Shortseller bei der Allinanz *g*
Hans Bernecker: Ängste
Mails/Nachrichten vom 19.09.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
die deutsche Börse war gestern die schwächste Börse der Welt. Rund 5 % Abschlag. Irakängste, Konjunkturängste und Rot-Grün vor Augen waren zu viel. Das letzte Thema wird ab kommenden Montag noch zu diskutieren sein. So, wie es jedenfalls bisher weitgehend abgetan wurde, ist es aus der Sicht des Auslandes keineswegs. Das werden wir ebenfalls demnächst einzupreisen haben. Wichtigster Termin: Morgen, am Freitag, ist Verfalltag, also die berühmte Hexenstunde. Das wird extrem spannend.
Wall Street hat noch keine neuen Tiefstkurse erreicht. Dafür fehlen im Dow noch etwa 400 Punkte, im S+P 500 noch etwa 70 und im Nasdaq 100 nur 45. Es bleibt also noch etwas in der Schwebe. Dafür sieht die Markttechnik verschlechtert aus. Und zwar in allen bekannten Relationen, die ich an dieser Stelle kommentiere. Sogar bei leicht anziehenden Umsätzen von gestern immerhin 1,47 bzw. 1,31 Mrd. Stück. Der Verkaufsdruck nimmt also zu. Einige wichtige Technologieaktien mit hoher Kapitalisierung stehen in dieser Situation am Rande ihrer Tiefstkurse vom September. CISCO und INTEL, etwas besser MICROSOFT, aber auch APP. MAT. und natürlich ORACLE, die gestern schon nach meiner Vorwarnung den ersten Start in diese Richtung gaben. Weiterhin Finger weg von solchen Papieren, was für die Deutschen natürlich ebenfalls gilt.
Die Gewinnwarnung von J.P. MORGAN zeigt die andere Seite. Aufräumarbeiten in der Bilanz mit Sonderabschreibungen etc. haben mit dem operativen Resultat nichts zu tun. Der Schockkurs von gestern mit 18,50 $ im Tief ist zwar verständlich, aber deshalb nicht richtig. Bei CITIGROUP lief es ähnlich, aus anderen Gründen. Mich erinnert das ein wenig an 1991, als die amerikanischen Banken damals die berühmten Südamerika-Kredite abschreiben mußten und allesamt auf Tiefstniveau zu haben waren. Wer dies richtig sah bzw. einordnete, verdiente in den folgenden sechs Jahren rund 700 %, allerdings gingen zwei auch pleite, wie Sie sich erinnern. Das gehört dazu.
Sonderthema LUCENT: Bitte den Ticker von morgen lesen. Das Thema ist umfangreicher, und ich habe darüber mehrere Gespräche in den USA führen können und bemühe mich um einen Gesprächstermin bei der Chefin für die zweite Oktoberwoche. Darauf komme ich noch zurück.
Frankfurt ist über die Versicherungen geschockt. Zu Recht, aber auch in einem anderen Zusammenhang. London ist glänzend informiert und eiskalt aufgestellt. Das habe ich zwar ahnen müssen, aber bedaure, die Konsequenz nicht gezogen zu haben. Das Spiel des letzten Jahres wiederholt sich in anderer Form und geht so:
Am 2. September gab ein relativ unbekannter Analyst unter dem Namen MORGAN STANLEY den Startschuß. Mit einer sehr dünnen Begründung wurden neue Tiefstkurse für Versicherungen avisiert, aber kein Faktum genannt. Auch das Handelsblatt hatte darüber berichtet. Ich war im Ticker darauf eingegangen. Was ich aber nicht wußte:
In London war bereits im Mai durchgesickert, daß die DT. BANK im Bietverfahren bei Kursen zwischen 190 und 196 E. ein größeres ALLIANZ-Paket offeriert. Die HYPOVEREINSBANK schleuste die gleiche Größenordnung über den Markt, ohne etwas zu sagen. Seit Mitte August hängen zwei ähnliche Pakete über dem Markt und davon wußten mindestens vier Londoner Adressen. Gleichzeitig kannten diese aber auch die Notwendigkeit der zwei Kapitalerhöhungen der Schweizer Konkurrenten, obwohl diese drei Wochen vorher jegliche Pläne dieser Art dementiert hatten. Das war das gefundene Fressen für mindestens sechs oder sieben Hedge Funds. Eine schönere Ausgangslage konnten sie sich nicht wünschen: 1. Paketverkäufe, diese noch heimlich, 2. nötige Bezugsrechte und 3. ausreichende Stückeleihung. Also technisch gesehen der gleiche Fall wie für die Telekom-Adressen vor einem Jahr. London hat auch keine Scheu, die Zielkurse zu nennen, die ich lediglich für die ALLIANZ zwischen 80 und 90 E. erfuhr und für die MÜNCHENER RÜCK um 130/145 E. Für die zwei Schweizer Adressen gibt es keine wegen der Bezugsrechtskurse, die deutlich unter den aktuellen Notierungen liegen, aber über ein Bezugsrechtsverhältnis laufen. Was wurde bis jetzt verdient? Ich kam gestern in Abstimmung mit London auf einen geschätzten Gewinn von 2 - 2,4 Mrd. E. angesichts einer Vermögensvernichtung in der Marktkapitalisierung von ca. 23 - 24 Mrd. E. Das alles in etwa drei bis vier Wochen. Gekonnt gemacht, à la boneur. Und was tut die deutsche Börse? Nichts. Paris kennt wenigstens das Verbot oder die eingeschränkte Leerspekulation, New York die sogenannte up-tick-rule, aber Frankfurt gar nichts. Meine Forderung nach Bekanntgabe der Leerspekulationen habe ich häufig wiederholt. Doch nun:
Wer ist die nächste Branche auf der Liste dieser Experten? Das lesen Sie in der AB von morgen auf der S. 3.
Ich hoffe, daß Sie meine kürzliche Anregung bezüglich Ihrer strategischen Ausrichtung noch umsetzen konnten. Es bleibt dabei. Lesen Sie die letzte AB noch einmal durch.
Wo können die Tiefstkurse liegen, auf die es nun ankommt und was für alle Aktien gemeint ist? Linie sind jetzt die Indizes, die den Trend und sein Ende signalisieren. Es macht keinen Sinn, auf einzelne Nachrichten einzugehen. Das erkennen Sie an der Relation der Kursverluste, gemessen an den Tagesumsätzen. Bei einem VDAX von 50 ist natürlich die nächste technische Korrektur nach oben ganz sicher. Wer sie auslöst, ist gleichgültig. Dann muß aber erneut über den in der letzten AB geäußerten Sachverhalt nachgedacht werden. Solche technischen Korrekturen sind technisch aber nicht anders zu beurteilen.
Warten Sie mindestens den Verlauf der morgigen Hexenstunden ab. Ich komme darauf morgen früh zurück. Bis dann.
Nachrichtlich: Lukas Mühlemann, Chef von CREDIT SUISSE, ist abgeschossen. Der erste der Super-Bosse. Wer folgt in Deutschland?
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
mfg
füxlein
Hans Bernecker: Ängste
Mails/Nachrichten vom 19.09.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
die deutsche Börse war gestern die schwächste Börse der Welt. Rund 5 % Abschlag. Irakängste, Konjunkturängste und Rot-Grün vor Augen waren zu viel. Das letzte Thema wird ab kommenden Montag noch zu diskutieren sein. So, wie es jedenfalls bisher weitgehend abgetan wurde, ist es aus der Sicht des Auslandes keineswegs. Das werden wir ebenfalls demnächst einzupreisen haben. Wichtigster Termin: Morgen, am Freitag, ist Verfalltag, also die berühmte Hexenstunde. Das wird extrem spannend.
Wall Street hat noch keine neuen Tiefstkurse erreicht. Dafür fehlen im Dow noch etwa 400 Punkte, im S+P 500 noch etwa 70 und im Nasdaq 100 nur 45. Es bleibt also noch etwas in der Schwebe. Dafür sieht die Markttechnik verschlechtert aus. Und zwar in allen bekannten Relationen, die ich an dieser Stelle kommentiere. Sogar bei leicht anziehenden Umsätzen von gestern immerhin 1,47 bzw. 1,31 Mrd. Stück. Der Verkaufsdruck nimmt also zu. Einige wichtige Technologieaktien mit hoher Kapitalisierung stehen in dieser Situation am Rande ihrer Tiefstkurse vom September. CISCO und INTEL, etwas besser MICROSOFT, aber auch APP. MAT. und natürlich ORACLE, die gestern schon nach meiner Vorwarnung den ersten Start in diese Richtung gaben. Weiterhin Finger weg von solchen Papieren, was für die Deutschen natürlich ebenfalls gilt.
Die Gewinnwarnung von J.P. MORGAN zeigt die andere Seite. Aufräumarbeiten in der Bilanz mit Sonderabschreibungen etc. haben mit dem operativen Resultat nichts zu tun. Der Schockkurs von gestern mit 18,50 $ im Tief ist zwar verständlich, aber deshalb nicht richtig. Bei CITIGROUP lief es ähnlich, aus anderen Gründen. Mich erinnert das ein wenig an 1991, als die amerikanischen Banken damals die berühmten Südamerika-Kredite abschreiben mußten und allesamt auf Tiefstniveau zu haben waren. Wer dies richtig sah bzw. einordnete, verdiente in den folgenden sechs Jahren rund 700 %, allerdings gingen zwei auch pleite, wie Sie sich erinnern. Das gehört dazu.
Sonderthema LUCENT: Bitte den Ticker von morgen lesen. Das Thema ist umfangreicher, und ich habe darüber mehrere Gespräche in den USA führen können und bemühe mich um einen Gesprächstermin bei der Chefin für die zweite Oktoberwoche. Darauf komme ich noch zurück.
Frankfurt ist über die Versicherungen geschockt. Zu Recht, aber auch in einem anderen Zusammenhang. London ist glänzend informiert und eiskalt aufgestellt. Das habe ich zwar ahnen müssen, aber bedaure, die Konsequenz nicht gezogen zu haben. Das Spiel des letzten Jahres wiederholt sich in anderer Form und geht so:
Am 2. September gab ein relativ unbekannter Analyst unter dem Namen MORGAN STANLEY den Startschuß. Mit einer sehr dünnen Begründung wurden neue Tiefstkurse für Versicherungen avisiert, aber kein Faktum genannt. Auch das Handelsblatt hatte darüber berichtet. Ich war im Ticker darauf eingegangen. Was ich aber nicht wußte:
In London war bereits im Mai durchgesickert, daß die DT. BANK im Bietverfahren bei Kursen zwischen 190 und 196 E. ein größeres ALLIANZ-Paket offeriert. Die HYPOVEREINSBANK schleuste die gleiche Größenordnung über den Markt, ohne etwas zu sagen. Seit Mitte August hängen zwei ähnliche Pakete über dem Markt und davon wußten mindestens vier Londoner Adressen. Gleichzeitig kannten diese aber auch die Notwendigkeit der zwei Kapitalerhöhungen der Schweizer Konkurrenten, obwohl diese drei Wochen vorher jegliche Pläne dieser Art dementiert hatten. Das war das gefundene Fressen für mindestens sechs oder sieben Hedge Funds. Eine schönere Ausgangslage konnten sie sich nicht wünschen: 1. Paketverkäufe, diese noch heimlich, 2. nötige Bezugsrechte und 3. ausreichende Stückeleihung. Also technisch gesehen der gleiche Fall wie für die Telekom-Adressen vor einem Jahr. London hat auch keine Scheu, die Zielkurse zu nennen, die ich lediglich für die ALLIANZ zwischen 80 und 90 E. erfuhr und für die MÜNCHENER RÜCK um 130/145 E. Für die zwei Schweizer Adressen gibt es keine wegen der Bezugsrechtskurse, die deutlich unter den aktuellen Notierungen liegen, aber über ein Bezugsrechtsverhältnis laufen. Was wurde bis jetzt verdient? Ich kam gestern in Abstimmung mit London auf einen geschätzten Gewinn von 2 - 2,4 Mrd. E. angesichts einer Vermögensvernichtung in der Marktkapitalisierung von ca. 23 - 24 Mrd. E. Das alles in etwa drei bis vier Wochen. Gekonnt gemacht, à la boneur. Und was tut die deutsche Börse? Nichts. Paris kennt wenigstens das Verbot oder die eingeschränkte Leerspekulation, New York die sogenannte up-tick-rule, aber Frankfurt gar nichts. Meine Forderung nach Bekanntgabe der Leerspekulationen habe ich häufig wiederholt. Doch nun:
Wer ist die nächste Branche auf der Liste dieser Experten? Das lesen Sie in der AB von morgen auf der S. 3.
Ich hoffe, daß Sie meine kürzliche Anregung bezüglich Ihrer strategischen Ausrichtung noch umsetzen konnten. Es bleibt dabei. Lesen Sie die letzte AB noch einmal durch.
Wo können die Tiefstkurse liegen, auf die es nun ankommt und was für alle Aktien gemeint ist? Linie sind jetzt die Indizes, die den Trend und sein Ende signalisieren. Es macht keinen Sinn, auf einzelne Nachrichten einzugehen. Das erkennen Sie an der Relation der Kursverluste, gemessen an den Tagesumsätzen. Bei einem VDAX von 50 ist natürlich die nächste technische Korrektur nach oben ganz sicher. Wer sie auslöst, ist gleichgültig. Dann muß aber erneut über den in der letzten AB geäußerten Sachverhalt nachgedacht werden. Solche technischen Korrekturen sind technisch aber nicht anders zu beurteilen.
Warten Sie mindestens den Verlauf der morgigen Hexenstunden ab. Ich komme darauf morgen früh zurück. Bis dann.
Nachrichtlich: Lukas Mühlemann, Chef von CREDIT SUISSE, ist abgeschossen. Der erste der Super-Bosse. Wer folgt in Deutschland?
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
mfg
füxlein