Chaos bei Schill

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vega2000:

Chaos bei Schill

 
21.01.02 21:53

SCHILL-PARTEI
Kamikaze-Kurs der Chaos-Kombo


Mit lautstarken Parolen und vollmundigen Versprechungen empfahl sich Ronald Barnabas Schill den Hamburgern als Reform-Politiker. Vier Monate nach der Bürgerschaftswahl versinkt die von ihm gegründete Partei jedoch in Chaos, Filz und politischer Desorientierung.

Hamburg - Die Stadt sicherer machen und Schluss mit Filz und Vetternwirtschaft -im Wahlkampf zur Hamburger Bürgerschaftswahl verkündeten Ronald Barnabas und seine Partei Rechtsstaatlicher Offensive lautstark den Wechsel. Doch seine Partei, die aus dem Stand immerhin auf 19,4 Prozent kam, gibt 80 Tage nach der Regierungsübernahme ein mehr als klägliches Bild ab. Die bisherige Polit-Performance des Rechtsaußen - eine Serie aus Pleiten, Pech und Pannen.

Gerade die Schill-Partei, die der bislang regierenden SPD unsaubere Mauscheleien bei der Vergabe wichtiger Posten vorgehalten hatte, kommt aus dem Gerede nicht mehr heraus.

Jüngstes Beispiel: Hamburgs neuer Bausenator Mario Mettbach. Der verheiratete 49-Jährige stellte seine Geliebte, die 26-jährige Claudia Häde, in der vergangenen Woche als persönliche Referentin vor und sorgte damit für Stürme der Entrüstung in der Hansestadt. Die Opposition spricht von "Filz in Reinkultur", die "Bild"-Zeitung titelt unter Anspielung auf den Fernsehmehrteiler von Dieter Wedel: "Schlimmer als bei den Semmelings".

Von Beust bedrängt Mettbach

Aus Sicht der SPD ist die Personalentscheidung Mettbachs "politisch pikant und unsauber". Sie beantragte, die Vorzimmerliebe des Bau-Senators in dieser Woche in der Bürgerschaft zu diskutieren. Inzwischen schaltete sich auch Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ein. "Hätte Herr Mettbach mich rechtzeitig gefragt, hätte ich ihm von der Entscheidung abgeraten", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Mit Filz habe "die Angelegenheit" aber nichts zu tun. Er gehe davon aus, "dass eine Lösung gefunden wird, die allen Beteiligten und der Situation gerecht wird". Mettbach scheint von Beust Folge leisten zu wollen: "Wenn der Bürgermeister das verlangt, werde ich mich deswegen mit ihm nicht überwerfen." Am Freitag hatte er noch festgestellt, das die Berufung völlig in Ordnung sei.

Mit Sicherheit Filz?

Der Fall Mettbach ist kein Einzelfall. Schill selbst musste sich im Herbst gegen Filzvorwürfe wehren, als seine damalige langjährige Lebensgefährtin, Katrin Freund, zur Staatsrätin in der Schulbehörde gemacht werden sollte. Erst nach aufgebrachten Protesten der Oppositionsparteien und Negativ-Berichten in der heimischen Presse verzichtete Freund, die inzwischen von Schill getrennt ist, auf ihre Bewerbung.

Für Unmut sorgte auch die Berufung des Vizechefs der Schill-Fraktion in der Bürgerschaft, Dirk Nockemann, zum Büroleiter Schills in der Innenbehörde. Posten- und Gehaltsschieberei, die bislang den Sozialdemokraten angelastet wurden - in der Schill-Partei scheinen sie gang und gäbe zu sein.

Schützenhilfe erhalten die Schillianer, die vehement die Selbstbedienungsmentalität der politischen Riege an der Elbe gegeißelt hatten, dabei nur vereinzelt vom Koalitionspartner. So monierte kürzlich ein CDU-Mitglied die "inflationäre Verwendung des Wortes Filz".

Unterdessen sorgt Parteichef Schill auch bundesweit für Wirbel. Wie einer Posse mutet der derzeitige Streit über eine angebliche Kooperation mit der CSU auf Bundesebene an. Der als "Richter Gnadenlos" bekannt gewordene Parteigründer behauptet, Teile der CSU drängten seine Partei Rechtsstaatlicher Offensive, an der Bundestagswahl teilzunehmen.

Ein hochrangiger Funktionär der Christsozialen sei aus diesem Grunde bei ihm gewesen, berichtete Schill kürzlich geheimnisvoll. Den Namen des Kontaktmannes aus Bayern wolle er aber lieber nicht nennen.

CSU-Generalsekretär Thomas Goppel bezeichnet die Äußerungen des Hamburger Senators dagegen als "Wunschgemälde". Die Äußerungen Schills also pure Wichtigtuerei? Wenn man Goppel glauben darf, ja. Es gebe, unterstreicht dieser, kein Koalitionsangebot an die Schill-Partei.

LKA-Chef nimmt seinen Hut

Eine weitere Niederlage musste Innensenator Schill vor einigen Tagen einstecken, diesmal in seiner eigenen Behörde. LKA-Chef Gerhard Müller nahm verärgert seinen Hut. Der Grund für den abrupten Abgang waren massive Differenzen mit Senator Schill.

Das Fass zum Überlaufen brachte dabei für Müller offenbar die Weisung des Senators, nach dem Tod eines Drogendealers, die Brechmitteleinsätze gegen Dealer unvermindert fortzusetzen. Auch wenn das härtere Vorgehen gegen die heimische Drogenszene von Amtsvorgänger Olaf Scholz (SPD) beschlossen worden war - der Tod des Afrikaners warf dennoch ein schlechtes Licht auf die Schill-Behörde.

Und auch sonst ist Schills Bilanz nach vier Monaten im Amt des Innensenators mager. Der Senator, der sich im Wahlkampf gerne als Retter der Stadt gerierte und den Bürgern mehr Innere Sicherheit versprach, versucht zurzeit den Hamburger Verkehr in den Griff zu kriegen. Immerhin, auf zwei Neuerungen kann der Senator schon verweisen: Neben der Ausdünnung des Schilderwaldes sollen Rechtsabbieger an Ampeln künftig auch einen grünen Pfeil erhalten.

Mickrige Realität

Von den im Wahlkampf großspurig angekündigten 2000 zusätzlichen Polizisten und der Halbierung der Kriminalität in hundert Tagen ist dagegen nichts übrig geblieben. Die Realität nimmt sich geradezu mickrig aus: Künftig sollen 20 Beamte aus Bayern ihren Kollegen an der Elbe unter die Arme greifen, die sich - dank Schills erster Amtshandlung - immerhin bald in einer schönen neuen Uniform präsentieren können.

Die "Hamburger Morgenpost", die Schill wegen seiner harten Urteile am Amtsgericht den Namen "Richter Gnadenlos" verpasst hatte, hat den politischen Newcomer wegen seiner Stolpertour in den ersten vier Monaten als Innensenator schon umbenannt - in "Senator planlos".
Quelle: Der Spiegel

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brudini:

Wieder eine Partei, die nur aus Luft besteht

 
21.01.02 21:56
Scheint so zu laufen, wie bei der Statt-Partei, AfB usw..
In ein paar Jahren spricht keiner mehr von Schill.
J.R. Ewing:

Die Demontage Schills hat begonnen!

 
21.01.02 22:21
Daß der linke "Spiegel" der Schill Partei nichts Positives abzugewinnen vermag, kann nicht überraschen. Insoweit ist die Berichterstattung des Blattes mit Vorsicht zu genießen. Geradezu lächerlich ist es, dem Hamburger Senat vorzuhalten, er habe nach 80 Tagen! noch nichts wesentliches erreicht. Nach jahrzehntelanger SPD-Herrschaft lassen sich eingefahrene Strukturen und rote Seilschaften vor allem in der Verwaltung nicht über Nacht überwinden.

Das eigentliche Problem der Schill Partei ist weniger die "Vetternwirtschaft" - daß politische Entscheidungsträger versuchen, Helfer um sich zu scharen, denen sie vertrauen können, ist nachvollziehbar und nicht per se verwerflich - sondern die mangelnde Kompetenz des Personals sowie das Fehlen einer durchdachten Programatik.

Die Demontage Schills hat jedenfalls begonnen. In Kürze wird ein Buch über den politischen Werdegang Schills veröffentlicht, geschrieben von Holger Stürenburg, einem früheren Weggefährten Schills. Auch über den bewegten Lebenswandel Schills, der außerhalb Hamburgs nur wenig bekannt ist, dürften alsbald interessante Neuigkeiten in der Presse zu finden sein.

J.R.
SchwarzerLor.:

Medien"demokratie"

 
21.01.02 23:58
Dank der Einflußnahme unserer sehr kompetenten Bundestagsparteien, denen wir allesamt einen Berg von Schulden, ungelöste Probleme jeglicher Art verdanken, wird jede politische Bewegung sofort zerschossen. Das ist wares "Semmeling", aber nicht von der PRO, sondern von den machtvergessenen großen Parteien. Man schaue sich nur das Geschacher um den Posten des ZDF-Intendanten an, da weiß man, was Filz wirklich bedeutet, wo er ist und was er kostet. Danke, meine Herren. Aber die Erosion der Machtvergessenen läßt sich nicht aufhalten...
DarkKnight:

Der Student geht solange zur Mensa, bis er bricht

 
22.01.02 00:03
Alte Weisheit.

Neuer Wein in alten Schläuchen: schlecht.

Wer ist schon dieser Schill? Eine arrogante Nordfresse, die bundesweit ohnehin keine Chance hat, weil alleine schon in Bayern jeder durchfällt, der der dt. Sprache mächtig ist.

Aber was den Intendanten angeht: der hat ultimative Programmkompetenz und ist damit Meinungsmacher. Mehr als die Bildzeitung. Hier keinen Filz und keine Einflußnahme zu erwarten, ist m. E. mehr als naiv.

Das ist die Bastion künftiger Wahlerfolge.  
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