Nein, absurde Business-Modelle sind nicht im Jahr 2000 ausgestorben
Das Geschäftsmodell "Fußballweltmeisterschaft im Internet" ist geradezu unverschämt: Für $19.95 gibt es den Zugang zum "VIP-Club" (s.u.). Obwohl die Zahlenden nominell "sehr wichtige Personen" sind, bekommen sie lediglich Konserven vorgesetzt: Erst zwei bis drei Stunden nach Abpfiff des letzten Spiels des jeweiligen Tages sind die Clips im Web verfügbar - wohlgemerkt, die Clips: Nicht etwa ganze Spiele, nein, nur "Höhepunkte" bekommt zu sehen, wer sich für zwanzig Bucks in den Club der sehr wichtigen Leute einkauft.
Als dieses Geschäftskonzept als Pressemitteilung in meinem Mailaccount einflatterte, las ich kurz drüber und dachte, das sei irgendwelcher Spam (wer will sonst für Clips Geld verlangen?). Lediglich der Absender - eine renommierte PR-Agentur - passte nicht so recht zu dieser Theorie, so dass ich das Ganze doch noch mal las und fest stellte, dass die das ernst meinen.
Nun könnte ja einer kommen und sagen, dass dieses Konzept von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist. Interessiert man sich brennend für ein Spiel, dann schaut man es sich live an. Und wenn das wegen Zeitverschiebung und Job nicht geht, dann nimmt man es mit dem Videorekorder auf. Beides ist wesentlich interessanter als die von anderen ausgesuchten "Höhepunkte" und ist zudem kostenlos.
Kurzum - ein Geschäftsmodell, das zum Scheitern verdammt ist. Was soll das Ganze? Ein Abschreibungsobjekt? Der Versuch, modern, internettig zu wirken, ohne aber wirklich etwas ernsthaftes im Netz aufsetzen zu wollen?
Doch die Lösung ist ganz einfach, wenn man mal nachkuckt, wer hinter alledem steckt. Da ist zunächst einmal KirchSport mit Sitz in Zug in der Schweiz, die letzte Rückzugsbastion der konkursgeplagten Kirch-Gruppe, die, wie wir nun a posterori wissen, mehr vom Geld Ausgeben als von tragfähigen Geschäftsmodellen verstand.
Der zweite im Boot ist die FIFA, deren Chef Blatter just gestern die schöne dpa-Schlagzeile "Korruption, Betrug, Misswirtschaft" für sich verbuchen konnte. Okay, da geht es zwar nun überhaupt nicht Webclips, aber immerhin bekommt man beim Lesen den Eindruck, als ob die Führungsriege der FIFA mit ganz anderen Dingen beschäftigt sei als mit dem Prüfen von Geschäftsmodellen.
Nummer drei, Yahoo, scheint sich da doch positiv abzuheben? Na ja, auch nicht wirklich. Das mit den Rekordgewinnen und schwarzen Zahlen ist passé, heute ist Yahoo dicke in den roten. Auch bei Yahoo gab es Anpassungen: Ende März/Anfang April bekamen amerikanische Yahoo-ID-Nutzer E-mails, dass ihre Preferences automatisch so abgeändert wurden, dass sie nunmehr postalisch, telefonisch und per Mail werbetechnisch zugemüllt werden wollten. Sollten sie anderer Meinungen sein, so möchten sie dieses Preferences wieder abändern. Dass diese Benutzer ihre Meinung klar ausdrückten, indem sie beim Sign-Up eben diese Werbemaßnahmen nicht wünschten, wird ignoriert. Yahoo weist darauf hin, dass es in seinen Nutzungsbedingungen festlegt, dass es die Preferences jederzeit ändern kann.
Ob dieses tapfere Kleeblatt der Fußball-New-Economy vom doofen Bobo-Fan leben kann, der flotten Internetzugang und Kreditkarte hat, aber zu wenig Hirn, um den Videorekorder zu programmieren? Wir werden sehen.
heise.de
Gruß
Happy End
Bewegte Bilder der Fußball-WM im Internet -- gegen Bezahlung
Internetseiten zum Thema Fußballweltmeisterschaften gibt es zuhauf. Doch auf bewegte Bilder aktueller Spiele mussten die User bislang verzichten. Nun können sie TV-Bilder von den Weltmeisterschafts-Spielen erstmals auch auf dem PC-Bildschirm sehen, allerdings nur gegen Bezahlung. Der US-Internetkonzern Yahoo bietet exklusiv auf der offiziellen Webseite der WM 2002 Höhepunkte von allen 64 Begegnungen in Japan und Südkorea an.
Wie Yahoo am Montag mitteilte, wurde eine entsprechende Vereinbarung mit dem Welt-Verband FIFA sowie dem TV- und Internet-Rechteinhaber KirchSport getroffen. Yahoo produziert und vermarktet die offiziellen Internetseiten für die WM 2002 und 2006.
"Die Video-Höhepunkte sind ein Grundstein des umfassenden Angebots auf fifaworldcup.com für Millionen von Fußball-Fans", sagte Jerry Yang, Mitbegründer und Chef von Yahoo. Der Nutzer muss allerdings 19,95 Dollar (22,50 Euro) zahlen, um Mitglied im FIFA VIP Club zu werden. Dann bekommt er aber keine Live-Bilder zu sehen, sondern "zwei bis drei Stunden nach dem Abpfiff der jeweils letzten Begegnung des Tages die Höhepunkte der 64 WM-Spiele", wie es auf der Website heißt. Dazu kommen noch Hintergrundberichte, Bildschirmschoner, Kurzdokumentationen über die Weltmeisterschaft und Gewinnspiele, bei denen Karten fürs Endspiel zu gewinnen sein sollen.
Die Beiträge werden eine Länge von vier Minuten haben und in den Sprachen Englisch, Französisch, Deutsch, Japanisch, Koreanisch und Spanisch kommentiert werden. Die Bilder kommen vom jeweils gastgebenden koreanischen oder japanischen TV-Sender. Da sie zeitversetzt zu sehen sein sollen, werden auch sie keine geeignete Möglichkeit für mitteleuropäische Arbeitnehmer sein, die WM-Spiele am frühen Morgen oder mittags an ihrem PC-Arbeitsplatz zu verfolgen. Dennoch meint FIFA-Präsident Joseph S. Blatter: "Mit Blick auf die beträchtlichen Zeitunterschiede ist dieses Angebot für die Fans besonders interessant, die Differenz zu Europa beträgt beispielsweise bis zu neun Stunden. Die FIFA ist mit diesem Paket den Bedürfnissen der Fussballanhänger auf der ganzen Welt nachgekommen und bietet ihnen nun die Möglichkeit, die Ereignisse hautnah mitzuverfolgen."
Das Geschäftsmodell "Fußballweltmeisterschaft im Internet" ist geradezu unverschämt: Für $19.95 gibt es den Zugang zum "VIP-Club" (s.u.). Obwohl die Zahlenden nominell "sehr wichtige Personen" sind, bekommen sie lediglich Konserven vorgesetzt: Erst zwei bis drei Stunden nach Abpfiff des letzten Spiels des jeweiligen Tages sind die Clips im Web verfügbar - wohlgemerkt, die Clips: Nicht etwa ganze Spiele, nein, nur "Höhepunkte" bekommt zu sehen, wer sich für zwanzig Bucks in den Club der sehr wichtigen Leute einkauft.
Als dieses Geschäftskonzept als Pressemitteilung in meinem Mailaccount einflatterte, las ich kurz drüber und dachte, das sei irgendwelcher Spam (wer will sonst für Clips Geld verlangen?). Lediglich der Absender - eine renommierte PR-Agentur - passte nicht so recht zu dieser Theorie, so dass ich das Ganze doch noch mal las und fest stellte, dass die das ernst meinen.
Nun könnte ja einer kommen und sagen, dass dieses Konzept von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist. Interessiert man sich brennend für ein Spiel, dann schaut man es sich live an. Und wenn das wegen Zeitverschiebung und Job nicht geht, dann nimmt man es mit dem Videorekorder auf. Beides ist wesentlich interessanter als die von anderen ausgesuchten "Höhepunkte" und ist zudem kostenlos.
Kurzum - ein Geschäftsmodell, das zum Scheitern verdammt ist. Was soll das Ganze? Ein Abschreibungsobjekt? Der Versuch, modern, internettig zu wirken, ohne aber wirklich etwas ernsthaftes im Netz aufsetzen zu wollen?
Doch die Lösung ist ganz einfach, wenn man mal nachkuckt, wer hinter alledem steckt. Da ist zunächst einmal KirchSport mit Sitz in Zug in der Schweiz, die letzte Rückzugsbastion der konkursgeplagten Kirch-Gruppe, die, wie wir nun a posterori wissen, mehr vom Geld Ausgeben als von tragfähigen Geschäftsmodellen verstand.
Der zweite im Boot ist die FIFA, deren Chef Blatter just gestern die schöne dpa-Schlagzeile "Korruption, Betrug, Misswirtschaft" für sich verbuchen konnte. Okay, da geht es zwar nun überhaupt nicht Webclips, aber immerhin bekommt man beim Lesen den Eindruck, als ob die Führungsriege der FIFA mit ganz anderen Dingen beschäftigt sei als mit dem Prüfen von Geschäftsmodellen.
Nummer drei, Yahoo, scheint sich da doch positiv abzuheben? Na ja, auch nicht wirklich. Das mit den Rekordgewinnen und schwarzen Zahlen ist passé, heute ist Yahoo dicke in den roten. Auch bei Yahoo gab es Anpassungen: Ende März/Anfang April bekamen amerikanische Yahoo-ID-Nutzer E-mails, dass ihre Preferences automatisch so abgeändert wurden, dass sie nunmehr postalisch, telefonisch und per Mail werbetechnisch zugemüllt werden wollten. Sollten sie anderer Meinungen sein, so möchten sie dieses Preferences wieder abändern. Dass diese Benutzer ihre Meinung klar ausdrückten, indem sie beim Sign-Up eben diese Werbemaßnahmen nicht wünschten, wird ignoriert. Yahoo weist darauf hin, dass es in seinen Nutzungsbedingungen festlegt, dass es die Preferences jederzeit ändern kann.
Ob dieses tapfere Kleeblatt der Fußball-New-Economy vom doofen Bobo-Fan leben kann, der flotten Internetzugang und Kreditkarte hat, aber zu wenig Hirn, um den Videorekorder zu programmieren? Wir werden sehen.
heise.de
Gruß
Happy End
Bewegte Bilder der Fußball-WM im Internet -- gegen Bezahlung
Internetseiten zum Thema Fußballweltmeisterschaften gibt es zuhauf. Doch auf bewegte Bilder aktueller Spiele mussten die User bislang verzichten. Nun können sie TV-Bilder von den Weltmeisterschafts-Spielen erstmals auch auf dem PC-Bildschirm sehen, allerdings nur gegen Bezahlung. Der US-Internetkonzern Yahoo bietet exklusiv auf der offiziellen Webseite der WM 2002 Höhepunkte von allen 64 Begegnungen in Japan und Südkorea an.
Wie Yahoo am Montag mitteilte, wurde eine entsprechende Vereinbarung mit dem Welt-Verband FIFA sowie dem TV- und Internet-Rechteinhaber KirchSport getroffen. Yahoo produziert und vermarktet die offiziellen Internetseiten für die WM 2002 und 2006.
"Die Video-Höhepunkte sind ein Grundstein des umfassenden Angebots auf fifaworldcup.com für Millionen von Fußball-Fans", sagte Jerry Yang, Mitbegründer und Chef von Yahoo. Der Nutzer muss allerdings 19,95 Dollar (22,50 Euro) zahlen, um Mitglied im FIFA VIP Club zu werden. Dann bekommt er aber keine Live-Bilder zu sehen, sondern "zwei bis drei Stunden nach dem Abpfiff der jeweils letzten Begegnung des Tages die Höhepunkte der 64 WM-Spiele", wie es auf der Website heißt. Dazu kommen noch Hintergrundberichte, Bildschirmschoner, Kurzdokumentationen über die Weltmeisterschaft und Gewinnspiele, bei denen Karten fürs Endspiel zu gewinnen sein sollen.
Die Beiträge werden eine Länge von vier Minuten haben und in den Sprachen Englisch, Französisch, Deutsch, Japanisch, Koreanisch und Spanisch kommentiert werden. Die Bilder kommen vom jeweils gastgebenden koreanischen oder japanischen TV-Sender. Da sie zeitversetzt zu sehen sein sollen, werden auch sie keine geeignete Möglichkeit für mitteleuropäische Arbeitnehmer sein, die WM-Spiele am frühen Morgen oder mittags an ihrem PC-Arbeitsplatz zu verfolgen. Dennoch meint FIFA-Präsident Joseph S. Blatter: "Mit Blick auf die beträchtlichen Zeitunterschiede ist dieses Angebot für die Fans besonders interessant, die Differenz zu Europa beträgt beispielsweise bis zu neun Stunden. Die FIFA ist mit diesem Paket den Bedürfnissen der Fussballanhänger auf der ganzen Welt nachgekommen und bietet ihnen nun die Möglichkeit, die Ereignisse hautnah mitzuverfolgen."