Montag, 27.11.2000, 12:33
PERFORMAXX-BIOTECH-KOLUMNE: BSE - Marktpotenzial für Biotech-Methoden
MÜNCHEN (Performaxx) - In jüngster Zeit ist das Thema BSE eins der meist diskutierten. Hinter dem Begriff BSE verbirgt sich der wissenschaftliche Ausdruck Bovine spongiforme Enzephalitis, besser bekannt als Rinderwahnsinn. Zum ersten Mal wurden BSE-Fälle bei Rindern im Jahre 1984 in England beobachtet, die Bilder von taumelnden Kühen gingen um die Welt. 16 Jahre später erschüttert Frankreich die Verbraucher mit den jüngsten BSE Meldungen.
Insgesamt 99 Fälle von Rinderwahnsinn sind seit Jahresbeginn offiziell registriert. Frankreich hat seit 1990 die Verfütterung von Tiermehl an Rindern untersagt, seit 1994 ist das Verbot in der gesamten EU rechtskräftig. In der letzten Wochen hat Frankreich weitere Maßnahmen ergriffen und ein generelles Verbot von Tiermehl an Nutztieren angeordnet, das vor allem die Verabreichung bei Geflügel, Schweinen und Fischen betrifft. Die Verfütterung von Tiermehl gilt bei Tieren als Auslöser von BSE. Italien hat ebenfalls reagiert und Rindfleisch von der Speisekarte der Schulkantinen gestrichen.
Die Bundesregierung ist derzeit dabei ein generelles Verbot über die Verfütterung von Tiermehl zu erlassen. Auf europäischer Ebene wird rege darüber diskutiert wie gegen die weitere Ausbreitung von BSE vorgegangen werden kann. Der ständige Veterinärausschuß hat beschlossen, daß ab dem 01. Januar 2001 alle Rinder, die älter als 30 Monate sind, auf Rinderwahnsinn untersucht werden müssen. Ab dem 1. Juli 2001 sollen alle Schlachtrinder einem BSE-Test unterzogen werden, der pro Tier zwischen 100 und 200 DM kostet. Bezogen auf Deutschland bedeutet dies, daß jährlich etwa 1 Millionen BSE-Tests an Schlachtrindern durchgeführt werden müssen und dadurch etwa 1 Mrd. DM Kosten entstehen.
Im Zusammenhang mit den BSE-Tests ist das Schweizer Unternehmen Prionics AG ins Licht der Öffentlichkeit geraten. Das Unternehmen hat ein Testverfahren entwickelt, womit die Erreger der Rinderseuche, die sogenannten Prionen im Anreicherungsgewebe, das ist in erster Linie das Gehirn, nachgewiesen werden können. Ursprünglich ist das Verfahren an der Universität in Zürich entwickelt worden. Zur Vermarktung wurde 1997 die Prionics in der Schweiz gegründet. Das Unternehmen hat das Verfahren Ende 1998 zur Marktreife gebracht. Die Testmethode von Prionics wird seit Anfang 1999 im Rahmen des BSE Überwachungsprogramms in der Schweiz angewendet. Nach Aussagen der Prionics AG handelt es sich um ein schnelles und effizientes Verfahren, das bei geschlachteten Tieren Anwendung findet. Bereits in einem frühen Stadium der Infizierung, noch bevor das Rind erkennbare äußerliche Krankheitssymptome aufweist, ist es möglich, nach der Schlachtung eine BSE-Infektion nachzuweisen. In der Schweiz werden jährlich mit diesem Verfahren rund 30.000 geschlachtete Rinder auf BSE getestet, die Kosten belaufen sich auf 150 bis 200 DM pro Test.
Die Prionics AG ist in Frankreich durch die börsennotierte AES Laboratoires vertreten. Die BSE-Test Beschlüsse auf EU-Ebene beflügeln derzeit nicht nur die Aktie der AEF Laboratoires, sondern auch die der seit kurzem an der deutschen Börse notierten Eurofins Scientific S.A. , mit der die Prionic AG Verträge abgeschlossen hat. Immerhin sind viele EU-Länder, darunter z.B. Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien und Italien, die das Testverfahren der Prionics AG in den staatlichen Überwachungsprogrammen einsetzen wollen. Mit schätzungsweise 40 Millionen Rindern ergibt sich ein erhebliches Marktpotential für diese Unternehmen.
Die Eurofins hat zudem ein neues Verfahren entwickelt, das im Bereich Qualitätskontrolle eingesetzt werden kann, den sogenannten genetischen Fingerprint. Mit dieser Methode sollen die Tiere von der Geburt bis zum Tod anhand ihrer spezifischen DNA identifiziert werden. Auf diesem Gebiet ist auch das in Erlangen ansässige Biotechnologieunternehmen November tätig. Mit der Ident-Technologie, die einen DNA "bar-code" nutzt, ist es möglich Tiere zu markieren und ihre Herkunft später sicher festzustellen. Man darf gespannt sein, wie sich diese Unternehmen weiterhin an der Börse entwickeln werden.
--- Ekaterina Atmatzidis, Biotechnologie Analystin bei Performaxx, Krefeld/München ---
mfg
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