Das dicke Ende kommt noch

Beiträge: 3
Zugriffe: 300 / Heute: 1
jack303:

Das dicke Ende kommt noch

 
29.10.02 10:58
Dr. Hans-Dieter Schulz, boerse.de

Das dicke Ende kommt noch

Nachdem die meisten Anleger den Deckel über ihren Depotauszügen für 2002 innerlich schon zugeklappt hatten, brachte der Oktober, wie schon so oft in der Vergangenheit, eine Trendwende. Ausschlaggebend sind dafür allerdings nicht die noch immer zu optimistischen Prognosen vieler Wirtschaftsforscher und –verbände für 2003, sondern allein markttechnische Faktoren.

Der Kurssturz seit Frühjahr sorgte beispielsweise beim DAX dafür, dass dieser in der Spitze deutlich mehr als 40 Prozent unter seinen gleitenden 200-Tage-Durchschnitt absackte – ein Extremwert, der in der Geschichte der deutschen Börse bisher nie zuvor erreicht wurde. Trotz eventuell bis Ende des Jahres steigender Kurse deutet vieles darauf hin, dass sich Anleger nach der größten Hausse aller Zeiten auch auf die schwerste Baisse aller Zeiten einrichten sollten. Damit gelten Vergleichsmaßstäbe, wie sie in der Markttechnik normalerweise angewendet werden, nur noch bedingt. Beispiele finden sich neben der Abweichung von gleitenden Durchschnitten auch bei der Volatilität (Schwankungsbreite des Marktes) oder dem Put-Call-Ratio (Verhältnis von Puts zu Calls an der Terminbörse), die auf Basis der bisher üblichen Maßstäbe zuletzt keine verwertbaren Timingsignale mehr lieferten.

Der Sparer setzt daher berechtigterweise auf Cash. Zusammen mit Spareinlagen, Festgeldkonten und Geldmarktfonds parken allein in Deutschland 1,26 Billionen Euro (gut ein Drittel des gesamten privaten Geldvermögens) zu Konditionen, die man vor kurzem noch als „mitleidserregend“ verspottet hätte. Die Jagd nach Rendite wich einem neuen Sicherheitsbestreben, das für den Aktienmarkt auf Jahre hinaus nichts Gutes verheisst.

Auf der Suche nach Anlagealternativen boomt das Geschäft mit Immobilienfonds und am zuvor verschmähten Rentenmarkt.

Immobilien und Anleihen als Heilsbringer?

Während die Sparer ihren Anlageberatern hier noch die offenen Türen einrennen, heben sich jedoch auch für diese Sektoren die ersten mahnenden Finger. In den USA lässt das rein schuldenfinanzierte Deficit Spending in den Vereinigten Staaten für die Zukunft eine Flut von neuen Bonds erwarten. Aber auch in Europa zwingen Steuerausfälle zu höheren Staatsschulden. Gerade in Deutschland wird wohl in absehbarer Zeit kein Mangel an Neuemissionen von Staatsanleihen herrschen, was sich als mächtiger Dämpfer auf die Anleihepreise auswirkt (beziehungsweise die Rendite stützt). Wer also jetzt in Renten investiert, riskiert, dass seine Zinserträge von Kursverlusten seiner Anleihe aufgefressen werden.



Technisch mustergültig drehte der Bund-Future, eine von der Deutschen Terminbörse geschaffene fiktive Anleihe mit einem 6-Prozent-Kupon und langer Restlaufzeit, an ihrem Widerstand bei 113 Punkten nach unten ab. Der Bund-Future kann als Stellvertreter für den gesamten Anleihemarkt angesehen werden. Als ausschlaggebend für den starken Kursverfall ist der Anstieg des Aktienmarktes anzusehen. Für den Dax ergibt sich nun weiterer Spielraum nach oben. Das nächste Kursziel liegt im Bereich der Abwärtstrendlinie bei 3500 Punkten. Insgesamt lässt die Lage am Aktienmarkt einen freundlichen Jahresabschluss erwarten. Bei den Anleihen ist demgegenüber weiterer Abwärtsspielraum auszumachen, so dass Anleger erst eine erneute untere Trendwende abwarten sollten, bevor sie zuschlagen.

Ganz anders verhält sich die Problematik bei den Immobilienfonds, dem zweiten Verkaufsschlager der jüngeren Vergangenheit. Wie der Bundesverband der Deutschen Investmentgesellschaften (BVI) mitteilt, konnten die offenen Immobilienfonds nicht annähernd so schnell investieren, wie die Flutwelle des Anlegergeldes über sie hereinbrach:

Allein in den 12 Monaten bis zum Juni 2002 flossen den vom BVI beobachteten 20 Fonds 14,2 Millarden Euro zu, von denen diese nur 3,3 Milliarden in Deutschland investierten. Weitere 6 Milliarden Euro gingen in ausländische Objekte ein. Die Tatsache, dass gut ein Drittel der frischen Mittel noch auf eine Verwendung warten, spricht für die Sorgfalt, mit der die Fondsmanager geeignete Objekte auswählen. Doch andererseits bremst brach liegendes Kapital die Performance, die bei den Fonds in der Vergangenheit um 6 Prozent schwankte und sich damit zukünftig nur schwer halten lassen dürfte.

Nicht nur die die Deutschen setzen auf ein Immobilieninvestment. Weltweit boomt das Geschäft mit Haus und Grund, das sich „in besonderem Maße als stabilisierendes Element für jedes ausgewogene Depot eignet“ (Eigenwerbung). Die Fondsmanager sind gezwungen, sich mit ihren sprunghaft steigenden Anlagesummen im Rücken gegenseitig auch bei zweit- und drittklassigen Objekten zu überbieten. Während sich die Vertriebsmannschaften noch freuen, sind Insider längst am grübeln: wie lässt man aus der Immobilienblase, die in den Vereinigten Staaten und Großbritannien schon deutlich weiter vorangeschritten ist, Luft heraus, ohne sie zum Platzen zu bringen?


Der Chart zeigt nur die Entwicklung der 20 vom BVI beobachteten offenen Immobilenfonds

Das Jahr 2003 könnte hier bereits die Entscheidung bringen. Das strukturelle Problem liegt in der Tatsache, dass sich Immobilienfonds zum weit überwiegenden Teil auf gewerbliche Objekte fokussieren. Im Unternehmenssektor zeichnet sich aber weder eine Trendwende bei den Insolvenzen, noch bei den Auftragseingängen ab. Selbst dann, wenn sich ein erneutes Abtauchen der Konjunktur vermeiden ließe, dürften die Leerstandsquoten bei den teuren Gewerbeimmobilien beträchtlich bleiben und viele Mietkalkulationen über den Haufen werfen.

Anleger sollten sich diese Zusammenhänge vor Augen halten. Im Gegensatz zu börsengehandelten Aktien und Anleihen besteht bei jeder Immobilie nämlich grundsätzlich ein erheblicher Bewertungsspielraum. Der Moment der Wahrheit kommt im Zweifel dann, wenn das Objekt veräußert wird. Derzeit investieren die Fonds Geld, das im Rahmen eines „Hypes“ eingesammelt wurde. Das wird sich in der künftigen Rendite niederschlagen. Zwar halten Trends bei Modeströmungen meist länger als man denkt, doch für einen Einstieg scheint es dennoch zu spät.

Fazit: Auch Wellengang in den sicheren Häfen

Der Niedergang des Aktienmarktes seit März 2000 wird in den Köpfen der Anleger noch lange nachwirken. Doch auch diejenigen, die einen weiten Bogen um die „Risikopapiere“ machen, sind vor Kursverlusten nicht gefeit. Wer momentan auf sichere Staatsanleihen setzt, dürfte auf mittlere Sicht Abstriche beim Anleihewert machen müssen. Die immer gefragteren Immobilienfonds haben angesichts des konjunkturellen Bebens ihre Bewährungsprobe noch vor sich.

Die Zeiten der einfachen und sicheren Kapitalanlage sind vorbei und kommen wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren nicht wieder. Für Anleger bieten die Kapitalmärkte zwar hervorragende Mittel, um schnell auf aktuelle Strömungen zu setzen. Doch „kaufen und liegen lassen“ ist kein probates Mittel. Das gilt leider auch für die Anlagen, die in der Vergangenheit Sicherheit versprachen.

Dr. Hans-Dieter Schulz / Lutz Mathes
Das dicke Ende kommt noch 832664
jack303:

.

 
29.10.02 10:58


Das dicke Ende kommt noch 832665nachrichten.boerse.de/marktbericht/DAX_Bund-Future.gif" style="max-width:560px" >
jack303:

..

 
29.10.02 10:59


Das dicke Ende kommt noch 832666nachrichten.boerse.de/marktbericht/dax_und_Immofonds.gif" style="max-width:560px" >
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--