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Bären am Drücker?
Die ersten beiden Handelstage in dieser Woche standen in den USA unter dem Einfluss ungünstiger Wirtschaftsnachrichten. Da konnte auch der weiter abstürzende Ölpreis nicht helfen.
Wal-Mart Stores, der größte Einzelhändler der Welt, rechnet für Dezember mit einem Wachstum der vergleichbaren (same-store) Umsätze von 1 bis 3 Prozent. Das ist die niedrigste Zuwachsprognose seit 19 Monaten. Das Unternehmen hatte schon mit seiner Umsatzentwicklung im November enttäuscht. Dass es sich hier nicht um eine Einzelentwicklung handelt, zeigen vergleichbare Nachrichten von anderen Ladenketten.
Der nonfarm-Produktivitäts-Index wurde für das zurückliegende Quartal auf annualisiert plus 1,8 Prozent revidiert. Die erste Schätzung hatte 1,9 Prozent ergeben. Der Challenger-Report für November berichtet einen Wert von 104.530, das ist der dritte Monat in Folge, in der mehr als 100.000 Entlassungen angekündigt wurden. Das war zuletzt im Frühjahr 2002 der Fall. Gegenüber dem Vormonat ergibt sich eine Steigerung von 2,6 Prozent. Im November 2003 waren 99452 Entlassungsankündigungen gemeldet worden. Die Daten sind konsistent mit dem nach wie vor hohen Level der Erstanträge auf Arbeitslosigkeit.
Immerhin: Der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen in Deutschland erhöhte sich von 13,9 Punkten im November auf 14,4 Punkte für Dezember. Er steht damit allerdings weiter unter seinem historischen Mittelwert von rund 34,5 Punkten. Die aktuelle Konjunktursituation wird pessimistischer beurteilt. So verschlechterte sich der Indikator für die aktuelle Konjunktursituation von minus 57,8 auf nun minus 64,2 Punkte. Einerseits bereite der schwache Dollar Sorgen, andererseits stimme der Rückgang der Ölpreise die befragten Experten zuversichtlich, heißt es.
Die großen US-Aktienindices konnten ihr luftiges Niveau gestern nicht halten. Als die Halbleiteraktien nicht weiter kamen, wurden auf breiter Front Gewinne mitgenommen. Gleichzeitig begannen Euro und Yen Schwäche zu zeigen, was offenbar die Japaner ermutigte, über Nacht wieder ein paar Aktien zu kaufen.
Es scheint so, als positionierten sich die Märkte nun allmählich auf die am 14. Dezember anstehende Zinssitzung der Fed. Allgemein wird erwartet, dass der amerikanische Leitzins um 0,25 auf dann 2,25 Prozent erhöht wird. Der Dollar tendiert fester, der TBond-Future legt nicht weiter zu, Gold schwächelt. Was die weitere Entwicklung des Preises für das Schwarze Gold angeht, so wird viel vom heutigen Ölmarktbericht abhängen. Außerdem tagt am 10. Dezember die OPEC. Mancher Beobachter geht davon aus, dass hier eine Drosselung der Ölförderung beschlossen wird. Charttechnisch stehen Preisziele in der Gegend von 30 Dollar auf der Tagesordnung, falls die SKS-Formation im Chart bestätigt wird.
Aktien: Trotz weiteren Ölpreisrückgangs griff in der zweiten Hälfte der amerikanischen Börsensitzung gestern deutliche Schwäche um sich. Dow und S&P 500 fielen unter ihre einfachen 10- und 20-Tages-Schnitte. Der Dow rutschte gleichzeitig unter seine Baisselinie 2000, der S&P 500 setzte genau am unteren Rand seine kurzfristigen Aufwärtskanals auf. Der NDX verlor starke 1,9 Prozent, ihn konnte sein einfacher 10-Tages-Schnitt nicht bremsen.
Der SOX scheiterte an der Widerstandszone bei 450 und schloss unterhalb der wichtigen Marke von 440. Seine EMA200 verläuft aktuell waagerecht bei 427. Das könnte eine Anlaufsstation sein, an der sich entscheidet, wie es weiter geht. Der HGX beißt sich die Zähne daran aus, sein letztes Hoch bei 430 zu überwinden. Der DJT ist aus seinem kurzfristigen Aufwärtstrend herausgekippt. Der BTK fiel wieder unter seine Baisselinie 2000.
Inter-Market (10:00): Der Ölfuture markierte gestern intraday ein Drei-Monats-Tief bei 41,40 Dollar, heute morgen werden für Brent Oil 37,10 bezahlt. Der TBond-Future notiert aktuell gegenüber gestern 0,2 Prozent schwächer bei 112,45. Die Renditedifferenz am langen Ende ist nahezu unverändert. Der Zins für amerikanisches Drei-Monats-Geld steigt auf 2,2 Prozent. Gold fällt auf 445. Der Dollar gibt auf 1,3320 ab.
Markt-Interna: Das Handelsvolumen im S&P 500 lag gestern bei starken 1,94 Milliarden Aktien. Der bärischen Preis-Entwicklungen zuzuordnende Volumenanteil erhöht sich deutlich. Nicht bullisch.
Der VIX stieg um 3,6 Prozent auf 13,67, der S&P 500 fiel um 1,1 Prozent. Die VIX-Stochastik geht auf „Verkaufen“, der MACD bestätigt das. Die Indikation im VIX-Chart auf der Web-Seite der TimePattern ist „neutral“. Das Verhältnis zwischen VIX und S&P 500 tendiert im kurzfristigen Mittel nun nach unten. Die Korrelation zwischen VIX und Kursen liegt weiterhin im Normalbereich. Nicht bullisch.
Das Put/Call-Verhältnis (total PCR) zeigt konstant 0,75. Die Index-Derivateumsätze steigen und sind leicht überdurchschnittlich. Die Indikation ist „neutral“. Die Positionierung (PCR und Volumen zusammen) „pro Call“ geht weiter zurück, ist aber immer noch relativ hoch – vergleichbar mit Anfang Februar und Mitte April. Nicht bullisch.
Der TRIN notiert bei 1,52 sehr klar auf bärischem Boden („bear-ugly“). Der kurzfristige Durchschnitt drückt das untere Bollingerband nun dynamisch nach unten. Die Richtung seiner Mittellinie kippt ebenfalls. Nicht bullisch.
Bis hierher: Die Bullen haben das Zeitfenster für die Herausbildung einer nicht-normalen Korrelation (steigender VIX bei steigenden Kurse) als Voraussetzung für ein durchstartendes bullisches Extremszenario zunächst nicht nutzen können. Die bärischen Signale der Indikatoren verstärken sich. Aus Inter-Market-Sicht ist ein erstarkender Dollar nicht gerade das, worauf sich die Aktienbullen eingeschossen haben.
TimePatternAnalysis: Die Prognosemodelle der meisten Aktienindices bewegen sich gegenwärtig recht rasch in den Normalbereich zurück. In den großen amerikanischen Aktienindices liegen Down-Signale vor. Das gilt auch für den NDX. Beim SOX ist die Lage noch nicht eindeutig. Insgesamt sind die Plausibilitätsmaße für die Prognoseszenarien noch nicht besonders hoch.
Dollar und Gold sind gekippt. Die seit Mitte November sichtbaren Divergenzen zwischen Preisentwicklung und dahinterliegendem Zyklusgeschehen spielen sich nun aus. Gleiches gilt für HUI und DJT.
Beim Oil Brent wird weiterhin eine allerdings schwächer werdende Gegenreaktion angezeigt. Bei der Rendite der 10-jährigen TBonds wird Stabilisierung und danach Aufwärtspotenzial angezeigt. Der Nikkei wird verhalten positiv beurteilt.
Gesamteindruck: Die Bullen haben es erst einmal vermasselt. Die aufkeimenden bärischen Signale gewannen die Oberhand. Allerdings sieht das alles bisher nicht nach einer Trendwende aus. Die Short-Seite dürfte zunächst nur kurzfristig zu spielen sein – erst wenn die Zone von 1172 im S&P 500 fällt, wird’s ernster. Ernst wird’s bei 1160.
Zur Erinnerung: Ein schneller Move des VIX auf Werte um 16 war Ende Oktober dem letzten großen Bull-Run vorangegangen.
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