Brokat wird abgewickelt

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Brokat wird abgewickelt

 
01.02.02 20:37
Brokat wird abgewickelt

Nach dem Verkauf aller Geschäftsbereiche wird das insolvente Software-Unternehmen Brokat endgültig abgewickelt. Die Gläubiger des einstigen Börsenstars können im günstigsten Fall mit einer Quote von 30 Prozent Rückerstattung rechnen, teilte der Insolvenzverwalter Volker Grub am heutigen Freitag mit. Das Unternehmen schulde den Investoren einer Hochzinsanleihe 98,6 Millionen Euro und weiteren Gläubigern 6,8 Millionen Euro.

Die Anleihegläubiger sollen sich auf einer Sitzung Ende Februar auf einen gemeinsamen Vertreter einigen. Die Geschäftstätigkeit sei inzwischen komplett eingestellt. Den Aktien der Brokat AG sei kein Wert mehr beizumessen, sagte Grub. Die Aktionäre gehen damit leer aus.

Grub hatte den Geschäftsbereich für das elektronische Bezahlen per Handy für 28 Millionen Euro an das kalifornische Unternehmen eONE Global verkauft. Für die Veräußerung des übrig gebliebenen Kerngeschäfts -- Finanzsoftware für das Internet-Banking -- an den Münchner Konkurrenten DataDesign wurde kein offizieller Kaufpreis genannt. Ein aggressiver Expansionskurs, gekoppelt mit der schwachen Konjunktur, hatte Brokat in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Ende November meldete das Unternehmen wegen Überschuldung Insolvenz an.

Chronologie: Aufstieg und Fall eines ehemaligen Vorzeigeunternehmens

September 1994: Fünf Partner gründen das Unternehmen in Böblingen.

September 1998: Börsengang an den Neuen Markt

Mai 1999: Der Vorstand wird von den Wirtschaftsprüfern Ernst & Young mit dem Preis "Entrepreneur des Jahres" ausgezeichnet.

November 1999: Intel beteiligt sich mit rund 20 Millionen Mark an Brokat.

März 2000: Brokat platziert eine Anleihe über 125 Millionen Euro. Die jährliche Verzinsung liegt bei 11,5 Prozent. Brokat bezeichnet sich als Weltmarktführer bei Software für das Internet-Banking.

Juni 2000: Brokat übernimmt die US-Software-Unternehmen GemStone und Blaze für insgesamt 1,7 Milliarden Mark in Aktien.

Oktober 2000: Siemens beteiligt sich mit rund 141 Millionen Mark an Brokat.

Februar 2001: Brokat erhält ein Patent für das elektronische Unterschreiben per Handy. Ende des Jahres sollen schwarze Zahlen geschrieben werden.

Februar 2001: Mit einem Verlust von 53,5 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2000 schockiert Brokat die Anleger, verspricht aber für Ende 2001 schwarze Zahlen.

April 2001: Auf Grund der Absatzkrise in der Software-Branche korrigiert der Vorstand die Umsatzprognose nach unten.

Juni 2001: Brokat baut ein Fünftel seiner 1450 Stellen ab, schließt Standorte und sucht nach Investoren. Die Hälfte des Grundkapitals ist aufgebraucht. Wütende Aktionäre toben auf der Hauptversammlung.

Juli 2001: Brokat vermeldet einen Quartalsverlust in Höhe von 824 Millionen Euro und verhandelt mit den Anleihegläubigern über eine Auflösung des Rentenpapiers.

August 2001: Der Sanierungsexperte Dirk Pfeil wird in den Aufsichtsrat von Brokat berufen.

August 2001: Brokat verkauft die teuer erworbenen US-Firmen wieder für 23,8 Millionen Euro. Vorstandschef Stefan Röver kündigt seinen Rückzug an.

September 2001: Die Aktie des einstigen Börsenstars mit Höchstkursen um 200 Euro rutscht unter einen Euro und wird damit zur Penny Stock.

November 2001: Brokat ist überschuldet. Mit den Anleihegläubigern wird keine Einigung erzielt.

23. November 2001: Brokat meldet Insolvenz an.

Januar 2002: Brokat verkauft sein Kerngeschäft an die Münchner DataDesign und stellt damit alle Aktivitäten ein. (dpa) / (anw/c't)

www.heise.de/newsticker/data/anw-01.02.02-005/
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