Insolvenzverwalter: Biodata soll künftig nur noch Holding sein
Lichtenfels (vwd) - Die Biodata Information Technology AG, Lichtenfels,
soll nach Aussage des vorläufigen Insolvenzverwalters Fritz Westhelle
künftig nur noch als Holding fungieren. Für die börsennotierte Hülle mit
einer 100-prozentigen Tochter und zwei Minderheitsbeteiligungen werde noch
ein Finanzinvestor gesucht, sagte Westhelle auf einer Pressekonferenz am
Donnerstag in Lichtenfels. Attraktiv seien nicht nur der Aktienmantel - ein
Börsengang kostet gemeinhin einen siebenstelligen EUR-Betrag -, sondern auch
"irrsinnige Verlustvorträge" im dreistelligen Mio-DEM-Bereich, betonte der
Insolvenzverwalter.
Allerdings sei noch kein ernsthafter Interessent aufgetaucht. Der
Kaufpreis dürfte deutlich unter dem aktuellen Börsenwert von rund zehn Mio
EUR liegen, da zunächst ein Kapitalschnitt geplant sei, bevor der
potenzielle Investor über eine Kapitalerhöhung die Aktienmehrheit erhalte.
Klar sei, dass die AG im Rahmen eines Insolvenzverfahrens entschuldet
werden müsse. Wären alle Gläubiger bekannt, würde man es auch ohne Insolvenz
schaffen, hieß es. Allerdings stünde möglicherweise eine Reihe von Klagen
unbekannter Aktionäre an, deren Forderungen nicht quantifizierbar seien.
Zudem drohten auch von Seiten des Bundesaufsichtsamtes für den
Wertpapierhandel (BAWe) Strafen, "die nicht völlig abwegig sind", so
Westhelle. Die Entschuldung könnte über einen Insolvenzplan erfolgen.
Dabei würde den Gläubigern eine Quote von X-Prozent ihrer Forderungen
gezahlt. Der potenzielle Investor könnte noch Y-Prozent drauflegen,
verbunden mit der Zustimmung, auf sämtliche Restforderungen zu verzichten,
erklärte Westhelle. Sowohl die künftige Tochter in Dresden, in die ein Teil
des operativen Geschäfts eingebracht werden soll, als auch die eigenständige
Auffanggesellschaft sollen noch im Dezember gegründet werden.
Für die geplante Auffanggesellschaft, die in der Region bleiben soll,
gibt es Westhelle zufolge zwei Interessenten. Ob einer der beiden der
frühere Biodata-Vorstandsvorsitzende und Großaktionär Tan Siekmann ist,
wollte der Insolvenzverwalter nicht sagen. Von den derzeit 76 Mitarbeitern
in Lichtenfels könnten 25 bis 30 in Auffanggesellschaft weiter beschäftigt
werden. Bezüglich der restlichen Mitarbeiter sei er in sehr guten Gesprächen
mit dem Betriebsrat und hoffe, eine kurzfristige und soziale Lösung zu
finden. Derzeit seien noch keine Kündigungen ausgesprochen worden, es habe
lediglich Eigenkündigungen einiger Mitarbeiter gegeben.
Für das bisherige Kerngeschäft (Babylon-Produkte), das in die
Auffanggesellschaft überführt werden soll, sieht Westhelle innerhalb von
Biodata keine Zukunft. Die Produkte der künftigen Dresdner Tochter Dica
Technology Dresden GmbH seien ausgereifter und besser vermarktbar. Die 15
Auslandsniederlassungen, in die viel Geld investiert worden sei, würden
keine müde Mark mehr bekommen, versicherte der Insolvenzverwalter und fügte
hinzu, er verhandele gern mit Interessenten über einen Verkauf der
Vertriebsstützpunkte.
Unklar ist nach den Worten Westhelles die Zukunft der 35-prozentigen
Beteiligung an der auf digitale Bildersuche spezialisierten Cobion AG,
Kassel. Biodata besitze eine Option auf den Erwerb der restlichen 65 Prozent
im Frühjahr 2002. Auf der anderen Seite wolle der jetzige Eigentümer die 35
Prozent unbedingt wieder zurückkaufen. Man werde zu gegebener Zeit mit
Cobion verhandeln und den Gläubigern möglicherweise noch etwas
Insolvenzmasse zuführen können.
Mögliche Schadenersatzansprüche gegen (frühere) Mitglieder des Vorstands
und des Aufsichtsrats wollte der Insolvenzverwalter nicht ausschließen.
Bisher habe er sich in der Kürze der Zeit nicht darum kümmern können, werde
dies aber tun. Sofern sich sichere Anhaltspunkte für schuldhaftes Verhalten
ergäben, würden alle möglichen Schritte gegen die Beschuldigten unternommen.
Dies sei man den Gläubigern gegenüber schuldig, betonte Westhelle.
+++ Eddy Holetic
vwd/13.12.2001/eh/sei