Aus der FTD vom 20.9.2002 www.ftd.de/daimlerchrysler
DaimlerChrysler lässt die Jüngeren ran
Von Guido Reinking, Hamburg, und Martin Kölling, Tokio
DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp hat überraschend früh den Vorstand des Autokonzerns umgebaut. Er setzt dabei vor allem auf jüngere Manager.
Am Donnerstag ernannte der Aufsichtsrat des Konzerns in Auburn Hills drei neue Vorstandsmitglieder: Vorstand für Forschung und Technologie wird Thomas Weber. Der 48-Jährige ersetzt Klaus-Dieter Vöhringer, 61, der das Unternehmen ein Jahr vor Auslaufen seines Vertrages verlässt - auf eigenen Wunsch, wie es in Stuttgart heißt. Zudem wurden Wolfgang Bernhard, 41, und Rüdiger Grube, 50, zu ordentlichen Vorständen ernannt. Beide waren stellvertretende Vorstandsmitglieder.
Damit greift Schrempp das Altersproblem des Konzernvorstands auf. Von elf Mitgliedern des Führungsgremiums waren vor der Umbildung fünf 60 Jahre oder älter. Zudem laufen acht der Verträge zum Jahresende 2003 aus, weil sie zum Zeitpunkt der Fusion gleichzeitig geschlossen worden waren. Die Verträge von Schrempp, 58, und Mercedes-Chef Jürgen Hubbert, 63, wurden vergangenes Jahr vorzeitig bis Ende 2005 verlängert. "Nach Aktienrecht kann erst ein Jahr vor Ende der Verträge über eine Verlängerung gesprochen werden", sagte ein Konzern-Insider am Donnerstag, und machte damit klar, dass erst zu Jahresbeginn mit weiteren Personalien zu rechnen sei.
Manager auf der Warte-Liste
Die Beförderung von Grube und Bernhard kommt nicht überraschend: Grube hatte sich als Leiter des Integrationsteams bei der DaimlerChrysler-Fusion einen Namen gemacht, Bernhard leitet unter Dieter Zetsche das operative Geschäft bei Chrysler und ist maßgeblich an der Sanierung der angeschlagenen US-Sparte des Konzerns beteiligt. Bernhard gilt zudem als Kandidat für Höheres im Konzern, wie die Leitung der Premiummarke Mercedes. Ein Dutzend Manager wie Bernhard habe er auf der Watch-List, hatte Schrempp wiederholt gesagt. Namen, die bisweilen nur er kennt. Einer davon ist der nun zum Forschungschef ernannte Weber.
Eine Aufsichtsrats-Entscheidung zum Einstieg bei der Mitsubishi-Nutzfahrzeugsparte Fuso will das Unternehmen erst am Freitag bekannt geben. Nach japanischen Zeitungsberichten wird DaimlerChrysler 43 Prozent und Mitsubishi Motors (MMC) 42 Prozent an der Lkw-Sparte Fuso halten, die dann selbstständig wird. Die restlichen 15 Prozent verteilen sich auf andere Firmen der Mitsubishi-Gruppe. DaimlerChrysler und die Mitsubishi-Gruppe würden gemeinsam 110 Mrd. Yen (920 Mio. Euro) zahlen. Der DaimlerChrysler-Anteil läge damit bei rund 680 Mio. Euro, rund ein Fünftel von dem, was 2000 die MMC-Beteiligung gekostet hatte.
Prämienzahlung für Fuso
In Tokio gilt das als stolzer Preis. "Wir kennen den genauen Handel noch nicht", sagte Takaki Nakanishi, Analyst von Merrill Lynch Japan. "Aber ich denke, dass DaimlerChrysler eine Art Prämie zahlt." Entscheidend für die Beurteilung des Kaufpreises wird sein, wie viel der 1300 Mrd. Yen Schulden an den Lkw-Hersteller übertragen werden. Japanischen Medienberichten zufolge soll Fuso 300 Mrd. Yen übernehmen. DaimlerChrysler bekommt mit dem Schritt maßgeblichen Einfluss auf die profitable Lkw-Sparte von MMC. Fuso hat rund ein Drittel Marktanteil in Japan und ist stark auf den Wachstumsmärkten in Südostasien, wo DaimlerChrysler bislang kaum vertreten ist.
Für Nakanishi erleichtert die getrennte Führung des Pkw- und Lkw-Geschäfts zudem die Integration der jeweiligen Teile in die Allianz und damit die Erzeugung von Synergien. Und der Bonbon: "DaimlerChrysler hat mehr Optionen" - für den Fall, dass MMCs Autogeschäft gegen die Wand fährt. "MMCs Pkw-Geschäft in Japan und den USA trägt ein gewisses Kreditrisiko", sagt Nakanishi. "Investoren dürften daher nervös über den Unternehmenswert von MMC ohne Lkw-Sparte sein. Denn Mitsubishi gilt als einer der schwächsten Pkw-Hersteller weltweit", gibt Sugiura eine weit verbreitete Meinung wieder. Für DaimlerChrysler könne das auch eine Chance sein: "Scheitert Eckrodt, kann DaimlerChrysler sich einfacher aus dem Pkw-Geschäft zurückziehen und das Lkw-Juwel behalten."
© 2002 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP