ftd.de, Fr, 7.12.2001, 8:06, aktualisiert: Fr, 7.12.2001, 13:01
Chaos nach Taliban-Kapitulation
In der südafghanischen Stadt Kandahar sind nach der Kapitulation der Taliban Straßenkämpfe ausgebrochen. Der Führer der Taliban, Mullah Omar, soll aus der Stadt geflohen sein.
Einwohner berichteten dem US-Nachrichtensender CNN, in der Stadt sei Maschinengewehrfeuer zu hören. Es habe Plünderungen gegeben. Der künftige Chef der afghanischen Übergangsregierung, Hamid Karsai, hofft, dass Oppositionsgruppen in den nächsten Stunden die Stadt einnehmen und für Ordnung sorgen. Auch in anderen Landesteilen seien Kämpfe zwischen rivalisierenden Clanmilizen ausgebrochen.
Schicksal Mullah Omars ungewiss
Der Chef der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan, Mullah Mohammad Omar, hat einer Meldung der Nachrichtenagentur AIP zufolge die ehemalige Taliban-Hochburg Kandahar verlassen. "Nach der Einigung mit den Anführern und Befehlshabern der Stämme, ist Taliban-Führer Mullah Omar aus Kandahar verschwunden, und es ist nicht bekannt, wohin er gegangen ist", zitierte AIP am Freitag den früheren Mudschahedin-Befehlshaber Hadschi Baschar.
Die Talibankämpfer ergaben sich dem paschtunischen Stammesführer Mullah Nakibullah. AIP meldete, die Verteidiger der letzten Bastion der Taliban legten ihre Waffen vor Vertretern eines Ausschusses ab, der aus Stammesältesten, islamischen Gelehrten und ehemaligen Mudschahedin-Kommandeuren gebildet worden sei. Auch in der südwestlichen Provinz Helmand gaben Taliban-Kämpfer, wie mit Karsai vereinbart, ihre Waffen ab, meldete AIP. In der Stadt Spin Boldak, an der Grenze zu Pakistan ergaben sich nach einem Bericht des Fernsehsenders El Dschasira die Taliban-Kämpfer ohne Widerstand zu leisten.
Karsai will Omar vor Gericht stellen
Karsai hatte am Donnerstag mit den Taliban die Übergabe Kandahars ausgehandelt. Über das Schicksal von Taliban-Chef Omar gab es unterschiedliche Darstellungen. Die ranghohen Taliban, die Verbrechen begangen hätten, müssten vor Gericht gestellt werden, sagte Karsai der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag per Satellitentelefon aus Schahwali Kot, nördlich Kandahars. Dazu gehöre auch Omar. Der frühere Botschafter der Taliban in Pakistan, Mullah Abdul Salam Saeef sagte am Donnerstag, Omar sei ein Leben in Würde zugesichert worden. Im Fernsehsender CNN sagte Karsai, er habe lediglich den einfachen Kämpfern der Taliban Straffreiheit angeboten. Rund 1000 US-Elitesoldaten, die vor Kandahar in Stellung gegangen sind, sollen überwachen, dass keine Talibanführer unerkannt aus der Stadt entkommen.
Bin Laden in Pakistan vermutet
Im Osten des Landes meldeten Taliban-Gegner die Eroberung des Stützpunktes Tora Bora des Moslem-Extremisten Osama Bin Laden. Dabei sind sie nach eigenen Angaben auf heftige Gegenwehr gestoßen. Der Sprecher der Nordallianz, Mohammed Habeel, sagte, die Allianz habe nahezu die ganze Region und deren wichtigste Höhlen erobert. Einige Araber, darunter auch Frauen, seien gefangen genommen worden. Bin Laden habe sich in den letzten Tagen nicht in Tora Bora aufgehalten, "er ist wahrscheinlich nach Pakistan entkommen", sagte Habeel.
Es war vermutet worden, dass sich Bin Laden in der Bergfestung und den dortigen Höhlen versteckt haben könnte. Tagelang hatten die USA die Region aus der Luft angegriffen. Die USA machen Bin Laden für die Anschläge in den USA verantwortlich, bei denen am 11. September bis zu 4000 Menschen getötet worden waren.
© 2001 Financial Times Deutschland
Chaos nach Taliban-Kapitulation
In der südafghanischen Stadt Kandahar sind nach der Kapitulation der Taliban Straßenkämpfe ausgebrochen. Der Führer der Taliban, Mullah Omar, soll aus der Stadt geflohen sein.
Einwohner berichteten dem US-Nachrichtensender CNN, in der Stadt sei Maschinengewehrfeuer zu hören. Es habe Plünderungen gegeben. Der künftige Chef der afghanischen Übergangsregierung, Hamid Karsai, hofft, dass Oppositionsgruppen in den nächsten Stunden die Stadt einnehmen und für Ordnung sorgen. Auch in anderen Landesteilen seien Kämpfe zwischen rivalisierenden Clanmilizen ausgebrochen.
Schicksal Mullah Omars ungewiss
Der Chef der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan, Mullah Mohammad Omar, hat einer Meldung der Nachrichtenagentur AIP zufolge die ehemalige Taliban-Hochburg Kandahar verlassen. "Nach der Einigung mit den Anführern und Befehlshabern der Stämme, ist Taliban-Führer Mullah Omar aus Kandahar verschwunden, und es ist nicht bekannt, wohin er gegangen ist", zitierte AIP am Freitag den früheren Mudschahedin-Befehlshaber Hadschi Baschar.
Die Talibankämpfer ergaben sich dem paschtunischen Stammesführer Mullah Nakibullah. AIP meldete, die Verteidiger der letzten Bastion der Taliban legten ihre Waffen vor Vertretern eines Ausschusses ab, der aus Stammesältesten, islamischen Gelehrten und ehemaligen Mudschahedin-Kommandeuren gebildet worden sei. Auch in der südwestlichen Provinz Helmand gaben Taliban-Kämpfer, wie mit Karsai vereinbart, ihre Waffen ab, meldete AIP. In der Stadt Spin Boldak, an der Grenze zu Pakistan ergaben sich nach einem Bericht des Fernsehsenders El Dschasira die Taliban-Kämpfer ohne Widerstand zu leisten.
Karsai will Omar vor Gericht stellen
Karsai hatte am Donnerstag mit den Taliban die Übergabe Kandahars ausgehandelt. Über das Schicksal von Taliban-Chef Omar gab es unterschiedliche Darstellungen. Die ranghohen Taliban, die Verbrechen begangen hätten, müssten vor Gericht gestellt werden, sagte Karsai der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag per Satellitentelefon aus Schahwali Kot, nördlich Kandahars. Dazu gehöre auch Omar. Der frühere Botschafter der Taliban in Pakistan, Mullah Abdul Salam Saeef sagte am Donnerstag, Omar sei ein Leben in Würde zugesichert worden. Im Fernsehsender CNN sagte Karsai, er habe lediglich den einfachen Kämpfern der Taliban Straffreiheit angeboten. Rund 1000 US-Elitesoldaten, die vor Kandahar in Stellung gegangen sind, sollen überwachen, dass keine Talibanführer unerkannt aus der Stadt entkommen.
Bin Laden in Pakistan vermutet
Im Osten des Landes meldeten Taliban-Gegner die Eroberung des Stützpunktes Tora Bora des Moslem-Extremisten Osama Bin Laden. Dabei sind sie nach eigenen Angaben auf heftige Gegenwehr gestoßen. Der Sprecher der Nordallianz, Mohammed Habeel, sagte, die Allianz habe nahezu die ganze Region und deren wichtigste Höhlen erobert. Einige Araber, darunter auch Frauen, seien gefangen genommen worden. Bin Laden habe sich in den letzten Tagen nicht in Tora Bora aufgehalten, "er ist wahrscheinlich nach Pakistan entkommen", sagte Habeel.
Es war vermutet worden, dass sich Bin Laden in der Bergfestung und den dortigen Höhlen versteckt haben könnte. Tagelang hatten die USA die Region aus der Luft angegriffen. Die USA machen Bin Laden für die Anschläge in den USA verantwortlich, bei denen am 11. September bis zu 4000 Menschen getötet worden waren.
© 2001 Financial Times Deutschland