Aus der FTD vom 29.1.2002
Chefökonomen erwarten schwachen Aufschwung
Von Birgit Marschall und Christian Schütte, Berlin
Trotz der deutlichen Verbesserung des Ifo-Geschäftsklimas im Januar haben führende Volkswirte von Banken und Forschungsinstituten vor Erwartungen an einen raschen Aufschwung in Deutschland gewarnt. Die Arbeitslosigkeit werde 2002 auf hohem Niveau bleiben, lautete das Fazit einer Umfrage der Financial Times Deutschland.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex für Westdeutschland hat sich nach langer Talfahrt jetzt zum dritten Mal in Folge verbessert. Das deutet auf ein nahendes Ende der Rezession in Deutschland und bestätigt die Erwartungen, die Finanzmarktanalysten bereits seit einiger Zeit in Umfragen geäußert hatten. Da der Ifo-Index allerdings nur die Entwicklung in den nächsten Monaten vorwegnimmt, lässt sich aus den Ergebnissen noch nicht ableiten, wie stark der Aufschwung wird.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex gilt als einer der zuverlässigsten Frühindikatoren für die deutsche Konjunkturentwicklung. Gegenüber vergangenem November liegt er mit 86,3 Punkten jetzt um 1,4 Punkte höher. Deutlicher noch verbesserte sich der Teilindex, der die Geschäftsaussichten für die kommenden vier bis sechs Monate spiegelt. Er sprang von 90,9 Punkten im November auf 94,8 Punkte im Januar.
Ein Aufschwung ist nach Auffassung des Ifo nahe, wenn der Index in drei aufeinander folgenden Monaten anzieht. Auf einen Aufschwung hatten schon in den vergangenen Monaten die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befragten Analysten gesetzt.
Phase der Bodenbildung
Nach Umfrage der FTD erwarten die Ökonomen eine tatsächliche Wachstumsbeschleunigung jetzt von etwa April dieses Jahres an. "Der Abschwung ist vorbei. Wir sind jetzt in einer Phase der Bodenbildung", sagte der Chefvolkswirt der Dresdner Bank, Klaus Friedrich. "Der Schock vom 11. September ist offenbar allmählich verarbeitet", sagte Michael Hüther, Chefökonom der DGZ Dekabank. Deutschland scheine den positiven Entwicklungen in den USA mit kurzer Verzögerung zu folgen. "Wir koppeln uns nicht ab. Das ist beruhigend", so Hüther.
"Weltweit ist die große Unsicherheit über weitere terroristische Angriffe weitgehend gewichen. Die expansive Geldpolitik der USA dürfte weiterhin ihre Wirkungen zeigen. Die Läger in den USA sind weitgehend geräumt", sagte der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Horst Siebert. Auch Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, sah in den Ifo-Daten ein ermutigendes Zeichen. "Mein bisheriges Szenario einer anhaltenden Stagnation in diesem Jahr ist unwahrscheinlicher geworden", räumte Walter ein.
Über das Ausmaß des Aufschwungs im Frühjahr äußerten sich die Ökonomen jedoch verhalten. "Das Wort Aufschwung halte ich für nicht angebracht. Es ist eine Belebung der Konjunktur, die wir jetzt sehen werden", sagte Siebert: "Die Arbeitslosigkeit wird bis Jahresende 2001 nicht nennenswert sinken. Im Jahresdurchschnitt erwarten wir etwa vier Millionen Arbeitslose."
"Flacher Aufschwung"
Auch Dresdner-Bank-Chefvolkswirt Friedrich rechnet nach einer "sehr flachen Rezession" im zweiten Halbjahr 2001 jetzt mit einem "entsprechend sehr flachen Aufschwung", der im zweiten Quartal 2002 einsetze. Deutsche-Bank-Volkswirt Walter verwies auf weiterhin hohe weltwirtschaftliche Risiken: "Wir werden eine eher technische Erholung sehen, die vom Lagerzyklus getrieben ist. Es fehlt die Dynamik bei den Investitionen."
HypoVereinsbank-Chefökonom Hüfner sieht gar die Gefahr einer Rückkehr in den Abschwung. Der Wachstumssprung im zweiten Quartal werde "nur ein Strohfeuer" sein. "Ab Mitte des Jahres flacht das Wachstum wieder leicht ab", so Hüfner. In den USA werde es zu einm "Double Dip" kommen, einem zweiten Abschwung nach der Rezession 2001. Hüfner begründete dies vor allem mit erneuten Übertreibungen an der US-Börse.
Gustav-Adolf Horn vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gab sich skeptisch, was den Arbeitsmarkt betrifft. "Weil die Wirtschaftspolitik zu lange gezögert hat, geht Deutschland jetzt mit einer viel höheren Arbeitslosigkeit in die Erholung", sagt der Konjunkturexperte.
mehr gibt es auch unter : www.ftd.de/konjunktur
Chefökonomen erwarten schwachen Aufschwung
Von Birgit Marschall und Christian Schütte, Berlin
Trotz der deutlichen Verbesserung des Ifo-Geschäftsklimas im Januar haben führende Volkswirte von Banken und Forschungsinstituten vor Erwartungen an einen raschen Aufschwung in Deutschland gewarnt. Die Arbeitslosigkeit werde 2002 auf hohem Niveau bleiben, lautete das Fazit einer Umfrage der Financial Times Deutschland.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex für Westdeutschland hat sich nach langer Talfahrt jetzt zum dritten Mal in Folge verbessert. Das deutet auf ein nahendes Ende der Rezession in Deutschland und bestätigt die Erwartungen, die Finanzmarktanalysten bereits seit einiger Zeit in Umfragen geäußert hatten. Da der Ifo-Index allerdings nur die Entwicklung in den nächsten Monaten vorwegnimmt, lässt sich aus den Ergebnissen noch nicht ableiten, wie stark der Aufschwung wird.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex gilt als einer der zuverlässigsten Frühindikatoren für die deutsche Konjunkturentwicklung. Gegenüber vergangenem November liegt er mit 86,3 Punkten jetzt um 1,4 Punkte höher. Deutlicher noch verbesserte sich der Teilindex, der die Geschäftsaussichten für die kommenden vier bis sechs Monate spiegelt. Er sprang von 90,9 Punkten im November auf 94,8 Punkte im Januar.
Ein Aufschwung ist nach Auffassung des Ifo nahe, wenn der Index in drei aufeinander folgenden Monaten anzieht. Auf einen Aufschwung hatten schon in den vergangenen Monaten die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befragten Analysten gesetzt.
Phase der Bodenbildung
Nach Umfrage der FTD erwarten die Ökonomen eine tatsächliche Wachstumsbeschleunigung jetzt von etwa April dieses Jahres an. "Der Abschwung ist vorbei. Wir sind jetzt in einer Phase der Bodenbildung", sagte der Chefvolkswirt der Dresdner Bank, Klaus Friedrich. "Der Schock vom 11. September ist offenbar allmählich verarbeitet", sagte Michael Hüther, Chefökonom der DGZ Dekabank. Deutschland scheine den positiven Entwicklungen in den USA mit kurzer Verzögerung zu folgen. "Wir koppeln uns nicht ab. Das ist beruhigend", so Hüther.
"Weltweit ist die große Unsicherheit über weitere terroristische Angriffe weitgehend gewichen. Die expansive Geldpolitik der USA dürfte weiterhin ihre Wirkungen zeigen. Die Läger in den USA sind weitgehend geräumt", sagte der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Horst Siebert. Auch Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, sah in den Ifo-Daten ein ermutigendes Zeichen. "Mein bisheriges Szenario einer anhaltenden Stagnation in diesem Jahr ist unwahrscheinlicher geworden", räumte Walter ein.
Über das Ausmaß des Aufschwungs im Frühjahr äußerten sich die Ökonomen jedoch verhalten. "Das Wort Aufschwung halte ich für nicht angebracht. Es ist eine Belebung der Konjunktur, die wir jetzt sehen werden", sagte Siebert: "Die Arbeitslosigkeit wird bis Jahresende 2001 nicht nennenswert sinken. Im Jahresdurchschnitt erwarten wir etwa vier Millionen Arbeitslose."
"Flacher Aufschwung"
Auch Dresdner-Bank-Chefvolkswirt Friedrich rechnet nach einer "sehr flachen Rezession" im zweiten Halbjahr 2001 jetzt mit einem "entsprechend sehr flachen Aufschwung", der im zweiten Quartal 2002 einsetze. Deutsche-Bank-Volkswirt Walter verwies auf weiterhin hohe weltwirtschaftliche Risiken: "Wir werden eine eher technische Erholung sehen, die vom Lagerzyklus getrieben ist. Es fehlt die Dynamik bei den Investitionen."
HypoVereinsbank-Chefökonom Hüfner sieht gar die Gefahr einer Rückkehr in den Abschwung. Der Wachstumssprung im zweiten Quartal werde "nur ein Strohfeuer" sein. "Ab Mitte des Jahres flacht das Wachstum wieder leicht ab", so Hüfner. In den USA werde es zu einm "Double Dip" kommen, einem zweiten Abschwung nach der Rezession 2001. Hüfner begründete dies vor allem mit erneuten Übertreibungen an der US-Börse.
Gustav-Adolf Horn vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gab sich skeptisch, was den Arbeitsmarkt betrifft. "Weil die Wirtschaftspolitik zu lange gezögert hat, geht Deutschland jetzt mit einer viel höheren Arbeitslosigkeit in die Erholung", sagt der Konjunkturexperte.
mehr gibt es auch unter : www.ftd.de/konjunktur