Börsenpolizei such Terror-Spekulanten

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vega2000:

Börsenpolizei such Terror-Spekulanten

 
19.09.01 07:59
Die Behörden in Washington, London und Frankfurt sind erst am Anfang ihrer Ermittlungen. „Wir haben von den Berichten über terroristische Engagements in unseren Märkten gehört“, sagte Harvey Pitt, der Chef der amerikanischen Börsenaufsicht SEC.

Er fügte hinzu: „Unsere Vollzugsabteilung prüft eine Reihe von Börsengeschäften, die in einen Zusammenhang mit diesen schrecklichen Handlungen gebracht werden können.“

Auch beim Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) ist man noch vorsichtig. „Wir müssen uns erst einmal anschauen, was in den Aktienwerten passiert ist“, sagte eine Sprecherin.

Konkrete Ergebnisse seien aufgrund des umfassenden Materials in dieser Woche nicht mehr zu erwarten. Über die möglichen Spekulationsgeschäfte ist auch bei einer Telefonkonferenz aller Börsenaufsichten gesprochen worden, die in der IOSCO zusammengeschlossen sind.

Versicherungsaktien auffällig

Auffallend waren in den vergangenen Wochen Handelsbewegungen und Kurseinbrüche bei Versicherungsaktien (siehe Grafik), Luftfahrtgesellschaften, Banken oder Touristikfirmen.

Auf Aktienverluste lässt sich über Leerverkäufe oder Termingeschäfte spekulieren.

Bei Leerverkäufen verkauft der Spekulant Aktien, die er nicht besitzt, und deckt sich später zum gefallenen Kurs damit ein. Eine Put-Option gibt das Recht, eine Aktie zum vorher festgelegten Preis zu verkaufen.

„Ich halte es durchaus für möglich, dass Terroristen auf diese Weise auf fallende Kurse spekuliert haben“, sagt Analyst Andreas Wiederhold von Independent Research.

Schließlich verfüge der Hauptverdächtige Osama bin Laden über ein großes Finanzimperium.

Spekulanten hinterlassen Spuren

Dagegen meinte ein anderer Versicherungsspezialist, entsprechende Spekulationsgeschäfte seien nicht so einfach zu bewerkstelligen.

Schließlich müssten Terroristen Bankkonten einrichten, das Geld abheben, bestimmte Fristen einhalten und würden dadurch Daten hinterlassen.

Was die Entwicklung der Versicherungsaktien angeht, so stehen vor allem die großen Rückversicherungen ohnehin unter Beobachtung.

Dabei haben Gewinnwarnungen von großen Schweizer Gesellschaften kurz vor den Terroranschlägen, Gerüchte über eine dann aber nie zustande gekommene Wandelanleihe von Allianz und Münchener Rück sowie die allgemeine schlechte Wirtschaftslage im Vorfeld der Anschläge bereits auf die Kurse gedrückt.

In USA Verdacht bei Airline-Aktien

In den USA wiederum soll es zu einem ungewöhnlich hohen Handel mit Aktien der Fluggesellschaften United Airlines und American Airlines gekommen sein, deren Maschinen für die Anschläge benutzt worden sind.

Auch bei den Investmentbanken Morgan Stanley und Merrill Lynch, die große Büros in den zerstörten Gebäuden unterhielten, soll es auffallende Umsätze gegeben haben.

Der New Yorker Jura-Professor John Coffee billigt den Vermutungen über Geschäfte mit dem Terror eine hohe Wahrscheinlichkeit zu.

„Wir haben es weniger mit religiösen Fanatikern zu tun als mit raffinierten Strategen, die versuchen, künftige Terroranschläge mit den Gewinnen vergangener terroristischer Aktivitäten zu finanzieren“, verweist er auf ein weltweites Täterprofil, für das sich auch die Geheimdienste interessieren.

Gewinne womöglich bei US-Banken deponiert

Steven Emerson, Chef eines Washingtoner Instituts für antiterroristische Forschung, kann sich im Umfeld von bin Laden ebenfalls gerissene Finanzberater vorstellen.

„Sein Netzwerk besteht aus mehr als rohen Terroristen, die Waffen tragen. Da sind sehr gebildete Leute dabei“, sagte er zur Nachrichtenagentur Reuters.

In den USA wird außerdem vermutet, die Spekulanten hätten ihre Aktiengewinne bei amerikanischen Banken deponiert.

Funde unwahrscheinlich

Die britische Aufsichtsbehörde Financial Services Authority (FSA) sagt offiziell nichts zu Untersuchungen von Insider-Handel auf Versicherungsaktien.

Intern verlautete aber, „ein Team von ein paar Leuten“ sei damit beschäftigt. Man glaube aber nicht daran, fündig zu werden.

Für wahrscheinlich hält man am Finanzplatz London die Spekulationen deshalb nicht, weil dies angesichts der geringen Umsätze in den entsprechenden Segmenten schneller hätte auffallen müssen.

Zum Beispiel sei die Kursentwicklung des Papiers der Münchener Rückversicherung im Vergleich zum Börsenindex Dax keineswegs ungewöhnlich.

Quelle: Süddeutsche Zeitung
 
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