Börsenhistorie voll verfehlter Prognosen - Vorstandschef Schuberth nennt Vertrauenserwerb " wichtigstes Ziel"
Von Bernd Freytag, Frankfurt
Die Geschichte der österreichischen Update.com, das ist so etwas wie der lehrbuchhafte Sündenfall am Neuen Markt. Horrende Bewertungen, verfehlte Prognosen, überforderte Gründer, enttäuschte Aktionäre, Aderlass im Management - kein Kapitel aus dem Sündenkatalog der New Economy fehlt. Vertrauen wiederzugewinnen, das sei nun das wichtigste, sagt der neue Vorstandschef Gerhard Schuberth im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Und das ist in der Tat bitter nötig. Als die Commerzbank die Softwareschmiede Anfang April 2000 aufs Parkett brachte, veranschlagten die Emissionsbegleiter einen fairen Wert von bis zu 250 Mill. Euro. Knapp zwei Jahre und viele Tränen später attestiert die Börse den Österreichern noch ein Marktgewicht von 13,1 Mill. Euro.
Wer seit der Erstnotiz dabei ist, beklagt beinahe einen Totalverlust: Zu 23 Euro platziert, erlebten die Papiere einen kurzen Euphoriereflex auf 35,70 Euro, danach folgte der Absturz. Am Freitag kostete eine Aktie 1,46 Euro - immerhin: das Papier war auch schon für 1 Euro zu haben.
IPO-Ziele sind Makulatur
Die Ziele vom Börsengang sind sämtlich Makulatur: Statt der für 2001 erwarteten 41 Mill. Euro Umsatz stehen nach etlichen Prognosesenkungen nunmehr nur noch 16,5 Mill. Euro im Plan. Nach dem dritten Quartal schlägt ein operativer Verlust von 13,6 Mill. Euro zu Buche, die Commerzbank hatte beim IPO für 2001 ein operatives Minus von 6,7 Mill. Euro vorgezeichnet. Die Liste der Enttäuschungen lässt sich problemlos fortsetzen.
Die Unternehmensleitung habe immer nur großartige Pläne kommuniziert, die dann doch nicht eingetroffen sind, sagt Schuberth. Und der seit Juni amitierende Vorstandschef kramt in seinem österreichischen Wortschatz, um die Situation bei seinem Amtsantritt zu beschreiben. "Ein Mief" sei es gewesen, sagt er dann, und so wie das Unternehmen damals Kunden und Kapitalmarkt gleichermaßen behandelt hat - "sowas habe ich überhaupt noch nicht gesehen".
Schuberth setzt auf die Turnaround-Story. Vertrauen sei das wichtigste und dafür gelte es in erster Linie die Zahlen in Ordnung zu bringen. Die reduzierte Umsatzerwartung stamme denn auch von ihm, und, so sagt er: "Das Ziel ist erreicht". Ein Drittel der Belegschaft hat er abgebaut, fünf Entwicklungszentren geschlossen, Pläne für ein neues Geschäftsfeld ASP ( Softwarevermietung via Internet) aufs Eis gelegt und sich auf das Kerngeschäft Software für das Management von Kundenbeziehungen, kurz CRM, konzentriert. "Dabei musste ich nur ins Fett schneiden", sagt er.
"2002 auf jeden Fall Gewinn"
Die Organisation sei verschlankt worden, ohne die Kernkompetenz zu schwächen. Erste Erfolge seien sichtbar: Im Dezember habe das Unternehmen erstmals einen Vorsteuergewinn erwirtschaftet. Für 2002 verspricht Schuberth 30-prozentiges Wachstum und schwarze Zahlen: Auch wenn Update im ersten Halbjahr investitionsbedingt noch Verluste zeigen werde, im Gesamtjahr 2002, sagt er, " gibt es auf jeden Fall Gewinn".
Mit diesem Versprechen wird der neue Vorstandschef zwangsläufig auf Misstrauen stoßen, denn zu oft schon haben die Österreicher ihre Prognose verfehlt. "Vertrauen aufbauen", nennt er denn auch zum wiederholten Male als sein wichtigstes Ziel.
Das ist angesichts des Desasters nicht leicht: Sämtliche Analysten haben die Coverage eingestellt, mit einem durchschnittlichen täglichen Handelsvolumen von 26 000 Euro ist das Leichtgewicht vom Radarschirm institutioneller Investoren verschwunden. Ein Delisting sei erwogen worden, sagt Schuberth, doch die ausgearbeiteten Pläne seien dann wieder in der Schublade verschwunden. Derzeit jedenfalls sei der freiwillige Abschied vom Parkett kein Thema. Am Zwangsdelisting für Penny-Stocks lässt er indes kein gutes Haar: "Das hat viele Unternehmen unnötigen Spekulationen ausgesetzt".
Schuberth blickt nach vorn. Die Gesellschaft ist finanzschuldenfrei, in der Kasse lagen trotz einer zwischenzeitlich erheblichen Burn-rate Ende 2001 noch 8 Mill. Euro, und die Software gilt in Fachkreisen als exzellent. Das kann er auf der Haben-Seite verbuchen. Ob die Fakten am Kapitalmarkt auch nachhaltig wieder Gehör finden, hängt schlicht davon ab, dass Update zum ersten mal in seiner Börsenhistorie das Versprochene auch liefert. Erste Roadshows unter der neuen Führung sind jedenfalls schon wieder in Vorbereitung, nach dem Zahlenordnen wartet die Herkulesaufgabe, institutionelles Interesse zu wecken.
Als äußeres Zeichen für die Abkehr von den Fehlern der New-Economy soll in Kürze das dotcom-Anhängsel aus dem Namen verschwinden. Schuberth will für Update ein Seriositäts-Update. Sollte das Vorhaben fehlschlagen, bleiben die Wiener nur mehr eine Fußnote in der langen Geschichte geplatzter Hoffnungen am Neuen Markt.
Börsen-Zeitung, 2.2.2002
Die Eckdaten:
Update.com Software AG
update.com software AG, Operngasse 17 - 21, A-1040 Wien,
Tel.: +43/1/878 55-0, Fax: +43/1/878 55-200,
investor.relations@update.com
www.update.com/
Hauptanteilseigner 30.09.01 Zum Börsengang
Dipl.-Ing. Arno Huber 9,04% 9,10%
Helmut Mangold 3,52% 4,37%
3i Austria Beteiligungs GmbH 4,45% 4,51%
Private Equity Bridge Invest Ltd. 3,43% 3,47%
Gilbert Hödl 8,99% 0,00%
Rest 0,07% 43,01%
Streubesitz 70,50% 35,54%
Notierungsaufnahme 11.04.00
WKN 934523
Reuterskürzel UP2
Konsortialführer Commerzbank AG
Designated Sponsors Lang & Schwarz Wertpapierhandel AG, Commerzbank AG
Bookbuilding-Spanne 19 bis 23 Euro
Platzierungspreis 23 Euro
Platzierungsvolumen 3,2 Mill. Aktien
davon Mittelzufluß an das Unternehmen 43,68 Mill. Euro
Aktueller Kurs am 01.02.02, 15 Uhr 1,40 Euro
Durchschnittliches Handelsvolumen der vergangenen 30 Tage 26.087,93 Euro
Marktkapitalisierung am 01.02.02, 15 Uhr 13,1 Mill. Euro
Anzahl der ausgegebenen Aktien 9,38 Millionen
Grundkapital 9,38 Mill. Euro
liquide Mittel (30.09.02) 9,5 Mill. Euro
Mitarbeiter (30.09.02) 190
in Mill. Euro 30.09.01, 9-Monats-Bericht 2000 beim Börsengang für 2000 erwartet
Umsatz 11,5 5,1 27,2
Jahresfehlbetrag minus 15,8 minus 32,2 minus 12,4
Investor Relationsseite www.update.com/d_investors_shareh.html
Geschäftsberichte www.update.com/scripts/popup/
d_popup_download_frameset.asp?file_cat=2&
no_country_list=yes&no_lang_list=yes&no_cat_list=true
Kursinformationen zur Update.com AG
Stammdaten der Update.com AG (nur für Abonnenten)
BZ-Archiv zur Update.com AG (nur für Abonnenten)
Termine
Geschäftsbericht 2001 Mai
Bericht zum ersten Quartal 2002 Mai
Hauptversammlung 15.05.02
Bericht zum ersten Halbjahr 2002 Ende August / Anfang September
Broker Empfehlung Datum
Invera GmbH Sell 11.09.01
Af Securities Ltd Underperform 14.08.01
Performaxx AG Underweight 07.05.01
Independent Research Sell 04.05.01
Quellen: Deutsche Börse, Comdirect,Update.com, Bloomberg, Börsen-Zeitung
Von Bernd Freytag, Frankfurt
Die Geschichte der österreichischen Update.com, das ist so etwas wie der lehrbuchhafte Sündenfall am Neuen Markt. Horrende Bewertungen, verfehlte Prognosen, überforderte Gründer, enttäuschte Aktionäre, Aderlass im Management - kein Kapitel aus dem Sündenkatalog der New Economy fehlt. Vertrauen wiederzugewinnen, das sei nun das wichtigste, sagt der neue Vorstandschef Gerhard Schuberth im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Und das ist in der Tat bitter nötig. Als die Commerzbank die Softwareschmiede Anfang April 2000 aufs Parkett brachte, veranschlagten die Emissionsbegleiter einen fairen Wert von bis zu 250 Mill. Euro. Knapp zwei Jahre und viele Tränen später attestiert die Börse den Österreichern noch ein Marktgewicht von 13,1 Mill. Euro.
Wer seit der Erstnotiz dabei ist, beklagt beinahe einen Totalverlust: Zu 23 Euro platziert, erlebten die Papiere einen kurzen Euphoriereflex auf 35,70 Euro, danach folgte der Absturz. Am Freitag kostete eine Aktie 1,46 Euro - immerhin: das Papier war auch schon für 1 Euro zu haben.
IPO-Ziele sind Makulatur
Die Ziele vom Börsengang sind sämtlich Makulatur: Statt der für 2001 erwarteten 41 Mill. Euro Umsatz stehen nach etlichen Prognosesenkungen nunmehr nur noch 16,5 Mill. Euro im Plan. Nach dem dritten Quartal schlägt ein operativer Verlust von 13,6 Mill. Euro zu Buche, die Commerzbank hatte beim IPO für 2001 ein operatives Minus von 6,7 Mill. Euro vorgezeichnet. Die Liste der Enttäuschungen lässt sich problemlos fortsetzen.
Die Unternehmensleitung habe immer nur großartige Pläne kommuniziert, die dann doch nicht eingetroffen sind, sagt Schuberth. Und der seit Juni amitierende Vorstandschef kramt in seinem österreichischen Wortschatz, um die Situation bei seinem Amtsantritt zu beschreiben. "Ein Mief" sei es gewesen, sagt er dann, und so wie das Unternehmen damals Kunden und Kapitalmarkt gleichermaßen behandelt hat - "sowas habe ich überhaupt noch nicht gesehen".
Schuberth setzt auf die Turnaround-Story. Vertrauen sei das wichtigste und dafür gelte es in erster Linie die Zahlen in Ordnung zu bringen. Die reduzierte Umsatzerwartung stamme denn auch von ihm, und, so sagt er: "Das Ziel ist erreicht". Ein Drittel der Belegschaft hat er abgebaut, fünf Entwicklungszentren geschlossen, Pläne für ein neues Geschäftsfeld ASP ( Softwarevermietung via Internet) aufs Eis gelegt und sich auf das Kerngeschäft Software für das Management von Kundenbeziehungen, kurz CRM, konzentriert. "Dabei musste ich nur ins Fett schneiden", sagt er.
"2002 auf jeden Fall Gewinn"
Die Organisation sei verschlankt worden, ohne die Kernkompetenz zu schwächen. Erste Erfolge seien sichtbar: Im Dezember habe das Unternehmen erstmals einen Vorsteuergewinn erwirtschaftet. Für 2002 verspricht Schuberth 30-prozentiges Wachstum und schwarze Zahlen: Auch wenn Update im ersten Halbjahr investitionsbedingt noch Verluste zeigen werde, im Gesamtjahr 2002, sagt er, " gibt es auf jeden Fall Gewinn".
Mit diesem Versprechen wird der neue Vorstandschef zwangsläufig auf Misstrauen stoßen, denn zu oft schon haben die Österreicher ihre Prognose verfehlt. "Vertrauen aufbauen", nennt er denn auch zum wiederholten Male als sein wichtigstes Ziel.
Das ist angesichts des Desasters nicht leicht: Sämtliche Analysten haben die Coverage eingestellt, mit einem durchschnittlichen täglichen Handelsvolumen von 26 000 Euro ist das Leichtgewicht vom Radarschirm institutioneller Investoren verschwunden. Ein Delisting sei erwogen worden, sagt Schuberth, doch die ausgearbeiteten Pläne seien dann wieder in der Schublade verschwunden. Derzeit jedenfalls sei der freiwillige Abschied vom Parkett kein Thema. Am Zwangsdelisting für Penny-Stocks lässt er indes kein gutes Haar: "Das hat viele Unternehmen unnötigen Spekulationen ausgesetzt".
Schuberth blickt nach vorn. Die Gesellschaft ist finanzschuldenfrei, in der Kasse lagen trotz einer zwischenzeitlich erheblichen Burn-rate Ende 2001 noch 8 Mill. Euro, und die Software gilt in Fachkreisen als exzellent. Das kann er auf der Haben-Seite verbuchen. Ob die Fakten am Kapitalmarkt auch nachhaltig wieder Gehör finden, hängt schlicht davon ab, dass Update zum ersten mal in seiner Börsenhistorie das Versprochene auch liefert. Erste Roadshows unter der neuen Führung sind jedenfalls schon wieder in Vorbereitung, nach dem Zahlenordnen wartet die Herkulesaufgabe, institutionelles Interesse zu wecken.
Als äußeres Zeichen für die Abkehr von den Fehlern der New-Economy soll in Kürze das dotcom-Anhängsel aus dem Namen verschwinden. Schuberth will für Update ein Seriositäts-Update. Sollte das Vorhaben fehlschlagen, bleiben die Wiener nur mehr eine Fußnote in der langen Geschichte geplatzter Hoffnungen am Neuen Markt.
Börsen-Zeitung, 2.2.2002
Die Eckdaten:
Update.com Software AG
update.com software AG, Operngasse 17 - 21, A-1040 Wien,
Tel.: +43/1/878 55-0, Fax: +43/1/878 55-200,
investor.relations@update.com
www.update.com/
Hauptanteilseigner 30.09.01 Zum Börsengang
Dipl.-Ing. Arno Huber 9,04% 9,10%
Helmut Mangold 3,52% 4,37%
3i Austria Beteiligungs GmbH 4,45% 4,51%
Private Equity Bridge Invest Ltd. 3,43% 3,47%
Gilbert Hödl 8,99% 0,00%
Rest 0,07% 43,01%
Streubesitz 70,50% 35,54%
Notierungsaufnahme 11.04.00
WKN 934523
Reuterskürzel UP2
Konsortialführer Commerzbank AG
Designated Sponsors Lang & Schwarz Wertpapierhandel AG, Commerzbank AG
Bookbuilding-Spanne 19 bis 23 Euro
Platzierungspreis 23 Euro
Platzierungsvolumen 3,2 Mill. Aktien
davon Mittelzufluß an das Unternehmen 43,68 Mill. Euro
Aktueller Kurs am 01.02.02, 15 Uhr 1,40 Euro
Durchschnittliches Handelsvolumen der vergangenen 30 Tage 26.087,93 Euro
Marktkapitalisierung am 01.02.02, 15 Uhr 13,1 Mill. Euro
Anzahl der ausgegebenen Aktien 9,38 Millionen
Grundkapital 9,38 Mill. Euro
liquide Mittel (30.09.02) 9,5 Mill. Euro
Mitarbeiter (30.09.02) 190
in Mill. Euro 30.09.01, 9-Monats-Bericht 2000 beim Börsengang für 2000 erwartet
Umsatz 11,5 5,1 27,2
Jahresfehlbetrag minus 15,8 minus 32,2 minus 12,4
Investor Relationsseite www.update.com/d_investors_shareh.html
Geschäftsberichte www.update.com/scripts/popup/
d_popup_download_frameset.asp?file_cat=2&
no_country_list=yes&no_lang_list=yes&no_cat_list=true
Kursinformationen zur Update.com AG
Stammdaten der Update.com AG (nur für Abonnenten)
BZ-Archiv zur Update.com AG (nur für Abonnenten)
Termine
Geschäftsbericht 2001 Mai
Bericht zum ersten Quartal 2002 Mai
Hauptversammlung 15.05.02
Bericht zum ersten Halbjahr 2002 Ende August / Anfang September
Broker Empfehlung Datum
Invera GmbH Sell 11.09.01
Af Securities Ltd Underperform 14.08.01
Performaxx AG Underweight 07.05.01
Independent Research Sell 04.05.01
Quellen: Deutsche Börse, Comdirect,Update.com, Bloomberg, Börsen-Zeitung