, dass neue Arbeitsplätze entstehen, dass die Arbeitslosigkeit gemindert wird - und insgesamt glaube ich, kann sich die Bilanz sehen lassen. Wir sind mit das Land, dass die geringste Arbeitslosigkeit in Deutschland aufzuweisen hat. Wir haben es erreicht, dass eigentlich in den letzten 10 Jahren jeder vierte neue Arbeitsplatz in Deutschland in meinem Verantwortungsbereich geschaffen worden ist. Und sicherlich ist das mit noch ein Grund, warum CDU und CSU im besonderen mir auch persönlich ein hohes Maß an Kompetenz in der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Wirtschaftspolitik zumessen. Und ich möchte das, was ich für Bayern getan habe, die nächsten vier Jahre mit aller Leidenschaft und Engagement für Deutschland tun.“
SICHERHEITSPOLITIK
Stoiber: „Wir wissen nach allen Angaben der Taliban und der internationalen Terroristen, dass der 11. September kein Einzelfall bleiben soll. Das heißt, wir müssen immer mit Anschlägen rechnen und wir müssen alles tun, um solche Anschläge international wie national zu unterbinden. Deswegen ist es natürlich auch absolut notwendig, Herr Bundeskanzler, dazu brauchen wir natürlich auch die Amerikaner und Sie sollten sich bei jeder Gelegenheit immer wieder klar werden, das deutsch-amerikanische Verhältnis - auch, wenn es Meinungsverschiedenheiten über die eine oder andere Frage gibt - muss intakt bleiben und darf nicht verletzt werden durch unverantwortliche Äußerungen, wie ich sie gerade zitiert habe. Zweitens: Das Sicherheitspaket oder die Rahmenbedingungen, die wir geschaffen haben, die die Bundesregierung geschaffen hat, reicht unseres Erachtens nicht aus. Zwei Dinge sind absolut notwendig, und das zeigt Heidelberg und das zeigen auch die Ermittlungen, die in Hamburg geführt werden, wir haben etwa 4000 gewaltbereite Islamisten, 4000 gewaltbereite Islamisten, die verdächtig sind, terroristischen Organisationen anzugehören. Wir fordern seit langer Zeit, dass diese terroristischen Anhänger ausgewiesen werden können auf Grund des Verdachtes. Es ist für mich unakzeptabel, dass man erst abwartet, bis etwas geschieht, bis sie ausgewiesen werden können. Und ein Zweites: Wir brauchen dringend endlich die Fingerabdrücke in den Pässen, in den Visen. Sie haben bisher dies nicht geschafft. Deswegen können heute Leute aus schwierigen Ländern wie Pakistan, Jemen ohne jegliche Fingerabdruck-Erkenntnis oder biometrische Erkenntnisse einreisen. Ich halte das für ein sehr schweres Versäumnis, was Sie hier zu verantworten haben.“
Schröder: „Ich kann das nicht beurteilen. Ich weiß zu wenig über den Stand der Ermittlungen, als dass ich ein endgültiges Urteil fällen könnte. Ich habe heute noch einmal mit dem Bundesinnenminister telefoniert und habe ihn gefragt, und er sagt, er habe auch kein endgültiges Urteil. Insofern glaube ich, ist da auch ein bisschen Geplänkel zwischen beiden gewesen. Aber ich wollte nochmal Stellung nehmen zu der Frage, die Frau Christiansen gestellt hat, nämlich: Reichen die Sicherheitsgesetze? Wir haben ja zwei Sicherheitspakete gemacht und die Frage, die Herr Stoiber eben angesprochen hat, ist anders zu bewerten. Nach dem neuen Recht, das wir haben, können Sie jemanden ausweisen, wenn Tatsachen den Verdacht begründen. Aber Tatsachen müssen es schon sein und Gerüchte reichen nicht, dürfen im Rechtsstaat auch nicht reichen, wenn Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand solche Taten begehen könnte, dann können Sie ausweisen. Das wird auch geschehen. Das zweite Problem, das angesprochen worden ist, die Frage, der biometrischen Daten. Wir brauchen, wenn wir das in die Pässe bringen wollen, eine europäische Regelung, und die ist in der Tat nicht zu Stande gekommen - sehr interessant, darüber zu reden, durch wen in erster Linie nicht zu Stande gekommen - aber ich glaube, das interessiert die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht so sehr, was die Fingerabdrücke angeht, werden wir bei den problematischen Ländern, und nur um die geht es, wir müssen ja auch aufpassen, dass zum Beispiel ganz normaler Geschäftsverkehr nicht beeinträchtigt wird, bei den problematischen Ländern mit Beginn des Jahres - so die Auskunft meines Innenministers - (wird es) so weit sein, dass wir das machen können und dann auch machen werden. Der Ermittlungserfolg in Heidelberg zeigt doch gerade, dass das, was wir gemacht haben, hoch wirksam ist, sonst wären doch die Ermittlungen nicht zu Stande gekommen und nicht erfolgreich abgeschlossen. Das Gleiche gilt für Hamburg auch.“
BILDUNG
Schröder: „Zunächst einmal, wir haben den Bildungshaushalt, soweit der Bund zuständig ist - und der ist ja für die Schulen nicht zuständig - um 30 Prozent gesteigert und das ist eine erhebliche Leistung. Das hat es bisher überhaupt noch nicht gegeben, nachdem er in der Zeit vor uns ständig gekürzt worden ist. Das zeigt, dass wir da richtige Schwerpunkte setzen. Zweitens: Wir haben gesagt, wir sind bereit, den Ländern jährlich eine Milliarde Euro für verbesserte Ganztagsbetreuung zur Verfügung zu stellen. Das hilft Kindern insbesondere aus nicht so wohlhabenden Schichten und das hilft natürlich auch Frauen, Beruf und Familie besser übereinander zu bringen. Ich habe selber eigene Erfahrungen. Was ich nicht möchte ist, dass wir in diesem Land eine Situation bekommen, wo es Kindern aus sozial schwächeren Familien - ich habe meine Abschlüsse über den zweiten Bildungsweg machen müssen - nicht mehr möglich ist, zu Deutschlands hohen und höchsten Schulen zu gehen, weil sie sie nicht bezahlen können. Also Offenheit muss bleiben. Daneben - alles was hilft Qualität zu steigern, auch im nationalen Maßstab - das kann man mit mir machen. Aber das Prinzip, dass es auch Kindern aus sozial schwächeren Familien möglich sein muss, ein Abitur zu machen, ein Studium zu beginnen und abzuschließen, ohne dass sie dabei sich in Schulden stürzen müssen, das halte ich für unaufgebbar. Und wie gesagt, das hat sehr mit meiner eigenen Biografie zu tun.“
Stoiber: „Das sind schöne Worte.“
Schröder: „Sie sollten nicht, wenn ich über meine eigenen Erfahrungen rede, sollten Sie nicht so darüber hinweggehen. Ich habe das wirklich machen müssen. Und deswegen plädiere ich für die Offenheit eines Bildungssystems. Und wenn Sie da anderes wollen, dann sagen Sie das, aber ich denke, dass diese Offenheit auch für die Benachteiligten in diesem Land eine wirkliche Notwendigkeit (ist).“
Stoiber: „Nein, Frau Illner, das ist ja auch eine nicht richtige Darstellung. Wir haben ... Nein, was die 15- bis 16-jährigen Gymnasiasten anbelangt, haben wir einen weit überdurchschnittlichen Anteil. Nur haben wir dann eine andere Situation. Es gehen nach der Mittleren Reife eine ganze Reihe Leute weg, die das Fachabitur machen. Und wir haben einen außerordentlich hohen Anteil an Meistern. Wir bilden zum Beispiel 50 Prozent mehr Meister aus als Nordrhein- Westfalen. Das heißt also, die Abiturientenzahl, da müssen Sie dazu zählen natürlich die Fachabiturienten, da müssen Sie dazu zählen letzen Endes auch die anderen Ausbildungsmöglichkeiten. Aber insgesamt möchte ich, weil ich jetzt nicht über Bayern reden will, jeder weiß, dass Bayern in der Spitzengruppe in Europa (ist) und jeder weiß aber auch, dass das nicht unsere Probleme in Deutschland löst. Wenn Deutschland, das auf den Rohstoff Geist angewiesen ist, das ist doch unsere große Stärke, nach der OECD-Studie bei 32 Ländern an 21. Stelle liegt und nur ein einziges Land über dem Durchschnitt liegt. Dann ist das eine katastrophale Bilanz und wir müssen alles tun, dass das geändert wird. Nur, Herr Bundeskanzler, das will ich Ihnen vorhalten, in den Ländern in denen die SPD die Regierungsverantwortung trägt, ist natürlich eines gewachsen: Die Privatschulen. Und wir haben leider durch ihre Politik auch mitzuverantworten, dass sich das Bildungsbürgertum, die, die es sich leisten können, immer mehr ihre Kinder für teures Geld auf Privatschulen schicken, weil sie dort dann die Sicherheit haben, dass sie mit 18 oder 19 oder 17 eine bessere Ausbildung haben als in öffentlichen Schulen. Und da kann ich Ihnen nur sagen, wo ich die Verantwortung trage, haben wir ein exzellentes öffentliches Schulsystem, weil ich es niemals akzeptieren würde, auch aus meinem Herkommen nicht. Ich habe auch das Glück gehabt, aus einfachen Verhältnissen kommend, Abitur machen zu dürfen.“
KABINETT
Schröder: „Nein, zunächst einmal, was die Demissionen angeht, sind das sehr unterschiedliche Gründe gewesen, einer ist Generalsekretär - Gott sei Dank - der SPD geworden. Ein anderer, der ist uns nun wirklich abhanden gekommen, das ist gar keine Frage, und ein Dritter ist Herausgeber der „Zeit“. Also sehr unterschiedliche Gründe, aber es gibt Ministerinnen- und Ministerverantwortlichkeit und die erstreckt sich manchmal auch auf Problemlagen, in denen man nicht selber gehandelt hat, sondern in denen man Betroffener indirekt war. Und immer, wenn das der Fall war und ich meinte, dass die Zusammenarbeit im Interesse der Sache, der gemeinsamen Sache auch des Landes, beendet werden müsste, dann habe ich sie beendet. Ich glaube, dass ist auch die Verantwortung eines Regierungschefs und das sollte man (ihm) nicht vorwerfen. Was die Frage angeht, was in der nächsten Legislaturperiode ist, da muss ich nun wirklich sagen, wenn Sie sich mal die Namen anschauen, die wirklich einen guten Ruf haben in der Republik, über Otto Schily haben wir geredet, wir könnten über Hans Eichel reden. Aber wir müssen auch über die Frauen im Kabinett reden. Frau Däubler ebenso wie Frau Bulmahn oder Frau Wieczorek-Zeul. Übrigens, gerade das wollte ich betonen: wir haben die meisten Frauen im Kabinett, die es in einem deutschen Bundeskabinett je gegeben hat. Und die machen vorzügliche Arbeit. Insofern spekuliere ich überhaupt nicht über Veränderungen. (ZWISCHENFRAGE CHRISTIANSEN) Nein, ich hätte das auch männlichen Kollegen geantwortet. Ich will Ihnen ja gerne einräumen, weil ich mir das schon bald gedacht habe, dass Sie kritisch nachfragen, ich habe auch zugelernt, was diese Fragen angeht und aber ich bin fest davon überzeugt, das wir, was Gleichheit angeht, auch in den Führungspositionen in der Politik, aber bitteschön auch in der Wirtschaft, zu wesentlich mehr Anteilen an Frauen kommen müssen als wir in der Vergangenheit hatten und immer noch haben, soll auch hohe Positionen in Sendern ruhig betroffen, und ich denke, dass man das ruhig zugeben soll, wenn man damit nicht geboren ist, was ich auch nicht gewesen bin, ich habe es jedenfalls gelernt, und ich bin fest davon überzeugt, dass es richtig ist.“
Stoiber: „Frau Christiansen, es ist ja interessant, dass der Bundeskanzler bei seiner Aufzählung zwei Minister überhaupt nicht genannt hat, die eigentlich verantwortlich sind für das größte Problem in Deutschland, nämlich die Arbeitslosigkeit. Für die Mutlosigkeit des Mittelstandes. Eigentlich müsste der Wirtschaftsminister heute der bekannteste Mann in Deutschland sein, er müsste ständig neue Initiativen entwickeln. Der Arbeitsminister müsste ständig etwas tun gegen die Arbeitslosigkeit. Mit seinen Tausenden von Beamten wartet er aber nur auf die 52. Kommission und deswegen ist das, was von Schröder zu verantworten ist, nämlich über vier Millionen Arbeitslose am Ende seiner Amtszeit, das ist im Grunde genommen das Zeugnis und das ist im Grunde genommen das Testat und für die Bewältigung dieser größten Herausforderung, die wir schaffen müssen, habe ich nach langem Überlegen den für mich besten Mann rekrutiert, nämlich Lothar Späth, ein Mann der 12 Jahre Ministerpräsident eines Landes war, das (er) erfolgreich nach oben gebracht hat, gerade auch, was den Mittelstand anbelangt, ein Mann, der seit 12 Jahren jetzt auch die andere Seite kennt, nämlich die Wirtschaft, die große Wirtschaft, die kleine Wirtschaft, den Osten, die ostdeutschen Länder, den Mann möchte ich dafür in das wichtigste Amt bringen, nämlich das Amt des Arbeits- und des Wirtschaftsministers, um dieses zentrale Thema zu bewältigen.“
ARBEITSLOSIGKEIT
Schröder: „Keine Frage. Wenn die Bedingungen, die damals galten, und zwar eine wirklich boomende Weltwirtschaft, keine Verwerfungen wie nach dem 11. September, weitergegolten hätten, dann hätten wir dieses Ziel auch erreicht. Gar keine Frage, dass wir es erreicht hätten. Ich bin ja damals kritisiert worden als zu wenig ehrgeizig. Nicht etwa als zu viel ehrgeizig. Aber ich denke, jeder der mal die Abendnachrichten sich anschaut und die Entwicklung an den Börsen feststellt und zwar weltweit feststellt, der kann gar nicht davon ausgehen, dass das auf andere Länder begrenzt bliebe und Deutschland nicht erreichte. Diese Arbeitslosenziffern, die wir gegenwärtig haben, haben wir unter schwierigsten weltweiten Bedingungen, und sie sind geringer als die Regierung Kohl sie hatte bei einer boomenden amerikanischen Wirtschaft, bei einer boomenden Weltwirtschaft. Und deswegen gibt es überhaupt keinen Grund, sich Vorwürfe machen zu lassen, aus einem einzigen, dem nämlich, dass man keinen Einfluss auf diese externen Bedingungen hat, den hat man nämlich wirklich nicht. Und darüber hinaus, es ist völlig klar, dass der Kampf um die Beseitigung der Arbeitslosigkeit weitergehen muss. Aber diejenigen, die in der Spitze 4,9 Millionen Arbeitslose hatten, wie die Regierung der Freunde von Herrn Stoiber unter Herrn Kohl, sie hatte, das sind nun diejenigen, die als schlechteste Ratgeber sich eignen. Das muss man klar sagen.“
Stoiber: „Der Klarheit will ich nur deutlich machen. Sie haben damals, als Helmut Kohl abgewählt worden ist, mit einer Arbeitslosenzahl von 4,1 Millionen, da haben Sie mehrfach gesagt, ein Bundeskanzler, der über vier Millionen Arbeitslosigkeit zu verantworten hat, der hat es nicht verdient, wiedergewählt zu werden.“
Schröder: „Ja, bei der Situation stimmt das ja auch.“
Stoiber: „An dem werden Sie auch gemessen werden. Zweitens: Helmut Schmidt, ihr Vorvorgänger hat es Ihnen ja doch sehr deutlich ins Stammbuch geschrieben. Die Arbeitslosigkeit hat mit der Globalisierung nichts zu tun, sondern sie ist hausgemacht. 70 Prozent unserer Arbeitsplätze sind gerade in dem mittelständischen Bereich zu Hause, also beim Friseurladen, beim Bäckerladen, beim Klempnerladen, beim Internetcafé, oder wo auch immer, bei den kleinen mittelständischen Betrieben. Und, Herr Bundeskanzler, Sie wiederholen das immer wieder und es wird nicht richtiger. Wir haben im letzten Jahr ein Exportwachstum gehabt von über 5 Prozent. Wir haben jetzt steigende Auftragseingänge im Export. Unser Problem ist nicht entscheidend allein der Export, sondern unser Problem ist der Binnenmarkt, ist der Inlandsbereich und der Mittelstand hat kein Vertrauen mehr in Rot-Grün. Sie investieren nicht mehr, wie überhaupt unsere Bürgerinnen und Bürger in dem Land kaum mehr etwas verbrauchen. Der Einzelhandel geht ja in einer ganz schwierigen Situation Monat für Monat dramatischen Zahlen entgegen. Das hängt mit dem Pessimismus zusammen und den haben Sie zu verantworten, weil Sie letzten Endes sich immer nur als Genosse der Bosse betrachtet haben, aber den Mittelstand als die wesentliche Stütze überhaupt nicht unterstützt haben, von der Steuerreform angefangen bis zur Arbeitsmarktpolitik. Und sie haben es nicht verdient, an letzter Stelle des Wirtschaftswachstums zu stehen und deswegen will ich alles tun, dass sie wieder im Mittelplatz und ganz vorne stehen.“
SCHLUSSWORTE
Stoiber: „Am 22. September geht es um eine Richtungsentscheidung: aufwärts oder abwärts. Wir müssen die Arbeitslosigkeit und die wirtschaftliche Leistungsschwäche Deutschlands wesentlich verbessern. Deutschland ist ein großartiges Land mit großartigen Menschen, und es hat es nicht verdient an letzter Stelle des wirtschaftlichen Wachstums und an dem Wachstum der Arbeitslosigkeit zu stehen. Ich werde alles dazu tun, dass dies sich ändert mit der Kompetenz und mit den Erfahrungen, die ich in meinem bisherigen Leben gesammelt habe. Zum anderen möchte ich mit den Menschen in Deutschland einen Pakt schließen, einen Pakt schließen für Aufschwung und für moderne Reformen im Bereich natürlich auch des Gesundheitswesens und der Rentenversicherung. Unter meiner Verantwortung wird es nicht möglich sein, dass Sozialhilfeempfänger eine bessere Gesundheitsversorgung haben als Kassenpatienten. Deswegen werde ich auch hier alles tun, damit die Dinge wieder ins Lot geraten. Und ein letztes, ich möchte jedenfalls erreichen, dass unser Land ein tolerantes Land ist, ein offenes Land ist, aber ein Land ist, das keinen deutschen Sonderweg geht, das einen europäischen Weg geht, das seine Interessen einbringt in den europäischen Verbund und das bei allen Meinungsverschiedenheiten, die wir mit den Amerikanern haben, sich bewusst ist, dass die deutsch-amerikanische Freundschaft für Deutschland unverzichtbar ist und dass der Ton die Musik macht und wie sie gegenwärtig gemacht wird, führt das zu schweren Verletzungen. Ich werde jedenfalls anders handeln und mit Bush und mit den Verantwortlichen ein anderes Verhältnis aufbauen als das Kanzler Schröder gemacht hat.“
Schröder: „Ich möchte gerne die Kräfte, die ich gespürt habe während der Flutkatastrophe, pflegen und nutzen. Das ist die Kraft zu Gemeinsinn, zu Solidarität, wie wir sagen, als Voraussetzung dafür, dass die großen Aufgaben, die vor uns sind, gepackt werden können. Und die großen Aufgaben sind vier: 1. Wir müssen die Balance zwischen Kapitalinteressen einerseits und den Interessen freier, selbstbewusster Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften halten. 2. Wir müssen das, was wir in den vier Jahren auf den Weg gebracht haben, Umwelt und Wirtschaft übereinzubringen, bewahren und weiterentwickeln. 3. Wir müssen in der Bildungspolitik allen die gleichen Chancen geben und über Betreuung dafür sorgen, dass Frauen wirklich Familie und Beruf - so wie sie es wollen - übereinkriegen. Sie sollen leben können, wie sie wollen, und nicht ideologisch vorgeschrieben kriegen, wie sie leben sollen. Und 4. Wir wollen eine internationale Politik machen, bei der Solidarität zum Bündnis völlig klar ist, aber auch klar ist, dass Solidarität nicht heißt, Verzicht auf die existenziellen Entscheidungen, die wir selber zu treffen haben. Und diese internationale Politik selbstbewusst ohne Überheblichkeit, die will ich mit meinem Außenminister auch die nächsten vier Jahre miteinander und mit ihm zusammen machen.“