Hightech-Papiere reißen Kurse nach unten
Absturz am Neuen Markt, Schwäche in den USA: Schwergewichte wie T-Aktie, Siemens und Münchener Rück geben deutlich nach. Der Nemax 50 fällt um mehr als fünf Prozent.
Frankfurt am Main - Die amerikanischen Aktienmärkte haben am Montag im roten Bereich eröffnet und sich weiter verschlechtert. Der Dow Jones gab bis 16.55 Uhr 0,6 Prozent auf 9929 Zähler ab. Der Nasdaq Composite fiel unter die psychologisch wichtige Marke von 2000 Punkten und gab 1,3 Prozent nach. Der Dax baute seine Verluste auf 2,3 Prozent oder 5089 Zähler aus. Am Neuen Markt notierte der Nemax 50 auf 1183 Zählern, ein Minus von 5,6 Prozent.
Händler in New York machten für die schwache Tendenz zwei Faktoren verantwortlich: Notenbankchef Alan Greenspan hatte am Freitag trotz einiger Anzeichen für ein Ende der Rezession von nach wie vor "erheblichen Risiken" für die amerikanische Wirtschaft gesprochen. Zudem wollten Investoren die zahlreichen Quartalsergebnisse von US-Konzernen abwarten. Allein elf Unternehmen aus dem Dow werden ihre Zahlen in dieser Woche präsentieren.
Merrill Lynch senkt Aktienanteil in Musterdepot
Andererseits sorgte die US-Investmentbank Merrill Lynch vor Handelsaufnahme für negative Stimmung bei den Aktien-Anlegern. Der Chef-Stratege des Instituts für die USA, Richard Bernstein hatte gesagt, das die jüngsten Kursgewinne der Aktien die Möglichkeit für Vermögensumschichtungen böten. In seinem Modell-Portfolio senkte vor diesem Hintergrund den Aktienanteil von 60 Prozent auf 50 Prozent während er die Quote der Anleihen von 20 auf 30 Prozent erhöhte. Die gegenwärtigen Kursniveaus bei Aktienwerten nannte Bernstein "extrem".
Unter Druck gerieten Telekomaktien. AT&T gaben rund drei Prozent ab. Papiere der hoch verschuldeten Nextel verloren nach zahlreichen Abstufungen knapp neun Prozent. Zuvor hatte das Investmenthaus Lehman Brothers die gesamte Mobilfunkbranche in den USA abgestuft.
Alan Greenspan habe nicht viel Neues gesagt, sagte ein Händler in Frankfurt. Deshalb seien die Anleger vorsichtig und nähmen Gewinne mit. Das sei auch kein Wunder, viele Titel notierten angesichts der Wirtschaftslage immer noch auf einem zu hohen Niveau. Zwar schürten die Kommentare von Greenspan die Hoffnung, dass er Ende Januar noch einmal die Zinsen senken könnte, aber selbst diese Phantasie schlage sich nicht in Kursaufschlägen nieder: "Es ist die Frage, ob eine weitere Zinssenkung die Wirtschaft rettet."
Zudem präsentierte sich die Börse im Vorfeld wichtiger Unternehmenszahlen nervös. Nach den kräftigen Kursgewinnen in den vergangnen Wochen seit Mitte September müssten nun erste handfeste Beweise für die erwartete Erholung der US-Wirtschaft und damit der Unternehmensgewinne vorgelegt werden, hieß es von Händlerseite.
Nur RWE noch im Plus
Unter den Dax-Titeln standen lediglich nur noch die Papiere von RWE (plus 1,27 Prozent auf 43 Euro) leicht im Plus. Am anderen Ende waren die Papiere der Deutsche Telekom mit einem Abschlag von rund vier Prozent auf 17,50 Euro größter Verlierer im Dax. "Der Kurs wird nicht von Unternehmenszahlen der Deutschen Telekom belastet, er ist eher Ausdruck einer allgemeinen Unsicherheit der Märkte", sagte der Analyst Frank Wellendorf von der WestLB Panmure.
Nach Presseberichten wird die Telekom auch für das Jahr 2001 eine Dividende zahlen. Marktbeobachter erklärten, es kämen Zweifel auf, ob der Konzern sich angesichts des zu erwartenden schwachen Ergebnisses eine Dividende überhaupt leisten könne. Zwar könnte dafür eine neue Anleihe begeben werden, fraglich sei allerdings, ob dies eine "gesunde Geschäftspolitik" sei und angesichts der zu verwartenden Verluste in 2001 nicht eine gekürzte oder gar keine Dividende sinnvoller seien.
Epcos verlor 1,70 und fiel unter die Marke von 49 Euro. Die Siemens-Tochter hatte angekündigt, keine Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr auszuzahlen. "Wir haben immer gesagt, dass wir Dividenden nur in Ausnahmejahren zahlen", sagte ein Sprecher. Ansonsten setze Epcos das Geld ein, um sein weiteres Wachstum zu finanzieren, hieß es. Im Vorjahr hatte das Unternehmen Rekorde erreicht und noch eine Dividende von einem Euro je Aktie gezahlt.
Siemens verloren vor der Hauptversammlung am Donnerstag rund drei Prozent auf 73 Euro. Infineon-Papiere dagegen konnten ins Plus drehen und notierten wieder auf Vortagesniveau 25,60 Euro. Dresdner Kleinwort Wasserstein hatte die Aktie am Montag zum Kauf empfohlen. Vermutlich wurde das Papier auch davon beflügelt, dass das Investmenthaus Merrill Lynch seine Prognosen für den Halbleiterabsatz für dieses Jahr deutlich angehoben hat. In der am Montag in London vorgestellten Studie rechnen die Analysten weltweit mit einer Ausweitung des Absatzes von Halbleiterprodukten um 6,5 Prozent. Damit würden die Verkäufe, in USD gerechnet, wieder annähernd den Werten des Jahres 1999 entsprechen.
SAP reihten sich mit einem Verlust von rund 1,50 Prozent in die Reihe der Verlierer ein.
Die Titel des der Pharma- und Chemieriesen Bayer gaben rund zwei Prozent auf 36,45 Euro nach. Unternehmenschef Manfred Schneider, rechnet damit, dass sich der angeschlagene Konzern im laufenden Jahr wieder erholt. Dies konnte dem Papiere allerdings nicht auf die Beine helfen. SEB setzte die Aktie am Montag auf seine Verkaufsliste. Der Druck auf das Papier nehme von allen Seiten zu. Bayer leide unter der aktuell flauen Chemikonjunktur. Der Ausgang des Lipobay-Desasters sei angesichts der angestrebten Sammelklage in den USA völlig ungewiss. Der dritte ungelöste Fall: Die Pharma-Sparte Bayers, die zuletzt mehrmals Schiffbruch erlitten habe, sei im internationalen Vergleich nach wie vor nicht nur zu klein, sondern auch unter der Betrachtung auslaufender Patente vs. neu zu erwartende Blockbuster nicht gerade attraktiv.
Die Aktie des weltgrößten Rückversicherungskonzerns Münchener Rück hat 2,81 Prozent auf 283,80 Euro verloren. Die Analysten der Deutschen Bank und der Investmentbank Schroder Salomon Smith Barney (SSSB) hatten zu Börsenbeginn ihre Empfehlung für das Papier zurückgestuft.
Neuer Markt: Kaum Gewinner im Nemax 50
Der Neue Markt präsentierte sich zum Wochenanfang sehr schwach. Händler hatten bereits vor Börseneröffnung mit nachgebenden Kursen gerechnet, nachdem die Nasdaq am Freitag im Minus geschlossen hatte. Am Nachmittag notierten lediglich noch drei Titel im Auswahlindex Nemax 50 im Plus.
Größter Gewinner war die Aktie von Pandatel (plus 2,51 Prozent auf 11,80 Euro). Dahinter folgten die Titel von EM.TV mit einem Aufschlag von 1,6 Prozent auf 1,90 Euro. Dem Einstieg des neuen EM.TV-Chefs Werner Klatten als neuer Großaktionär bei dem krisengeschüttelten Medienkonzern steht nichts mehr im Wege. Klatten sichere sich aber nur ein Aktienpakt von 24,8 Prozent der Anteile, sagte ein Sprecher Klattens am Montag in München. Ursprünglich war die Übernahme von 25,1 Prozent der Anteile angekündigt. Damit hätte sich Klatten eine Sperrminorität gesichert, mit der wichtige Entscheidungen blockiert werden können. Klatten wird das Aktienpaket nach eigenen Angaben am 31. Januar von seinem Vorgänger Thomas Haffa übernehmen.
Sinkende Kurse gab es hingegen bei Freenet und Mobilcom . Laut einem Pressebericht will der Internetanbieter die Festnetzsparte der Konzernmutter übernehmen. Dadurch entstünde der drittgrößte Anbieter von Telefon- und Datendiensten im deutschen Festnetz. Freenet-Titel lagen mit 9,88 Prozent im Minus bei 11,40 Euro. Mobilcom-Papiere verbilligten sich um mehr als fünf Prozent auf 24,10 Euro.
Tief in die Verlustzone rutschten Balda . Der Handy-Komponentenhersteller hat nicht nur für das abgelaufene Geschäftsjahr 2001 einen um 2,7 Prozent niedrigeren Umsatz ausgewiesen, sondern auch gleich die Umsatzerwartungen für 2002 nach unten geschraubt. Die Anteilsscheine verbilligten sich um 14,50 Prozent auf 7,25 Euro.
Ein Minus von 6,45 Prozent auf 7,11 Euro verzeichneten Steag HamaTech. Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" plant die Muttergesellschaft Steag mittelfristig den Verkauf des Herstellers von Produktionsanlagen für optische Speichermedien. Auftragsrückgänge und Preiseinbrüche seien immer weniger zu verkraften, hieß es.