Alan Greenspan spricht Tacheles
Mit der Formulierung „Irrationale Übertreibung“
brannte sich US-Notenbankchef Alan Greenspan vor
gut fünf Jahren unauslöschlich in die Erinnerung der
Börsianer ein. Seither werden die Investoren
vorsichtig, wenn der FED-Chef ans Rednerpult tritt.
Recht so. Immerhin weiß der seit fast fünfzehn Jahren
amtierende Notenbankchef, wovon er spricht. Am
vergangenen Freitag nun hat sich Mr. Greenspan
erstmals seit der Weihnachtspause wieder öffentlich
geäußert. Wieder hingen die Investoren an seinen
Lippen. Ihr Wunschprogramm lautete: „Die
Wirtschaft hat die Wende geschafft, Zinssenkungen
sind nicht mehr nötig, Zinserhöhungen aber noch
lange nicht in Sicht.“ So hätte es sich doch leben
lassen. Aber der FED-Chef tat alles andere, als den
Investoren nach dem Mund zu reden. Sein Statement
sinngemäß:
Die momentanen Stablisierungszeichen sind nicht von
der Hand zu weisen, aber dennoch unterliegt die
Konjunktur weiterhin signifikanten Risiken. So
könnten steigende Hypothekenzinsen die Erholung im
Jahresverlauf belasten. Für einen tragenden
Aufschwung bedarf es vor allem einer deutlichen
Belebung der privaten Nachfrage und einer
dauerhaften Verbesserung der Unternehmensgewinne.
Diese Erkenntnisse hatten wir bereits vor Wochen
hervorgehoben. Und niemand, der sich mit der
Wirtschaft ernsthaft beschäftigt, kann und konnte zu
einer anderen Aussage gelangen als Mr. Greenspan.
Und doch:
Erst, als der „Maestro“ mit seinen eigenen Worten
aussprach, was jeder hätte wissen können, reagierten
die Märkte, die zuvor gestiegen waren, als gäbe es
diese „signifikanten Risiken“ nicht. Aber die Realität
holt alles und jeden ein. Die Rede des FED-Chefs hat
einen Rücksetzer ausgelöst, der in die überfällige
Korrektur der Rallye seit dem 21. September münden
dürfte. Für manchen überraschend, für Sie nicht. Wir
hatten Sie auf die „Risiken“ ebenso vorbereitet wie
auf die Korrektur. Das absolute Highlight dieser
Greenspan-Episode ist jedoch erst am Dienstag
erfolgt:
Denn offenbar hatte der Regierung unter George
„Brezel“ Bush Greenspans Warnungen nicht in den
Kram gepasst. Prompt wurde Finanzminister O’Neill
an die Front geschickt. In einer Rede am Dienstag
verkündete er, man habe Greenspan in mancher
Hinsicht falsch verstanden. Er selbst sehe klare
Zeichen einer Stabilisierung und sei zuversichtlich,
dass die USA Ende 2002 wieder eine Wachstumsrate
von über drei Prozent erreichen werden.
Klasse! Fehlt nur noch die „ruhige Hand“. Wenn hier
jemand Fachmann ist, dann Mr. Greenspan, nicht der
durch Hand auflegen zum Finanzminister avancierte
O’Neill. Zumal: Ich habe diese Rede ebenso wie die
von O’Neill live verfolgt und darf Ihnen versichern:
Greenspan war deutlich wie selten. Da gab es
wirklich nichts falsch zu verstehen! Und immerhin,
wir kennen das ja von zu Hause: Was tönte doch die
Regierung im vergangenen Januar von Wachstum,
was kam dabei heraus ...
Mit besten Wünschen für ein erfolgreiches
Börsenjahr
Ronald Gehrt
Mit der Formulierung „Irrationale Übertreibung“
brannte sich US-Notenbankchef Alan Greenspan vor
gut fünf Jahren unauslöschlich in die Erinnerung der
Börsianer ein. Seither werden die Investoren
vorsichtig, wenn der FED-Chef ans Rednerpult tritt.
Recht so. Immerhin weiß der seit fast fünfzehn Jahren
amtierende Notenbankchef, wovon er spricht. Am
vergangenen Freitag nun hat sich Mr. Greenspan
erstmals seit der Weihnachtspause wieder öffentlich
geäußert. Wieder hingen die Investoren an seinen
Lippen. Ihr Wunschprogramm lautete: „Die
Wirtschaft hat die Wende geschafft, Zinssenkungen
sind nicht mehr nötig, Zinserhöhungen aber noch
lange nicht in Sicht.“ So hätte es sich doch leben
lassen. Aber der FED-Chef tat alles andere, als den
Investoren nach dem Mund zu reden. Sein Statement
sinngemäß:
Die momentanen Stablisierungszeichen sind nicht von
der Hand zu weisen, aber dennoch unterliegt die
Konjunktur weiterhin signifikanten Risiken. So
könnten steigende Hypothekenzinsen die Erholung im
Jahresverlauf belasten. Für einen tragenden
Aufschwung bedarf es vor allem einer deutlichen
Belebung der privaten Nachfrage und einer
dauerhaften Verbesserung der Unternehmensgewinne.
Diese Erkenntnisse hatten wir bereits vor Wochen
hervorgehoben. Und niemand, der sich mit der
Wirtschaft ernsthaft beschäftigt, kann und konnte zu
einer anderen Aussage gelangen als Mr. Greenspan.
Und doch:
Erst, als der „Maestro“ mit seinen eigenen Worten
aussprach, was jeder hätte wissen können, reagierten
die Märkte, die zuvor gestiegen waren, als gäbe es
diese „signifikanten Risiken“ nicht. Aber die Realität
holt alles und jeden ein. Die Rede des FED-Chefs hat
einen Rücksetzer ausgelöst, der in die überfällige
Korrektur der Rallye seit dem 21. September münden
dürfte. Für manchen überraschend, für Sie nicht. Wir
hatten Sie auf die „Risiken“ ebenso vorbereitet wie
auf die Korrektur. Das absolute Highlight dieser
Greenspan-Episode ist jedoch erst am Dienstag
erfolgt:
Denn offenbar hatte der Regierung unter George
„Brezel“ Bush Greenspans Warnungen nicht in den
Kram gepasst. Prompt wurde Finanzminister O’Neill
an die Front geschickt. In einer Rede am Dienstag
verkündete er, man habe Greenspan in mancher
Hinsicht falsch verstanden. Er selbst sehe klare
Zeichen einer Stabilisierung und sei zuversichtlich,
dass die USA Ende 2002 wieder eine Wachstumsrate
von über drei Prozent erreichen werden.
Klasse! Fehlt nur noch die „ruhige Hand“. Wenn hier
jemand Fachmann ist, dann Mr. Greenspan, nicht der
durch Hand auflegen zum Finanzminister avancierte
O’Neill. Zumal: Ich habe diese Rede ebenso wie die
von O’Neill live verfolgt und darf Ihnen versichern:
Greenspan war deutlich wie selten. Da gab es
wirklich nichts falsch zu verstehen! Und immerhin,
wir kennen das ja von zu Hause: Was tönte doch die
Regierung im vergangenen Januar von Wachstum,
was kam dabei heraus ...
Mit besten Wünschen für ein erfolgreiches
Börsenjahr
Ronald Gehrt