Bürokraten schlimmer als Schwarzarbeiter

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Nassie:

Bürokraten schlimmer als Schwarzarbeiter

 
26.01.03 13:19

Erich Klaus Schäfer hat sich als Unternehmensberater in Mannheim auf Kleinunternehmen und Existenzgründer spezialisiert. Vor allem die Anfänger werden mit Anmeldungsprozeduren belastet: Beim Finanzamt, bei den Gewerbeämtern der Kommunen, bei Kammern und für das Handelsregister sind Formulare einzureichen. Eine große Erleichterung wäre es Schäfer zufolge, wenn ein Formular nur bei einer Behörde abgegeben würde, die es dann an die anderen weitergäbe.

Sobald ein Betrieb Arbeitnehmer hat, nimmt der Aufwand wüste Formen an: Finanzamt, Krankenkasse, Arbeitsamt, Berufsgenossenschaft, Bundesforschungsanstalt – „jeder kommt mit eigenen Erhebungs- oder Meldungsvordrucken“, sagt Schäfer. Stattdessen schlägt er vor, die Summe an Steuern und Abgaben komplett an ein Amt zu zahlen, von wo es weiter verteilt würde. Womöglich nach dem Vorbild der Bundesknappschaft, die bislang schon die Steuern und Abgaben bei Minijobs zentral kassiert und dann an das Finanzamt und die Sozialkassen verteilt.

Michael Dankerl hat eine Baufirma in Bayern, unweit der tschechischen Grenze. Alle zwei bis drei Wochen hat er auf seinen Baustellen Prüfer der Gewerbeaufsicht und der Bauberufsgenossenschaft. Es kommt vor, dass vormittags ein Mann der Gewerbeaufsicht und ein paar Stunden später jemand von der Genossenschaft auftaucht. „Die haben zu viel Personal und müssen sich ja irgendwie beschäftigen“, erklärt sich Dankerl den Eifer. Die Beiträge zur Berufsgenossenschaft hätten sich in den letzten Jahren verdreifacht. Auch Dankerl beklagt den Schreibaufwand für alle möglichen Stellen und Überwachungseinrichtungen. „Und auf der anderen Seite kriegen sie die Schwarzarbeit auf dem Bau nicht in den Griff.“ Vor der Konkurrenz aus der tschechischen Nachbarschaft hat er keine Angst: „Die Bürokraten sind viel schlimmer. “


Nassie:

CD-Rom statt Bankkredit

 
26.01.03 13:22

Silke Röbke ist Jungunternehmerin. Vor zwei Monaten hat sie das Uhren- und Schmuckgeschäft ihres Vaters in Rostock übernommen. Und das war gar nicht so einfach. Frau Röbke ist zwar „Betriebswirtin des Handwerks", aber keine Uhrmachermeisterin – deshalb wurde ihr im Herbst 2001 von der Handwerkskammer verboten, den Betrieb des Vaters zu übernehmen. Daraufhin beantragt der Vater eine Ausnahme zur Eintragung in die Handwerksrolle. Das klappt, wenn auch nur befristet. Für die Übernahme braucht Röbke Geld. Das Landesförderinstitut teilt ihr mit, bei einer Betriebsübernahme durch Familienmitglieder ersten Grades sei eine Förderung nicht möglich. Dieselbe Auskunft beim Arbeitsamt. Bei der Hausbank bemüht sich Röbke derweil um einen Kredit über 120 000 Euro. Im Juli gibt es einen negativen Bescheid der Bank, Ende August bekommt Röbke endlich einen Termin beim Kundenberater der Bank: Sie sei nicht kreditwürdig, auch der Bank gehe es schlecht. Im September vermittelt die Rostocker IHK Frau Röbke einen Gesprächspartner bei der Sparkasse – einen Monat später kommt eine Absage. Beim Arbeitsamt bemüht sie sich um Überbrückungsgeld für Existenzgründer. Das Amt schickt sie zur landeseigenen „Gesellschaft für Strukturentwicklung und Beschäftigung". Dort wird sie gut beraten und erhält eine CD-Rom: „Wie erstelle ich ein behördentaugliches Unternehmenskonzept?"

Bei der Hausbank will Röbke im Dezember ein Geschäftskonto einrichten, aber weil sie dort keinen Kredit bekommt, darf sie auch kein Geschäftskonto einrichten. Das erlaubt dann die Volksbank. Im Januar kommt ein Schreiben vom Arbeitsamt: Sie muss noch ein Formular ausfüllen zur „versicherungsrechtlichen Beurteilung von Beschäftigung zwischen Angehörigen". Das Geschäft hat Röbke inzwischen übernommen, finanziert mit einem Familienkredit, den sie in den kommenden zehn Jahren zurückzahlt.
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