Kommentar:
Bündnis der Bedrängten
Von Christopher Kalbhenn
Im Konsolidierungsprozess der europäischen Börsenlandschaft scheint es keine Pause zu geben. Nur wenige Tage nachdem Euronext als Sieger aus dem Übernahmekampf um die Liffe hervorgegangen ist, bahnt sich ein weiterer Konsolidierungsschritt an, wenn auch ein kleinerer. Nasdaq Europe und die Berliner Börse, an der sämtliche Nasdaq-Werte gelistet sind, planen eine Kooperation. Ferner will sich der Online-Broker Consors über die Berliner Effektengesellschaft, die führende Maklergesellschaft an der Berliner Börse, an Nasdaq Europe beteiligen. Damit schlägt der Online-Broker mit seinen Plänen, die Berliner Börse zur Leitbörse für Privatanleger auszubauen, von denen schon seit langem nichts mehr zu hören war, eine neue Richtung ein.
Über die Strukturen und Modalitäten einer Kooperation der Berliner Börse mit der Nasdaq Europe kann mangels Details nur spekuliert werden. Erkennbar ist allerdings die Motivation: Was sich da anbahnt, ist ein Bündnis der Bedrängten. So gerät die Berliner Börse, wie die übrigen Regionalbörsen, zunehmend unter Druck. Grund sind die stetigen Marktanteilsgewinne der Deutschen Börse bzw. des Xetra-Systems. Es übernimmt zunehmend in Bereichen die Marktführung, in denen die Regionalbörsen eigentlich Nischen zu finden hofften. Eine Nische, in der sich die Berliner Börse profilieren will, ist der Handel mit US-Aktien. Der Anfangserfolg des US-Segments auf Xetra muss für Berlin ein Schock sein. In wenigen Wochen hat sich der Xetra-Marktanteil in den 200 Top-US-Werten des Segments von 5 % auf 40 % erhöht.
Für die Nasdaq Europe wird die Lage ebenfalls ungemütlich, auch wenn sie mit Consors nun den ersten deutschen Partner gewonnen hat. Die Börse konnte in Europa noch nicht Fuß fassen, die Umsätze sind minimal. Die europäische Infrastruktur muss erst noch mit sehr hohem Aufwand aufgebaut werden, während die Deutsche Börse bereits mit einem leistungsfähigen und weit verzweigten Netz präsent ist.
Die Nasdaq verfolgt in Europa drei Ziele. So soll eine Plattform für den grenzüberschreitenden europäischen Aktienhandel inklusive zentraler Gegenpartei aufgebaut werden. Ferner will sich die Börse ein gehöriges Stück des europäischen IPO-Kuchens abschneiden. Schließlich soll Nasdaq Europe als eine Art US-Vorbörse fungieren und die US-Aktienliquidität Europas bündeln. Die Erfolge des Xetra-US-Segments müssen die Nasdaq beunruhigen. Erreicht die Deutsche Börse ihr Ziel, Xetra zur führenden Plattform Europas für US- und andere internationale Aktien zu machen, bleibt für die Nasdaq nicht mehr viel übrig. Mit Nasdaq Europe und Berliner Börse gehen zwei Organisationen auf einander zu, für die es eng wird.
Börsen-Zeitung, 3.11.2001
Bündnis der Bedrängten
Von Christopher Kalbhenn
Im Konsolidierungsprozess der europäischen Börsenlandschaft scheint es keine Pause zu geben. Nur wenige Tage nachdem Euronext als Sieger aus dem Übernahmekampf um die Liffe hervorgegangen ist, bahnt sich ein weiterer Konsolidierungsschritt an, wenn auch ein kleinerer. Nasdaq Europe und die Berliner Börse, an der sämtliche Nasdaq-Werte gelistet sind, planen eine Kooperation. Ferner will sich der Online-Broker Consors über die Berliner Effektengesellschaft, die führende Maklergesellschaft an der Berliner Börse, an Nasdaq Europe beteiligen. Damit schlägt der Online-Broker mit seinen Plänen, die Berliner Börse zur Leitbörse für Privatanleger auszubauen, von denen schon seit langem nichts mehr zu hören war, eine neue Richtung ein.
Über die Strukturen und Modalitäten einer Kooperation der Berliner Börse mit der Nasdaq Europe kann mangels Details nur spekuliert werden. Erkennbar ist allerdings die Motivation: Was sich da anbahnt, ist ein Bündnis der Bedrängten. So gerät die Berliner Börse, wie die übrigen Regionalbörsen, zunehmend unter Druck. Grund sind die stetigen Marktanteilsgewinne der Deutschen Börse bzw. des Xetra-Systems. Es übernimmt zunehmend in Bereichen die Marktführung, in denen die Regionalbörsen eigentlich Nischen zu finden hofften. Eine Nische, in der sich die Berliner Börse profilieren will, ist der Handel mit US-Aktien. Der Anfangserfolg des US-Segments auf Xetra muss für Berlin ein Schock sein. In wenigen Wochen hat sich der Xetra-Marktanteil in den 200 Top-US-Werten des Segments von 5 % auf 40 % erhöht.
Für die Nasdaq Europe wird die Lage ebenfalls ungemütlich, auch wenn sie mit Consors nun den ersten deutschen Partner gewonnen hat. Die Börse konnte in Europa noch nicht Fuß fassen, die Umsätze sind minimal. Die europäische Infrastruktur muss erst noch mit sehr hohem Aufwand aufgebaut werden, während die Deutsche Börse bereits mit einem leistungsfähigen und weit verzweigten Netz präsent ist.
Die Nasdaq verfolgt in Europa drei Ziele. So soll eine Plattform für den grenzüberschreitenden europäischen Aktienhandel inklusive zentraler Gegenpartei aufgebaut werden. Ferner will sich die Börse ein gehöriges Stück des europäischen IPO-Kuchens abschneiden. Schließlich soll Nasdaq Europe als eine Art US-Vorbörse fungieren und die US-Aktienliquidität Europas bündeln. Die Erfolge des Xetra-US-Segments müssen die Nasdaq beunruhigen. Erreicht die Deutsche Börse ihr Ziel, Xetra zur führenden Plattform Europas für US- und andere internationale Aktien zu machen, bleibt für die Nasdaq nicht mehr viel übrig. Mit Nasdaq Europe und Berliner Börse gehen zwei Organisationen auf einander zu, für die es eng wird.
Börsen-Zeitung, 3.11.2001