G E L D A N L A G E
Boom in Budapest
Mit Osteuropa-Fonds können Anleger von der EU-Erweiterung profitieren
Von Elke Dolle-Helms
Wir empfehlen Investoren, sich heute in Osteuropa zu positionieren und kurz vor dem EU-Beitritt Gewinne zu realisieren", sagt Jürgen Kirsch, Manager des Griffin Eastern European Fund. Das Argument des Osteuropa-Experten: Die Aktienmärkte in Ländern wie Ungarn, Polen und Tschechien dürften durch den bevorstehenden EU-Beitritt im Jahre 2004 oder 2005 einen kräftigen Schub erfahren. Zum Vergleich: Als Griechenland dem Europäischen Währungssystem 1998 beitrat, schoss der Athener Aktienindex innerhalb von drei Jahren um 500 Prozent in die Höhe.
Hinzu kommt: Nach Meinung vieler Fondsmanager profitieren die osteuropäischen Staaten auch von der politischen und ökonomischen Stabilisierung Russlands. Kirsch: "Zum ersten Mal haben wir heute in Russland einen politischen Konsens zwischen Parlament, Regierung, Präsident und Bevölkerung." Im Unterschied zu Präsident Jelzins Zeiten habe Russland heute eine handlungsfähige Regierung unter dynamischer Leitung, die auch unpopuläre Maßnahmen ergreifen könne. Das beste Beispiel sei die über Jahre hinweg diskutierte Steuerreform, die nur wenige Wochen nach Putins Amtsübernahme verabschiedet worden sei und einen Einkommensteuersatz von 13 Prozent festschreibe. Das Land weise heute insgesamt die besten fundamentalen Rahmenbedingungen seit der Gründung der Russischen Föderation im Jahr 1991 auf.
Auch Klaus Mangold, Vorsitzender des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, schätzt die wirtschaftliche Entwicklung Russlands positiv ein: "Das Land ist auf dem richtigen Weg, es gibt eine neue Bereitschaft der Regierung, über Investitionen und die Beseitigung von Investitionshemmnissen zu reden."
Bis zu fünfzig Prozent Gewinn an der Warschauer Börse
Doch vor allem Zentraleuropa wird in den nächsten Jahren wirtschaftlich schnell vorankommen, darunter an erster Stelle die drei EU-Aspiranten Ungarn, Polen und Tschechien. Fallende Zinsen, rückläufige Inflation und solide Unternehmen, deren Management westlichen Standards entspricht, sorgen für die richtigen Rahmenbedingungen. Die Fondsmanager haben diese Länder in ihrer Anlagestrategie entsprechend übergewichtet. Während Jürgen Kirsch vor allem russische Telekom-, Öl-, Metall- und Energieunternehmen favorisiert, setzt Ekaterina Svetlova, Managerin des Osteuropa-Fonds der Dresdner-Bank-Tochter DIT, auf Ungarn.
In diesem Jahr soll die ungarische Wirtschaft nach Angaben des Budapester Wirtschaftsministeriums um mehr als sechs Prozent wachsen. Spencer Jakab, Osteuropa-Analyst der Investmentbank Crédit Suisse First Boston traut der Börse in Budapest in den kommenden Monaten gar ein Plus von über 30 Prozent zu. Wirtschaftliches Potenzial sieht Jakab nicht zuletzt wegen des hohen Ausbildungsniveaus im Land. Längerfristig positiv wertet er auch den Aufbau eines neuen Mittelstandes. Denn noch heute dominieren nur fünf Aktien die Budapester Börse: der Telekommunikationsanbieter Matav, die OTP Bank, der Ölkonzern Mol, der Pharmariese Gedeon Richter und das Chemieunternehmen Borsodchem.
Rasant dürfte auch das Wachstumstempo Polens bleiben. Zwischen 30 und 50 Prozent könnte die Warschauer Börse in diesem Jahr zulegen, das Wirtschaftswachstum um weitere fünf Prozent steigen, prognostizieren Analysten. Neben Ungarn will auch Polen seine Vorbereitungen auf den EU-Beitritt bereits im kommenden Jahr abschließen. Polens Wirtschaft soll in diesem Jahrzehnt etwa doppelt so schnell wachsen wie die deutsche oder die französische. Bob Creamer von der Raiffeisen-Zentralbank in Warschau geht davon aus, dass die Zinsen im kurzfristigen Bereich in den kommenden Monaten von 19 auf 15 Prozent sinken werden. Das wäre zweifelsohne ein gutes Signal für den Aktienmarkt. Fondsmanager setzen vor allem auf den polnischen Handyriesen Elektrim oder Polens größte Privatkundenbank Pekao.
Mark Mobius, Schwellenländer-Spezialist und Manager des Templeton Eastern Europe Fund, hat derzeit 37 Prozent seines Fondsvermögens in Polen investiert. Dafür spreche nicht nur die boomende Wirtschaft, sondern auch das sehr günstige Kursniveau der Aktien. Weitere 15 Prozent des Anlegergeldes sind in Ungarn, zehn Prozent in Österreich investiert. Eher vorsichtig engagiert sich Mobius dagegen in Russland und in Tschechien.
Thomas Gerhardt von der zur Deutschen Bank gehörenden Fondsgesellschaft DWS pflichtet ihm bei. Russland habe im vergangenen Jahr stark vom Ölpreis profitiert, nun seien die Wachstumsfantasien dagegen weitgehend aus dem Markt verschwunden. Eine Ansicht, die Griffin-Fondsmanager Jürgen Kirsch und auch Markus Wassmer, zuständig für den Finter Emerging Markets Fonds, nicht teilen. Beide haben Russland-Aktien nach Auswertung der jüngsten ökonomischen Daten in ihren Fonds übergewichtet.
Für Anleger, die auch Verluste verkraften können, lohnt die Überlegung, jetzt in einen Osteuropa-Fonds einzusteigen. Nach den jüngsten Einbrüchen im vergangenen Jahr winken dort wieder ansehnliche Gewinne. Im vergangenen Jahr hatten die Investoren tatsächlich wenig Freude an ihren Anlagen. Dies hat einen einfachen Grund: Immer dann, wenn die entwickelten Märkte ins Stocken geraten - wie jüngst die USA -, leiden auch die aufstrebenden Schwellenländer. Zwar hängt Osteuropa nicht annähernd so stark am wirtschaftlichen Tropf der Amerikaner wie die aufstrebenden asiatischen und südamerikanischen Staaten, doch die Kurse stürzten auch im Osten kräftig.
Generell müssen Anleger eines bedenken: Fonds, die in die osteuropäischen Märkte investieren, sind größeren Kursschwankungen ausgesetzt als Fonds, die etwa in Nordamerika, in Westeuropa oder weltweit anlegen. Schwellenländer-Fonds bewegen sich in engen Märkten mit einem knappen Angebot an interessanten Aktien. In schlechten Zeiten haben die Fondsmanager daher nur sehr geringe Ausweichmöglichkeiten.
Wenn jedoch die Bullen an der Börse den Ton angeben, kann es auch kurzfristig gewaltige Kurssprünge geben. Fondsmanager Jürgen Kirsch rät daher, möglichst schnell zu investieren. Wenn die EU-Beitrittsfantasien erst einmal vollständig in die Aktienkurse eingepreist sind, dürfte es für Schnäppchenjäger zu spät sein.
(c) DIE ZEIT 10/2001
Börse Prague
gruß
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Boom in Budapest
Mit Osteuropa-Fonds können Anleger von der EU-Erweiterung profitieren
Von Elke Dolle-Helms
Wir empfehlen Investoren, sich heute in Osteuropa zu positionieren und kurz vor dem EU-Beitritt Gewinne zu realisieren", sagt Jürgen Kirsch, Manager des Griffin Eastern European Fund. Das Argument des Osteuropa-Experten: Die Aktienmärkte in Ländern wie Ungarn, Polen und Tschechien dürften durch den bevorstehenden EU-Beitritt im Jahre 2004 oder 2005 einen kräftigen Schub erfahren. Zum Vergleich: Als Griechenland dem Europäischen Währungssystem 1998 beitrat, schoss der Athener Aktienindex innerhalb von drei Jahren um 500 Prozent in die Höhe.
Hinzu kommt: Nach Meinung vieler Fondsmanager profitieren die osteuropäischen Staaten auch von der politischen und ökonomischen Stabilisierung Russlands. Kirsch: "Zum ersten Mal haben wir heute in Russland einen politischen Konsens zwischen Parlament, Regierung, Präsident und Bevölkerung." Im Unterschied zu Präsident Jelzins Zeiten habe Russland heute eine handlungsfähige Regierung unter dynamischer Leitung, die auch unpopuläre Maßnahmen ergreifen könne. Das beste Beispiel sei die über Jahre hinweg diskutierte Steuerreform, die nur wenige Wochen nach Putins Amtsübernahme verabschiedet worden sei und einen Einkommensteuersatz von 13 Prozent festschreibe. Das Land weise heute insgesamt die besten fundamentalen Rahmenbedingungen seit der Gründung der Russischen Föderation im Jahr 1991 auf.
Auch Klaus Mangold, Vorsitzender des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, schätzt die wirtschaftliche Entwicklung Russlands positiv ein: "Das Land ist auf dem richtigen Weg, es gibt eine neue Bereitschaft der Regierung, über Investitionen und die Beseitigung von Investitionshemmnissen zu reden."
Bis zu fünfzig Prozent Gewinn an der Warschauer Börse
Doch vor allem Zentraleuropa wird in den nächsten Jahren wirtschaftlich schnell vorankommen, darunter an erster Stelle die drei EU-Aspiranten Ungarn, Polen und Tschechien. Fallende Zinsen, rückläufige Inflation und solide Unternehmen, deren Management westlichen Standards entspricht, sorgen für die richtigen Rahmenbedingungen. Die Fondsmanager haben diese Länder in ihrer Anlagestrategie entsprechend übergewichtet. Während Jürgen Kirsch vor allem russische Telekom-, Öl-, Metall- und Energieunternehmen favorisiert, setzt Ekaterina Svetlova, Managerin des Osteuropa-Fonds der Dresdner-Bank-Tochter DIT, auf Ungarn.
In diesem Jahr soll die ungarische Wirtschaft nach Angaben des Budapester Wirtschaftsministeriums um mehr als sechs Prozent wachsen. Spencer Jakab, Osteuropa-Analyst der Investmentbank Crédit Suisse First Boston traut der Börse in Budapest in den kommenden Monaten gar ein Plus von über 30 Prozent zu. Wirtschaftliches Potenzial sieht Jakab nicht zuletzt wegen des hohen Ausbildungsniveaus im Land. Längerfristig positiv wertet er auch den Aufbau eines neuen Mittelstandes. Denn noch heute dominieren nur fünf Aktien die Budapester Börse: der Telekommunikationsanbieter Matav, die OTP Bank, der Ölkonzern Mol, der Pharmariese Gedeon Richter und das Chemieunternehmen Borsodchem.
Rasant dürfte auch das Wachstumstempo Polens bleiben. Zwischen 30 und 50 Prozent könnte die Warschauer Börse in diesem Jahr zulegen, das Wirtschaftswachstum um weitere fünf Prozent steigen, prognostizieren Analysten. Neben Ungarn will auch Polen seine Vorbereitungen auf den EU-Beitritt bereits im kommenden Jahr abschließen. Polens Wirtschaft soll in diesem Jahrzehnt etwa doppelt so schnell wachsen wie die deutsche oder die französische. Bob Creamer von der Raiffeisen-Zentralbank in Warschau geht davon aus, dass die Zinsen im kurzfristigen Bereich in den kommenden Monaten von 19 auf 15 Prozent sinken werden. Das wäre zweifelsohne ein gutes Signal für den Aktienmarkt. Fondsmanager setzen vor allem auf den polnischen Handyriesen Elektrim oder Polens größte Privatkundenbank Pekao.
Mark Mobius, Schwellenländer-Spezialist und Manager des Templeton Eastern Europe Fund, hat derzeit 37 Prozent seines Fondsvermögens in Polen investiert. Dafür spreche nicht nur die boomende Wirtschaft, sondern auch das sehr günstige Kursniveau der Aktien. Weitere 15 Prozent des Anlegergeldes sind in Ungarn, zehn Prozent in Österreich investiert. Eher vorsichtig engagiert sich Mobius dagegen in Russland und in Tschechien.
Thomas Gerhardt von der zur Deutschen Bank gehörenden Fondsgesellschaft DWS pflichtet ihm bei. Russland habe im vergangenen Jahr stark vom Ölpreis profitiert, nun seien die Wachstumsfantasien dagegen weitgehend aus dem Markt verschwunden. Eine Ansicht, die Griffin-Fondsmanager Jürgen Kirsch und auch Markus Wassmer, zuständig für den Finter Emerging Markets Fonds, nicht teilen. Beide haben Russland-Aktien nach Auswertung der jüngsten ökonomischen Daten in ihren Fonds übergewichtet.
Für Anleger, die auch Verluste verkraften können, lohnt die Überlegung, jetzt in einen Osteuropa-Fonds einzusteigen. Nach den jüngsten Einbrüchen im vergangenen Jahr winken dort wieder ansehnliche Gewinne. Im vergangenen Jahr hatten die Investoren tatsächlich wenig Freude an ihren Anlagen. Dies hat einen einfachen Grund: Immer dann, wenn die entwickelten Märkte ins Stocken geraten - wie jüngst die USA -, leiden auch die aufstrebenden Schwellenländer. Zwar hängt Osteuropa nicht annähernd so stark am wirtschaftlichen Tropf der Amerikaner wie die aufstrebenden asiatischen und südamerikanischen Staaten, doch die Kurse stürzten auch im Osten kräftig.
Generell müssen Anleger eines bedenken: Fonds, die in die osteuropäischen Märkte investieren, sind größeren Kursschwankungen ausgesetzt als Fonds, die etwa in Nordamerika, in Westeuropa oder weltweit anlegen. Schwellenländer-Fonds bewegen sich in engen Märkten mit einem knappen Angebot an interessanten Aktien. In schlechten Zeiten haben die Fondsmanager daher nur sehr geringe Ausweichmöglichkeiten.
Wenn jedoch die Bullen an der Börse den Ton angeben, kann es auch kurzfristig gewaltige Kurssprünge geben. Fondsmanager Jürgen Kirsch rät daher, möglichst schnell zu investieren. Wenn die EU-Beitrittsfantasien erst einmal vollständig in die Aktienkurse eingepreist sind, dürfte es für Schnäppchenjäger zu spät sein.
(c) DIE ZEIT 10/2001
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