Bulle und Bär
Gewinne nicht zu verhindern
Reich werden war immer ein Problem. Heute ist arm werden ein Problem. Zugespitzt formuliert: Man findet einfach keine Verlustinvestments. Im vergangenen Jahr rutschte der Anleger mit keiner wichtigen Anlageform in die Miesen. Einige Aktiensegmente spülten sogar hohe zweistellige Renditen in die Kassen. Das Börsenjahr 2005 war einfach sensationell – ein Ausnahmejahr.
FRANKFURT. Der Boom reicht über die klassischen börsennotierten Wertpapierformen hinaus. Praktisch alle Investments bringen Gewinn, was der historischen Erfahrung und dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Das Geld scheint im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße zu liegen. Langfinger sacken Gullydeckel ein. Die Deckel lassen sich dank der explodierenden Metallpreise lohnend an Schrotthändler verhökern. Aus dem gleichen Grund werden kilometerweise Leitplanken und ganze Eisenbahnen geklaut.
Ein weltweiter Run hat eingesetzt auf alles, was überhaupt kaufbar ist – teilweise mit bizarren Folgen. So meinte jetzt ein Ökonom des hier zu Lande kaum bekannten Analysehauses Gavekal: Noch nie war reich sein so kostspielig wie heute. Im mondänen St. Moritz werden für Immobilien in Innenstadtlagen inzwischen horrende Preise gezahlt. Nur noch Milliardäre wie der indische Stahl-Tycoon Lakshmi Mittal können dort zugreifen. Auch der Kunstmarkt spielt verrückt. Die Leute sind irre, beschreiben Marktkenner die Lage. Hysterische Käufer und ausrastende Künstler beherrschen die Szene. Für zeitgenössische Objekte werden teilweise astronomische Summen auf den Tisch gelegt. Ein Glück, wenn der Schaffende sein Werk vollenden kann, bevor es ihm ein Kunsthungriger aus den Händen reißt. Es scheint, als habe der Markt jede Bodenhaftung verloren.
Vieles erinnert an Exzesse wie bei Tech-Aktien zu Zeiten der New Economy Ende der 90er-Jahre oder die japanische Aktienblase Ende der 80er-Jahre. Dem Hype folgte immer ein Kollaps. Es gibt allerdings einen Unterschied: Früher war die Spekulation auf bestimmte Bereiche beschränkt, heute ist sie allumfassend. Wenn Kurse und Preise in breitem Umfang steigen, heißt das: Die Welt ist vollgepumpt mit Liquidität. Es ist viel Geld im Umlauf, das nach Anlagen sucht – vielleicht zu viel Geld. Querdenker wie der angesehene Vermögensverwalter Marc Faber in Hongkong ergänzen diesen Gedanken um eine weitere Idee. Viele Objekte, deren Wert man in Geldeinheiten bemisst, sind nicht beliebig vermehrbar. Das gilt für gute Immobilien, Kunst, auch für Rohstoffe.
Langfristig sollte deshalb der Wert nicht beliebig vermehrbarer Objekte relativ zu vermehrbaren wie insbesondere Papiergeld steigen. Das kann man jetzt schon nachrechnen: Für 1 500 Dollar bekam man vor drei Jahren eine Tonne Kupfer, heute nur noch 300 Kilo.
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 24. Februar 2006, 07:00 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Gewinne nicht zu verhindern
Reich werden war immer ein Problem. Heute ist arm werden ein Problem. Zugespitzt formuliert: Man findet einfach keine Verlustinvestments. Im vergangenen Jahr rutschte der Anleger mit keiner wichtigen Anlageform in die Miesen. Einige Aktiensegmente spülten sogar hohe zweistellige Renditen in die Kassen. Das Börsenjahr 2005 war einfach sensationell – ein Ausnahmejahr.
FRANKFURT. Der Boom reicht über die klassischen börsennotierten Wertpapierformen hinaus. Praktisch alle Investments bringen Gewinn, was der historischen Erfahrung und dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Das Geld scheint im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße zu liegen. Langfinger sacken Gullydeckel ein. Die Deckel lassen sich dank der explodierenden Metallpreise lohnend an Schrotthändler verhökern. Aus dem gleichen Grund werden kilometerweise Leitplanken und ganze Eisenbahnen geklaut.
Ein weltweiter Run hat eingesetzt auf alles, was überhaupt kaufbar ist – teilweise mit bizarren Folgen. So meinte jetzt ein Ökonom des hier zu Lande kaum bekannten Analysehauses Gavekal: Noch nie war reich sein so kostspielig wie heute. Im mondänen St. Moritz werden für Immobilien in Innenstadtlagen inzwischen horrende Preise gezahlt. Nur noch Milliardäre wie der indische Stahl-Tycoon Lakshmi Mittal können dort zugreifen. Auch der Kunstmarkt spielt verrückt. Die Leute sind irre, beschreiben Marktkenner die Lage. Hysterische Käufer und ausrastende Künstler beherrschen die Szene. Für zeitgenössische Objekte werden teilweise astronomische Summen auf den Tisch gelegt. Ein Glück, wenn der Schaffende sein Werk vollenden kann, bevor es ihm ein Kunsthungriger aus den Händen reißt. Es scheint, als habe der Markt jede Bodenhaftung verloren.
Vieles erinnert an Exzesse wie bei Tech-Aktien zu Zeiten der New Economy Ende der 90er-Jahre oder die japanische Aktienblase Ende der 80er-Jahre. Dem Hype folgte immer ein Kollaps. Es gibt allerdings einen Unterschied: Früher war die Spekulation auf bestimmte Bereiche beschränkt, heute ist sie allumfassend. Wenn Kurse und Preise in breitem Umfang steigen, heißt das: Die Welt ist vollgepumpt mit Liquidität. Es ist viel Geld im Umlauf, das nach Anlagen sucht – vielleicht zu viel Geld. Querdenker wie der angesehene Vermögensverwalter Marc Faber in Hongkong ergänzen diesen Gedanken um eine weitere Idee. Viele Objekte, deren Wert man in Geldeinheiten bemisst, sind nicht beliebig vermehrbar. Das gilt für gute Immobilien, Kunst, auch für Rohstoffe.
Langfristig sollte deshalb der Wert nicht beliebig vermehrbarer Objekte relativ zu vermehrbaren wie insbesondere Papiergeld steigen. Das kann man jetzt schon nachrechnen: Für 1 500 Dollar bekam man vor drei Jahren eine Tonne Kupfer, heute nur noch 300 Kilo.
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 24. Februar 2006, 07:00 Uhr
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Der Einsame Samariter