Konzentrieren Sie sich nur auf das Erholungspotential
Am 11. September 2001 war Stunde Null für die Gefühle der Menschen. Am 21.09.01 war die Stunde Null für die Börsianer, nämlich der Kollaps. Das hat die Situation zweifellos in erheblichem Maße verändert. Alle, die weniger als 15 Jahre Börsenerfahrung haben, müssen völlig neu lernen. Alle diejenigen, die eine längere Börsenerfahrung mitbringen, müssen in ihrem Erfahrungsschatz kramen. Denn:
60 % DAX-Rückgang von Spitze zu Spitze (8300 und 3600) sind seit dem letzten Kriege noch nicht dagewesen. Das ist der größte Verlust im DAX seit sogar über 70 Jahren, alle Kriege inbegriffen. Es liegt auf der Hand, daß die bisherige Beurteilung so mancher Aktien seitens vieler Analysten obsolet ist. Jetzt zählen keine Storys und fantasievollen Potentiale, die in Produkten, Firmen und mithin Kursen enthalten sind. Jetzt geht es um Fakten.
1. Jedem Börsenkollaps folgt stets eine gravierende Erholung. Diese hat mit dem langfristigen Trend noch nichts zu tun. Sie ist zunächst eine normale Reaktion auf einen Kollaps, wie mit den eingangs erwähnten Daten beschrieben. Das Erholungspotential errechnet sich für den DAX auf ca. 25 - 30 % oder einfacher gesagt: Es reicht bis zu den Kursen, die Ende August/Anfang September gültig waren.
2. Eine fundamentale Neueinschätzung ist noch nicht möglich. Dies bestimmen die Unternehmenszahlen, die in den nächsten 2 Monaten darauf abgestellt sind, ob und in welchem Umfange die Konjunktur-Abschwächung auf die Gewinne durchschlägt oder aber auch das New Yorker Attentat im gewissen Umfange Einfluß darauf hat. Ab November/Dezember läßt sich dies besser darstellen.
3. Das Konjunkturbild ist weniger schlecht, als in den Medien kommentiert. Das europäische Bild folgt allerdings dem amerikanischen Vorbild. Eine Abschwächung der Europa-Konjunktur war schon ziemlich schlüssig im Sommer erkennbar. Ist das Ganze eingepreist?
4. Die Gewinne der großen Unternehmen sind in Deutschland zu 80 % konjunkturabhängig und nur zu 20 % von spezifischen Eigenleistungen des Managementes. In den USA taxiert man diese Relation auf etwa 60:40 %. Unverkennbar ist also die Dominanz der Rahmenbedingungen beiderseits des Atlantiks. Das hat zur Folge:
5. Die amerikanischen Gewinnwarnungen haben einen stark hyperzyklischen Charakter, speziell in den Technologie-Sektoren. Das liegt an einer Besonderheit. Im Boom der letzten 5 Jahre wurden Lagerbestände aufgebaut, die bei einer Marktschwäche ohne Rücksicht auf Preisverluste radikal geräumt werden. Darauf beruht ein großer Teil der massiven Gewinneinbrüche. Ein weiterer Bereich entfällt auf die spezielle Art und Weise der sog. Goodwill-Abschreibungen. Demgegenüber ist das eigentliche operative Ergebnis keineswegs so zusammengedrückt worden, wie aus den Statements verlautet. Da die amerikanischen Unternehmen darauf sofort mit Entlassungen reagieren, die kurzfristig realisiert werden können, ist die Erlangung einer auskömmlichen Gewinntendenz viel schneller möglich als in Europa. Resultat daraus:
6. Die amerikanischen Firmengewinne werden sich im nächsten Jahr schon sehr zügig verbessern. Sie werden nicht explodieren, aber die Positiv-Korrekturen werden deutlich überwiegen. In den Europa-Sektoren schlägt sich dies erst langsamer nieder. Erst mit dieser Einschätzung ist im Jahresverlauf 2002 mithin auch eine längerfristige Börsentendenz zu definieren.
7. Zunächst geht es also um das Erholungspotential. Ergänzend zu oben: In den amerikanischen Blue Chips ist es kleiner, weil sie weniger stark abgestürzt sind. In den dortigen Technologie-Aktien ist es deutlich größer, weil nach 80 % Kursverlust ein 100 %-Trading-Gewinn auf der Basis der Tiefstkurse fast normal ist. Darin liegt für die kommenden 2 - 4 Monate die interessanteste Chance für alle Privatanleger.
8. Jede alte Einschätzung vom Sommer sowohl fundamental als auch technisch ist durch die Ereignisse vom 11. bzw. 21.09.01 überflüssig geworden. In diesen Einschätzungen liege ich im übrigen ebenfalls nicht richtig. Festzustellen bleibt allerdings: Die grundsätzliche Beurteilung hat sich nicht geändert, doch es macht eine Baisse zur Baisse, wenn 90 % aller Aktien in der gleichen Weise deutlich nach unten einbrechen.
Das Fazit für den Anleger im September: Konzentrieren Sie sich nur auf das Erholungspotential. Das ist zu 80 % ein markttechnisches Thema und ohne Charts und die Neben-Indikatoren nicht lösbar. Dazu kommt die eine oder andere Analysten-Meinung, die jedoch von nicht ausschlaggebender Bedeutung ist. Im November/Dezember sehen wir uns wieder.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
10.10.2001 14:08
Am 11. September 2001 war Stunde Null für die Gefühle der Menschen. Am 21.09.01 war die Stunde Null für die Börsianer, nämlich der Kollaps. Das hat die Situation zweifellos in erheblichem Maße verändert. Alle, die weniger als 15 Jahre Börsenerfahrung haben, müssen völlig neu lernen. Alle diejenigen, die eine längere Börsenerfahrung mitbringen, müssen in ihrem Erfahrungsschatz kramen. Denn:
60 % DAX-Rückgang von Spitze zu Spitze (8300 und 3600) sind seit dem letzten Kriege noch nicht dagewesen. Das ist der größte Verlust im DAX seit sogar über 70 Jahren, alle Kriege inbegriffen. Es liegt auf der Hand, daß die bisherige Beurteilung so mancher Aktien seitens vieler Analysten obsolet ist. Jetzt zählen keine Storys und fantasievollen Potentiale, die in Produkten, Firmen und mithin Kursen enthalten sind. Jetzt geht es um Fakten.
1. Jedem Börsenkollaps folgt stets eine gravierende Erholung. Diese hat mit dem langfristigen Trend noch nichts zu tun. Sie ist zunächst eine normale Reaktion auf einen Kollaps, wie mit den eingangs erwähnten Daten beschrieben. Das Erholungspotential errechnet sich für den DAX auf ca. 25 - 30 % oder einfacher gesagt: Es reicht bis zu den Kursen, die Ende August/Anfang September gültig waren.
2. Eine fundamentale Neueinschätzung ist noch nicht möglich. Dies bestimmen die Unternehmenszahlen, die in den nächsten 2 Monaten darauf abgestellt sind, ob und in welchem Umfange die Konjunktur-Abschwächung auf die Gewinne durchschlägt oder aber auch das New Yorker Attentat im gewissen Umfange Einfluß darauf hat. Ab November/Dezember läßt sich dies besser darstellen.
3. Das Konjunkturbild ist weniger schlecht, als in den Medien kommentiert. Das europäische Bild folgt allerdings dem amerikanischen Vorbild. Eine Abschwächung der Europa-Konjunktur war schon ziemlich schlüssig im Sommer erkennbar. Ist das Ganze eingepreist?
4. Die Gewinne der großen Unternehmen sind in Deutschland zu 80 % konjunkturabhängig und nur zu 20 % von spezifischen Eigenleistungen des Managementes. In den USA taxiert man diese Relation auf etwa 60:40 %. Unverkennbar ist also die Dominanz der Rahmenbedingungen beiderseits des Atlantiks. Das hat zur Folge:
5. Die amerikanischen Gewinnwarnungen haben einen stark hyperzyklischen Charakter, speziell in den Technologie-Sektoren. Das liegt an einer Besonderheit. Im Boom der letzten 5 Jahre wurden Lagerbestände aufgebaut, die bei einer Marktschwäche ohne Rücksicht auf Preisverluste radikal geräumt werden. Darauf beruht ein großer Teil der massiven Gewinneinbrüche. Ein weiterer Bereich entfällt auf die spezielle Art und Weise der sog. Goodwill-Abschreibungen. Demgegenüber ist das eigentliche operative Ergebnis keineswegs so zusammengedrückt worden, wie aus den Statements verlautet. Da die amerikanischen Unternehmen darauf sofort mit Entlassungen reagieren, die kurzfristig realisiert werden können, ist die Erlangung einer auskömmlichen Gewinntendenz viel schneller möglich als in Europa. Resultat daraus:
6. Die amerikanischen Firmengewinne werden sich im nächsten Jahr schon sehr zügig verbessern. Sie werden nicht explodieren, aber die Positiv-Korrekturen werden deutlich überwiegen. In den Europa-Sektoren schlägt sich dies erst langsamer nieder. Erst mit dieser Einschätzung ist im Jahresverlauf 2002 mithin auch eine längerfristige Börsentendenz zu definieren.
7. Zunächst geht es also um das Erholungspotential. Ergänzend zu oben: In den amerikanischen Blue Chips ist es kleiner, weil sie weniger stark abgestürzt sind. In den dortigen Technologie-Aktien ist es deutlich größer, weil nach 80 % Kursverlust ein 100 %-Trading-Gewinn auf der Basis der Tiefstkurse fast normal ist. Darin liegt für die kommenden 2 - 4 Monate die interessanteste Chance für alle Privatanleger.
8. Jede alte Einschätzung vom Sommer sowohl fundamental als auch technisch ist durch die Ereignisse vom 11. bzw. 21.09.01 überflüssig geworden. In diesen Einschätzungen liege ich im übrigen ebenfalls nicht richtig. Festzustellen bleibt allerdings: Die grundsätzliche Beurteilung hat sich nicht geändert, doch es macht eine Baisse zur Baisse, wenn 90 % aller Aktien in der gleichen Weise deutlich nach unten einbrechen.
Das Fazit für den Anleger im September: Konzentrieren Sie sich nur auf das Erholungspotential. Das ist zu 80 % ein markttechnisches Thema und ohne Charts und die Neben-Indikatoren nicht lösbar. Dazu kommt die eine oder andere Analysten-Meinung, die jedoch von nicht ausschlaggebender Bedeutung ist. Im November/Dezember sehen wir uns wieder.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
10.10.2001 14:08