Ach Du dickes ComROAD-Ei!
Deutschland hat nun auch
seinen Enron-Skandal
»Das darf ja nicht wahr sein!« rufen entsetzt und völlig zurecht Aktionäre wie Aktionärsschützer im Chor. Da hat es ganz offensichtlich wieder ein Unternehmen aus dem Neuen Markt geschafft, über lange Zeit hinweg die Fassade der Seriosität aufrecht zu erhalten, obwohl hinter den Kulissen Betrug an der Tagesordnung war. ComROAD, so der Vorwurf, habe massiv seine Bilanzen manipuliert.
von Michael Sahr, ZDF-Börsenstudio, 11.04.2002
Charts und weitere Informationen
Quelle: Teledata / Innovative Software
So ist wohl der Umsatz im Geschäftsjahr 2001 zu 98 Prozent frei erfunden gewesen. Hinzu kommt der Verdacht auf Insidergeschäfte. Und es droht auch die Insolvenz. Es scheint, als habe Deutschland nun auch seinen Enron-Skandal. Den Verlust tragen die Aktionäre. Das Ansehen des Neuen Marktes ist bis auf weiteres wohl endgültig ramponiert.
Polizei statt Profit
Statt Kunden und Investoren besucht nun die Staatsanwaltschaft das Unternehmen in Unterschleißheim bei München. Und versucht zu ergründen, wie es einem börsennotierten Unternehmen gelang, fast den gesamten Jahresumsatz für 2001 frei erfunden zu haben.
Wie blanke Ironie muss für Anleger der Besuch der ComROAD-Website dieser Tage wirken. »Sie bestens zu informieren ist uns ein großes Anliegen« heißt es dort. Doch in Wirklichkeit hat das Unternehmen, dass sich selbst zu den »weltweit führenden Unternehmen im Bereich Verkehrstelematik« zählt, massiv Anleger und Investoren manipuliert. Wenn auch nur ein Teil der Vorwürfe stimmen, die da im Raum schweben, dann wäre das der spektakulärste Betrugs-Skandal am Neuen Markt.
Motive völlig unklar
Treibende Kraft hinter all den Manipulationen scheint Firmengründer Bodo Schnabel zu sein. Er sitzt seit Ende März wegen Verdachts auf Kursbetrug in Untersuchungshaft. Völlig offen ist bislang die Antwort, was den Ex-Vorstand für Marketing und Sales zu alledem motiviert hat. Schnabel fiel nicht durch einen übermäßig schillernden Lebensstil auf.
Charts und weitere Informationen
Quelle: Teledata / Innovative Software
Im Gegensatz zum ehemaligen EM.TV Chef Thomas Haffa etwa tauchte er weder in Hochglanzmagazinen noch als lebenslustiger Gastgeber auf schicken Yachten auf. Sein Dienstwagen war nicht Luxus. Das privat bewohnte Haus keine Villa. »Alles ganz normal« sagt der jetzige Vorstandschef Hartmut Schwamm über den Lebensstil Schnabels. War es krankhafte Lust an Hochstapelei oder doch pure Geldgier, die den Gründer von ComROAD antrieb? – Eine Frage vor allem für den zuständigen Richter.
Wirtschaftsprüfer wirken überfordert
Auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften machen im Fall ComROAD keine gute Figur. Hier ist die Parallele zum Enron-Skandal, der seit Monaten in den USA das Anlegervertrauen erschüttert, vielleicht am offensichtlichsten. Denn wieso wird Jahrelang eine Firma in Hongkong brav in den Geschäftsbüchern bilanziert, die es offenbar nie gegeben hat? Und warum haben die zuständigen Wirtschaftsprüfer bei KPMG nicht rechtzeitig den warnenden Finger gehoben?
Zur zumindest teilweisen Ehrenrettung sei gesagt: KPMG hat im März wegen Unregelmäßigkeiten in der Bilanzprüfung das Mandat bei ComROAD gekündigt. Mit diesem Schritt haben die Wirtschaftsprüfer die rechtlich maximal zulässige Maßnahme ergriffen. Eine Benachrichtigung etwa des Bundesaufsichtsamtes für Wertpapierwesen ist nach derzeitigem Rechtsstand unzulässig, weil Wirtschaftsprüfer gegenüber ihren Mandanten zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Eine Änderung dieses Rechts-Unstands, wie es KPMG nun fordert, ist also notwenig.
Vertrauensverlust für den Neuen Markt
Besonders hart dürfte der ComROAD-Skandal auch das Vertrauen der Anleger am Neuen Markt erschüttern. Ein Unternehmen, noch dazu aus dem »Elite»-Index Nemax 50, geht wegen Finanzmanipulation pleite. Wenn dieses Szenario eintrifft, dann fragen sich Anleger zu Recht: Wo soll man am neuen Markt denn dann noch investieren? Wenn schon das Listing im Nemax 50 wiederholt kein Garant für zumindest ein rechtlich einwandfrei geführtes Unternehmen ist, dann kann man sein Geld ja gleich ausgeben statt anlegen, denkt sich so mancher.
Um dies zu verhindern ist eine weitere Verschärfung des Regelwerks durch die Deutsche Börse, wie es etwa die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fordert, ein notwendiger Schritt. Das Vertrauen der Anleger in ComROAD ist bereits erschüttert. Jetzt steht das Ansehen des Neuen Marktes insgesamt auf dem Spiel.
Deutschland hat nun auch
seinen Enron-Skandal
»Das darf ja nicht wahr sein!« rufen entsetzt und völlig zurecht Aktionäre wie Aktionärsschützer im Chor. Da hat es ganz offensichtlich wieder ein Unternehmen aus dem Neuen Markt geschafft, über lange Zeit hinweg die Fassade der Seriosität aufrecht zu erhalten, obwohl hinter den Kulissen Betrug an der Tagesordnung war. ComROAD, so der Vorwurf, habe massiv seine Bilanzen manipuliert.
von Michael Sahr, ZDF-Börsenstudio, 11.04.2002
Charts und weitere Informationen
Quelle: Teledata / Innovative Software
So ist wohl der Umsatz im Geschäftsjahr 2001 zu 98 Prozent frei erfunden gewesen. Hinzu kommt der Verdacht auf Insidergeschäfte. Und es droht auch die Insolvenz. Es scheint, als habe Deutschland nun auch seinen Enron-Skandal. Den Verlust tragen die Aktionäre. Das Ansehen des Neuen Marktes ist bis auf weiteres wohl endgültig ramponiert.
Polizei statt Profit
Statt Kunden und Investoren besucht nun die Staatsanwaltschaft das Unternehmen in Unterschleißheim bei München. Und versucht zu ergründen, wie es einem börsennotierten Unternehmen gelang, fast den gesamten Jahresumsatz für 2001 frei erfunden zu haben.
Wie blanke Ironie muss für Anleger der Besuch der ComROAD-Website dieser Tage wirken. »Sie bestens zu informieren ist uns ein großes Anliegen« heißt es dort. Doch in Wirklichkeit hat das Unternehmen, dass sich selbst zu den »weltweit führenden Unternehmen im Bereich Verkehrstelematik« zählt, massiv Anleger und Investoren manipuliert. Wenn auch nur ein Teil der Vorwürfe stimmen, die da im Raum schweben, dann wäre das der spektakulärste Betrugs-Skandal am Neuen Markt.
Motive völlig unklar
Treibende Kraft hinter all den Manipulationen scheint Firmengründer Bodo Schnabel zu sein. Er sitzt seit Ende März wegen Verdachts auf Kursbetrug in Untersuchungshaft. Völlig offen ist bislang die Antwort, was den Ex-Vorstand für Marketing und Sales zu alledem motiviert hat. Schnabel fiel nicht durch einen übermäßig schillernden Lebensstil auf.
Charts und weitere Informationen
Quelle: Teledata / Innovative Software
Im Gegensatz zum ehemaligen EM.TV Chef Thomas Haffa etwa tauchte er weder in Hochglanzmagazinen noch als lebenslustiger Gastgeber auf schicken Yachten auf. Sein Dienstwagen war nicht Luxus. Das privat bewohnte Haus keine Villa. »Alles ganz normal« sagt der jetzige Vorstandschef Hartmut Schwamm über den Lebensstil Schnabels. War es krankhafte Lust an Hochstapelei oder doch pure Geldgier, die den Gründer von ComROAD antrieb? – Eine Frage vor allem für den zuständigen Richter.
Wirtschaftsprüfer wirken überfordert
Auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften machen im Fall ComROAD keine gute Figur. Hier ist die Parallele zum Enron-Skandal, der seit Monaten in den USA das Anlegervertrauen erschüttert, vielleicht am offensichtlichsten. Denn wieso wird Jahrelang eine Firma in Hongkong brav in den Geschäftsbüchern bilanziert, die es offenbar nie gegeben hat? Und warum haben die zuständigen Wirtschaftsprüfer bei KPMG nicht rechtzeitig den warnenden Finger gehoben?
Zur zumindest teilweisen Ehrenrettung sei gesagt: KPMG hat im März wegen Unregelmäßigkeiten in der Bilanzprüfung das Mandat bei ComROAD gekündigt. Mit diesem Schritt haben die Wirtschaftsprüfer die rechtlich maximal zulässige Maßnahme ergriffen. Eine Benachrichtigung etwa des Bundesaufsichtsamtes für Wertpapierwesen ist nach derzeitigem Rechtsstand unzulässig, weil Wirtschaftsprüfer gegenüber ihren Mandanten zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Eine Änderung dieses Rechts-Unstands, wie es KPMG nun fordert, ist also notwenig.
Vertrauensverlust für den Neuen Markt
Besonders hart dürfte der ComROAD-Skandal auch das Vertrauen der Anleger am Neuen Markt erschüttern. Ein Unternehmen, noch dazu aus dem »Elite»-Index Nemax 50, geht wegen Finanzmanipulation pleite. Wenn dieses Szenario eintrifft, dann fragen sich Anleger zu Recht: Wo soll man am neuen Markt denn dann noch investieren? Wenn schon das Listing im Nemax 50 wiederholt kein Garant für zumindest ein rechtlich einwandfrei geführtes Unternehmen ist, dann kann man sein Geld ja gleich ausgeben statt anlegen, denkt sich so mancher.
Um dies zu verhindern ist eine weitere Verschärfung des Regelwerks durch die Deutsche Börse, wie es etwa die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fordert, ein notwendiger Schritt. Das Vertrauen der Anleger in ComROAD ist bereits erschüttert. Jetzt steht das Ansehen des Neuen Marktes insgesamt auf dem Spiel.