Ausblick Euroland-Renten: Bodenbildung nach Talfahrt
Frankfurt (vwd) - Bei den Kursen am europäischen Rentenmarkt dürfte es Analysten zufolge nach einer Talfahrt zu einer Bodenbildung kommen. Ähnlich wie in den USA habe sich auch am europäischen Rentenmarkt die Abwärtsdynamik zuletzt wieder abgeschwächt, sagt Norbert Wuthe, Analyst bei der DZ Bank. Über die künftige Inflations-Entwicklung würden die in der kommenden Woche zur Veröffentlichung anstehenden Daten neuen Aufschluss geben. Wuthe rechnet damit, dass die deutschen Erzeuger- und Verbraucherpreise auf Monatsbasis trotz Ölpreisanstiegs per saldo eine leicht rückläufige Tendenz aufweisen.
Dazu sollten zum einen Basiseffekte beitragen. Die Inflationsrate folge aber zum anderen auch einem übergeordneten Abwärtstrend von zeitweise überzogenen Raten zu ihrem "natürlichen", niedrigeren Niveau hin. Der Bund-Future probe seit einigen Tagen, einen kurzfristigen Abwärtstrend zu überwinden. "Sollte es ihm im Gefolge der amerikanischen Entwicklung gelingen, steht einer Bodenbildung innerhalb einer neutralen Seitwärtsrange nichts mehr im Wege", so Wuthe weiter.
In der abgelaufenen Woche habe die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen die kritische Marke von 5,20 überschritten, an der der langfristige Renditeabwärtstrend seit 1990 bestehe, sagen die Experten der Dresdner Bank. "Ein nachhaltiger Bruch würde das charttechnische Bild deutlich eintrüben", so die Analysten. Sofern neue Konjunkturdaten aus den USA das Bild sich weiter verbessernder Konjunkturaussichten bekräftigten, werde dies erneuten Druck auf die Kurse der Rentenmärkte auf beiden Seiten des Atlantiks auslösen. Die Dresdner Bank-Analysten raten in der derzeitigen Kursschwächephase wegen der sowohl fundamental als auch charttechnisch kritischen Situation von einer Durationsverlängerung ab.
"Die Konjunkturerholung hilft besonders Unternehmen mit angespannter Kapitaldecke", heißt es aus dem Wertpapierresearch der Dresdner Bank weiter, da höhere Einnahmen zur Schuldentilgung genutzt werden könnten. Verbessere sich die finanzielle Situation, würden sich die Renditeunterschiede zwischen Bundesanleihen und Unternehmensanleihen verringern. Damit dürften die Unternehmensanleihen eine relativ bessere Performance zeigen.
Die Länderratings von Italien und Deutschland seien im Gespräch; und selbst wenn die Experten unmittelbar keine Veränderungen erwarten, habe Moody's im Fall Italiens auf Grund der langfristigen Fortschritte bei der Konsolidierung der Staatsfinanzen dem Rating von "Aa3" bereits einen positiven Ausblick gegeben. "Bis zu einer Entscheidung wird es voraussichtlich noch einige Monate dauern, weshalb wir zunächst keine weitere Einengung des aktuell relativ geringen Renditeaufschlags von 25 Basispunkten italienischer Staatsanleihen gegenüber Bunds erwarten", erklären die Analysten. Für Deutschland werde eine Ratingverschlechterung diskutiert.
Der Grund hierfür liege darin, dass es im Fall der Zusammenlegung von Finanzierungen von Bund und Ländern die Befürchtungen gibt, dass die schlechter gerateten Bundesländer das Gesamtrating drückten. Die Analysten halten es allerdings für "überzogen, eine Ratingänderung für Deutschland zu befürchten". An der so genannten Huckepack-Finanzierung seien weder der Bund selbst, sowie die wenigsten Länder interessiert. Zusätzlich würde diese komplexe Gesetzesänderungen erfordern. Sowohl Moody's als auch S&P zögen derzeit keine Ratingänderung in Betracht. Bundesanleihen blieben daher erste Wahl.
Cyril Beuzit, Head of Interest Rate Strategy bei BNP Paribas, ist bei Renten mit zweijähriger Laufzeit auf Sicht von einer Woche neutral bis positiv und im Dreimonatshorizont positiv gestimmt. Bei zehnjährigen Papieren nimmt Beuzit auf Sicht von einer Woche wie von drei Monaten eine neutrale Position ein. Die Märkte der Eurozone seien nicht in der Position, die US-Einflüsse schnell abzuschütteln. Schließlich habe die Europäische Zentralbank keine Andeutungen gemacht, wie ihr künftiger geldpolitischer Kurs aussehen wird.
"Wir wissen aber, dass die Inflation in den kommenden Monaten unter die Zwei-Prozent-Marke fallen wird, und das lässt darauf schließen, dass die Euribor-Kurve zu pessimistisch ist," sagt Beuzit. Die würde nämlich darauf deuten, dass die EZB die Zinsen Anfang des Sommers hebt. Es gebe noch immer eine Chance, dass die Notenbank die Geldpolitik im zweiten Quartal lockert. Beuzit geht davon aus, dass die vergleichsweise bessere Performance der fünfjährigen Renten der vergangenen Tage nur von kurzer Dauer ist. BNP Paribas rät dazu, die defensive Strategie beizubehalten.
+++ Patricia Hirsch vwd/hi/gre