Chips senden Signale der Hoffnung

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Nassie:

Chips senden Signale der Hoffnung

 
19.07.03 21:34
Die jüngsten Quartalszahlen werden als Vorboten eines Aufschwungs gedeutet. Doch nicht alle Firmen können punkten Torsten Schubert
 
Noch im Februar waren sich die Branchenbeobachter sicher: Für den Computermarkt und mit ihm die Chiphersteller und Produzenten von PC-Peripherie ist keine Besserung in Sicht. Der Markt habe entgegen den Erwartungen doch nicht die Kurve bekommen, schrieben damals die Marktforscher des IT-Experten IDC.


In der soeben abgelaufenen Woche ertönte dann erneut anhaltendes Siegesgeheul. "Die Ergebnisse des zweiten Quartals bei Intel haben die Erwartungen übertroffen", frohlockte Michael McConnell, Analyst beim Investmenthaus Pacific Crest Securities. Die Beobachter von Wedbush Morgan Securities wollten ob dieser ehrgeizigen Einschätzung nicht zurückstehen und verkündeten: "Die Märkte werden sich wieder erholen."


Oder etwa doch nicht? Tatsache ist: Das zweifellos positive Ergebnis des weltgrößten Chipherstellers Intel - der Konzern verdoppelte seinen Gewinn - macht Laune und beflügelte (zumindest kurzzeitig) die gesamte Gruppe der High Techs. Doch erstens haben sich die Bullen unter den IT-Propheten seit dem Zusammenbruch des Marktes Anfang 2000 bereits gut ein halbes Dutzend Mal geirrt. Immer wieder hatten sie die Wiederbelebung vorhergesagt und ebenso oft falsch gelegen.


Zweitens reichen heute nicht einmal mehr gute Zahlen, um eine positive Beurteilung zu erhalten. Zwar überraschte der Handyhersteller Motorola (wie auch Intel) mit einem besser als erwarteten Quartalsergebnis. Die ungewisse Zukunft veranlasste indes zwei der großen Analysehäuser, ihre Empfehlungen zurück zu nehmen.


Oder SAP, die am Donnerstag ein um sechs Prozent höheres Quartalsergebnis vermeldeten. Mit der Konsequenz, dass die SAP-Aktie um fast sieben Prozent abrutschte, weil sich Analysten wohl zu Recht mit dem Rückgang beim wichtigen Umsatzträger Software-Lizenzen um 13 Prozent unzufrieden zeigten. Genauso schlimm erwischte es den Netzwerk-Hersteller Lucent, der nach einer Gewinnwarnung zweistellig einbrach und gleich weitere Technologiewerte mit sich zog.


Völlig gespalten sind Analysten bei Infineon, die am kommenden Dienstag ihre Zahlen vorlegen. Knapp die Hälfte der Experten rät zum Kauf, jeder Vierte setzt die Aktie dagegen auf "Verkaufen". Der Münchener Chipkonzern, so die Prognose, dürfte im dritten Geschäftsquartal seinen operativen Verlust auf Grund höherer Chippreise sowie gesunkener Herstellungskosten weiter verringert haben. Die Schätzungen liegen in einer Bandbreite zwischen 84 und 181 Millionen Euro. Im Quartal zuvor waren es noch minus 223 Millionen Euro gewesen.


Was auch immer die Gemüter bewegt: Die IT-Branche setzt in jedem Fall auf eine Belebung der Nachfrage. Denn nachdem die Budgets seit Zerplatzen der High-Tech-Blase insgesamt beachtlich gesunken sind, sollen die IT-Chefs der Unternehmen jetzt wieder investieren. Eine Umfrage der US-Investmentbank Goldman Sachs bestätigt eine seit Jahresbeginn wieder langsam wachsende Investitionsbereitschaft der IT-Kunden.


Doch die Sache hat einen Haken: Nicht die großen Unternehmen werden die Lokomotive sein. Wenn überhaupt komme das Wachstum laut Gartner-Analyst Ranjit Atwal von kleinen und mittelständischen Firmen. Diese Einschätzung teilt Intels Europa-Chef Jürgen Thiel, der beobachtet hat, dass Mittelständler, die bislang nur ein bis zwei PC im Betrieb nutzten, nun in vollständige IT-Strukturen investieren.


Doch mehr als ein kleines Feuer ist wohl kaum zu erwarten. Intel selbst, deren Unternehmensentwicklung als Gradmesser für die gesamte Branche gilt, bremst allzu große Hoffnungen auf einen baldigen und nachhaltigen Aufschwung. "Wir sehen keinen Anhaltspunkte für eine spürbare Erholung bei den Ausgaben für Informationstechnologie", meint Finanzchef Andy Bryant. Eine Einschätzung, die SBFA-Analyst Hans-Joachim Pilz gern teilt. "Die meisten Firmen werden ihre Investitionsvorhaben weiterhin verschieben, solange es geht", lautet sein Urteil.


Wer zu den Gewinnern des Miniaufschwungs zählen will, muss mindestens in einem von vier Segmenten zu den Besten gehören: Er muss PC-Produzent sein, Spezialist für Schnäppchenware, Hersteller mobiler Computer oder Hersteller mobiler Telefone. Ganz vorn dabei ist in jedem Fall der Computerbauer Dell, nach dem US-Mobilfunkanbieter Nextel die weltweite Nummer zwei im Business-Week-Ranking der Top 100 der IT- Branche.


Doch Hewlett-Packard (HP) und IBM folgen dichtauf. HP richtet neben seiner Organisation auch seine Strategie neu aus. Erst vor wenigen Wochen meldete das Unternehmen, es wolle sich weltweit stärker auf das Dienstleistungsgeschäft mit Firmen konzentrieren. In eine ähnliche Richtung steuert Big Blue IBM, wo eine Mixtur aus Dienstleistung, Kostensenkung und Firmenübernahmen für deutlich bessere Ergebnisse sorgte. So kaufte IBM im August vergangenen Jahres die Beratungssparte von der Prüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers mit weltweit rund 30 000 Beratern für 3,5 Milliarden Dollar; im Dezember für 2,1 Milliarden Dollar die Softwarefirma Rational.


Der Erfolg aller in diesen Segmenten ist im Umkehrschluss gut für die Chiphersteller. Denn Kernstücke eines jeden Computers und jedes Mobiltelefons sind Prozessor- und Speicherchips. Insofern sind die mittelfristigen Chancen für Intel, Samsung und Infineon wohl doch gar nicht so schlecht.


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