Das Bezahl-Web kommt durch die Hintertür

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Das Bezahl-Web kommt durch die Hintertür

 
04.12.01 14:41
Über ein halbes Jahr, nachdem die großen Portale der Kostenlos-Kultur der Surfer den Kampf angesagt haben, kristallisieren sich neue Geschäftsmodelle für das häufig prognostizierte Pay-Web heraus. Mehrere Anbieter haben in den letzten Tagen bekannt gegeben, dass sie vom Jahr 2002 an ernst machen und einzelne Inhalte oder Dienste nur noch gegen Gebühren zugänglich machen.

Peter Würtenberger etwa, Chef von Bild.de und seit dem Frühjahr bekennender Gegner der Umsonst-Mentalität im Netz, kündigte in einem Interview an, für "exklusive" Nachrichten, Spiele, Promi-Chats und Erotik bald Geld zu verlangen. Nach der Jahreswende will zudem auch T-Online über sein Gestalt annehmendes Breitband-Portal T-Vision für Musik-Services und TV-Übertragungen die Hand aufhalten.

Etwas erfinderischer präsentiert sich Web.de. Die Karlsruher Anlaufstelle für Surfer hat gerade einen "Club" gestartet, der seinen Mitgliedern für fünf Euro im Monat Premium-Services und E-Commerce-Schnäppchen bietet. Wer zahlt, erhält 100 Megabyte Speicherplatz für den webbasierten Freemail-Dienst, eine auf 1000 Botschaften erhöhte E-Mail-Kapazität sowie eine der von Web.de verscherbelten 012012-Wunschrufnummern mit Fax und Voicebox. Erklärtes Ziel der extra gegründeten Club Service GmbH ist es, zehn Prozent der Stamm-Nutzer von Web.de innerhalb der nächsten zwei Jahre anzulocken.

Einen Zwang zur Clubmitgliedschaft werde es allerdings nicht geben, betonte ein Unternehmenssprecher gegenüber heise online. Wie die PR-Mannschaften der gesamten Konkurrenz beeilen sich auch die Karlsruher klar zu stellen: "Alles, was bislang gratis ist, wird weiterhin kostenfrei bleiben." Dieses Mantra zeigt, dass das Gratis-Web auch in Zukunft nicht ganz vom Serverboden verschwinden wird. "Wir können unsere acht Millionen Nutzer nicht schockieren", lautet die Ansage bei Web.de zu dem Tabu-Thema. Die Bezahldienste sollen allerdings vor allem im Bereich Internet-basierter Telekommunikation, in der die Karlsruher Margen zwischen 70 und 80 Prozent vergraben sehen, sukzessive ausgebaut werden.

Um den mauen Markt für Online-Werbung sowie die vor sich hin tröpfelnden E-Commerce-Einnahmen durch neue Geldquellen zu ergänzen, setzt auch Tiscali auf die viel beschworenen "Mehrwertdienste". Noch im Dezember soll ein Musikkanal seinen Dienst aufnehmen, dessen Abogebühren bei sieben Euro im Monat starten. Über ein eigenes Bezahlverfahren will der Provider aber auch sein Portal im kommenden Jahr mit gebührenpflichtigen Info- und Auskunftsangeboten bestücken.

Auf die Mobilfunk-Generation setzt auch Yahoo Deutschland. Ein spezieller SMS-Dienst, mit dem Nutzer ihre eigenen News oder Party-Tipps an Abonnenten-Gruppen versenden können, ist bislang das einzige kostenpflichtige Angebot bei dem Portal hierzulande. Den Empfängern der Nachrichten werden dabei "Credits" von ihrem vorausbezahlten Yahoo-Konto abgezogen, die aber den Gegenwert von gängigen SMS-Gebühren nicht überschreiten. Wann die bei der Mutterfirma in den USA längst eingeführten Bezahldienste für dickere E-Mailboxen, Web Hosting oder Auktionen auch nach Deutschland kommen, wusste eine Sprecherin aktuell nicht zu sagen.

Die spannende Frage ist angesichts der Pläne der Portale natürlich, ob die das Gratis-Web gewöhnten Nutzer überhaupt mitspielen. Die Marktauguren sind sich jedenfalls noch völlig uneins: Dem Forschungsinstitut Earsandeyes zufolge würden 35 Prozent der rund 1.000 Befragten 25 bis 50 Mark, 16 Prozent sogar Beträge zwischen 50 und 100 Mark monatlich für Premium Dienste ausgeben. Eine Studie des Instituts speedfacts kam im Sommer dagegen zu einem anderen Ergebnis: Nur eine Minderheit sei bereit, so die Marktforscher, ein Budget für bestimmte Services einzuplanen.

Gruß
Happy End
rhinebroker:

mal sehen, ob das so läuft...........

 
04.12.01 14:53
das hoert sich zwar gut an, fraglich ist nur ob die Kundenresonanz so gross ist. Für Web.de würde das für 6 Mio. reg. Benutzer bedeuten, dass 600.000 eventuell in den "Club" eintreten: 3 Mio € zusätzlich jeden Monat macht 36 Mio. € Umsatz mehr im Jahr. Das würde Web.de ganz schoen helfen.
Happy End:

Bezahl-Web -- Springer, geh du voran...

 
07.12.01 15:57
Im Internet kann man nach einem ungeschriebenen Gesetz der Branche nur für zwei Dinge Geld verlangen: harte Finanzinformationen und Sex. Internet-User sind demnach nicht bereit, für andere Inhalte wie Sportnachrichten oder harmlosere Unterhaltungsangebote zu zahlen. Den designierten Chef der Axel Springer Verlags AG, Mathias Döpfner, schreckt dies nicht ab, künftig für Online-Informationen und Entertainment aus dem Hause Springer Geld zu verlangen. "Wir werden mit Bild.de Inhalte im Internet kostenpflichtig machen", kündigte Döpfner an.

Der Axel Springer Verlag hat seit über fünf Jahren Millionenbeträge in die Online-Präsenz der Gruppe gesteckt, ohne dass schwarze Zahlen jemals in Sicht waren. Verschiedene Projekte wie der Regionaldienst "GO ON", mit denen sich Springer an die Spitze der deutschen Online-Medienbranche setzen wollte, scheiterten. Hoffnungen auf riesige Umsätze durch Online-Werbung oder den elektronischen Handel bewahrheiteten sich nicht. Nun versucht der Medienkonzern, das traditionelle Geschäftsmodell aus der Print-Welt in das Netz zu übertragen. Wer interessante, spannende oder nützliche Inhalte online sehen möchte, soll dafür auch zahlen.

International gibt es nur ganz wenige Online-Angebote, die den Web-Surfern so attraktiv erscheinen, dass sie bereit sind, dafür zu bezahlen. Vorzeigebeispiel ist das Web-Angebot des Wall Street Journal, das inzwischen knapp 600.000 Abonnenten gewonnen hat. Sie zahlen im Jahr 59 US-Dollar für hochwertige Wirtschaftsnachrichten. Abonnenten der Printausgabe können sich bereits für 29 US-Dollar bei www.wsj.com einloggen. Über 500.000 Online-Abonnenten konnte auch Consumer Reports Online gewinnen. Hier können Verbraucher für 24 US-Dollar im Jahr Testberichte nach dem Muster der Stiftung Warentest abrufen.

Den wenigen erfolgreichen Bezahlangeboten im Netz steht eine lange Liste von gescheiterten Versuchen entgegen, für attraktive Onlineangebote Geld zu verlangen. In den USA gaben renommierte Zeitungen wie die Washington Post oder die New York Times entsprechende Pläne wieder auf. Auch der finanzkräftige Softwaregigant Microsoft konnte nicht genügend Internet-User davon überzeugen, für den Zugriff auf den aufwendig gestalteten Dienst Slate die Kreditkarte zu zücken. Slate-Chefredakteur Michael Kinsley empfiehlt heute den Anbietern von Inhalten, sich eher am Vorbild des Privatfernsehens zu orientieren und die Dienste durch Online-Werbung zu finanzieren. Da jedoch zu viele Werbetreibende um einen zu kleinen Werbemarkt kämpfen, hilft der Ratschlag von Kinsley vielen Onlineanbietern auch nicht richtig weiter.

Der Axel Springer Verlag zählt beim Versuch, seine Web-Angebote kostenpflichtig zu machen, nun auf T-Online, den Kooperationspartner von Bild.de. Das Springer-Angebot bei T-Online soll nicht der einzige Bezahl-Bereich bei der Telekom-Tochter werden. Thomas Holtrop, der Chef von Deutschlands führendem Internet-Provider, möchte insbesondere für die TV-ähnlichen Breitband-Inhalte auf dem Portal T-Vision die Hand aufhalten. Das Bild.de-Angebot bei T-Online wird nicht nur mit "exklusive" Nachrichten, Promi-Chats und Spielen versuchen, die bisherige Zahlungsverweigerung der Internet-Anwender zu überwinden. Peter Würtenberger, Chef von Bild.de, kündigte in einem Interview an, die Kunden auch mit Erotik locken zu wollen. Und damit nähert sich Bild.de auch wieder der Branchenweisheit "Sex sells" an.
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