Hut ab !
Hans Bernecker: Liquidität ist wichtig
Mails/Nachrichten vom 18.09.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
wir können drehen und wenden wie wir wollen: Ohne eine haltbare Lösung im Irakkonflikt gibt es keine Börsenwende. Das Ping-Pong-Spiel ist das Gebrauchsmuster für die Index-Verläufe. Es kann sich zwei Mal am Tag ändern. Neuester Stand von heute morgen: UNO und Bagdad nehmen heute die Gespräche für die Waffeninspektion auf. Sie sollen am 30. September beginnen.
Meinen Vorschlag am Wochenende, die Wertpapierpositionen zu überprüfen, um am Ende der Geschichte über Liquidität zu verfügen, wird viel diskutiert und ist heiß umstritten. Ich halte an meinem Vorschlag fest. Dazu eine grundsätzliche Bemerkung:
Aktien, die dramatisch verfallen sind, aber werthaltig bleiben, verkaufe ich nicht mehr. In der Versicherungsspekulation liege ich momentan schief, siehe ALLIANZ. Selbst wenn ich sechs Monate darin schief liegen sollte, so weiß ich, daß ich damit Geld verdienen werde. Aktien, die noch teuer sind und allgemein als werthaltig gelten, sind gleichwohl viel gefährdeter. Die geringste Warnung irgendeiner Art reicht aus, 20 % oder 30 % Discount herzuzaubern. Dafür sorgen schon die Hedge Funds, deren ALLIANZ-Ziel übrigens bei 90 E. liegen soll, wie ich gestern Abend aus London erfahren habe. Das Muster kennen Sie von DT. TELEKOM. Also:
Die wichtigste Liquidität steckt in den Titeln, die noch immer „gut bewertet“ sind. Zur Wiederholung: Mir geht es darum, daß Sie am Ende über Liquidität verfügen. Nur so werden Sie die Schieflagen nicht nur überwinden, sondern daraus sogar Nutzen ziehen können. Neubörsianer mögen daran zweifeln, was ich gern glaube. Dies merke ich an den Kommentaren, die mir per Email zugehen.
Wie weit schwächt sich die amerikanische Wirtschaft ab? Die gestern genannten Zahlen für die Industrieproduktion mit - 0,3 % für August haben mich im ersten Moment auch überrascht. Dem bin ich nachgegangen. Hauptursache ist der Rückgang der Energieversorgung um 2,5 % zum Vormonat, wo der Anstieg bei 2,4 % lag, und dafür für Juli über normal. Schlecht ist der Rückgang in der Produktion für Investitionsgüter um 0,4 %. Sollte sich dies fortsetzen, würde ich darin ein Anzeichen für ein double dip sehen. Nehmen Sie das heutige „Handelsblatt“ mit der zyklischen Grafik zu diesem Thema. Daran erkennen Sie die relativ bescheidene Korrektur, die den gesamten Trend zeigt. Bau und Verteidigung legten übrigens um 0,6 % zu.
Ergebnis: Mir erscheinen alle Zahlen eher wie Sommerzahlen. Setzt sich dieser Zahlenkranz für September/Oktober fort, würde ich ernsthaft an ein double dip denken. Was heißt das?
Die Börse ist bereits dabei, dies einzupreisen. Besonders für die Technologieaktien hat dies Bedeutung, womit ich beim alten Thema bin. Lassen Sie weiterhin die Finger von allen Technologietiteln. Sie sind die eigentliche Achillesferse. Beispiel ORACLE mit den gestrigen Zahlen: Börsenwert von 46 Mrd $ sind 100 % zu viel für einen Umsatz von 8,5 - 9 Mrd $ im Softwaregeschäft. Dafür kann man 16 - 17 Mrd $ akzeptieren bei einer Gewinnschätzung von 47 Cents. Das ergibt Kurse um 5 - 6 $ oder auch 4 $. ORACLE ist Konkurrent von SAP.
Rüstung, Öl und Gold haben gestern nachgegeben. Das war die Antwort auf das Angebot von Bagdad. An der grundsätzlichen Einschätzung ändert sich nichts.
Technisch beachten: In New York sprangen die Umsätze gegenüber Montag um immerhin 25 %. Dabei sackte die Relation Upside/Downside auf 18 zu 117 bzw. 28 zu 94 ab (in Tausend gerechnet). Gleiches ergab sich für A/D. Im übrigen:
LUCENT ist nur noch 1 $ wert. 152 Mio Stück wurden gestern gehandelt, aber ich gebe diese Spekulation nicht auf. Die Zahlen hatte ich schon genannt, und damit ist diese Aktie die größte Schieflage dieser Art. Die reduzierte Umsatzschätzung auf rund 9 Mrd E. stellt sich bei einer Verschuldung von rund 2,8 Mrd $ gegen einen Börsenwert von 3,4 Mrd $. Damit komme ich über die Marktkrise hinweg.
Frankfurt dürfte heute morgen mit einem Minus starten. Die Nagelprobe läuft. Hält die DAX-Basis bei 3.235 zu 3.350 oder nicht? Diese Spanne ergibt sich aus der hohen Volatilität. Rutscht der DAX ab, so lesen Sie bitte meine Indikationen in der letzten AB. Wie läuft es in der Versicherungsspekulation weiter?
Ich habe oben die Schieflage schon erläutert. Aus dem Zahlenwerk ergibt sich kein anderes Urteil als bisher dargestellt. Andernfalls hat die ALLIANZ eine Leiche im Keller. Mutmaßungen darüber gab und gibt es und ich habe sie umschrieben, werde mich aber hüten, Roß und Reiter zu nennen. Dafür fehlen mir die einwandfreien Beweise. Die ALLIANZ ist aber gut beraten, sich schnellstmöglich zu äußern.
Die Hedge Funds sind jedenfalls „voll drauf“. Sie erkennen es an den sehr hohen Umsätzen und der relativ unverblümten Argumentation, wie das in London nicht unüblich ist. Damit ist die MÜNCHENER RÜCK gleich mit dabei, während bei AMB GENERALI angesichts überschaubarer Umsätze eher so eine Art Mitläufereffekt zu erkennen ist. Indes:
Ich halte das Ganze für nicht ungefährlich, wenn es weiter geführt wird. Die Portfolios der großen Versicherer addieren sich immerhin auf gut 2 Bill E. für die größten Zehn. Davon dürften etwa 80 % auf Bonds entfallen, aber der Rest auf Aktien. Wird hier etwas an der falschen Stelle losgetreten, entsteht eine Lawine. Es wäre der erste Fall, wo Baisse-Attacken unmittelbar auf die Bilanzen der betroffenen Firmen durchschlagen. Also eine ganz andere Situation als bei den Telekomtiteln.
Es bleibt dabei: In dieser Lage gibt es keinen Ansatz, neues Geld zu binden. Meine oben erwähnte Grundeinschätzung unterstreiche ich.
Damit verbleibe ich bis morgen, herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
füxlein
Hans Bernecker: Liquidität ist wichtig
Mails/Nachrichten vom 18.09.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
wir können drehen und wenden wie wir wollen: Ohne eine haltbare Lösung im Irakkonflikt gibt es keine Börsenwende. Das Ping-Pong-Spiel ist das Gebrauchsmuster für die Index-Verläufe. Es kann sich zwei Mal am Tag ändern. Neuester Stand von heute morgen: UNO und Bagdad nehmen heute die Gespräche für die Waffeninspektion auf. Sie sollen am 30. September beginnen.
Meinen Vorschlag am Wochenende, die Wertpapierpositionen zu überprüfen, um am Ende der Geschichte über Liquidität zu verfügen, wird viel diskutiert und ist heiß umstritten. Ich halte an meinem Vorschlag fest. Dazu eine grundsätzliche Bemerkung:
Aktien, die dramatisch verfallen sind, aber werthaltig bleiben, verkaufe ich nicht mehr. In der Versicherungsspekulation liege ich momentan schief, siehe ALLIANZ. Selbst wenn ich sechs Monate darin schief liegen sollte, so weiß ich, daß ich damit Geld verdienen werde. Aktien, die noch teuer sind und allgemein als werthaltig gelten, sind gleichwohl viel gefährdeter. Die geringste Warnung irgendeiner Art reicht aus, 20 % oder 30 % Discount herzuzaubern. Dafür sorgen schon die Hedge Funds, deren ALLIANZ-Ziel übrigens bei 90 E. liegen soll, wie ich gestern Abend aus London erfahren habe. Das Muster kennen Sie von DT. TELEKOM. Also:
Die wichtigste Liquidität steckt in den Titeln, die noch immer „gut bewertet“ sind. Zur Wiederholung: Mir geht es darum, daß Sie am Ende über Liquidität verfügen. Nur so werden Sie die Schieflagen nicht nur überwinden, sondern daraus sogar Nutzen ziehen können. Neubörsianer mögen daran zweifeln, was ich gern glaube. Dies merke ich an den Kommentaren, die mir per Email zugehen.
Wie weit schwächt sich die amerikanische Wirtschaft ab? Die gestern genannten Zahlen für die Industrieproduktion mit - 0,3 % für August haben mich im ersten Moment auch überrascht. Dem bin ich nachgegangen. Hauptursache ist der Rückgang der Energieversorgung um 2,5 % zum Vormonat, wo der Anstieg bei 2,4 % lag, und dafür für Juli über normal. Schlecht ist der Rückgang in der Produktion für Investitionsgüter um 0,4 %. Sollte sich dies fortsetzen, würde ich darin ein Anzeichen für ein double dip sehen. Nehmen Sie das heutige „Handelsblatt“ mit der zyklischen Grafik zu diesem Thema. Daran erkennen Sie die relativ bescheidene Korrektur, die den gesamten Trend zeigt. Bau und Verteidigung legten übrigens um 0,6 % zu.
Ergebnis: Mir erscheinen alle Zahlen eher wie Sommerzahlen. Setzt sich dieser Zahlenkranz für September/Oktober fort, würde ich ernsthaft an ein double dip denken. Was heißt das?
Die Börse ist bereits dabei, dies einzupreisen. Besonders für die Technologieaktien hat dies Bedeutung, womit ich beim alten Thema bin. Lassen Sie weiterhin die Finger von allen Technologietiteln. Sie sind die eigentliche Achillesferse. Beispiel ORACLE mit den gestrigen Zahlen: Börsenwert von 46 Mrd $ sind 100 % zu viel für einen Umsatz von 8,5 - 9 Mrd $ im Softwaregeschäft. Dafür kann man 16 - 17 Mrd $ akzeptieren bei einer Gewinnschätzung von 47 Cents. Das ergibt Kurse um 5 - 6 $ oder auch 4 $. ORACLE ist Konkurrent von SAP.
Rüstung, Öl und Gold haben gestern nachgegeben. Das war die Antwort auf das Angebot von Bagdad. An der grundsätzlichen Einschätzung ändert sich nichts.
Technisch beachten: In New York sprangen die Umsätze gegenüber Montag um immerhin 25 %. Dabei sackte die Relation Upside/Downside auf 18 zu 117 bzw. 28 zu 94 ab (in Tausend gerechnet). Gleiches ergab sich für A/D. Im übrigen:
LUCENT ist nur noch 1 $ wert. 152 Mio Stück wurden gestern gehandelt, aber ich gebe diese Spekulation nicht auf. Die Zahlen hatte ich schon genannt, und damit ist diese Aktie die größte Schieflage dieser Art. Die reduzierte Umsatzschätzung auf rund 9 Mrd E. stellt sich bei einer Verschuldung von rund 2,8 Mrd $ gegen einen Börsenwert von 3,4 Mrd $. Damit komme ich über die Marktkrise hinweg.
Frankfurt dürfte heute morgen mit einem Minus starten. Die Nagelprobe läuft. Hält die DAX-Basis bei 3.235 zu 3.350 oder nicht? Diese Spanne ergibt sich aus der hohen Volatilität. Rutscht der DAX ab, so lesen Sie bitte meine Indikationen in der letzten AB. Wie läuft es in der Versicherungsspekulation weiter?
Ich habe oben die Schieflage schon erläutert. Aus dem Zahlenwerk ergibt sich kein anderes Urteil als bisher dargestellt. Andernfalls hat die ALLIANZ eine Leiche im Keller. Mutmaßungen darüber gab und gibt es und ich habe sie umschrieben, werde mich aber hüten, Roß und Reiter zu nennen. Dafür fehlen mir die einwandfreien Beweise. Die ALLIANZ ist aber gut beraten, sich schnellstmöglich zu äußern.
Die Hedge Funds sind jedenfalls „voll drauf“. Sie erkennen es an den sehr hohen Umsätzen und der relativ unverblümten Argumentation, wie das in London nicht unüblich ist. Damit ist die MÜNCHENER RÜCK gleich mit dabei, während bei AMB GENERALI angesichts überschaubarer Umsätze eher so eine Art Mitläufereffekt zu erkennen ist. Indes:
Ich halte das Ganze für nicht ungefährlich, wenn es weiter geführt wird. Die Portfolios der großen Versicherer addieren sich immerhin auf gut 2 Bill E. für die größten Zehn. Davon dürften etwa 80 % auf Bonds entfallen, aber der Rest auf Aktien. Wird hier etwas an der falschen Stelle losgetreten, entsteht eine Lawine. Es wäre der erste Fall, wo Baisse-Attacken unmittelbar auf die Bilanzen der betroffenen Firmen durchschlagen. Also eine ganz andere Situation als bei den Telekomtiteln.
Es bleibt dabei: In dieser Lage gibt es keinen Ansatz, neues Geld zu binden. Meine oben erwähnte Grundeinschätzung unterstreiche ich.
Damit verbleibe ich bis morgen, herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
füxlein