ftd.de, Sa, 11.1.2003, 12:02
Börsenausblick: US-Quartalsberichterstattung bewegt die Märkte
Von Wolfram Trost, Frankfurt
Den Investoren steht eine aufreibende Woche bevor. Zwar gehen Händler davon aus, dass sich die Börsen in dieser Woche insgesamt seitwärts bewegen. Die täglichen Schwankungen dürften aber weiter enorm ausfallen.
Impulse kommen fast ausschließlich aus den USA, wo die Berichtssaison für das vierte Quartal in vollem Gang ist. An den Bondmärkten legen sich die Strategen vor allem auf eines fest: Staatsanleihen der Euro-Zone werden sich besser entwickeln als US-Treasuries. Der Euro hat weiteres Aufwärtspotenzial.
Bereits in der vergangenen Woche hingen die europäischen Aktienmärkte am Tropf der Wall Street. Allerdings profitierten sie von steigenden US-Börsen nur unterproportional, während sie auf schwache US-Märkte mit noch stärkeren Kursverlusten reagierten. Per Saldo ging es im Wochenvergleich in den USA aufwärts und in Europa und Asien abwärts. Der Dow Jones gewann 2,1 Prozent und der Nasdaq Composite 4,3 Prozent. Der Stoxx 50 verlor hingegen 1,2 Prozent, der Dax 1,8 Prozent und der Nikkei 225 1,3 Prozent.
Eine Warnung und es geht anch unten
Auch in dieser Woche schauen die Anleger vor allem auf die Entwicklungen in den USA. "Wenn eine Zahl von den Unternehmen nicht so kommt wie erwartet, geht es nach unten", sagte Aktienhändler Roger Krüger von der Deutschen Bank. Die Gefahr eines Irak-Kriegs und der sich verschärfende Nordkorea-Konflikt belasteten die Börsen zusätzlich. Bis Dienstag werde es an den europäischen Aktienmärkten relativ ruhig zugehen, schätzt Krüger. Die Aktie der Deutschen Telekom könne wieder unter Druck geraten, nachdem die Ratingagentur Moody's am Freitag die Kreditwürdigkeit des Konzerns wegen Unsicherheiten beim Schuldenabbau herabgestuft hatte.
Abgesehen von den vorläufigen Umsatzzahlen des Einzelhandelskonzerns KarstadtQuelle (Montag) und Jahreszahlen des niederländischen Maschinenbauers ASML Holding (Donnerstag) werden wenig Unternehmensnachrichten erwartet. Am Dienstag äußert sich der französische Telekomausrüster Alcatel zu den Geschäftsaussichten. Die Aktie war bereits am vergangenen Freitag in Erwartung eines optimistischen Ausblicks um 11,5 Prozent nach oben geschossen. Außerdem veröffentlicht am Dienstag nach US-Börsenschluss der weltgrößte Chiphersteller Intel seine Quartalszahlen und einen Ausblick, was die Technologiewerte in ganz Europa beeinflussen werde.
"Schlechte Nachrichten kommen früher auf den Markt"
In den USA stehen neben Intel und anderen die Börsen-Schwergewichte Yahoo (Mittwoch), IBM, Microsoft und General Motors (alle Donnerstag) sowie General Electric (Freitag) im Rampenlicht. Eine böse Überraschung von Alcoa zum offiziellen Saison-Auftakt konnte die Januar-Rallye in der vergangenen Woche nicht aus der Spur werfen. Alcoa wird eine Ausnahme bleiben, glaubt Subodh Kumar, Chief Investment Strategist für CIBC World Markets: "Unternehmen und Analysten haben aus den Jahren 2000 und 2001 gelernt – schlechte Nachrichten kommen heute früher auf den Markt."
Tatsächlich war die Zahl der Vorankündigungen für das vierte Quartal bis Mitte der vergangenen Woche gegenüber dem Vorquartal um fast die Hälfte auf 1442 gestiegen. Gleichzeitig belegt die Statistik von First Call, dass der Anteil der Warnungen von 54 auf 43 Prozent gefallen ist – auch als Ergebnis allgemein niedrigerer Erwartungen. Hatten die Analysten im Oktober die Gewinne der Unternehmen im S&P 500 noch um 20 Prozent wachsen sehen, liegen die Prognosen jetzt bei 11 Prozent.
Skepsis bei Einzelhandelsumsätzen
Auf konjunktureller Seite steht in den USA die erste Lesung des Konsumentenvertrauens der Universität von Michigan (Freitag) im neuen Jahr an. Die Volkswirte erwarten einen leichten Anstieg von 86,7 im Dezember auf 88,0 im Januar. Zurückhaltender sind die Experten bei den Einzelhandelsumsätzen (Dienstag). Die Konsensschätzungen für das Wachstum im Dezember liegen aber immer noch bei 0,6 Prozent, nach 0,4 Prozent im November.
"Alles in allem gehen die Investoren davon aus, dass die Geld- und Fiskalpolitik der US-Wirtschaft in diesem Jahr wieder auf die Beine helfen wird", sagte Ian Douglas, Rentenstratege bei UBS Warburg. Entsprechend negativ sei die Stimmung am US-Bondmarkt. Seit Jahresbeginn hat die Rendite zehnjähriger Treasuries um 33 Basispunkte auf 4,14 Prozent zugelegt. Hierzu beigetragen haben neben besseren US-Konjunkturdaten der Kursrutsch des Dollar, der Preisanstieg bei den Rohstoffen und die Sorge eines steigenden Haushaltsdefizits im Falle einer militärischen Auseinandersetzung mit dem Irak.
Konjunkturbremse Euro
Umgekehrt sieht es in der Euro-Zone aus. "Der Stabilitätspakt fungiert als fiskalische Zwangsjacke und der feste Euro wirkt als Konjunkturbremse", sagte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. Zudem sei in den Kursen kurzlaufender Anleihen bereits die nächste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank enthalten, sagte Douglas.
Beide Strategen erwarten, dass sich bei dieser Konstellation die Staatstitel aus der Euro-Zone klar besser entwickeln werden als die US-Treasuries. Nachdem sich die Renditedifferenz zwischen zehnjährigen Treasuries und Bundesanleihen seit Jahresbeginn bereits von minus 39 auf minus 12 Basispunkte eingeengt hat, könnte sie bald sogar positiv werden.
Positiv ist die Stimmung auch beim Euro. "Viele Investoren rechneten damit, dass der Dollar weiter an Wert verlieren wird – der Aufwärtskanal des Euro ist in Takt", sagte Ray Attrill vom Researchhaus 4cast in London. Die obere Begrenzung liege derzeit bei 1,0650 $. In der vergangenen Woche stieg die Gemeinschaftswährung bis auf 1,0569 $, den höchsten Stand seit Oktober 1999.
Börsenausblick: US-Quartalsberichterstattung bewegt die Märkte
Von Wolfram Trost, Frankfurt
Den Investoren steht eine aufreibende Woche bevor. Zwar gehen Händler davon aus, dass sich die Börsen in dieser Woche insgesamt seitwärts bewegen. Die täglichen Schwankungen dürften aber weiter enorm ausfallen.
Impulse kommen fast ausschließlich aus den USA, wo die Berichtssaison für das vierte Quartal in vollem Gang ist. An den Bondmärkten legen sich die Strategen vor allem auf eines fest: Staatsanleihen der Euro-Zone werden sich besser entwickeln als US-Treasuries. Der Euro hat weiteres Aufwärtspotenzial.
Bereits in der vergangenen Woche hingen die europäischen Aktienmärkte am Tropf der Wall Street. Allerdings profitierten sie von steigenden US-Börsen nur unterproportional, während sie auf schwache US-Märkte mit noch stärkeren Kursverlusten reagierten. Per Saldo ging es im Wochenvergleich in den USA aufwärts und in Europa und Asien abwärts. Der Dow Jones gewann 2,1 Prozent und der Nasdaq Composite 4,3 Prozent. Der Stoxx 50 verlor hingegen 1,2 Prozent, der Dax 1,8 Prozent und der Nikkei 225 1,3 Prozent.
Eine Warnung und es geht anch unten
Auch in dieser Woche schauen die Anleger vor allem auf die Entwicklungen in den USA. "Wenn eine Zahl von den Unternehmen nicht so kommt wie erwartet, geht es nach unten", sagte Aktienhändler Roger Krüger von der Deutschen Bank. Die Gefahr eines Irak-Kriegs und der sich verschärfende Nordkorea-Konflikt belasteten die Börsen zusätzlich. Bis Dienstag werde es an den europäischen Aktienmärkten relativ ruhig zugehen, schätzt Krüger. Die Aktie der Deutschen Telekom könne wieder unter Druck geraten, nachdem die Ratingagentur Moody's am Freitag die Kreditwürdigkeit des Konzerns wegen Unsicherheiten beim Schuldenabbau herabgestuft hatte.
Abgesehen von den vorläufigen Umsatzzahlen des Einzelhandelskonzerns KarstadtQuelle (Montag) und Jahreszahlen des niederländischen Maschinenbauers ASML Holding (Donnerstag) werden wenig Unternehmensnachrichten erwartet. Am Dienstag äußert sich der französische Telekomausrüster Alcatel zu den Geschäftsaussichten. Die Aktie war bereits am vergangenen Freitag in Erwartung eines optimistischen Ausblicks um 11,5 Prozent nach oben geschossen. Außerdem veröffentlicht am Dienstag nach US-Börsenschluss der weltgrößte Chiphersteller Intel seine Quartalszahlen und einen Ausblick, was die Technologiewerte in ganz Europa beeinflussen werde.
"Schlechte Nachrichten kommen früher auf den Markt"
In den USA stehen neben Intel und anderen die Börsen-Schwergewichte Yahoo (Mittwoch), IBM, Microsoft und General Motors (alle Donnerstag) sowie General Electric (Freitag) im Rampenlicht. Eine böse Überraschung von Alcoa zum offiziellen Saison-Auftakt konnte die Januar-Rallye in der vergangenen Woche nicht aus der Spur werfen. Alcoa wird eine Ausnahme bleiben, glaubt Subodh Kumar, Chief Investment Strategist für CIBC World Markets: "Unternehmen und Analysten haben aus den Jahren 2000 und 2001 gelernt – schlechte Nachrichten kommen heute früher auf den Markt."
Tatsächlich war die Zahl der Vorankündigungen für das vierte Quartal bis Mitte der vergangenen Woche gegenüber dem Vorquartal um fast die Hälfte auf 1442 gestiegen. Gleichzeitig belegt die Statistik von First Call, dass der Anteil der Warnungen von 54 auf 43 Prozent gefallen ist – auch als Ergebnis allgemein niedrigerer Erwartungen. Hatten die Analysten im Oktober die Gewinne der Unternehmen im S&P 500 noch um 20 Prozent wachsen sehen, liegen die Prognosen jetzt bei 11 Prozent.
Skepsis bei Einzelhandelsumsätzen
Auf konjunktureller Seite steht in den USA die erste Lesung des Konsumentenvertrauens der Universität von Michigan (Freitag) im neuen Jahr an. Die Volkswirte erwarten einen leichten Anstieg von 86,7 im Dezember auf 88,0 im Januar. Zurückhaltender sind die Experten bei den Einzelhandelsumsätzen (Dienstag). Die Konsensschätzungen für das Wachstum im Dezember liegen aber immer noch bei 0,6 Prozent, nach 0,4 Prozent im November.
"Alles in allem gehen die Investoren davon aus, dass die Geld- und Fiskalpolitik der US-Wirtschaft in diesem Jahr wieder auf die Beine helfen wird", sagte Ian Douglas, Rentenstratege bei UBS Warburg. Entsprechend negativ sei die Stimmung am US-Bondmarkt. Seit Jahresbeginn hat die Rendite zehnjähriger Treasuries um 33 Basispunkte auf 4,14 Prozent zugelegt. Hierzu beigetragen haben neben besseren US-Konjunkturdaten der Kursrutsch des Dollar, der Preisanstieg bei den Rohstoffen und die Sorge eines steigenden Haushaltsdefizits im Falle einer militärischen Auseinandersetzung mit dem Irak.
Konjunkturbremse Euro
Umgekehrt sieht es in der Euro-Zone aus. "Der Stabilitätspakt fungiert als fiskalische Zwangsjacke und der feste Euro wirkt als Konjunkturbremse", sagte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. Zudem sei in den Kursen kurzlaufender Anleihen bereits die nächste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank enthalten, sagte Douglas.
Beide Strategen erwarten, dass sich bei dieser Konstellation die Staatstitel aus der Euro-Zone klar besser entwickeln werden als die US-Treasuries. Nachdem sich die Renditedifferenz zwischen zehnjährigen Treasuries und Bundesanleihen seit Jahresbeginn bereits von minus 39 auf minus 12 Basispunkte eingeengt hat, könnte sie bald sogar positiv werden.
Positiv ist die Stimmung auch beim Euro. "Viele Investoren rechneten damit, dass der Dollar weiter an Wert verlieren wird – der Aufwärtskanal des Euro ist in Takt", sagte Ray Attrill vom Researchhaus 4cast in London. Die obere Begrenzung liege derzeit bei 1,0650 $. In der vergangenen Woche stieg die Gemeinschaftswährung bis auf 1,0569 $, den höchsten Stand seit Oktober 1999.