Beschleunigung im Microsoft-Verfahren
Von Martin Virtel, Hamburg, und Ulrike Sosalla, New York Im Kartellstreit mit dem Softwarehersteller Microsoft haben die US-Behörden eine Strategiewende eingeleitet. Das Justizministerium und die 18 Bundesstaaten bestehen nicht mehr auf der Zerschlagung des weltgrößten Softwarekonzerns.
Auch die Vorwürfe rund um die
mittlerweile veralteten Betriebssysteme Windows 95 und Windows 98 wollen die Kläger nicht weiter verfolgen. Stattdessen wolle man sich in dem Gerichtsverfahren dafür einsetzen, dass Microsofts wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken im Interesse der Verbraucher schnell und effektiv eingeschränkt werden, teilte das Justizministerium am Donnerstag in Washington mit. Microsoft hat sich nach Einschätzung der US-Justiz rechtswidriger Mittel bedient, um sein Monopol im Bereich PC-Betriebssysteme auf andere Märkte auszudehnen.
In der Frage der Bestrafung von Microsofts Vergehen wollen sich die Kläger nun auf die gerichtlich angeordnete Einschränkung der Geschäftspraktiken des Konzerns konzentrieren. "Das wird den Fortgang des Verfahrens etwas beschleunigen", schrieb Henry Blodget, Analyst bei der Investmentbank Merrill Lynch, in einer per E-Mail verschickten Notiz an Investoren.
Microsoft-Finanzchef John Connors sagte am Donnerstag lediglich, sein Unternehmen werde "weiterhin versuchen, eine schnelle und faire Lösung zu finden". Microsoft hatte in der Vergangenheit eine außergerichtliche Einigung angestrebt. Eine hoher Beamter des Justizministeriums in Washington sagte jedoch, die Strategie der Kläger sei nicht auf eine solche Einigung ausgerichtet. "Es wäre ein Fehler, unsere Ankündigung als eine Konzession zu werten", sagte der Beamte der Financial Times.
Windows XP unter Beobachtung
Die Behörden wählen mit ihrer Ankündigung eine in die Zukunft gewandte Strategie, die den Softwarehersteller noch empfindlicher treffen könnte als die Zerschlagung. Diese Maßnahme war im Sommer von einem Berufungsgericht als unverhältnismäßig hart verworfen worden.
Im Zielfernrohr befindet sich nun möglicherweise auch die neueste Version von Microsofts Betriebssystem, Windows XP. Das Justizministerium bestätigte, dass ein effektives Gegenmittel "jedes Produkt einschließt, das Microsoft verkauft", ohne Windows XP zu nennen.
Unternehmen wie AOL und Kodak hatten sich in den vergangenen Monaten über die neue Funktionen von Windows XP beklagt, die den Unternehmen zufolge den Wettbewerb behindern. Das derzeit laufende Verfahren gegen Microsoft war ebenfalls durch eine neue Windows-Version ausgelöst worden. Microsoft hatte seine Internet-Software Explorer mit Windows verknüpft und so den Konkurrenten Netscape, mittlerweile eine Tochterfirma von AOL, aus dem Markt gedrängt.
Andererseits wartet neben Microsoft auch die kränkelnde PC-Branche derzeit gebannt auf den Verkaufsstart von Windows XP Ende Oktober - in der Hoffnung, dass das neue Softwarepaket die stagnierenden Umsatzzahlen belebt.
Richard Gardner, Analyst bei der Investmentbank Salomon Smith Barney, sagte: "Wir glauben nicht, dass es eine einstweilige Verfügung gegen Windows XP gibt. Das Produkt ist einfach zu wichtig für die Branche." Beamte des Justizministeriums in Washington bestätigten am Donnerstag, dass nicht geplant sei, die Auslieferung von Windows XP durch eine Verfügung zu verzögern.
Aktienkurs gibt nach
Der Kurs von Microsoft an der Nasdaq in New York sank in Reaktion auf die Mitteilung des Justizministeriums in einem schwachen Marktumfeld um knapp ein Prozent auf 57,17 $.
Auch die Europäische Union (EU) führt ein Kartellverfahren gegen Microsoft, bei dem es um die Verknüpfung des Video- und Musikabspielprogrammes Media Player mit Windows sowie um Netzwerksoftware geht. Donnerstag war bekannt geworden, dass auch die südkoreanischen Wettbewerbsbehörden wegen Verdachtes auf einen Verstoß gegen das Kartellgesetz gegen das Softwareunternehmen ermitteln.
© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP
Von Martin Virtel, Hamburg, und Ulrike Sosalla, New York Im Kartellstreit mit dem Softwarehersteller Microsoft haben die US-Behörden eine Strategiewende eingeleitet. Das Justizministerium und die 18 Bundesstaaten bestehen nicht mehr auf der Zerschlagung des weltgrößten Softwarekonzerns.
Auch die Vorwürfe rund um die
mittlerweile veralteten Betriebssysteme Windows 95 und Windows 98 wollen die Kläger nicht weiter verfolgen. Stattdessen wolle man sich in dem Gerichtsverfahren dafür einsetzen, dass Microsofts wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken im Interesse der Verbraucher schnell und effektiv eingeschränkt werden, teilte das Justizministerium am Donnerstag in Washington mit. Microsoft hat sich nach Einschätzung der US-Justiz rechtswidriger Mittel bedient, um sein Monopol im Bereich PC-Betriebssysteme auf andere Märkte auszudehnen.
In der Frage der Bestrafung von Microsofts Vergehen wollen sich die Kläger nun auf die gerichtlich angeordnete Einschränkung der Geschäftspraktiken des Konzerns konzentrieren. "Das wird den Fortgang des Verfahrens etwas beschleunigen", schrieb Henry Blodget, Analyst bei der Investmentbank Merrill Lynch, in einer per E-Mail verschickten Notiz an Investoren.
Microsoft-Finanzchef John Connors sagte am Donnerstag lediglich, sein Unternehmen werde "weiterhin versuchen, eine schnelle und faire Lösung zu finden". Microsoft hatte in der Vergangenheit eine außergerichtliche Einigung angestrebt. Eine hoher Beamter des Justizministeriums in Washington sagte jedoch, die Strategie der Kläger sei nicht auf eine solche Einigung ausgerichtet. "Es wäre ein Fehler, unsere Ankündigung als eine Konzession zu werten", sagte der Beamte der Financial Times.
Windows XP unter Beobachtung
Die Behörden wählen mit ihrer Ankündigung eine in die Zukunft gewandte Strategie, die den Softwarehersteller noch empfindlicher treffen könnte als die Zerschlagung. Diese Maßnahme war im Sommer von einem Berufungsgericht als unverhältnismäßig hart verworfen worden.
Im Zielfernrohr befindet sich nun möglicherweise auch die neueste Version von Microsofts Betriebssystem, Windows XP. Das Justizministerium bestätigte, dass ein effektives Gegenmittel "jedes Produkt einschließt, das Microsoft verkauft", ohne Windows XP zu nennen.
Unternehmen wie AOL und Kodak hatten sich in den vergangenen Monaten über die neue Funktionen von Windows XP beklagt, die den Unternehmen zufolge den Wettbewerb behindern. Das derzeit laufende Verfahren gegen Microsoft war ebenfalls durch eine neue Windows-Version ausgelöst worden. Microsoft hatte seine Internet-Software Explorer mit Windows verknüpft und so den Konkurrenten Netscape, mittlerweile eine Tochterfirma von AOL, aus dem Markt gedrängt.
Andererseits wartet neben Microsoft auch die kränkelnde PC-Branche derzeit gebannt auf den Verkaufsstart von Windows XP Ende Oktober - in der Hoffnung, dass das neue Softwarepaket die stagnierenden Umsatzzahlen belebt.
Richard Gardner, Analyst bei der Investmentbank Salomon Smith Barney, sagte: "Wir glauben nicht, dass es eine einstweilige Verfügung gegen Windows XP gibt. Das Produkt ist einfach zu wichtig für die Branche." Beamte des Justizministeriums in Washington bestätigten am Donnerstag, dass nicht geplant sei, die Auslieferung von Windows XP durch eine Verfügung zu verzögern.
Aktienkurs gibt nach
Der Kurs von Microsoft an der Nasdaq in New York sank in Reaktion auf die Mitteilung des Justizministeriums in einem schwachen Marktumfeld um knapp ein Prozent auf 57,17 $.
Auch die Europäische Union (EU) führt ein Kartellverfahren gegen Microsoft, bei dem es um die Verknüpfung des Video- und Musikabspielprogrammes Media Player mit Windows sowie um Netzwerksoftware geht. Donnerstag war bekannt geworden, dass auch die südkoreanischen Wettbewerbsbehörden wegen Verdachtes auf einen Verstoß gegen das Kartellgesetz gegen das Softwareunternehmen ermitteln.
© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP