Bill Gates und das richtige Pferd
Bill Gates nutzte auch das diesjährige Microsoft Research Faculty Summit für einen breit angelegten Diskurs über die Perspektiven der IT-Branche. Trustworthy Computing, verteiltes Rechnen, das vernetzte Heim, Window-Management und "tiny little PCs" sind keine neuen Schlagworte, mit denen der Chief Software Architect die anwesenden Wissenschaftler auf die Zukunft à la Microsoft einschwören wollte. Es scheint eher, als wolle Bill Gates ein für alle Mal klar machen, dass er auf das richtige Pferd gesetzt hat.
Einen Seitenhieb in Richtung der Konkurrenz, die sich in der Krise auf verschiedene Geschäftsbereiche stürzen, teilte Gates mit der Feststellung aus, es gebe für das Unternehmen genügend Möglichkeiten, wenn es sich auf den Software-Markt konzentriere, so wie es das von Anfang an getan habe. Microsoft werde keine Consulting-Firma oder ein Hardware-Unternehmen kaufen und der Konzern werde auch nicht in das Chipgeschäft einsteigen.
"Microsoft versucht und macht, was nur Microsoft tun kann", hob Gates seine Firma auf einen Sockel und unterstrich dies mit einem Vergleich der Software-Forschungsbudgets mit denen der Konkurrenz. Der Software-Riese investiere doppelt so viel wie der nächste Konkurrent, sagte Gates, und nannte IBM auch beim Namen, was Big Blue nicht schmecken dürfte. Und auch danach käme wieder eine große Lücke bis zum nächsten IT-Unternehmen.
Die Frage, was Microsoft denn nun genau mit den 49 Milliarden US-Dollar an liquiden Mitteln vorhabe, die der Konzern angehäuft hat, ist auch zu Bill Gates vorgedrungen, aber er mochte sie am Ende seiner Rede und auch nur am Rande streifen. Der Konzern habe sich einen Zeitrahmen von 10 Jahren gesetzt, in dem er für alles gewappnet sein wolle: Erhöhung der Forschungsgelder, Vergrößerung der Unternehmensteile und das Aufspüren und Lösen von Problemen. Zudem überdenke Microsoft seinen Umgang mit den Rücklagen.
Die angekündigte Erhöhung des Forschungs- und Entwicklungsetats um 8 Prozent auf 6,9 Milliarden US-Dollar für dieses Geschäftsjahr führe ohne Umwege zu 8 Prozent mehr Belegschaft, beteuerte Gates. Investitionen, die gleichzeitig für Hardware oder ähnliche Dinge nötig würden, seien marginal. In der Tat hatte sein Unternehmen vor kurzem angekündigt, die Belegschaft um 5000 Mitarbeiter vergrößern zu wollen. Die 6,9 Milliarden US-Dollar Investitionen werden sich auszahlen, prophezeit Gates vor allem in Richtung der Investoren, denn die digitale Dekade schreite voran.
Natürlich hat auch Bill Gates gemerkt, dass es momentan mit der Wirtschaft nicht zum Besten steht. Die "explosiven Jahre" von 1998 bis 2000 seien vorbei. Seit 2001 sinken die IT-Investitionen und es gebe eine "Sicherheitskrise", für die Gates stellvertretend die Viren Nimda und Slammer anführte. Auch Spam sei ein gravierendes Problem.
Doch auch in den "explosiven Jahren" habe die IT-Branche beispielsweise in Sachen E-Commerce nur an der Oberfläche der Möglichkeiten gekratzt. Es seien bislang nur zehn Prozent dessen realisiert, was möglich sei. Alles, was in besseren Zeiten angedacht und geplant wurde, werde auch umgesetzt werden, glaubt Gates. Es werde nur länger dauern. Davon werde natürlich auch Microsoft profitieren. In drei Jahren würden beispielsweise 30 Prozent der Autos mit einem Windows-CE-Display durch die Gegend fahren; in Japan und Europa mehr noch als in den USA.
Seine rhetorische Frage, "Welche andere Wissenschaft kann die Welt mehr verändern als die Computerwissenschaft?", hat Bill Gates für sich selbst jedenfalls längst beantwortet. (anw/c't)
MfG: Kursmacher