Die Bundesregierung will mit neuen Gesetzen Anlagebetrug und Insiderhandel schärfer bekämpfen. Für den Grauen Kapitalmarkt etwa gilt künftig Prospektpflicht. Auch vor Pleiten von Versicherern sollen Verbraucher besser geschützt werden.
Berlin - Mit einem umfangreichen Gesetzespaket will die Bundesregierung den Schutz der Anleger stärken und die Kontrollen der Bilanzen stärken. Das Bundeskabinett beschloss nach Angaben von Finanz- und Justizministerium am Mittwoch in Berlin insgesamt vier Gesetzesentwürfe.
Das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutz solle für die Anleger mehr Klarheit über Informationen aus dem Kapitalmarkt bringen und sie besser vor unzulässigen Marktpraktiken schützen. Mit der Novelle des Gesetzes zur Versicherungsaufsicht werde die Regierung die Auflagen für Rück-, Kranken- und Lebensversicherer verschärfen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche stärken.
Schließlich wolle man mit den Gesetzen zur Bilanzrechtsreform und Bilanzkontrolle Unternehmensabschlüsse einer besseren Prüfung unterwerfen und die Rolle der Bilanzprüfer stärken.
Bundesrat muss dem Gesetzespakt noch zustimmen
Die Gesetzesinitiativen sind Teil des von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) vorgestellten Zehn-Punkte-Plans zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland. Das Gesetzespaket soll bis auf wenige Ausnahmen bereits im Herbst oder zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten. Alle Vorhaben bedürfen der Zustimmung des Bundesrats.
Prospektpflicht für den Grauen Kapitalmarkt
Im Zuge eines verbesserten Anlegerschutzes soll eine Prospektpflicht für den so genannten Grauen Kapitalmarkt eingeführt werden. Dieser ist derzeit unreglementiert und unterliegt keiner staatlichen Aufsicht.
Allein im Jahr 2002 hat es nach Angaben des Finanzministeriums rund 15.700 Betrugsfälle in diesem Bereich gegeben. Durch eine Verbesserung der rechtlichen Aufsicht hofft die Regierung zudem auf verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten für kleinere und mittlere Unternehmen.
Insiderhandel: Künftig bereits der Versuch strafbar
Im Rahmen des Gesetzes soll auch schärfer gegen Insider-Handel vorgegangen werden. Künftig ist schon der Versuch strafbar und nicht mehr nur das abgeschlossene Geschäft. Zudem müssen alle Personen mit Führungsaufgaben sowie ihre Angehörige und Lebenspartner über Verkäufe von Beteiligungen am eigenen Unternehmen berichten.
Mit dem Versicherungsaufsichtsgesetz will die Bundesregierung nach Angaben des Finanzministeriums vor allem die Stabilität in der Versicherungswirtschaft stärken. Für Lebens- und Krankenversicherer sieht das Regelwerk einen Sicherungsfonds vor. Dieser soll künftig einspringen, wenn ein Versicherer zusammenbricht.
Das Volumen des Fonds für die Krankenversicherer soll 85 Millionen Euro, des für die Lebensversicherer 528 Millionen Euro betragen. Die Unternehmen sollen zu einer Grund-Einzahlung verpflichtet werden. Die Branche hat bereits Widerstand gegen die Regelung signalisiert.
Rückversicherer sollen nach dem Gesetzeswerk künftig eine Zulassung benötigen, um ihr Geschäft betreiben zu können. Insgesamt orientieren sich die neuen Regeln für die Rückversicherer eng an denen der Erstversicherer. Nach Angaben des Finanzministeriums wird damit die Wettbewerbsposition verbessert, da es ein Nachteil sei, aus einem schwach beaufsichtigten Markt zu kommen.
Prüfstelle für Bilanzen soll Arbeit aufnehmen
Mit den Gesetzen zur Kontrolle der Bilanzen reagiert die Bundesregierung nach Angaben des Bundesfinanzministeriums auf die lange Reihe von Unternehmensskandalen im In- und Auslang: "Wir wollen nach der Vertrauenskrise an den Finanzmärkten die Rahmenbedingungen des Finanzplatzes Deutschland verbessern", erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) deren Ministerium die beiden Bilanz-Gesetzeswerke führend erarbeitet hat.
Eine privatrechtlich organisierte, unabhängige Prüfstelle soll nach dem Regelwerk künftig die Unternehmensabschlüsse verstärkt prüfen. Die Ermittler sollen "auf der Basis freiwilliger Mitwirkung der Unternehmen" Konzern- und Jahresabschlüsse auf Fälschungen untersuchen können. Nur wenn sich ein konkreter Verdacht ergibt, werden staatliche Bilanzhüter eingeschaltet. Spätestens 2005 soll die Prüfstelle ihre Arbeit aufnehmen.
Mit dem Bilanzrechtsreformgesetz soll das Bilanzrecht in Richtung des International Accounting Standards (IAS) fortentwickelt und den Vorgaben der europäischen Gesetzgebung angepasst werden.