China ausser Kontrolle?

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China ausser Kontrolle?

 
02.05.04 12:40
Der Bewunderung folgt die Sorge. Chinas Wirtschaft wächst zu schnell. Bekommt Peking dieses Problem nicht in den Griff, droht der Kollaps. Einen Vorgeschmack bekamen Anleger schon mal: Chinesische Aktien verloren vergangene Woche fast zehn Prozent.

Chinas Wirtschaft ist ein Monster. Es wächst hemmungslos, wird voll gestopft mit ausländischem und inländischem Kapital. Zügellos wird investiert. Allein 30 Milliarden Dollar werden in Peking in Bauprojekte rund um die Olympiade 2008 gesteckt. Projekte, die so viel Stahl verschlingen, dass der Nachschub aus dem Ausland nicht reicht und die Bautrupps auf andere Materialien ausweichen müssen. Fieberhaft wollen die Chinesen vom Monster profitieren. Ein Hersteller von Klimaanlagen und Mobiltelefonen etwa errichtet inzwischen lieber eine Autofabrik. Weil sie vermeintlich gewinnträchtiger sein wird.

Goldgräberstimmung. Doch das Monster beginnt die Gemüter zu beunruhigen. Die Stimmung vieler Börsianer hat sich dramatisch gewandelt. Noch vor kurzem huldigten sie dem Wachstumsphänomen. Jetzt wird es von vielen kritischer beurteilt, von manchen schon verdammt. Das hat durchaus Gründe: Die chinesische Regierung steht vor der schwierigen Aufgabe, die Wirtschaft zu bremsen. Eine Zinserhöhung droht. Nach einem Bericht der "South China Morning Post" vom Freitag hat die Regierung beschlossen, in den kommenden Tagen die Zinsen um ein halbes Prozentpunkt anzuheben. Offensichtlich hat sich eine Erkenntnis durchgesetzt – wächst das Monster in diesem Tempo weiter, wird es sich selbst verschlingen.

Zehn Prozent Wachstum sind nicht zwangsläufig ein Segen. Sie stehen auf wackligen Beinen. Die großen chinesischen Banken waren und sind viel zu lax bei der Vergabe von Krediten. Schätzungen zufolge sind 45 Prozent der Darlehen faul, ihre Rückzahlung also alles andere als gewiss. Die vier großen Banken des Landes gelten als praktisch insolvent, würden sie nicht durch Staatsgelder am Leben erhalten werden. Viele Mittel scheinen zudem immer mehr in fragwürdige Projekte zu fließen. Es gibt Überkapazitäten, vor allem im Bau-Bereich und bei den Aluminium-Unternehmen.

Das viele Geld schadet mehr, als es nutzt. Das Kardinalproblem sind dabei die ausufernden Kredite der heimischen Banken. China versucht alles, um das Angebot hier zu verknappen. Das Problem: Die bisherigen Maßnahmen der Notenbank, wie die dreimalige Ausweitung der Mindestreserven der Finanzhäuser, zeigten noch keine Wirkung. Wenn Peking das nicht in den Griff bekommt, läuft das Land in die Inflationsfalle. Bei 3,5 Prozent liegt die Teuerungsrate aktuell, vor einem Jahr waren es noch 0,9 Prozent. Das ist kein dramatischer Anstieg, aber ein Warnsignal.

"China muss eine Wiederholung des Schreckensszenarios der Jahre 1993/94 verhindern", sagt Asienexperte Oliver Stönner von der Commerzbank. Damals führte kräftiges Wachstum zu hoher Inflation, auf die die Notenbank mit einer drastischen Straffung der Geldpolitik reagierte. Am Ende rutschte das Land in die Deflation.

Genau hier liegt die Schwierigkeit, die die Regierung in Peking hat. Die Wirtschaft muss gebremst werden, ohne sie abzuwürgen. Schafft China das nicht, hat nicht nur das Reich der Mitte ein Problem. Denn es ist zu einer Weltwirtschaftsmacht geworden. Gemessen am Volkseinkommen, ist das Land heute das sechstreichste auf dem Globus.

Strauchelt China, werden andere mitgezogen. Sieben Prozent des weltweit geförderten Öls werden zum Beispiel dort verbraucht, 27 Prozent aller Stahlprodukte und 30 Prozent des Eisenerzes (siehe Kasten rechts). Wächst das Monster so wie bisher, ziehen die Rohstoffpreise weiter an und sorgen für Inflation. Kippt die chinesische Konjunktur dagegen, kommt es zum Kollaps bei den Rohstoffpreisen.

Und nicht nur das: Die asiatischen Nachbarn würden ebenfalls leiden, hängen doch Taiwan, Korea oder Japan mit ihren exportlastigen Wirtschaften stark vom Riesenreich ab (siehe Kasten links). China selbst würde bei einem Kollaps wohl unter einem Arbeitslosenheer zusammenbrechen. Zehn Millionen neue Arbeiter drängen Jahr für Jahr auf den Markt und wollen mit Jobs versorgt sein.

Die Börsianer sind skeptisch angesichts der Probleme. Schafft die Regierung unter Premier Wen Jiabao den Spagat? Auf sieben Prozent Wachstum wollen die Reformkommunisten China trimmen. Den Börsianern in Hongkong allerdings mangelt es derzeit an Vertrauen in die geldpolitischen Instrumente der Festland-Chinesen. China-Aktien fallen wie die Steine. Bis zu 27 Prozent rutschte der H-Aktien-Index der 36 wichtigsten China-Unternehmen seit dem Hoch Anfang 2004 ab. Zwischenzeitlich notierte der Index gar unter der psychologisch wichtigen 4000-Punkte-Grenze, so tief wie zuletzt im Dezember 2003.

Für ordentlichen Verkaufsdruck sorgte vor allem der vergangene Donnerstag. Die Bankenaufsicht CBRC soll elf großen halbstaatlichen Banken die Kreditvergabe verboten haben. Eine drastische, unorthodoxe Maßnahme. Die staatliche Stelle dementierte, dennoch waren die Börsianer erschreckt, nährte doch das Gerücht die Befürchtung, der Bankensektor sei nicht zu kontrollieren. Die angekündigte Zinserhöhung verstärkt den Eindruck. Peking scheint nun doch zum Äußersten greifen zu müssen. Bisher hatte die Regierung davor zurück geschreckt. Denn höhere Zinsen bremsen auch den Konsum. Druck kommt auch von den USA. Werden dort die Zinsen erhöht, wird China wohl folgen – schließlich hat es seine Währung an den Dollar gekoppelt. Geht es nach dem einflussreichen US-Wirtschaftsmagazin "Business Week", ist es das "wohl wichtigste Problem der Weltfinanzen in diesem Jahr", das Monster der chinesichen Wirtschaft zu bändigen. Gelingt das der Regierung in Peking, werden China-Investments wieder gefragt sein.
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